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Allgemeine Zeitung. Nr. 49. Augsburg, 18. Februar 1840.

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mitgetheilt worden. Die hiesige Regierung ließ sehr genaue Abschriften derselben nehmen, welche jetzt in der königlichen Bibliothek zu Paris aufbewahrt werden, wo sich auch von früher her mehrere andere, weniger vollständige Manuscripte der Assisen befinden. Schon vor zwölf Jahren begann Hr. Kausler bei seiner Anwesenheit in Paris die Prüfung der hier vorfindlichen Originalhandschriften und Abschriften; die österreichische und die bayerische Regierung haben auch bereitwillig ihm die Originale der beiden oben bezeichneten Handschriften anvertraut. Seine nunmehr vollendete Arbeit erscheint, laut der mit dem ersten Band ausgegebenen Anzeige, in drei Bänden; der erste beginnt mit der basse cour. Hr. Kausler gibt als Haupttext den wörtlichen Inhalt der Münchener Handschrift, und fügt als Noten den Text der Wiener Handschrift bei, die er als weniger vollständig ansieht: 247 Capitel in beiden Handschriften handeln vom Civilrecht; dann folgen in der Münchener noch 88 Capitel, die eigentlich sich auf die haute cour beziehen, aber von dem zweiten Theil der Handschriften, der eigentlich von der haute cour handelt, verschieden sind; ein Capitel über den gerichtlichen Zweikampf und mehrere über verschiedene Materien. Die Noten bezeichnen die Varianten der andern bekannten Handschriften und der bemeldeten Uebersetzung; sie enthalten auch Erläuterungen des Textes. Der zweite Band wird jenen zweiten Theil der Handschriften enthalten; der dritte mehrere einzelne Sammlungen von Rechtsregeln oder Abhandlungen, die den Schluß der Handschriften bilden, wovon unter andern eines den Namen Schlüssel (Cle) des assises führt; ein anderes heißt das Handbuch des Advocaten (Livre du plaidoyant). Auch kündigt der Herausgeber eine allgemeine Einleitung an, dann ein alphabetisches Sachregister, welches zugleich das Glossarium bilde.

Graf Beugnot befolgt in seiner Bearbeitung eine andere Methode; er beginnt mit den Assises de la haute cour und bildet aus den verschiedenen ihm zu Gebote stehenden Handschriften einen einzigen Text, indem er jeder derselben diejenigen Worte entlehnt, die ihm die richtigsten erscheinen; die Noten bezeichnen die Varianten und enthalten Aufklärungen über den Text, so wie einen geschichtlichen Commentar, gezogen hauptsächlich aus den Schriftstellern, die in Cypern und andern orientalischen Ländern geschrieben haben, wo nach Zerstörung des Königreichs Jerusalem das Rechtsbuch der Assisen noch lange Zeit hindurch Gesetzeskraft behielt.

Ist einmal durch die eine oder die andere dieser beiden Ausgaben der Text der Assisen zur Kenntniß des Publicums gebracht, so reihen sich daran unfehlbar neue Forschungen über das ältere Recht; zum Beispiel wird dann vermuthlich der bereits von mehreren Seiten geäußerte Wunsch verwirklicht, in den älteren Gewohnheitsrechten von Frankreich und andern Ländern die Quelle jeder einzelnen Verfügung, die in den Assisen Platz gefunden hat, aufzusuchen - eine nicht ganz leichte Arbeit, da die einfache Durchlesung der Assisen beweist, daß keine Coutume allein als Grundlage gedient hat. Auch wäre eine Uebersetzung in die jetzt gebräuchliche französische Sprache nicht ohne Werth, da die ältere Sprache auch gelehrten Männern unserer Zeit nicht geläufig ist, und manche derselben dem Hrn. Kausler, als Ausländer, Glück wünschen, dieselbe so wohl verstanden zu haben.

Zum Schluß führe ich noch eine andere neue Schrift über französisches älteres Recht an: eine Sammlung der ältesten normännischen Gewohnheiten und gerichtlicher Entscheidungen des Obergerichts (echiquier) der Normandie, aus den Jahren 1207 bis 1245; es ist der Abdruck einer Handschrift, die sich hier in der bibliotheque Sainte Genevieve befindet. Der Herausgeber, ein fleißiger Gelehrter, Hr. Marmier, Advocat und Bibliothekar der Advocaten-Innung in Paris, hat eine sorgfältig geschriebene Einleitung, dann Noten, ein Glossarium und ein alphabetisches Register beigefügt, so wie ein Schreiben an ihn des Hrn. Pardessus über die Nützlichkeit der Herausgabe solcher älteren Handschriften.

Colonisation der Falklandsinseln.

Die Admiralität hatte gegen Ende des Jahres 1838 den Kutter Arrow ausgerüstet, um Sämereien und Ackerbaugeräthe nach den Falklandsinseln zu bringen und dort zu stationiren, bis die Officiere die Küsten der Inseln vermessen hätten. Dieß geschah im Laufe des letzten Jahres, und so eben erscheint ein Bericht über die Expedition von dem zweiten Officier des Schiffs, Mackinnon. Der officielle Bericht des Capitäns Sullivan ist noch nicht erschienen. Man sieht aus der ganzen Verhandlung, daß die englische Regierung entschlossen ist, dieses neue Glied in der Kette ihrer Colonien zu benützen; das erste war, daß sie das Recht ihres Besitzes anerkennen machte, und dieß war nicht ganz leicht. Die Inseln waren zwar von Spanien in der Convention von 1780 an England abgetreten worden, aber wie man glaubt, unter der geheimen Bedingung, daß dieses kein Etablissement darauf gründe. Sie blieben auch wüste liegen, bis Buenos Ayres nach seiner Losreißung von Spanien sie als sein Eigenthum behandelte, und an einen Deutschen, Namens Vernet, verpachtete, der eine kleine Colonie zum Behufe der Ausbreitung der Seehundsjagd und der wilden Viehheerden darauf gründete. Diese wurde aber von einem nordamerikanischen Kriegsschiff zerstört, die Colonisten nach Buenos Ayres transportirt, und die Amerikaner erklärten, daß sie die Ansprüche keiner Nation darauf anerkennen würden. Die Inseln waren ihnen bequem, weil ihre Wallfischfänger in dem Südmeer sich dort verproviantiren und ihren Thran auskochen konnten, und besonders wegen des damals sehr reichen Seehundsfangs von Werth; dieß bewog die englische Regierung, ihre Rechte geltend zu machen, und im Jahre 1832 pflanzte der Capitän Onslow von dem Linienschiff Clio eine Flagge auf die Ruinen des alten englischen Etablissements, das die Spanier unter Madarigo im Jahre 1770 zerstört hatten. Dieß gab Veranlassung zu Remonstrationen von Buenos Ayres, und die Admiralität schickte daher den Lieutenant Lowcay als Gouverneur dahin, und stationirte eine kleine Brigg in Port Louis, um ihre Souveränetätsrechte respectiren zu machen. In diesem Zustand fand der Arrow die Colonie. Die Hauptstadt der Insel besteht in nur zwei Häusern und einigen Hütten für die Gauchos, welche der Gouverneur aus Südamerika herübergebracht hatte, und die ganze Bevölkerung der Inselgruppe, welche aus zwei großen und etwa 90 kleinen Inseln besteht und ungefähr einen Flächengehalt von 7000 englischen Quadratmeilen hat, belief sich nicht auf 100 Personen. Aber die Souveränetätsrechte waren nach und nach anerkannt worden, und der Gouverneur hatte seit einigen Jahren den Amerikanern die Seehundsjagd verboten und war respectirt worden. Seitdem hat sich eine Gesellschaft in England gebildet, welche die Inseln colonisiren will, und es ist wahrscheinlich daß man auf sie das System des Verkaufs der Kronländereien anwenden wird, wie in Südaustralien.

Man wundert sich im ersten Augenblick, daß wüste Inseln in der Mitte einer stürmischen See, welche großentheils aus Torfmoor bestehen, und auf denen kein einziger Baum wächst, Capitalisten anziehen können, aber man überzeugt sich bald,

mitgetheilt worden. Die hiesige Regierung ließ sehr genaue Abschriften derselben nehmen, welche jetzt in der königlichen Bibliothek zu Paris aufbewahrt werden, wo sich auch von früher her mehrere andere, weniger vollständige Manuscripte der Assisen befinden. Schon vor zwölf Jahren begann Hr. Kausler bei seiner Anwesenheit in Paris die Prüfung der hier vorfindlichen Originalhandschriften und Abschriften; die österreichische und die bayerische Regierung haben auch bereitwillig ihm die Originale der beiden oben bezeichneten Handschriften anvertraut. Seine nunmehr vollendete Arbeit erscheint, laut der mit dem ersten Band ausgegebenen Anzeige, in drei Bänden; der erste beginnt mit der basse cour. Hr. Kausler gibt als Haupttext den wörtlichen Inhalt der Münchener Handschrift, und fügt als Noten den Text der Wiener Handschrift bei, die er als weniger vollständig ansieht: 247 Capitel in beiden Handschriften handeln vom Civilrecht; dann folgen in der Münchener noch 88 Capitel, die eigentlich sich auf die haute cour beziehen, aber von dem zweiten Theil der Handschriften, der eigentlich von der haute cour handelt, verschieden sind; ein Capitel über den gerichtlichen Zweikampf und mehrere über verschiedene Materien. Die Noten bezeichnen die Varianten der andern bekannten Handschriften und der bemeldeten Uebersetzung; sie enthalten auch Erläuterungen des Textes. Der zweite Band wird jenen zweiten Theil der Handschriften enthalten; der dritte mehrere einzelne Sammlungen von Rechtsregeln oder Abhandlungen, die den Schluß der Handschriften bilden, wovon unter andern eines den Namen Schlüssel (Clé) des assises führt; ein anderes heißt das Handbuch des Advocaten (Livre du plaidoyant). Auch kündigt der Herausgeber eine allgemeine Einleitung an, dann ein alphabetisches Sachregister, welches zugleich das Glossarium bilde.

Graf Beugnot befolgt in seiner Bearbeitung eine andere Methode; er beginnt mit den Assises de la haute cour und bildet aus den verschiedenen ihm zu Gebote stehenden Handschriften einen einzigen Text, indem er jeder derselben diejenigen Worte entlehnt, die ihm die richtigsten erscheinen; die Noten bezeichnen die Varianten und enthalten Aufklärungen über den Text, so wie einen geschichtlichen Commentar, gezogen hauptsächlich aus den Schriftstellern, die in Cypern und andern orientalischen Ländern geschrieben haben, wo nach Zerstörung des Königreichs Jerusalem das Rechtsbuch der Assisen noch lange Zeit hindurch Gesetzeskraft behielt.

Ist einmal durch die eine oder die andere dieser beiden Ausgaben der Text der Assisen zur Kenntniß des Publicums gebracht, so reihen sich daran unfehlbar neue Forschungen über das ältere Recht; zum Beispiel wird dann vermuthlich der bereits von mehreren Seiten geäußerte Wunsch verwirklicht, in den älteren Gewohnheitsrechten von Frankreich und andern Ländern die Quelle jeder einzelnen Verfügung, die in den Assisen Platz gefunden hat, aufzusuchen – eine nicht ganz leichte Arbeit, da die einfache Durchlesung der Assisen beweist, daß keine Coutume allein als Grundlage gedient hat. Auch wäre eine Uebersetzung in die jetzt gebräuchliche französische Sprache nicht ohne Werth, da die ältere Sprache auch gelehrten Männern unserer Zeit nicht geläufig ist, und manche derselben dem Hrn. Kausler, als Ausländer, Glück wünschen, dieselbe so wohl verstanden zu haben.

Zum Schluß führe ich noch eine andere neue Schrift über französisches älteres Recht an: eine Sammlung der ältesten normännischen Gewohnheiten und gerichtlicher Entscheidungen des Obergerichts (échiquier) der Normandie, aus den Jahren 1207 bis 1245; es ist der Abdruck einer Handschrift, die sich hier in der bibliothèque Sainte Généviéve befindet. Der Herausgeber, ein fleißiger Gelehrter, Hr. Marmier, Advocat und Bibliothekar der Advocaten-Innung in Paris, hat eine sorgfältig geschriebene Einleitung, dann Noten, ein Glossarium und ein alphabetisches Register beigefügt, so wie ein Schreiben an ihn des Hrn. Pardessus über die Nützlichkeit der Herausgabe solcher älteren Handschriften.

Colonisation der Falklandsinseln.

Die Admiralität hatte gegen Ende des Jahres 1838 den Kutter Arrow ausgerüstet, um Sämereien und Ackerbaugeräthe nach den Falklandsinseln zu bringen und dort zu stationiren, bis die Officiere die Küsten der Inseln vermessen hätten. Dieß geschah im Laufe des letzten Jahres, und so eben erscheint ein Bericht über die Expedition von dem zweiten Officier des Schiffs, Mackinnon. Der officielle Bericht des Capitäns Sullivan ist noch nicht erschienen. Man sieht aus der ganzen Verhandlung, daß die englische Regierung entschlossen ist, dieses neue Glied in der Kette ihrer Colonien zu benützen; das erste war, daß sie das Recht ihres Besitzes anerkennen machte, und dieß war nicht ganz leicht. Die Inseln waren zwar von Spanien in der Convention von 1780 an England abgetreten worden, aber wie man glaubt, unter der geheimen Bedingung, daß dieses kein Etablissement darauf gründe. Sie blieben auch wüste liegen, bis Buenos Ayres nach seiner Losreißung von Spanien sie als sein Eigenthum behandelte, und an einen Deutschen, Namens Vernet, verpachtete, der eine kleine Colonie zum Behufe der Ausbreitung der Seehundsjagd und der wilden Viehheerden darauf gründete. Diese wurde aber von einem nordamerikanischen Kriegsschiff zerstört, die Colonisten nach Buenos Ayres transportirt, und die Amerikaner erklärten, daß sie die Ansprüche keiner Nation darauf anerkennen würden. Die Inseln waren ihnen bequem, weil ihre Wallfischfänger in dem Südmeer sich dort verproviantiren und ihren Thran auskochen konnten, und besonders wegen des damals sehr reichen Seehundsfangs von Werth; dieß bewog die englische Regierung, ihre Rechte geltend zu machen, und im Jahre 1832 pflanzte der Capitän Onslow von dem Linienschiff Clio eine Flagge auf die Ruinen des alten englischen Etablissements, das die Spanier unter Madarigo im Jahre 1770 zerstört hatten. Dieß gab Veranlassung zu Remonstrationen von Buenos Ayres, und die Admiralität schickte daher den Lieutenant Lowcay als Gouverneur dahin, und stationirte eine kleine Brigg in Port Louis, um ihre Souveränetätsrechte respectiren zu machen. In diesem Zustand fand der Arrow die Colonie. Die Hauptstadt der Insel besteht in nur zwei Häusern und einigen Hütten für die Gauchos, welche der Gouverneur aus Südamerika herübergebracht hatte, und die ganze Bevölkerung der Inselgruppe, welche aus zwei großen und etwa 90 kleinen Inseln besteht und ungefähr einen Flächengehalt von 7000 englischen Quadratmeilen hat, belief sich nicht auf 100 Personen. Aber die Souveränetätsrechte waren nach und nach anerkannt worden, und der Gouverneur hatte seit einigen Jahren den Amerikanern die Seehundsjagd verboten und war respectirt worden. Seitdem hat sich eine Gesellschaft in England gebildet, welche die Inseln colonisiren will, und es ist wahrscheinlich daß man auf sie das System des Verkaufs der Kronländereien anwenden wird, wie in Südaustralien.

Man wundert sich im ersten Augenblick, daß wüste Inseln in der Mitte einer stürmischen See, welche großentheils aus Torfmoor bestehen, und auf denen kein einziger Baum wächst, Capitalisten anziehen können, aber man überzeugt sich bald,

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mitgetheilt worden. Die hiesige Regierung ließ sehr genaue Abschriften derselben nehmen, welche jetzt in der königlichen Bibliothek zu Paris aufbewahrt werden, wo sich auch von früher her mehrere andere, weniger vollständige Manuscripte der Assisen befinden. Schon vor zwölf Jahren begann Hr. Kausler bei seiner Anwesenheit in Paris die Prüfung der hier vorfindlichen Originalhandschriften und Abschriften; die österreichische und die bayerische Regierung haben auch bereitwillig ihm die Originale der beiden oben bezeichneten Handschriften anvertraut. Seine nunmehr vollendete Arbeit erscheint, laut der mit dem ersten Band ausgegebenen Anzeige, in drei Bänden; der erste beginnt mit der basse cour. Hr. Kausler gibt als Haupttext den wörtlichen Inhalt der Münchener Handschrift, und fügt als Noten den Text der Wiener Handschrift bei, die er als weniger vollständig ansieht: 247 Capitel in beiden Handschriften handeln vom Civilrecht; dann folgen in der Münchener noch 88 Capitel, die eigentlich sich auf die haute cour beziehen, aber von dem zweiten Theil der Handschriften, der eigentlich von der haute cour handelt, verschieden sind; ein Capitel über den gerichtlichen Zweikampf und mehrere über verschiedene Materien. Die Noten bezeichnen die Varianten der andern bekannten Handschriften und der bemeldeten Uebersetzung; sie enthalten auch Erläuterungen des Textes. Der zweite Band wird jenen zweiten Theil der Handschriften enthalten; der dritte mehrere einzelne Sammlungen von Rechtsregeln oder Abhandlungen, die den Schluß der Handschriften bilden, wovon unter andern eines den Namen Schlüssel (Clé) des assises führt; ein anderes heißt das Handbuch des Advocaten (Livre du plaidoyant). Auch kündigt der Herausgeber eine allgemeine Einleitung an, dann ein alphabetisches Sachregister, welches zugleich das Glossarium bilde.</p><lb/>
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[0386/0010] mitgetheilt worden. Die hiesige Regierung ließ sehr genaue Abschriften derselben nehmen, welche jetzt in der königlichen Bibliothek zu Paris aufbewahrt werden, wo sich auch von früher her mehrere andere, weniger vollständige Manuscripte der Assisen befinden. Schon vor zwölf Jahren begann Hr. Kausler bei seiner Anwesenheit in Paris die Prüfung der hier vorfindlichen Originalhandschriften und Abschriften; die österreichische und die bayerische Regierung haben auch bereitwillig ihm die Originale der beiden oben bezeichneten Handschriften anvertraut. Seine nunmehr vollendete Arbeit erscheint, laut der mit dem ersten Band ausgegebenen Anzeige, in drei Bänden; der erste beginnt mit der basse cour. Hr. Kausler gibt als Haupttext den wörtlichen Inhalt der Münchener Handschrift, und fügt als Noten den Text der Wiener Handschrift bei, die er als weniger vollständig ansieht: 247 Capitel in beiden Handschriften handeln vom Civilrecht; dann folgen in der Münchener noch 88 Capitel, die eigentlich sich auf die haute cour beziehen, aber von dem zweiten Theil der Handschriften, der eigentlich von der haute cour handelt, verschieden sind; ein Capitel über den gerichtlichen Zweikampf und mehrere über verschiedene Materien. Die Noten bezeichnen die Varianten der andern bekannten Handschriften und der bemeldeten Uebersetzung; sie enthalten auch Erläuterungen des Textes. Der zweite Band wird jenen zweiten Theil der Handschriften enthalten; der dritte mehrere einzelne Sammlungen von Rechtsregeln oder Abhandlungen, die den Schluß der Handschriften bilden, wovon unter andern eines den Namen Schlüssel (Clé) des assises führt; ein anderes heißt das Handbuch des Advocaten (Livre du plaidoyant). Auch kündigt der Herausgeber eine allgemeine Einleitung an, dann ein alphabetisches Sachregister, welches zugleich das Glossarium bilde. Graf Beugnot befolgt in seiner Bearbeitung eine andere Methode; er beginnt mit den Assises de la haute cour und bildet aus den verschiedenen ihm zu Gebote stehenden Handschriften einen einzigen Text, indem er jeder derselben diejenigen Worte entlehnt, die ihm die richtigsten erscheinen; die Noten bezeichnen die Varianten und enthalten Aufklärungen über den Text, so wie einen geschichtlichen Commentar, gezogen hauptsächlich aus den Schriftstellern, die in Cypern und andern orientalischen Ländern geschrieben haben, wo nach Zerstörung des Königreichs Jerusalem das Rechtsbuch der Assisen noch lange Zeit hindurch Gesetzeskraft behielt. Ist einmal durch die eine oder die andere dieser beiden Ausgaben der Text der Assisen zur Kenntniß des Publicums gebracht, so reihen sich daran unfehlbar neue Forschungen über das ältere Recht; zum Beispiel wird dann vermuthlich der bereits von mehreren Seiten geäußerte Wunsch verwirklicht, in den älteren Gewohnheitsrechten von Frankreich und andern Ländern die Quelle jeder einzelnen Verfügung, die in den Assisen Platz gefunden hat, aufzusuchen – eine nicht ganz leichte Arbeit, da die einfache Durchlesung der Assisen beweist, daß keine Coutume allein als Grundlage gedient hat. Auch wäre eine Uebersetzung in die jetzt gebräuchliche französische Sprache nicht ohne Werth, da die ältere Sprache auch gelehrten Männern unserer Zeit nicht geläufig ist, und manche derselben dem Hrn. Kausler, als Ausländer, Glück wünschen, dieselbe so wohl verstanden zu haben. Zum Schluß führe ich noch eine andere neue Schrift über französisches älteres Recht an: eine Sammlung der ältesten normännischen Gewohnheiten und gerichtlicher Entscheidungen des Obergerichts (échiquier) der Normandie, aus den Jahren 1207 bis 1245; es ist der Abdruck einer Handschrift, die sich hier in der bibliothèque Sainte Généviéve befindet. Der Herausgeber, ein fleißiger Gelehrter, Hr. Marmier, Advocat und Bibliothekar der Advocaten-Innung in Paris, hat eine sorgfältig geschriebene Einleitung, dann Noten, ein Glossarium und ein alphabetisches Register beigefügt, so wie ein Schreiben an ihn des Hrn. Pardessus über die Nützlichkeit der Herausgabe solcher älteren Handschriften. Colonisation der Falklandsinseln. _ London, 9 Febr. Die Admiralität hatte gegen Ende des Jahres 1838 den Kutter Arrow ausgerüstet, um Sämereien und Ackerbaugeräthe nach den Falklandsinseln zu bringen und dort zu stationiren, bis die Officiere die Küsten der Inseln vermessen hätten. Dieß geschah im Laufe des letzten Jahres, und so eben erscheint ein Bericht über die Expedition von dem zweiten Officier des Schiffs, Mackinnon. Der officielle Bericht des Capitäns Sullivan ist noch nicht erschienen. Man sieht aus der ganzen Verhandlung, daß die englische Regierung entschlossen ist, dieses neue Glied in der Kette ihrer Colonien zu benützen; das erste war, daß sie das Recht ihres Besitzes anerkennen machte, und dieß war nicht ganz leicht. Die Inseln waren zwar von Spanien in der Convention von 1780 an England abgetreten worden, aber wie man glaubt, unter der geheimen Bedingung, daß dieses kein Etablissement darauf gründe. Sie blieben auch wüste liegen, bis Buenos Ayres nach seiner Losreißung von Spanien sie als sein Eigenthum behandelte, und an einen Deutschen, Namens Vernet, verpachtete, der eine kleine Colonie zum Behufe der Ausbreitung der Seehundsjagd und der wilden Viehheerden darauf gründete. Diese wurde aber von einem nordamerikanischen Kriegsschiff zerstört, die Colonisten nach Buenos Ayres transportirt, und die Amerikaner erklärten, daß sie die Ansprüche keiner Nation darauf anerkennen würden. Die Inseln waren ihnen bequem, weil ihre Wallfischfänger in dem Südmeer sich dort verproviantiren und ihren Thran auskochen konnten, und besonders wegen des damals sehr reichen Seehundsfangs von Werth; dieß bewog die englische Regierung, ihre Rechte geltend zu machen, und im Jahre 1832 pflanzte der Capitän Onslow von dem Linienschiff Clio eine Flagge auf die Ruinen des alten englischen Etablissements, das die Spanier unter Madarigo im Jahre 1770 zerstört hatten. Dieß gab Veranlassung zu Remonstrationen von Buenos Ayres, und die Admiralität schickte daher den Lieutenant Lowcay als Gouverneur dahin, und stationirte eine kleine Brigg in Port Louis, um ihre Souveränetätsrechte respectiren zu machen. In diesem Zustand fand der Arrow die Colonie. Die Hauptstadt der Insel besteht in nur zwei Häusern und einigen Hütten für die Gauchos, welche der Gouverneur aus Südamerika herübergebracht hatte, und die ganze Bevölkerung der Inselgruppe, welche aus zwei großen und etwa 90 kleinen Inseln besteht und ungefähr einen Flächengehalt von 7000 englischen Quadratmeilen hat, belief sich nicht auf 100 Personen. Aber die Souveränetätsrechte waren nach und nach anerkannt worden, und der Gouverneur hatte seit einigen Jahren den Amerikanern die Seehundsjagd verboten und war respectirt worden. Seitdem hat sich eine Gesellschaft in England gebildet, welche die Inseln colonisiren will, und es ist wahrscheinlich daß man auf sie das System des Verkaufs der Kronländereien anwenden wird, wie in Südaustralien. Man wundert sich im ersten Augenblick, daß wüste Inseln in der Mitte einer stürmischen See, welche großentheils aus Torfmoor bestehen, und auf denen kein einziger Baum wächst, Capitalisten anziehen können, aber man überzeugt sich bald,

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 49. Augsburg, 18. Februar 1840, S. 0386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_049_18400218/10>, abgerufen am 26.04.2024.