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Allgemeine Zeitung. Nr. 48. Augsburg, 17. Februar 1840.

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gehabt hätten, indem ihre Anträge meist unberücksichtigt blieben, daß aber der moralische Einfluß, den sie übten, desto größer gewesen sey, und wie sehr die Ueberzeugung, daß die bisherige Repräsentationsform (folkerepraesentationen paa den hidtil bestemte Maade) dem Lande nur sehr geringen Nutzen gebracht, den ganzen denkenden Theil des Volks durchdrungen habe, ersehe man aus den kürzlich so freimüthig, so bestimmt und so zahlreich ausgesprochenen Wünschen bei Gelegenheit der Thronveränderung. Eine baldige Einberufung der Provincialstände ist unvermeidlich: nicht nur die Zusagen des Königs selbst, sondern auch der Stand der Finanzen lassen einen solchen Schritt erwarten, und wie die zerrütteten Reichsfinanzen ohne Reichsstände geordnet werden sollen, ist in keiner Weise abzusehen. Hiezu kommt noch der Zustand der Presse. Die alten ungemein strengen Gesetze, die nicht abgeschafft sind, werden nicht mehr angewendet. Nach jenen Gesetzen soll derjenige, der eine Veränderung der Staatsverfassung vorschlägt, mit dem Tod bestraft werden, die Kjöbensharvnspost vom 29 Jan. handelt aber ganz kaltblütig die Frage ab, ob es denn so schädlich sey, gegen die Verfassung des Staats zu schreiben. Dazu trägt auch Norwegen das Seinige bei, das mit Dänemark Eine Sprache redet, und in seinen Blättern die dänischen Angelegenheiten so frei, als die eigenen bespricht. Ich will Ihnen nur ein Beispiel aus dem Constitutionellen, der in Christiania erscheint, anführen. Die Berling'sche Zeitung, die man als die dänische Hofzeitung betrachtet, hatte in ihrer Nummer v. 11 d. J. in einem "Rückblick auf das Jahr 1839" einen Artikel über Norwegen angefangen und bemerkt, daß die Fortschritte Norwegens in materieller Hinsicht keineswegs so bedeutend seyen, als manche dänische Blätter so oft versicherten; die Fortsetzung dieses Artikels war auf eine der nächsten Nummern versprochen, blieb aber aus. Der Constitutionelle machte spöttisch darauf aufmerksam, und setzte hinzu, auch habe der Verfasser nicht angegeben, daß Norwegen seit 1814 seine Staatsschuld um die Hälfte vermindert, und Dänemark die seine verdoppelt habe. Dieß sind indeß Kleinigkeiten gegen die Ausfälle anderer Blätter, wie z. B. eine Lebensbeschreibung der Gräfin Dannemann, auch Nordstern genannt, in der Christianssandpost, ein Artikel, worin das Andenken des verstorbenen Königs nicht geschont, und eine Probe gegeben wird, wie man mit den Staatsgeldern hauste. Mit einer solchen Presse zur Seite und unter so unglücklichen Finanzverhältnissen läßt sich der jetzige Zustand Dänemarks nicht erhalten, und wenn nach den ersten Adressen eine Art Ruhe eingetreten ist, so darf man nicht vergessen, daß die Zeit der Trauercerimonien und Trauerfeierlichkeiten, die erst mit dem Ende Januars aufhören, selbst von den hitzigsten Reformatoren als eine Art Interregnum betrachtet wurde.

Schweden.

Die Wahlen der Mitglieder der verschiedenen Ausschüsse fielen, wie man vermuthete, im Adelsstande ganz in demselben Geiste der Opposition aus, wie die Wahlen unter den übrigen Ständen. Graf Anckarswärd wurde Wortführer des Constitutions-Ausschusses, Graf Horn (Sohn des bekannten Grafen Horn, der als Mitschuldiger am Morde Gustavs III landesverwiesen wurde und in Kopenhagen starb) Wortführer des Staats- oder Finanzausschusses u. s. w. Diese Wahlen wurden in der Versammlung des Ritterstandes am 1 Februar bekannt gemacht. Am demselben Tage machte Graf Anckarswärd eine Reihe Anträge, welche alle darauf ausgingen, die Lasten des Volks zu vermindern. Zu diesem Ende hatte er ein vollständiges Staatsbudget entworfen, welches er dem Ritterstand vorlas. Darin schlug er unter Anderm vor, die Ansätze für den König um 100,000 Rthlr. zu vermindern, das in Stockholm garnisonirende Leibdragonerregiment ganz einzuziehen, und überhaupt die Staatsausgaben um eine Million Reichsthaler zu reduciren. Morgen hat der Ritterstand wieder Plenum, und man erwartet dann lebhafte Debatten über diese Gegenstände.

Oesterreich.

Die Recrutenbewilligung auf dem Landtage zu Preßburg hat am 10 d. in der Art stattgefunden, daß 28 Comitate sich für die Ziffer von 38,000 Mann vereinigten. Die Regierung hatte 38,500 Mann beantragt. Die unbedeutende Differenz wurde beliebt, um nicht eine Competirungsverpflichtung für die Zukunft anzuerkennen. Wann endlich werden Land und Regierung aufhören, solche wechselseitige Cautelen für nöthig zu erachten! Wie unwürdig sind sie leider, und wie wenig gerechtfertigt ist ein so kleinliches Mißtrauen! Bei keiner bedeutenden Gelegenheit, bei keiner wichtigen Entscheidung hat das Land oder die Krone es an sich fehlen lassen, während in ihrem gewöhnlichen Familienverkehr dadurch immer alles Gute hintan gehalten wird. Muß es nicht jedem wahren Patrioten in die Seele schneiden, wenn er sieht wie dadurch, und dadurch allein, dieses herrliche Land jene Stufe der Entwicklung nicht erreicht, zu der es berufen ist. Wie wenig können es jene verantworten, die sich unablässig bemühen, dieses Mißtrauen zu nähern, und auf jede Weise groß zu ziehen. Niemand läugnet, daß man Reformen bedarf, und zwar durchgreifende, gründliche Reformen. Wie aber ist es möglich, an solche auch nur zu denken, wenn nicht Land und Regierung Hand in Hand gehen? - Die heutigen Zeitungen melden die Ernennung des Feldmarschall-Lieutenants, Graf Wratislaw, zum Generaladjutanten des Kaisers, und den Feldmarschall-Lieutenant Baron Prohaska zum Chef der Militärsection im Staatsrathe, an die Stelle des verstorbenen Grafen Clam. Die Wahl beider Männer, deren persönliche Eigenschaften wie vorausgegangene lange und treffliche Dienste die beste Gewähr für ihre gegenwärtige Stellung leisten, wird in der Armee mit Freude vernommen werden. Zum zweiten Generaladjutanten des Kaisers ist Obrist Moll ernannt.

Türkei.

Vor drei Tagen ist das türkische Dampfboot von hier nach Alexandria abgegangen. Der darauf befindliche Abgesandte der Pforte überbringt dem Vicekönig folgenden Befehl: "Dem Ex-Kapudan Ahmed Fewzi Pascha soll der Nischam Istihar, mit dem Se. Hoheit der Sultan Mahmud ihn decorirt hatte, abgenommen, und er seiner Functionen als Großadmiral der im Hafen von Alexandria befindlichen großherrlichen Flotte enthoben werden. An seine Stelle soll der dortige Kapudana-Beg (Viceadmiral) Mustapha Pascha treten." Der Vicekönig wird mit der Vollziehung des großherrlichen Willens beauftragt, und ihm zugleich die Weisung ertheilt, die neue Ernennung Mustapha Pascha's zum Großadmiral den Officieren und der Mannschaft der türkischen Flotte kund zu machen. - Ich überlasse es Andern, diese Anordnungen zu kritisiren und gehörig zu beleuchten. - Der Gesundheitszustand Chosrew Pascha's erregt bei dem hohen Alter des Patienten ernste Besorgnisse. Se. Hoheit der Sultan hat den Großwessier seit dessen Erkrankung zweimal mit seinem Besuche beehrt.

Chosrew Pascha, der Großwessier, hieselbst vorzugsweise als Ssadri-aasam (größter Ehrensitz), einem seiner vielen Titel, bekannt, ist seit mehreren Tagen

gehabt hätten, indem ihre Anträge meist unberücksichtigt blieben, daß aber der moralische Einfluß, den sie übten, desto größer gewesen sey, und wie sehr die Ueberzeugung, daß die bisherige Repräsentationsform (folkerepraesentationen paa den hidtil bestemte Maade) dem Lande nur sehr geringen Nutzen gebracht, den ganzen denkenden Theil des Volks durchdrungen habe, ersehe man aus den kürzlich so freimüthig, so bestimmt und so zahlreich ausgesprochenen Wünschen bei Gelegenheit der Thronveränderung. Eine baldige Einberufung der Provincialstände ist unvermeidlich: nicht nur die Zusagen des Königs selbst, sondern auch der Stand der Finanzen lassen einen solchen Schritt erwarten, und wie die zerrütteten Reichsfinanzen ohne Reichsstände geordnet werden sollen, ist in keiner Weise abzusehen. Hiezu kommt noch der Zustand der Presse. Die alten ungemein strengen Gesetze, die nicht abgeschafft sind, werden nicht mehr angewendet. Nach jenen Gesetzen soll derjenige, der eine Veränderung der Staatsverfassung vorschlägt, mit dem Tod bestraft werden, die Kjöbensharvnspost vom 29 Jan. handelt aber ganz kaltblütig die Frage ab, ob es denn so schädlich sey, gegen die Verfassung des Staats zu schreiben. Dazu trägt auch Norwegen das Seinige bei, das mit Dänemark Eine Sprache redet, und in seinen Blättern die dänischen Angelegenheiten so frei, als die eigenen bespricht. Ich will Ihnen nur ein Beispiel aus dem Constitutionellen, der in Christiania erscheint, anführen. Die Berling'sche Zeitung, die man als die dänische Hofzeitung betrachtet, hatte in ihrer Nummer v. 11 d. J. in einem „Rückblick auf das Jahr 1839“ einen Artikel über Norwegen angefangen und bemerkt, daß die Fortschritte Norwegens in materieller Hinsicht keineswegs so bedeutend seyen, als manche dänische Blätter so oft versicherten; die Fortsetzung dieses Artikels war auf eine der nächsten Nummern versprochen, blieb aber aus. Der Constitutionelle machte spöttisch darauf aufmerksam, und setzte hinzu, auch habe der Verfasser nicht angegeben, daß Norwegen seit 1814 seine Staatsschuld um die Hälfte vermindert, und Dänemark die seine verdoppelt habe. Dieß sind indeß Kleinigkeiten gegen die Ausfälle anderer Blätter, wie z. B. eine Lebensbeschreibung der Gräfin Dannemann, auch Nordstern genannt, in der Christianssandpost, ein Artikel, worin das Andenken des verstorbenen Königs nicht geschont, und eine Probe gegeben wird, wie man mit den Staatsgeldern hauste. Mit einer solchen Presse zur Seite und unter so unglücklichen Finanzverhältnissen läßt sich der jetzige Zustand Dänemarks nicht erhalten, und wenn nach den ersten Adressen eine Art Ruhe eingetreten ist, so darf man nicht vergessen, daß die Zeit der Trauercerimonien und Trauerfeierlichkeiten, die erst mit dem Ende Januars aufhören, selbst von den hitzigsten Reformatoren als eine Art Interregnum betrachtet wurde.

Schweden.

Die Wahlen der Mitglieder der verschiedenen Ausschüsse fielen, wie man vermuthete, im Adelsstande ganz in demselben Geiste der Opposition aus, wie die Wahlen unter den übrigen Ständen. Graf Anckarswärd wurde Wortführer des Constitutions-Ausschusses, Graf Horn (Sohn des bekannten Grafen Horn, der als Mitschuldiger am Morde Gustavs III landesverwiesen wurde und in Kopenhagen starb) Wortführer des Staats- oder Finanzausschusses u. s. w. Diese Wahlen wurden in der Versammlung des Ritterstandes am 1 Februar bekannt gemacht. Am demselben Tage machte Graf Anckarswärd eine Reihe Anträge, welche alle darauf ausgingen, die Lasten des Volks zu vermindern. Zu diesem Ende hatte er ein vollständiges Staatsbudget entworfen, welches er dem Ritterstand vorlas. Darin schlug er unter Anderm vor, die Ansätze für den König um 100,000 Rthlr. zu vermindern, das in Stockholm garnisonirende Leibdragonerregiment ganz einzuziehen, und überhaupt die Staatsausgaben um eine Million Reichsthaler zu reduciren. Morgen hat der Ritterstand wieder Plenum, und man erwartet dann lebhafte Debatten über diese Gegenstände.

Oesterreich.

Die Recrutenbewilligung auf dem Landtage zu Preßburg hat am 10 d. in der Art stattgefunden, daß 28 Comitate sich für die Ziffer von 38,000 Mann vereinigten. Die Regierung hatte 38,500 Mann beantragt. Die unbedeutende Differenz wurde beliebt, um nicht eine Competirungsverpflichtung für die Zukunft anzuerkennen. Wann endlich werden Land und Regierung aufhören, solche wechselseitige Cautelen für nöthig zu erachten! Wie unwürdig sind sie leider, und wie wenig gerechtfertigt ist ein so kleinliches Mißtrauen! Bei keiner bedeutenden Gelegenheit, bei keiner wichtigen Entscheidung hat das Land oder die Krone es an sich fehlen lassen, während in ihrem gewöhnlichen Familienverkehr dadurch immer alles Gute hintan gehalten wird. Muß es nicht jedem wahren Patrioten in die Seele schneiden, wenn er sieht wie dadurch, und dadurch allein, dieses herrliche Land jene Stufe der Entwicklung nicht erreicht, zu der es berufen ist. Wie wenig können es jene verantworten, die sich unablässig bemühen, dieses Mißtrauen zu nähern, und auf jede Weise groß zu ziehen. Niemand läugnet, daß man Reformen bedarf, und zwar durchgreifende, gründliche Reformen. Wie aber ist es möglich, an solche auch nur zu denken, wenn nicht Land und Regierung Hand in Hand gehen? – Die heutigen Zeitungen melden die Ernennung des Feldmarschall-Lieutenants, Graf Wratislaw, zum Generaladjutanten des Kaisers, und den Feldmarschall-Lieutenant Baron Prohaska zum Chef der Militärsection im Staatsrathe, an die Stelle des verstorbenen Grafen Clam. Die Wahl beider Männer, deren persönliche Eigenschaften wie vorausgegangene lange und treffliche Dienste die beste Gewähr für ihre gegenwärtige Stellung leisten, wird in der Armee mit Freude vernommen werden. Zum zweiten Generaladjutanten des Kaisers ist Obrist Moll ernannt.

Türkei.

Vor drei Tagen ist das türkische Dampfboot von hier nach Alexandria abgegangen. Der darauf befindliche Abgesandte der Pforte überbringt dem Vicekönig folgenden Befehl: „Dem Ex-Kapudan Ahmed Fewzi Pascha soll der Nischam Istihar, mit dem Se. Hoheit der Sultan Mahmud ihn decorirt hatte, abgenommen, und er seiner Functionen als Großadmiral der im Hafen von Alexandria befindlichen großherrlichen Flotte enthoben werden. An seine Stelle soll der dortige Kapudana-Beg (Viceadmiral) Mustapha Pascha treten.“ Der Vicekönig wird mit der Vollziehung des großherrlichen Willens beauftragt, und ihm zugleich die Weisung ertheilt, die neue Ernennung Mustapha Pascha's zum Großadmiral den Officieren und der Mannschaft der türkischen Flotte kund zu machen. – Ich überlasse es Andern, diese Anordnungen zu kritisiren und gehörig zu beleuchten. – Der Gesundheitszustand Chosrew Pascha's erregt bei dem hohen Alter des Patienten ernste Besorgnisse. Se. Hoheit der Sultan hat den Großwessier seit dessen Erkrankung zweimal mit seinem Besuche beehrt.

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[0383/0007] gehabt hätten, indem ihre Anträge meist unberücksichtigt blieben, daß aber der moralische Einfluß, den sie übten, desto größer gewesen sey, und wie sehr die Ueberzeugung, daß die bisherige Repräsentationsform (folkerepraesentationen paa den hidtil bestemte Maade) dem Lande nur sehr geringen Nutzen gebracht, den ganzen denkenden Theil des Volks durchdrungen habe, ersehe man aus den kürzlich so freimüthig, so bestimmt und so zahlreich ausgesprochenen Wünschen bei Gelegenheit der Thronveränderung. Eine baldige Einberufung der Provincialstände ist unvermeidlich: nicht nur die Zusagen des Königs selbst, sondern auch der Stand der Finanzen lassen einen solchen Schritt erwarten, und wie die zerrütteten Reichsfinanzen ohne Reichsstände geordnet werden sollen, ist in keiner Weise abzusehen. Hiezu kommt noch der Zustand der Presse. Die alten ungemein strengen Gesetze, die nicht abgeschafft sind, werden nicht mehr angewendet. Nach jenen Gesetzen soll derjenige, der eine Veränderung der Staatsverfassung vorschlägt, mit dem Tod bestraft werden, die Kjöbensharvnspost vom 29 Jan. handelt aber ganz kaltblütig die Frage ab, ob es denn so schädlich sey, gegen die Verfassung des Staats zu schreiben. Dazu trägt auch Norwegen das Seinige bei, das mit Dänemark Eine Sprache redet, und in seinen Blättern die dänischen Angelegenheiten so frei, als die eigenen bespricht. Ich will Ihnen nur ein Beispiel aus dem Constitutionellen, der in Christiania erscheint, anführen. Die Berling'sche Zeitung, die man als die dänische Hofzeitung betrachtet, hatte in ihrer Nummer v. 11 d. J. in einem „Rückblick auf das Jahr 1839“ einen Artikel über Norwegen angefangen und bemerkt, daß die Fortschritte Norwegens in materieller Hinsicht keineswegs so bedeutend seyen, als manche dänische Blätter so oft versicherten; die Fortsetzung dieses Artikels war auf eine der nächsten Nummern versprochen, blieb aber aus. Der Constitutionelle machte spöttisch darauf aufmerksam, und setzte hinzu, auch habe der Verfasser nicht angegeben, daß Norwegen seit 1814 seine Staatsschuld um die Hälfte vermindert, und Dänemark die seine verdoppelt habe. Dieß sind indeß Kleinigkeiten gegen die Ausfälle anderer Blätter, wie z. B. eine Lebensbeschreibung der Gräfin Dannemann, auch Nordstern genannt, in der Christianssandpost, ein Artikel, worin das Andenken des verstorbenen Königs nicht geschont, und eine Probe gegeben wird, wie man mit den Staatsgeldern hauste. Mit einer solchen Presse zur Seite und unter so unglücklichen Finanzverhältnissen läßt sich der jetzige Zustand Dänemarks nicht erhalten, und wenn nach den ersten Adressen eine Art Ruhe eingetreten ist, so darf man nicht vergessen, daß die Zeit der Trauercerimonien und Trauerfeierlichkeiten, die erst mit dem Ende Januars aufhören, selbst von den hitzigsten Reformatoren als eine Art Interregnum betrachtet wurde. Schweden. _ Stockholm, 4 Febr. Die Wahlen der Mitglieder der verschiedenen Ausschüsse fielen, wie man vermuthete, im Adelsstande ganz in demselben Geiste der Opposition aus, wie die Wahlen unter den übrigen Ständen. Graf Anckarswärd wurde Wortführer des Constitutions-Ausschusses, Graf Horn (Sohn des bekannten Grafen Horn, der als Mitschuldiger am Morde Gustavs III landesverwiesen wurde und in Kopenhagen starb) Wortführer des Staats- oder Finanzausschusses u. s. w. Diese Wahlen wurden in der Versammlung des Ritterstandes am 1 Februar bekannt gemacht. Am demselben Tage machte Graf Anckarswärd eine Reihe Anträge, welche alle darauf ausgingen, die Lasten des Volks zu vermindern. Zu diesem Ende hatte er ein vollständiges Staatsbudget entworfen, welches er dem Ritterstand vorlas. Darin schlug er unter Anderm vor, die Ansätze für den König um 100,000 Rthlr. zu vermindern, das in Stockholm garnisonirende Leibdragonerregiment ganz einzuziehen, und überhaupt die Staatsausgaben um eine Million Reichsthaler zu reduciren. Morgen hat der Ritterstand wieder Plenum, und man erwartet dann lebhafte Debatten über diese Gegenstände. Oesterreich. _ Wien. Die Recrutenbewilligung auf dem Landtage zu Preßburg hat am 10 d. in der Art stattgefunden, daß 28 Comitate sich für die Ziffer von 38,000 Mann vereinigten. Die Regierung hatte 38,500 Mann beantragt. Die unbedeutende Differenz wurde beliebt, um nicht eine Competirungsverpflichtung für die Zukunft anzuerkennen. Wann endlich werden Land und Regierung aufhören, solche wechselseitige Cautelen für nöthig zu erachten! Wie unwürdig sind sie leider, und wie wenig gerechtfertigt ist ein so kleinliches Mißtrauen! Bei keiner bedeutenden Gelegenheit, bei keiner wichtigen Entscheidung hat das Land oder die Krone es an sich fehlen lassen, während in ihrem gewöhnlichen Familienverkehr dadurch immer alles Gute hintan gehalten wird. Muß es nicht jedem wahren Patrioten in die Seele schneiden, wenn er sieht wie dadurch, und dadurch allein, dieses herrliche Land jene Stufe der Entwicklung nicht erreicht, zu der es berufen ist. Wie wenig können es jene verantworten, die sich unablässig bemühen, dieses Mißtrauen zu nähern, und auf jede Weise groß zu ziehen. Niemand läugnet, daß man Reformen bedarf, und zwar durchgreifende, gründliche Reformen. Wie aber ist es möglich, an solche auch nur zu denken, wenn nicht Land und Regierung Hand in Hand gehen? – Die heutigen Zeitungen melden die Ernennung des Feldmarschall-Lieutenants, Graf Wratislaw, zum Generaladjutanten des Kaisers, und den Feldmarschall-Lieutenant Baron Prohaska zum Chef der Militärsection im Staatsrathe, an die Stelle des verstorbenen Grafen Clam. Die Wahl beider Männer, deren persönliche Eigenschaften wie vorausgegangene lange und treffliche Dienste die beste Gewähr für ihre gegenwärtige Stellung leisten, wird in der Armee mit Freude vernommen werden. Zum zweiten Generaladjutanten des Kaisers ist Obrist Moll ernannt. Türkei. _ Konstantinopel, 29 Jan. Vor drei Tagen ist das türkische Dampfboot von hier nach Alexandria abgegangen. Der darauf befindliche Abgesandte der Pforte überbringt dem Vicekönig folgenden Befehl: „Dem Ex-Kapudan Ahmed Fewzi Pascha soll der Nischam Istihar, mit dem Se. Hoheit der Sultan Mahmud ihn decorirt hatte, abgenommen, und er seiner Functionen als Großadmiral der im Hafen von Alexandria befindlichen großherrlichen Flotte enthoben werden. An seine Stelle soll der dortige Kapudana-Beg (Viceadmiral) Mustapha Pascha treten.“ Der Vicekönig wird mit der Vollziehung des großherrlichen Willens beauftragt, und ihm zugleich die Weisung ertheilt, die neue Ernennung Mustapha Pascha's zum Großadmiral den Officieren und der Mannschaft der türkischen Flotte kund zu machen. – Ich überlasse es Andern, diese Anordnungen zu kritisiren und gehörig zu beleuchten. – Der Gesundheitszustand Chosrew Pascha's erregt bei dem hohen Alter des Patienten ernste Besorgnisse. Se. Hoheit der Sultan hat den Großwessier seit dessen Erkrankung zweimal mit seinem Besuche beehrt. _ Konstantinopel, 29 Jan. Chosrew Pascha, der Großwessier, hieselbst vorzugsweise als Ssadri-aasam (größter Ehrensitz), einem seiner vielen Titel, bekannt, ist seit mehreren Tagen

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 48. Augsburg, 17. Februar 1840, S. 0383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_048_18400217/7>, abgerufen am 22.11.2024.