Allgemeine Zeitung. Nr. 11. Augsburg, 11. Januar 1840.
Aegypten. Ein Privatschreiben aus Alexandria vom 16 Dec. im Temps meldet, nachdem es von fortwährenden Privatunterhandlungen zwischen der Pforte und Aegypten gesprochen: "Hier glauben wir schon lange, daß Mehemed geheime Versicherungen hat, die ihn in solcher Seelenruhe erhalten. Er erwartet, die Dinge nach seinem Wunsche endigen zu sehen. Da er seine Ansicht nicht leicht verborgen hält, so sagte er eines Tags, auf seinen Fuß deutend, er habe nie in seinem Leben einen Schritt zurück gemacht, und werde jetzt, wo er schon mit Einem Fuß im Grabe stehe, hauptsächlich wenn es sich von irgend einer durch Gewalt aufgedrungenen rückgängigen Bewegung handeln sollte, nicht damit anfangen. Er werde Aegypten und Syrien erblich, die Insel Candia und Adana lebenslänglich erhalten. Die Unentschlossenheit der Diplomatie hat einen andern Grund. Es handelt sich gegenwärtig nicht von einer Gebietsfrage, sondern von der Garantie des jährlichen Tributs und von der Verminderung der Land- und Seemacht, die man von ihm fordert. Ueber diesen Punkt wird er aber immer unnachgiebig seyn; er wird nie trauen, wenn er nicht klar und sehr klar sieht. Das neueste Paketboot aus Frankreich ward mit großer Neugierde von Seite des Pascha's erwartet. Er empfing Hrn. Cochelet mit der Frage: "Sind die Mächte endlich einig?" Auf die schwankenden Antworten des Consuls rief der Pascha aus: "Sagen Sie doch offen Nein; sie scheinen auf den April warten zu wollen, und dazu rüsten Frankreich und England furchtbare Geschwader. Ich hoffe aber immer, daß meine Differenz mit dem Sultan lange vor dieser Zeit geendigt seyn wird."
Aegypten. Ein Privatschreiben aus Alexandria vom 16 Dec. im Temps meldet, nachdem es von fortwährenden Privatunterhandlungen zwischen der Pforte und Aegypten gesprochen: „Hier glauben wir schon lange, daß Mehemed geheime Versicherungen hat, die ihn in solcher Seelenruhe erhalten. Er erwartet, die Dinge nach seinem Wunsche endigen zu sehen. Da er seine Ansicht nicht leicht verborgen hält, so sagte er eines Tags, auf seinen Fuß deutend, er habe nie in seinem Leben einen Schritt zurück gemacht, und werde jetzt, wo er schon mit Einem Fuß im Grabe stehe, hauptsächlich wenn es sich von irgend einer durch Gewalt aufgedrungenen rückgängigen Bewegung handeln sollte, nicht damit anfangen. Er werde Aegypten und Syrien erblich, die Insel Candia und Adana lebenslänglich erhalten. Die Unentschlossenheit der Diplomatie hat einen andern Grund. Es handelt sich gegenwärtig nicht von einer Gebietsfrage, sondern von der Garantie des jährlichen Tributs und von der Verminderung der Land- und Seemacht, die man von ihm fordert. Ueber diesen Punkt wird er aber immer unnachgiebig seyn; er wird nie trauen, wenn er nicht klar und sehr klar sieht. Das neueste Paketboot aus Frankreich ward mit großer Neugierde von Seite des Pascha's erwartet. Er empfing Hrn. Cochelet mit der Frage: „Sind die Mächte endlich einig?“ Auf die schwankenden Antworten des Consuls rief der Pascha aus: „Sagen Sie doch offen Nein; sie scheinen auf den April warten zu wollen, und dazu rüsten Frankreich und England furchtbare Geschwader. Ich hoffe aber immer, daß meine Differenz mit dem Sultan lange vor dieser Zeit geendigt seyn wird.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="jArticle" n="2"> <p><pb facs="#f0008" n="0088"/><lb/> Einige gemißbraucht und Ideen und Plane zu neuen aufrührerischen Unternehmungen entworfen. Der Verräther schlief nicht, und unser Freistaat gerieth in den Verdacht der Theilnahme, von dem es ihm schwer genug wurde sich völlig zu reinigen. Neuerdings will man wieder Umtriebe entdeckt haben, und noch hat sich nicht Licht genug verbreitet, ob und wie weit die Sache gegründet sey. Man begreift übrigens fast nicht, wie es möglich ist, daß noch Jemand, ohne wahnsinnig zu seyn, bei uns an Plane denken kann, die auf den Umsturz des Bestehenden gerichtet sind. Handel und Verkehr leiden unter diesen gespannten Verhältnissen sehr. Man fühlt dieß um so schmerzlicher, wenn man sich erinnert, zu welchem blühenden Zustande sich unsere kleine Republik vor dem Jahr 1830, in der kurzen Zeit, daß sie bestand, erhoben hatte. (<hi rendition="#g">Schwäb</hi>. M.)</p> </div> </div><lb/> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Aegypten.</hi> </head><lb/> <p>Ein Privatschreiben aus <hi rendition="#b">Alexandria</hi> vom 16 Dec. im <hi rendition="#g">Temps</hi> meldet, nachdem es von fortwährenden Privatunterhandlungen zwischen der Pforte und Aegypten gesprochen: „Hier glauben wir schon lange, daß Mehemed geheime Versicherungen hat, die ihn in solcher Seelenruhe erhalten. Er erwartet, die Dinge nach seinem Wunsche endigen zu sehen. Da er seine Ansicht nicht leicht verborgen hält, so sagte er eines Tags, auf seinen Fuß deutend, er habe nie in seinem Leben einen Schritt zurück gemacht, und werde jetzt, wo er schon mit Einem Fuß im Grabe stehe, hauptsächlich wenn es sich von irgend einer durch Gewalt aufgedrungenen rückgängigen Bewegung handeln sollte, nicht damit anfangen. Er werde Aegypten und Syrien erblich, die Insel Candia und Adana lebenslänglich erhalten. Die Unentschlossenheit der Diplomatie hat einen andern Grund. Es handelt sich gegenwärtig nicht von einer Gebietsfrage, sondern von der Garantie des jährlichen Tributs und von der Verminderung der Land- und Seemacht, die man von ihm fordert. Ueber diesen Punkt wird er aber immer unnachgiebig seyn; er wird nie trauen, wenn er nicht klar und sehr klar sieht. Das neueste Paketboot aus Frankreich ward mit großer Neugierde von Seite des Pascha's erwartet. Er empfing Hrn. Cochelet mit der Frage: „Sind die Mächte endlich einig?“ Auf die schwankenden Antworten des Consuls rief der Pascha aus: „Sagen Sie doch offen Nein; sie scheinen auf den April warten zu wollen, und dazu rüsten Frankreich und England furchtbare Geschwader. Ich hoffe aber immer, daß meine Differenz mit dem Sultan lange vor dieser Zeit geendigt seyn wird.“</p><lb/> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [0088/0008]
Einige gemißbraucht und Ideen und Plane zu neuen aufrührerischen Unternehmungen entworfen. Der Verräther schlief nicht, und unser Freistaat gerieth in den Verdacht der Theilnahme, von dem es ihm schwer genug wurde sich völlig zu reinigen. Neuerdings will man wieder Umtriebe entdeckt haben, und noch hat sich nicht Licht genug verbreitet, ob und wie weit die Sache gegründet sey. Man begreift übrigens fast nicht, wie es möglich ist, daß noch Jemand, ohne wahnsinnig zu seyn, bei uns an Plane denken kann, die auf den Umsturz des Bestehenden gerichtet sind. Handel und Verkehr leiden unter diesen gespannten Verhältnissen sehr. Man fühlt dieß um so schmerzlicher, wenn man sich erinnert, zu welchem blühenden Zustande sich unsere kleine Republik vor dem Jahr 1830, in der kurzen Zeit, daß sie bestand, erhoben hatte. (Schwäb. M.)
Aegypten.
Ein Privatschreiben aus Alexandria vom 16 Dec. im Temps meldet, nachdem es von fortwährenden Privatunterhandlungen zwischen der Pforte und Aegypten gesprochen: „Hier glauben wir schon lange, daß Mehemed geheime Versicherungen hat, die ihn in solcher Seelenruhe erhalten. Er erwartet, die Dinge nach seinem Wunsche endigen zu sehen. Da er seine Ansicht nicht leicht verborgen hält, so sagte er eines Tags, auf seinen Fuß deutend, er habe nie in seinem Leben einen Schritt zurück gemacht, und werde jetzt, wo er schon mit Einem Fuß im Grabe stehe, hauptsächlich wenn es sich von irgend einer durch Gewalt aufgedrungenen rückgängigen Bewegung handeln sollte, nicht damit anfangen. Er werde Aegypten und Syrien erblich, die Insel Candia und Adana lebenslänglich erhalten. Die Unentschlossenheit der Diplomatie hat einen andern Grund. Es handelt sich gegenwärtig nicht von einer Gebietsfrage, sondern von der Garantie des jährlichen Tributs und von der Verminderung der Land- und Seemacht, die man von ihm fordert. Ueber diesen Punkt wird er aber immer unnachgiebig seyn; er wird nie trauen, wenn er nicht klar und sehr klar sieht. Das neueste Paketboot aus Frankreich ward mit großer Neugierde von Seite des Pascha's erwartet. Er empfing Hrn. Cochelet mit der Frage: „Sind die Mächte endlich einig?“ Auf die schwankenden Antworten des Consuls rief der Pascha aus: „Sagen Sie doch offen Nein; sie scheinen auf den April warten zu wollen, und dazu rüsten Frankreich und England furchtbare Geschwader. Ich hoffe aber immer, daß meine Differenz mit dem Sultan lange vor dieser Zeit geendigt seyn wird.“
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