Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 11. Augsburg, 11. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite


diesen herrlichen Aussichten begann die Ausführung des Vertrags mit einer Menge Plackereien durch die von russischer Seite an der Gränze gezogene Kosakenlinie. Alle Nebenwege und Brücken an den Gränzen, welche früher Jedermann, insofern er nicht zollbare Waare führte, ruhig passiren konnte, wurden von russischer Seite cassirt, durch die Kosakenpikets besetzt und nur die großen Straßen zu den Zollämtern, welche mindestens in Entfernungen von 2 bis 4 Meilen voneinander lagen, zur öffentlichen Benutzung freigegeben. Inmittelst waren beide Cabinette mit gemeinschaftlicher Sorgfalt bemüht, die Verkehrsbeziehungen, welche der Tractat vom 3 Mai 1815 noch nicht hinlänglich bestimmt hatte, theils zu ordnen, theils zu erweitern. Besonders betraf dieß die im Art. 22 desselben stipulirte Schifffahrtsfreiheit, welche der Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19 Dec. 1818 hauptsächlich zum Gegenstand hatte. Außer der im Tarif zu diesem Vertrage fixirten Stromschifffahrtsabgabe, den Durchlaßgeldern an den Brücken und den Schiffsgefäßgeldern sollte ohne gemeinschaftliche Uebereinkunft beider Regierungen weder eine andere Stromabgabe erhoben, noch die bestimmten Tarifsätze erhöht werden. Mit Ausnahme der Tarifsfeststellungen verstand sich das Uebrige aus dem Tractate vom 3 Mai 1815 von selbst. Wichtiger aber ist die gegenseitige Versicherung (Art. 3) der unumschränktesten Handelsfreiheit für die Provinzen des alten Polens und das ausgesprochene Bekenntniß des unwandelbar zu befolgenden Grundsatzes, daß alle Erzeugnisse des Bodens und Kunstfleißes beider Staaten in den gegenseitigen Landesgebieten mit der unumschränktesten Freiheit umgesetzt werden könnten. (Art. 4.) Dieser Vertrag fand jedoch besonders von russischer Seite Schwierigkeiten in der Ausführung, und unterm 11 März 1825 errichteten Preußen und Rußland auf die Dauer von neun Jahren einen anderweiten Handels- und Schifffahrtsvertrag, worin die Bestimmungen des Wiener Vertrags vom 3 Mai 1815 unter gegenseitig zugelassenen, jedoch sehr auffallenden Einschränkungen zur Ausführung gebracht werden sollten. Obgleich darin wörtlich anerkannt wird, wie heilsam der Grundsatz eines völlig freien und nicht mit verbotähnlichen Tarifsätzen belebten Handels seyn würde, so behielten sich doch beide Theile vor, nach Maßgabe ihrer Handelssysteme die Tarifsätze der Ein- und Ausfuhr zu erhöhen oder bisher erlaubte Artikel zu verbieten. Sogar Handelsbegünstigungen, die bereits einer dritten Macht bewilligt waren oder bewilligt werden möchten, sollten in Zukunft gegenseitig nicht in Anspruch kommen. (Art. 7, 8 und 9.) Von hier an, besonders aber seit der Unterdrückung des polnischen Aufstandes, datiren sich die Klagen der preußischen Ostprovinzen über Beeinträchtigung durch die innere Politik Rußlands. Diese haben sich seitdem von Jahr zu Jahr noch vermehrt. Der Vertrag vom 11 März 1825, welcher im Jahr 1834 ablief, enthält im Art. 23 die Bestimmung, daß die contrahirenden Mächte sechs Monate vor dessen Ablauf wegen einer Verlängerung desselben, falls solche ihren Absichten gemäß seyn sollte, übereinkommen würden. Im entgegengesetzten Falle würde man sich jedoch nicht weniger an die Grundsätze halten, welche bei den auf Schifffahrt und Handel sich beziehenden Bestimmungen des zu Wien am 3 Mai 1815 unterzeichneten Vertrags zum Leitfaden gedient hätten. Eine Verlängerung dieses Vertrags wurde nicht beliebt; ein neuer Vertrag ist nicht zu Stande gekommen, und daher der letztere Fall eingetreten, wonach der Vertrag vom 3 Mai 1815 in Betreff der nachbarlichen und commerciellen Verhältnisse Preußens zu Rußland einzig zur Richtschnur dient, und die zahlreichen diesseitigen Beschwerden über letzteres zu beurtheilen sind. Bei Darstellung der einzelnen Beschwerden, welche fernern Mittheilungen vorbehalten bleibt, wird es von selbst augenfällig erscheinen, wie weit Rußland in seinem neuesten Verhalten, betreffend die nachbarlichen und commerciellen Beziehungen zu Preußen, von den Grundsätzen jenes Vertrags abgewichen, und wiefern dasselbe es noch werth findet, die Bande aufrecht zu erhalten, welche einst beide Heere und Völker in demselben glorreichen Befreiungskampfe brüderlich vereinigten! (Sächs. Bl.)


[79]
Auszug aus dem Journal de Francfort vom 18 December 1839.

Das Handlungshaus Treves zu Venedig, dessen Fallissement wir Ihnen in einer unserer letzten Nummer anzeigten, ist nicht das in der Handelswelt unter dem Namen Giacomo Treves bekannte große Haus, sondern ein Mitglied derselben Familie, Vita Treves, ist es, das kürzlich mit einer Summe von etwa 1 1/2 Millionen Franken fallirte.

Indem unser Correspondent uns zu dieser Berichtigung auffordert, meldet er uns, die bei dieser Angelegenheit Betheiligten hofften, daß die äußerst reichen und seit einiger Zeit in den österreichischen Adelsstand erhobenen Brüder des Schuldners den Glanz ihrer Familie nicht durch ein solches Ereigniß beflecken lassen, sondern die von ihrem Bruder eingegangenen Verbindlichkeiten vollständig honoriren würden. Man zählte mit Vertrauen darauf, daß diese Hoffnungen nicht getäuscht blieben; denn erwägt man das Activum, welches schon die Bilanz des Schuldners bot, so könnte der Verlust, der seine Brüder, wenn sie sich diesem Acte der Großmuth unterzögen, träfe, verhältnißmäßig nur unbedeutend seyn.



diesen herrlichen Aussichten begann die Ausführung des Vertrags mit einer Menge Plackereien durch die von russischer Seite an der Gränze gezogene Kosakenlinie. Alle Nebenwege und Brücken an den Gränzen, welche früher Jedermann, insofern er nicht zollbare Waare führte, ruhig passiren konnte, wurden von russischer Seite cassirt, durch die Kosakenpikets besetzt und nur die großen Straßen zu den Zollämtern, welche mindestens in Entfernungen von 2 bis 4 Meilen voneinander lagen, zur öffentlichen Benutzung freigegeben. Inmittelst waren beide Cabinette mit gemeinschaftlicher Sorgfalt bemüht, die Verkehrsbeziehungen, welche der Tractat vom 3 Mai 1815 noch nicht hinlänglich bestimmt hatte, theils zu ordnen, theils zu erweitern. Besonders betraf dieß die im Art. 22 desselben stipulirte Schifffahrtsfreiheit, welche der Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19 Dec. 1818 hauptsächlich zum Gegenstand hatte. Außer der im Tarif zu diesem Vertrage fixirten Stromschifffahrtsabgabe, den Durchlaßgeldern an den Brücken und den Schiffsgefäßgeldern sollte ohne gemeinschaftliche Uebereinkunft beider Regierungen weder eine andere Stromabgabe erhoben, noch die bestimmten Tarifsätze erhöht werden. Mit Ausnahme der Tarifsfeststellungen verstand sich das Uebrige aus dem Tractate vom 3 Mai 1815 von selbst. Wichtiger aber ist die gegenseitige Versicherung (Art. 3) der unumschränktesten Handelsfreiheit für die Provinzen des alten Polens und das ausgesprochene Bekenntniß des unwandelbar zu befolgenden Grundsatzes, daß alle Erzeugnisse des Bodens und Kunstfleißes beider Staaten in den gegenseitigen Landesgebieten mit der unumschränktesten Freiheit umgesetzt werden könnten. (Art. 4.) Dieser Vertrag fand jedoch besonders von russischer Seite Schwierigkeiten in der Ausführung, und unterm 11 März 1825 errichteten Preußen und Rußland auf die Dauer von neun Jahren einen anderweiten Handels- und Schifffahrtsvertrag, worin die Bestimmungen des Wiener Vertrags vom 3 Mai 1815 unter gegenseitig zugelassenen, jedoch sehr auffallenden Einschränkungen zur Ausführung gebracht werden sollten. Obgleich darin wörtlich anerkannt wird, wie heilsam der Grundsatz eines völlig freien und nicht mit verbotähnlichen Tarifsätzen belebten Handels seyn würde, so behielten sich doch beide Theile vor, nach Maßgabe ihrer Handelssysteme die Tarifsätze der Ein- und Ausfuhr zu erhöhen oder bisher erlaubte Artikel zu verbieten. Sogar Handelsbegünstigungen, die bereits einer dritten Macht bewilligt waren oder bewilligt werden möchten, sollten in Zukunft gegenseitig nicht in Anspruch kommen. (Art. 7, 8 und 9.) Von hier an, besonders aber seit der Unterdrückung des polnischen Aufstandes, datiren sich die Klagen der preußischen Ostprovinzen über Beeinträchtigung durch die innere Politik Rußlands. Diese haben sich seitdem von Jahr zu Jahr noch vermehrt. Der Vertrag vom 11 März 1825, welcher im Jahr 1834 ablief, enthält im Art. 23 die Bestimmung, daß die contrahirenden Mächte sechs Monate vor dessen Ablauf wegen einer Verlängerung desselben, falls solche ihren Absichten gemäß seyn sollte, übereinkommen würden. Im entgegengesetzten Falle würde man sich jedoch nicht weniger an die Grundsätze halten, welche bei den auf Schifffahrt und Handel sich beziehenden Bestimmungen des zu Wien am 3 Mai 1815 unterzeichneten Vertrags zum Leitfaden gedient hätten. Eine Verlängerung dieses Vertrags wurde nicht beliebt; ein neuer Vertrag ist nicht zu Stande gekommen, und daher der letztere Fall eingetreten, wonach der Vertrag vom 3 Mai 1815 in Betreff der nachbarlichen und commerciellen Verhältnisse Preußens zu Rußland einzig zur Richtschnur dient, und die zahlreichen diesseitigen Beschwerden über letzteres zu beurtheilen sind. Bei Darstellung der einzelnen Beschwerden, welche fernern Mittheilungen vorbehalten bleibt, wird es von selbst augenfällig erscheinen, wie weit Rußland in seinem neuesten Verhalten, betreffend die nachbarlichen und commerciellen Beziehungen zu Preußen, von den Grundsätzen jenes Vertrags abgewichen, und wiefern dasselbe es noch werth findet, die Bande aufrecht zu erhalten, welche einst beide Heere und Völker in demselben glorreichen Befreiungskampfe brüderlich vereinigten! (Sächs. Bl.)


[79]
Auszug aus dem Journal de Francfort vom 18 December 1839.

Das Handlungshaus Treves zu Venedig, dessen Fallissement wir Ihnen in einer unserer letzten Nummer anzeigten, ist nicht das in der Handelswelt unter dem Namen Giacomo Treves bekannte große Haus, sondern ein Mitglied derselben Familie, Vita Treves, ist es, das kürzlich mit einer Summe von etwa 1 1/2 Millionen Franken fallirte.

Indem unser Correspondent uns zu dieser Berichtigung auffordert, meldet er uns, die bei dieser Angelegenheit Betheiligten hofften, daß die äußerst reichen und seit einiger Zeit in den österreichischen Adelsstand erhobenen Brüder des Schuldners den Glanz ihrer Familie nicht durch ein solches Ereigniß beflecken lassen, sondern die von ihrem Bruder eingegangenen Verbindlichkeiten vollständig honoriren würden. Man zählte mit Vertrauen darauf, daß diese Hoffnungen nicht getäuscht blieben; denn erwägt man das Activum, welches schon die Bilanz des Schuldners bot, so könnte der Verlust, der seine Brüder, wenn sie sich diesem Acte der Großmuth unterzögen, träfe, verhältnißmäßig nur unbedeutend seyn.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jSupplement" n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div n="2">
              <div type="jArticle" n="3">
                <p><pb facs="#f0014" n="0086"/><lb/>
diesen herrlichen Aussichten begann die Ausführung des Vertrags mit einer Menge Plackereien durch die von russischer Seite an der Gränze gezogene Kosakenlinie. Alle Nebenwege und Brücken an den Gränzen, welche früher Jedermann, insofern er nicht zollbare Waare führte, ruhig passiren konnte, wurden von russischer Seite cassirt, durch die Kosakenpikets besetzt und nur die großen Straßen zu den Zollämtern, welche mindestens in Entfernungen von 2 bis 4 Meilen voneinander lagen, zur öffentlichen Benutzung freigegeben. Inmittelst waren beide Cabinette mit gemeinschaftlicher Sorgfalt bemüht, die Verkehrsbeziehungen, welche der Tractat vom 3 Mai 1815 noch nicht hinlänglich bestimmt hatte, theils zu ordnen, theils zu erweitern. Besonders betraf dieß die im Art. 22 desselben stipulirte Schifffahrtsfreiheit, welche der Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19 Dec. 1818 hauptsächlich zum Gegenstand hatte. Außer der im Tarif zu diesem Vertrage fixirten Stromschifffahrtsabgabe, den Durchlaßgeldern an den Brücken und den Schiffsgefäßgeldern sollte ohne gemeinschaftliche Uebereinkunft beider Regierungen weder eine andere Stromabgabe erhoben, noch die bestimmten Tarifsätze erhöht werden. Mit Ausnahme der Tarifsfeststellungen verstand sich das Uebrige aus dem Tractate vom 3 Mai 1815 von selbst. Wichtiger aber ist die gegenseitige Versicherung (Art. 3) der unumschränktesten Handelsfreiheit für die Provinzen des alten Polens und das ausgesprochene Bekenntniß des unwandelbar zu befolgenden Grundsatzes, daß alle Erzeugnisse des Bodens und Kunstfleißes beider Staaten in den gegenseitigen Landesgebieten mit der unumschränktesten Freiheit umgesetzt werden könnten. (Art. 4.) Dieser Vertrag fand jedoch besonders von russischer Seite Schwierigkeiten in der Ausführung, und unterm 11 März 1825 errichteten Preußen und Rußland auf die Dauer von neun Jahren einen anderweiten Handels- und Schifffahrtsvertrag, worin die Bestimmungen des Wiener Vertrags vom 3 Mai 1815 unter gegenseitig zugelassenen, jedoch sehr auffallenden Einschränkungen zur Ausführung gebracht werden sollten. Obgleich darin wörtlich anerkannt wird, wie heilsam der Grundsatz eines völlig freien und nicht mit verbotähnlichen Tarifsätzen belebten Handels seyn würde, so behielten sich doch beide Theile vor, nach Maßgabe ihrer Handelssysteme die Tarifsätze der Ein- und Ausfuhr zu erhöhen oder bisher erlaubte Artikel zu verbieten. Sogar Handelsbegünstigungen, die bereits einer dritten Macht bewilligt waren oder bewilligt werden möchten, sollten in Zukunft gegenseitig nicht in Anspruch kommen. (Art. 7, 8 und 9.) Von hier an, besonders aber seit der Unterdrückung des polnischen Aufstandes, datiren sich die Klagen der preußischen Ostprovinzen über Beeinträchtigung durch die innere Politik Rußlands. Diese haben sich seitdem von Jahr zu Jahr noch vermehrt. Der Vertrag vom 11 März 1825, welcher im Jahr 1834 ablief, enthält im Art. 23 die Bestimmung, daß die contrahirenden Mächte sechs Monate vor dessen Ablauf wegen einer Verlängerung desselben, falls solche ihren Absichten gemäß seyn sollte, übereinkommen würden. Im entgegengesetzten Falle würde man sich jedoch nicht weniger an die Grundsätze halten, welche bei den auf Schifffahrt und Handel sich beziehenden Bestimmungen des zu Wien am 3 Mai 1815 unterzeichneten Vertrags zum Leitfaden gedient hätten. Eine Verlängerung dieses Vertrags wurde nicht beliebt; ein neuer Vertrag ist nicht zu Stande gekommen, und daher der letztere Fall eingetreten, wonach der Vertrag vom 3 Mai 1815 in Betreff der nachbarlichen und commerciellen Verhältnisse Preußens zu Rußland einzig zur Richtschnur dient, und die zahlreichen diesseitigen Beschwerden über letzteres zu beurtheilen sind. Bei Darstellung der einzelnen Beschwerden, welche fernern Mittheilungen vorbehalten bleibt, wird es von selbst augenfällig erscheinen, wie weit Rußland in seinem neuesten Verhalten, betreffend die nachbarlichen und commerciellen Beziehungen zu Preußen, von den Grundsätzen jenes Vertrags abgewichen, und wiefern dasselbe es noch werth findet, die Bande aufrecht zu erhalten, welche einst beide Heere und Völker in demselben glorreichen Befreiungskampfe brüderlich vereinigten! (<hi rendition="#g">Sächs</hi>. <hi rendition="#g">Bl</hi>.)</p><lb/>
              </div>
              <div type="jAnnouncements" n="2">
                <div xml:id="jAn79" type="jAn" n="3">
                  <head>[79]<lb/>
Auszug aus dem Journal de Francfort vom 18 December 1839.</head><lb/>
                  <p>Das Handlungshaus Treves zu Venedig, dessen Fallissement wir Ihnen in einer unserer letzten Nummer anzeigten, ist nicht das in der Handelswelt unter dem Namen Giacomo Treves bekannte große Haus, sondern ein Mitglied derselben Familie, Vita Treves, ist es, das kürzlich mit einer Summe von etwa 1 1/2 Millionen Franken fallirte.</p><lb/>
                  <p>Indem unser Correspondent uns zu dieser Berichtigung auffordert, meldet er uns, die bei dieser Angelegenheit Betheiligten hofften, daß die äußerst reichen und seit einiger Zeit in den österreichischen Adelsstand erhobenen Brüder des Schuldners den Glanz ihrer Familie nicht durch ein solches Ereigniß beflecken lassen, sondern die von ihrem Bruder eingegangenen Verbindlichkeiten vollständig honoriren würden. Man zählte mit Vertrauen darauf, daß diese Hoffnungen nicht getäuscht blieben; denn erwägt man das Activum, welches schon die Bilanz des Schuldners bot, so könnte der Verlust, der seine Brüder, wenn sie sich diesem Acte der Großmuth unterzögen, träfe, verhältnißmäßig nur unbedeutend seyn.</p><lb/><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0086/0014] diesen herrlichen Aussichten begann die Ausführung des Vertrags mit einer Menge Plackereien durch die von russischer Seite an der Gränze gezogene Kosakenlinie. Alle Nebenwege und Brücken an den Gränzen, welche früher Jedermann, insofern er nicht zollbare Waare führte, ruhig passiren konnte, wurden von russischer Seite cassirt, durch die Kosakenpikets besetzt und nur die großen Straßen zu den Zollämtern, welche mindestens in Entfernungen von 2 bis 4 Meilen voneinander lagen, zur öffentlichen Benutzung freigegeben. Inmittelst waren beide Cabinette mit gemeinschaftlicher Sorgfalt bemüht, die Verkehrsbeziehungen, welche der Tractat vom 3 Mai 1815 noch nicht hinlänglich bestimmt hatte, theils zu ordnen, theils zu erweitern. Besonders betraf dieß die im Art. 22 desselben stipulirte Schifffahrtsfreiheit, welche der Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 19 Dec. 1818 hauptsächlich zum Gegenstand hatte. Außer der im Tarif zu diesem Vertrage fixirten Stromschifffahrtsabgabe, den Durchlaßgeldern an den Brücken und den Schiffsgefäßgeldern sollte ohne gemeinschaftliche Uebereinkunft beider Regierungen weder eine andere Stromabgabe erhoben, noch die bestimmten Tarifsätze erhöht werden. Mit Ausnahme der Tarifsfeststellungen verstand sich das Uebrige aus dem Tractate vom 3 Mai 1815 von selbst. Wichtiger aber ist die gegenseitige Versicherung (Art. 3) der unumschränktesten Handelsfreiheit für die Provinzen des alten Polens und das ausgesprochene Bekenntniß des unwandelbar zu befolgenden Grundsatzes, daß alle Erzeugnisse des Bodens und Kunstfleißes beider Staaten in den gegenseitigen Landesgebieten mit der unumschränktesten Freiheit umgesetzt werden könnten. (Art. 4.) Dieser Vertrag fand jedoch besonders von russischer Seite Schwierigkeiten in der Ausführung, und unterm 11 März 1825 errichteten Preußen und Rußland auf die Dauer von neun Jahren einen anderweiten Handels- und Schifffahrtsvertrag, worin die Bestimmungen des Wiener Vertrags vom 3 Mai 1815 unter gegenseitig zugelassenen, jedoch sehr auffallenden Einschränkungen zur Ausführung gebracht werden sollten. Obgleich darin wörtlich anerkannt wird, wie heilsam der Grundsatz eines völlig freien und nicht mit verbotähnlichen Tarifsätzen belebten Handels seyn würde, so behielten sich doch beide Theile vor, nach Maßgabe ihrer Handelssysteme die Tarifsätze der Ein- und Ausfuhr zu erhöhen oder bisher erlaubte Artikel zu verbieten. Sogar Handelsbegünstigungen, die bereits einer dritten Macht bewilligt waren oder bewilligt werden möchten, sollten in Zukunft gegenseitig nicht in Anspruch kommen. (Art. 7, 8 und 9.) Von hier an, besonders aber seit der Unterdrückung des polnischen Aufstandes, datiren sich die Klagen der preußischen Ostprovinzen über Beeinträchtigung durch die innere Politik Rußlands. Diese haben sich seitdem von Jahr zu Jahr noch vermehrt. Der Vertrag vom 11 März 1825, welcher im Jahr 1834 ablief, enthält im Art. 23 die Bestimmung, daß die contrahirenden Mächte sechs Monate vor dessen Ablauf wegen einer Verlängerung desselben, falls solche ihren Absichten gemäß seyn sollte, übereinkommen würden. Im entgegengesetzten Falle würde man sich jedoch nicht weniger an die Grundsätze halten, welche bei den auf Schifffahrt und Handel sich beziehenden Bestimmungen des zu Wien am 3 Mai 1815 unterzeichneten Vertrags zum Leitfaden gedient hätten. Eine Verlängerung dieses Vertrags wurde nicht beliebt; ein neuer Vertrag ist nicht zu Stande gekommen, und daher der letztere Fall eingetreten, wonach der Vertrag vom 3 Mai 1815 in Betreff der nachbarlichen und commerciellen Verhältnisse Preußens zu Rußland einzig zur Richtschnur dient, und die zahlreichen diesseitigen Beschwerden über letzteres zu beurtheilen sind. Bei Darstellung der einzelnen Beschwerden, welche fernern Mittheilungen vorbehalten bleibt, wird es von selbst augenfällig erscheinen, wie weit Rußland in seinem neuesten Verhalten, betreffend die nachbarlichen und commerciellen Beziehungen zu Preußen, von den Grundsätzen jenes Vertrags abgewichen, und wiefern dasselbe es noch werth findet, die Bande aufrecht zu erhalten, welche einst beide Heere und Völker in demselben glorreichen Befreiungskampfe brüderlich vereinigten! (Sächs. Bl.) [79] Auszug aus dem Journal de Francfort vom 18 December 1839. Das Handlungshaus Treves zu Venedig, dessen Fallissement wir Ihnen in einer unserer letzten Nummer anzeigten, ist nicht das in der Handelswelt unter dem Namen Giacomo Treves bekannte große Haus, sondern ein Mitglied derselben Familie, Vita Treves, ist es, das kürzlich mit einer Summe von etwa 1 1/2 Millionen Franken fallirte. Indem unser Correspondent uns zu dieser Berichtigung auffordert, meldet er uns, die bei dieser Angelegenheit Betheiligten hofften, daß die äußerst reichen und seit einiger Zeit in den österreichischen Adelsstand erhobenen Brüder des Schuldners den Glanz ihrer Familie nicht durch ein solches Ereigniß beflecken lassen, sondern die von ihrem Bruder eingegangenen Verbindlichkeiten vollständig honoriren würden. Man zählte mit Vertrauen darauf, daß diese Hoffnungen nicht getäuscht blieben; denn erwägt man das Activum, welches schon die Bilanz des Schuldners bot, so könnte der Verlust, der seine Brüder, wenn sie sich diesem Acte der Großmuth unterzögen, träfe, verhältnißmäßig nur unbedeutend seyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_011_18400111
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_011_18400111/14
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 11. Augsburg, 11. Januar 1840, S. 0086. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_011_18400111/14>, abgerufen am 02.05.2024.