Allgemeine Zeitung. Nr. 2. Augsburg, 2. Januar 1840.
Ein an den englischen Globe gerichtetes Schreiben aus Paris sagt in Betreff der zwischen den englischen und französischen Commissionen eröffneten Handelsconferenzen, daß Hr. Labouchere beschlossen habe, sich zuerst darüber zu versichern, ob die Regierung den Willen und die Gewalt habe, diesen Gegenstand ernstlich und ganz redlich aufzufassen. "Die englischen Commissarien haben sonach, so sagt dieses Schreiben, ihre Vorschläge, die alle Hauptpunkte begreifen, abgeschickt. Die französischen Commissarien berathschlagen darüber, und wenn sie sie annehmen, so werden die Conferenzen fortgesetzt werden und nothwendig wichtige Veränderungen in unsern Handelsberührungen herbeiführen. Wenn aber die Vorschläge unserer Commissarien nicht angenommen werden, so sollen die Conferenzen, die alsdann nur lächerlich seyn würden, sogleich abgebrochen werden. Gleichwohl scheint die französische Regierung von einem so guten Geiste beseelt, daß wir eine befriedigende Antwort von Seite der französischen Commissarien in Bezug auf die Hauptgrundlagen der Unterhandlung erwarten dürfen." (National.) Hr. Alexander Guillemin, Advocat und Beistand des Hrn. Crouy Chanel, schreibt uns, daß sein Client sich am Abend zuvor in der Wohnung des Hrn. Zangiacomi eingefunden habe, in der Absicht, sich als Gefangener zu stellen. Hr. Alex. Guillemin fügt bei, daß in Folge der Abwesenheit dieses Instructionsrichters Hr. Crouy Chanel die Ausführung seines Plans auf den folgenden Tag habe verschieben müssen. Der k. Procurator in Moulins schreibt von daher, daß die Angabe des Capitole, daß in der Wohnung des Geranten des Journal Bourbonnais eine Durchsuchung stattgefunden habe, völlig falsch sey. Die Times bemerkt zu den Nachrichten ihres Correspondenten aus Paris über die Verhaftung des Herausgebers des Capitole, daß sie aus einer andern glaubhaften Quelle erfahren, die ganze Verschwörung sey nur eine Speculation des Marquis Crouy-Chanel und des Hrn. Durand gewesen, deren sich jedoch Ludwig Napoleon zu Gunsten seiner Absichten bedient haben würde. Daß der Prinz sie angezettelt, sey durchaus unwahr. Der Marquis Crouy-Chanel sey seit Jahren ein politischer Industrieritter gewesen. Hr. Durand habe als Redacteur des Journal de Francfort, wie er selbst zugebe, den russischen Agenten gemacht; auch sey er damals von der französischen Regierung bezahlt worden, die Straßenaufstände in Paris in den Augen der heiligen Allianz zu übertreiben, um für Ludwig Philipp die Sympathie der alliirten Souveräns zu erlangen. Sein einziger Zweck seit der Herausgabe des Capitole habe in dem Bestreben bestanden, sich um jeden Preis bemerkbar zu machen; doch habe er seinen Hauptzweck, Rußland zu vertheidigen, nie aus den Augen verloren, indem er stets England als den Todfeind Frankreichs bezeichnet und auf die Wiedererlangung der Rheingränze für Frankreich durch Rußlands Hülfe hingewiesen habe. Durch die letzte Hinweisung und durch seinen Haß gegen England habe er sich der Bonapartischen Partei beliebt gemacht, die ihn für den ihrigen gehalten, während er doch unausgesetzt die Interessen Rußlands gefördert habe. Die Times, welche den Widerspruch zwischen den Angaben ihres Correspondenten aus Paris, der behauptet, die Verschwörung sey von Ludwig Napoleon angestiftet worden, und der oben angeführten, aus andern Quellen erhaltenen Nachricht zu lösen sucht, bemerkt: "Daß eine Verschwörung besteht, liegt nach allen Thatsachen offen zu Tage. Der Marquis Crouy-Chanel hat Material dazu vorgefunden und dasselbe, wenn Alles, was man von ihm sagt, richtig ist, zu einer furchtbaren Maschine zu verarbeiten verstanden. Daß die Legitimisten tief darein verwickelt sind, darüber stimmen alle unsere Briefe und Mittheilungen überein. Einige behaupten selbst, daß die Legitimisten unendlich thätiger dabei sind als die wirklichen Anhänger Napoleons. Wie dem auch seyn möge, die Hände, deren man sich bedienen wollte, waren die der Republicaner, deren sich dann die Bonapartisten oder Legitimisten, je nachdem eine oder die andere Partei zuletzt den Sieg behauptet, ohne Zeitverlust entledigt haben würden. Mittlerweile behaupten die Pariser republicanischen Journale, daß das Ganze eine von der Polizei angelegte Intrigue sey; aber wir haben für unsere Nachrichten eine bessere Autorität. Die französische Regierung empfängt stündlich neue Aufschlüsse und ordnet neue Verhaftungen an, so daß der Bericht über alle Thatsachen der umfangreichste zu werden verspricht, der je einer Regierung vorgelegt wurde. Mit diesem Berichte bezweckt Ludwig Philipp sicherlich, sich an die Gesetzgebung zu wenden und von ihr größere Gewalt zu erlangen, was, wenn es zugestanden wird, eine radicale Veränderung in der nach der Juliusrevolution eingesetzten Regierung bewirken wird. Jedoch herrscht einiger Zweifel hinsichtlich des Muthes der gegenwärtigen Minister, deren Mehrzahl man keines kühnen und wagenden Entschlusses fähig hält, so daß eine neue Verwaltung möglicherweise nothwendig werden wird, um die Absichten des Königs in dieser Hinsicht zu vollstrecken."
Ein an den englischen Globe gerichtetes Schreiben aus Paris sagt in Betreff der zwischen den englischen und französischen Commissionen eröffneten Handelsconferenzen, daß Hr. Labouchère beschlossen habe, sich zuerst darüber zu versichern, ob die Regierung den Willen und die Gewalt habe, diesen Gegenstand ernstlich und ganz redlich aufzufassen. „Die englischen Commissarien haben sonach, so sagt dieses Schreiben, ihre Vorschläge, die alle Hauptpunkte begreifen, abgeschickt. Die französischen Commissarien berathschlagen darüber, und wenn sie sie annehmen, so werden die Conferenzen fortgesetzt werden und nothwendig wichtige Veränderungen in unsern Handelsberührungen herbeiführen. Wenn aber die Vorschläge unserer Commissarien nicht angenommen werden, so sollen die Conferenzen, die alsdann nur lächerlich seyn würden, sogleich abgebrochen werden. Gleichwohl scheint die französische Regierung von einem so guten Geiste beseelt, daß wir eine befriedigende Antwort von Seite der französischen Commissarien in Bezug auf die Hauptgrundlagen der Unterhandlung erwarten dürfen.“ (National.) Hr. Alexander Guillemin, Advocat und Beistand des Hrn. Crouy Chanel, schreibt uns, daß sein Client sich am Abend zuvor in der Wohnung des Hrn. Zangiacomi eingefunden habe, in der Absicht, sich als Gefangener zu stellen. Hr. Alex. Guillemin fügt bei, daß in Folge der Abwesenheit dieses Instructionsrichters Hr. Crouy Chanel die Ausführung seines Plans auf den folgenden Tag habe verschieben müssen. Der k. Procurator in Moulins schreibt von daher, daß die Angabe des Capitole, daß in der Wohnung des Géranten des Journal Bourbonnais eine Durchsuchung stattgefunden habe, völlig falsch sey. Die Times bemerkt zu den Nachrichten ihres Correspondenten aus Paris über die Verhaftung des Herausgebers des Capitole, daß sie aus einer andern glaubhaften Quelle erfahren, die ganze Verschwörung sey nur eine Speculation des Marquis Crouy-Chanel und des Hrn. Durand gewesen, deren sich jedoch Ludwig Napoleon zu Gunsten seiner Absichten bedient haben würde. Daß der Prinz sie angezettelt, sey durchaus unwahr. Der Marquis Crouy-Chanel sey seit Jahren ein politischer Industrieritter gewesen. Hr. Durand habe als Redacteur des Journal de Francfort, wie er selbst zugebe, den russischen Agenten gemacht; auch sey er damals von der französischen Regierung bezahlt worden, die Straßenaufstände in Paris in den Augen der heiligen Allianz zu übertreiben, um für Ludwig Philipp die Sympathie der alliirten Souveräns zu erlangen. Sein einziger Zweck seit der Herausgabe des Capitole habe in dem Bestreben bestanden, sich um jeden Preis bemerkbar zu machen; doch habe er seinen Hauptzweck, Rußland zu vertheidigen, nie aus den Augen verloren, indem er stets England als den Todfeind Frankreichs bezeichnet und auf die Wiedererlangung der Rheingränze für Frankreich durch Rußlands Hülfe hingewiesen habe. Durch die letzte Hinweisung und durch seinen Haß gegen England habe er sich der Bonapartischen Partei beliebt gemacht, die ihn für den ihrigen gehalten, während er doch unausgesetzt die Interessen Rußlands gefördert habe. Die Times, welche den Widerspruch zwischen den Angaben ihres Correspondenten aus Paris, der behauptet, die Verschwörung sey von Ludwig Napoleon angestiftet worden, und der oben angeführten, aus andern Quellen erhaltenen Nachricht zu lösen sucht, bemerkt: „Daß eine Verschwörung besteht, liegt nach allen Thatsachen offen zu Tage. Der Marquis Crouy-Chanel hat Material dazu vorgefunden und dasselbe, wenn Alles, was man von ihm sagt, richtig ist, zu einer furchtbaren Maschine zu verarbeiten verstanden. Daß die Legitimisten tief darein verwickelt sind, darüber stimmen alle unsere Briefe und Mittheilungen überein. Einige behaupten selbst, daß die Legitimisten unendlich thätiger dabei sind als die wirklichen Anhänger Napoleons. Wie dem auch seyn möge, die Hände, deren man sich bedienen wollte, waren die der Republicaner, deren sich dann die Bonapartisten oder Legitimisten, je nachdem eine oder die andere Partei zuletzt den Sieg behauptet, ohne Zeitverlust entledigt haben würden. Mittlerweile behaupten die Pariser republicanischen Journale, daß das Ganze eine von der Polizei angelegte Intrigue sey; aber wir haben für unsere Nachrichten eine bessere Autorität. Die französische Regierung empfängt stündlich neue Aufschlüsse und ordnet neue Verhaftungen an, so daß der Bericht über alle Thatsachen der umfangreichste zu werden verspricht, der je einer Regierung vorgelegt wurde. Mit diesem Berichte bezweckt Ludwig Philipp sicherlich, sich an die Gesetzgebung zu wenden und von ihr größere Gewalt zu erlangen, was, wenn es zugestanden wird, eine radicale Veränderung in der nach der Juliusrevolution eingesetzten Regierung bewirken wird. 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Alles ruft ernste Arbeiten herbei: die Meinungen scheinen mehr getheilt als heftig. Jeder fühlt das Bedürfniß aufrichtiger und tiefer Erörterungen. Sie allein können den Ideen und den Geschäften jene Festigkeit verleihen, die für das Land und das Parlament gleich wichtig ist. Die Aufrichtigkeit unsrer Debatten ist unsrer Unabhängigkeit angemessen; ihre Würde hebt deren Macht hervor. Unsre Kämpfe werden alle parlamentarisch seyn. (Sehr gut!) Die Kammer ist nun definitiv constituirt.“ Der Präsident bestimmt hierauf durchs Loos die große Deputation für den Neujahrsglückwunsch bei dem König. Die Kammer begibt sich sodann auf ihre Bureaux zur Ernennung der Adressecommission. Im 6ten Bureau ward Hr. Ducos von der Opposition mit 17 Stimmen begünstigt gegen Hrn. Calmon, der jedoch 19 erhielt. Im 1sten Bureau entspann sich eine Erörterung über Spanien zwischen den HH. Thiers, de la Redorte und Rémusat. Hr.Rémusat ward einstimmig ernannt. Im 2ten Bureau ward Hr. Legentil, der ministerielle Candidat, durch 21 Stimmen gegen Hrn. Billaut, der nur 11 erhalten hatte, ernannt. Im 3ten Bureau ward Hr. Saunac mit 19 gegen Hrn. Ganneron mit 12 ernannt. Im 4ten Bureau entspann sich eine sehr lebhafte Discussion zwischen den HH. Cunin-Gridaine und Mauguin über die Fragen des Orients und Afrika's. Hr. Benjamin Delessert erhielt 17, Hr. Mauguin nur 15 Stimmen. Im 5ten Bureau ward Hr. Quesnault mit 17 Stimmen gegen Hrn. l'Herbette ernannt, der nur 14 erhalten hatte. Im 7ten Bureau erhielt Hr. Lacrosse 17 Stimmen gegen 6, die Hr. Barrada und 6, die Hr. Abatucci erhalten hatte. Im 8ten Bureau erhielt Hr. Dumont 16, Hr. O. Barrot nur 13. Im 9ten Bureau Hr. Malleville 18 gegen Hrn. Lanyer mit 14. Die ministeriellen Candidaten erhielten also die entschiedenste Majorität; die Opposition setzte nicht Einen Namen durch.</p><lb/> <p>Ein an den englischen <hi rendition="#g">Globe</hi> gerichtetes Schreiben aus <hi rendition="#b">Paris</hi> sagt in Betreff der zwischen den englischen und französischen Commissionen eröffneten Handelsconferenzen, daß Hr. Labouchère beschlossen habe, sich zuerst darüber zu versichern, ob die Regierung den Willen und die Gewalt habe, diesen Gegenstand ernstlich und ganz redlich aufzufassen. „Die englischen Commissarien haben sonach, so sagt dieses Schreiben, ihre Vorschläge, die alle Hauptpunkte begreifen, abgeschickt. Die französischen Commissarien berathschlagen darüber, und wenn sie sie annehmen, so werden die Conferenzen fortgesetzt werden und nothwendig wichtige Veränderungen in unsern Handelsberührungen herbeiführen. Wenn aber die Vorschläge unserer Commissarien nicht angenommen werden, so sollen die Conferenzen, die alsdann nur lächerlich seyn würden, sogleich abgebrochen werden. Gleichwohl scheint die französische Regierung von einem so guten Geiste beseelt, daß wir eine befriedigende Antwort von Seite der französischen Commissarien in Bezug auf die Hauptgrundlagen der Unterhandlung erwarten dürfen.“</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">National</hi>.) Hr. Alexander Guillemin, Advocat und Beistand des Hrn. Crouy Chanel, schreibt uns, daß sein Client sich am Abend zuvor in der Wohnung des Hrn. Zangiacomi eingefunden habe, in der Absicht, sich als Gefangener zu stellen. Hr. Alex. Guillemin fügt bei, daß in Folge der Abwesenheit dieses Instructionsrichters Hr. Crouy Chanel die Ausführung seines Plans auf den folgenden Tag habe verschieben müssen.</p><lb/> <p>Der k. 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Durand habe als Redacteur des Journal de Francfort, wie er selbst zugebe, den russischen Agenten gemacht; auch sey er damals von der französischen Regierung bezahlt worden, die Straßenaufstände in Paris in den Augen der heiligen Allianz zu übertreiben, um für Ludwig Philipp die Sympathie der alliirten Souveräns zu erlangen. Sein einziger Zweck seit der Herausgabe des Capitole habe in dem Bestreben bestanden, sich um jeden Preis bemerkbar zu machen; doch habe er seinen Hauptzweck, Rußland zu vertheidigen, nie aus den Augen verloren, indem er stets England als den Todfeind Frankreichs bezeichnet und auf die Wiedererlangung der Rheingränze für Frankreich durch Rußlands Hülfe hingewiesen habe. Durch die letzte Hinweisung und durch seinen Haß gegen England habe er sich der Bonapartischen Partei beliebt gemacht, die ihn für den ihrigen gehalten, während er doch unausgesetzt die Interessen Rußlands gefördert habe. Die Times, welche den Widerspruch zwischen den Angaben ihres Correspondenten aus Paris, der behauptet, die Verschwörung sey von Ludwig Napoleon angestiftet worden, und der oben angeführten, aus andern Quellen erhaltenen Nachricht zu lösen sucht, bemerkt: „Daß eine Verschwörung besteht, liegt nach allen Thatsachen offen zu Tage. Der Marquis Crouy-Chanel hat Material dazu vorgefunden und dasselbe, wenn Alles, was man von ihm sagt, richtig ist, zu einer furchtbaren Maschine zu verarbeiten verstanden. Daß die Legitimisten tief darein verwickelt sind, darüber stimmen alle unsere Briefe und Mittheilungen überein. Einige behaupten selbst, daß die Legitimisten unendlich thätiger dabei sind als die wirklichen Anhänger Napoleons. Wie dem auch seyn möge, die Hände, deren man sich bedienen wollte, waren die der Republicaner, deren sich dann die Bonapartisten oder Legitimisten, je nachdem eine oder die andere Partei zuletzt den Sieg behauptet, ohne Zeitverlust entledigt haben würden. Mittlerweile behaupten die Pariser republicanischen Journale, daß das Ganze eine von der Polizei angelegte Intrigue sey; aber wir haben für unsere Nachrichten eine bessere Autorität. Die französische Regierung empfängt stündlich neue Aufschlüsse und ordnet neue Verhaftungen an, so daß der Bericht über alle Thatsachen der umfangreichste zu werden verspricht, der je einer Regierung vorgelegt wurde. Mit diesem Berichte bezweckt Ludwig Philipp sicherlich, sich an die Gesetzgebung zu wenden und von ihr größere Gewalt zu erlangen, was, wenn es zugestanden wird, eine radicale Veränderung in der nach der Juliusrevolution eingesetzten Regierung bewirken wird. Jedoch herrscht einiger Zweifel hinsichtlich des Muthes der gegenwärtigen Minister, deren Mehrzahl man keines kühnen und wagenden Entschlusses fähig hält, so daß eine neue Verwaltung möglicherweise nothwendig werden wird, um die Absichten des Königs in dieser Hinsicht zu vollstrecken.“</p> </div><lb/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0012/0004]
fortfuhr: „Die Autorität des Präsidenten ist die Ihrige; sie muß eben so wohlwollend als fest seyn, da sie aus Ihrem freien Willen hervorgeht und Ihre Macht repräsentirt. Dieser Gedanke wird meine beständige Vorschrift seyn, und zugleich, wie ich nicht zweifle, die ehrenwerthen Mitarbeiter beseelen, die ich Ihrer Abstimmung verdanke. Ihr Bureau wird mit allem Eifer dazu beitragen, unsern Arbeiten Regelmäßigkeit und jenen Geist folgerechter und andauernder Thätigkeit zu verleihen, der, ohne Uebereilung, nützliche Resultate sichert. Alles ruft ernste Arbeiten herbei: die Meinungen scheinen mehr getheilt als heftig. Jeder fühlt das Bedürfniß aufrichtiger und tiefer Erörterungen. Sie allein können den Ideen und den Geschäften jene Festigkeit verleihen, die für das Land und das Parlament gleich wichtig ist. Die Aufrichtigkeit unsrer Debatten ist unsrer Unabhängigkeit angemessen; ihre Würde hebt deren Macht hervor. Unsre Kämpfe werden alle parlamentarisch seyn. (Sehr gut!) Die Kammer ist nun definitiv constituirt.“ Der Präsident bestimmt hierauf durchs Loos die große Deputation für den Neujahrsglückwunsch bei dem König. Die Kammer begibt sich sodann auf ihre Bureaux zur Ernennung der Adressecommission. Im 6ten Bureau ward Hr. Ducos von der Opposition mit 17 Stimmen begünstigt gegen Hrn. Calmon, der jedoch 19 erhielt. Im 1sten Bureau entspann sich eine Erörterung über Spanien zwischen den HH. Thiers, de la Redorte und Rémusat. Hr.Rémusat ward einstimmig ernannt. Im 2ten Bureau ward Hr. Legentil, der ministerielle Candidat, durch 21 Stimmen gegen Hrn. Billaut, der nur 11 erhalten hatte, ernannt. Im 3ten Bureau ward Hr. Saunac mit 19 gegen Hrn. Ganneron mit 12 ernannt. Im 4ten Bureau entspann sich eine sehr lebhafte Discussion zwischen den HH. Cunin-Gridaine und Mauguin über die Fragen des Orients und Afrika's. Hr. Benjamin Delessert erhielt 17, Hr. Mauguin nur 15 Stimmen. Im 5ten Bureau ward Hr. Quesnault mit 17 Stimmen gegen Hrn. l'Herbette ernannt, der nur 14 erhalten hatte. Im 7ten Bureau erhielt Hr. Lacrosse 17 Stimmen gegen 6, die Hr. Barrada und 6, die Hr. Abatucci erhalten hatte. Im 8ten Bureau erhielt Hr. Dumont 16, Hr. O. Barrot nur 13. Im 9ten Bureau Hr. Malleville 18 gegen Hrn. Lanyer mit 14. Die ministeriellen Candidaten erhielten also die entschiedenste Majorität; die Opposition setzte nicht Einen Namen durch.
Ein an den englischen Globe gerichtetes Schreiben aus Paris sagt in Betreff der zwischen den englischen und französischen Commissionen eröffneten Handelsconferenzen, daß Hr. Labouchère beschlossen habe, sich zuerst darüber zu versichern, ob die Regierung den Willen und die Gewalt habe, diesen Gegenstand ernstlich und ganz redlich aufzufassen. „Die englischen Commissarien haben sonach, so sagt dieses Schreiben, ihre Vorschläge, die alle Hauptpunkte begreifen, abgeschickt. Die französischen Commissarien berathschlagen darüber, und wenn sie sie annehmen, so werden die Conferenzen fortgesetzt werden und nothwendig wichtige Veränderungen in unsern Handelsberührungen herbeiführen. Wenn aber die Vorschläge unserer Commissarien nicht angenommen werden, so sollen die Conferenzen, die alsdann nur lächerlich seyn würden, sogleich abgebrochen werden. Gleichwohl scheint die französische Regierung von einem so guten Geiste beseelt, daß wir eine befriedigende Antwort von Seite der französischen Commissarien in Bezug auf die Hauptgrundlagen der Unterhandlung erwarten dürfen.“
(National.) Hr. Alexander Guillemin, Advocat und Beistand des Hrn. Crouy Chanel, schreibt uns, daß sein Client sich am Abend zuvor in der Wohnung des Hrn. Zangiacomi eingefunden habe, in der Absicht, sich als Gefangener zu stellen. Hr. Alex. Guillemin fügt bei, daß in Folge der Abwesenheit dieses Instructionsrichters Hr. Crouy Chanel die Ausführung seines Plans auf den folgenden Tag habe verschieben müssen.
Der k. Procurator in Moulins schreibt von daher, daß die Angabe des Capitole, daß in der Wohnung des Géranten des Journal Bourbonnais eine Durchsuchung stattgefunden habe, völlig falsch sey.
Die Times bemerkt zu den Nachrichten ihres Correspondenten aus Paris über die Verhaftung des Herausgebers des Capitole, daß sie aus einer andern glaubhaften Quelle erfahren, die ganze Verschwörung sey nur eine Speculation des Marquis Crouy-Chanel und des Hrn. Durand gewesen, deren sich jedoch Ludwig Napoleon zu Gunsten seiner Absichten bedient haben würde. Daß der Prinz sie angezettelt, sey durchaus unwahr. Der Marquis Crouy-Chanel sey seit Jahren ein politischer Industrieritter gewesen. Hr. Durand habe als Redacteur des Journal de Francfort, wie er selbst zugebe, den russischen Agenten gemacht; auch sey er damals von der französischen Regierung bezahlt worden, die Straßenaufstände in Paris in den Augen der heiligen Allianz zu übertreiben, um für Ludwig Philipp die Sympathie der alliirten Souveräns zu erlangen. Sein einziger Zweck seit der Herausgabe des Capitole habe in dem Bestreben bestanden, sich um jeden Preis bemerkbar zu machen; doch habe er seinen Hauptzweck, Rußland zu vertheidigen, nie aus den Augen verloren, indem er stets England als den Todfeind Frankreichs bezeichnet und auf die Wiedererlangung der Rheingränze für Frankreich durch Rußlands Hülfe hingewiesen habe. Durch die letzte Hinweisung und durch seinen Haß gegen England habe er sich der Bonapartischen Partei beliebt gemacht, die ihn für den ihrigen gehalten, während er doch unausgesetzt die Interessen Rußlands gefördert habe. Die Times, welche den Widerspruch zwischen den Angaben ihres Correspondenten aus Paris, der behauptet, die Verschwörung sey von Ludwig Napoleon angestiftet worden, und der oben angeführten, aus andern Quellen erhaltenen Nachricht zu lösen sucht, bemerkt: „Daß eine Verschwörung besteht, liegt nach allen Thatsachen offen zu Tage. Der Marquis Crouy-Chanel hat Material dazu vorgefunden und dasselbe, wenn Alles, was man von ihm sagt, richtig ist, zu einer furchtbaren Maschine zu verarbeiten verstanden. Daß die Legitimisten tief darein verwickelt sind, darüber stimmen alle unsere Briefe und Mittheilungen überein. Einige behaupten selbst, daß die Legitimisten unendlich thätiger dabei sind als die wirklichen Anhänger Napoleons. Wie dem auch seyn möge, die Hände, deren man sich bedienen wollte, waren die der Republicaner, deren sich dann die Bonapartisten oder Legitimisten, je nachdem eine oder die andere Partei zuletzt den Sieg behauptet, ohne Zeitverlust entledigt haben würden. Mittlerweile behaupten die Pariser republicanischen Journale, daß das Ganze eine von der Polizei angelegte Intrigue sey; aber wir haben für unsere Nachrichten eine bessere Autorität. Die französische Regierung empfängt stündlich neue Aufschlüsse und ordnet neue Verhaftungen an, so daß der Bericht über alle Thatsachen der umfangreichste zu werden verspricht, der je einer Regierung vorgelegt wurde. Mit diesem Berichte bezweckt Ludwig Philipp sicherlich, sich an die Gesetzgebung zu wenden und von ihr größere Gewalt zu erlangen, was, wenn es zugestanden wird, eine radicale Veränderung in der nach der Juliusrevolution eingesetzten Regierung bewirken wird. Jedoch herrscht einiger Zweifel hinsichtlich des Muthes der gegenwärtigen Minister, deren Mehrzahl man keines kühnen und wagenden Entschlusses fähig hält, so daß eine neue Verwaltung möglicherweise nothwendig werden wird, um die Absichten des Königs in dieser Hinsicht zu vollstrecken.“
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