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Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und dann wollte sich Medard in seinen alten Tagen das Gnadenbrot bei ihm ausbitten und unter der Stallthür stehend glücklich sein, wenn sein Bruder in der Kutsche dahinfuhr oder auf einem schönen Apfelschimmel daherritt. Was läßt sich nicht alles ausdenken draußen bei den still weidenden Thieren! Medard erschien sich oft ganze Wochen wie verzaubert. Alles, was er that, kam ihm so vor, als wäre das nur für einstweilen, nur noch jetzt, in einer Stunde wird's anders; da kommt auf ein Mal ein groß Glück. Und manchmal konnte er es gar nicht fassen, daß der Munde noch so klein und jung sei und noch so lange zu wachsen habe, bis er ein großer Mann, mindestens ein reicher Graf sei. Natürlich fehlte es auch nicht an Zeiten, wo sich Medard vor die Stirne schlug und sich selber auslachte über all die Narretheien, die er im Kopfe herumtrage; er war dann froh, daß Niemand davon wußte, und schlug sich Alles aus dem Sinn; aber innerlich verborgen konnte er doch eine gewisse Hoffnung des Unerwarteten nicht ertödten, er wußte nicht was und wie, aber doch blieb's.

Als Diethelm seine Fränz geboren wurde, hatte Medard dieser schon einen Ehemann bestimmt, lange bevor sie ein Wort sprechen konnte.

Munde war acht Jahre alt geworden. Es war im hohen Sommer, im Thale war abgeweidet, und der Pferch begann noch nicht, Medard hatte seinen sämmtlichen Schafen Schellen umgehängt, und es ging nun auf den Trieb ins hohe Waldgebirge. Das Schellengeläute währte unaufhörlich vom Morgen bis zum Abend, denn die Schafe auf der Weide fressen beständig im Gehen und stehen meist kaum so lange still, um das Gras auszuraufen; Medard war immer in wundersamer Aufregung, und er dachte mit schweren Sinnen, daß dieses der letzte Sommer sei, wo er den Munde bei sich hatte; zu Ostern mußte dieser bei Strafe endlich in die Schule. Es ist vorher gegangen, es muß nachher auch

und dann wollte sich Medard in seinen alten Tagen das Gnadenbrot bei ihm ausbitten und unter der Stallthür stehend glücklich sein, wenn sein Bruder in der Kutsche dahinfuhr oder auf einem schönen Apfelschimmel daherritt. Was läßt sich nicht alles ausdenken draußen bei den still weidenden Thieren! Medard erschien sich oft ganze Wochen wie verzaubert. Alles, was er that, kam ihm so vor, als wäre das nur für einstweilen, nur noch jetzt, in einer Stunde wird's anders; da kommt auf ein Mal ein groß Glück. Und manchmal konnte er es gar nicht fassen, daß der Munde noch so klein und jung sei und noch so lange zu wachsen habe, bis er ein großer Mann, mindestens ein reicher Graf sei. Natürlich fehlte es auch nicht an Zeiten, wo sich Medard vor die Stirne schlug und sich selber auslachte über all die Narretheien, die er im Kopfe herumtrage; er war dann froh, daß Niemand davon wußte, und schlug sich Alles aus dem Sinn; aber innerlich verborgen konnte er doch eine gewisse Hoffnung des Unerwarteten nicht ertödten, er wußte nicht was und wie, aber doch blieb's.

Als Diethelm seine Fränz geboren wurde, hatte Medard dieser schon einen Ehemann bestimmt, lange bevor sie ein Wort sprechen konnte.

Munde war acht Jahre alt geworden. Es war im hohen Sommer, im Thale war abgeweidet, und der Pferch begann noch nicht, Medard hatte seinen sämmtlichen Schafen Schellen umgehängt, und es ging nun auf den Trieb ins hohe Waldgebirge. Das Schellengeläute währte unaufhörlich vom Morgen bis zum Abend, denn die Schafe auf der Weide fressen beständig im Gehen und stehen meist kaum so lange still, um das Gras auszuraufen; Medard war immer in wundersamer Aufregung, und er dachte mit schweren Sinnen, daß dieses der letzte Sommer sei, wo er den Munde bei sich hatte; zu Ostern mußte dieser bei Strafe endlich in die Schule. Es ist vorher gegangen, es muß nachher auch

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:04:01Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:04:01Z)

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Zitationshilfe: Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/30>, abgerufen am 23.11.2024.