Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und Fränz war wenigstens einigermaßen zufriedengestellt, als Munde beim Absteigen sagte: So, jetzt beim Heimfahren könnet Ihr kutschiren, Schwäher, nicht um ein Königreich fahr' ich noch einmal so. Komm, Fränz, wir Zwei wollen zusammenhalten. Weißt noch, wie oft ich da bei dir gewesen bin? Ich freu' mich, grad hier zu zeigen, daß wir doch noch ein Paar geworden sind. Siehst jetzt, daß ich Recht hab'? entgegnete Fränz, als sie mit ihrem Bräutigam allein war. Mit meinem Vater kommt kein Tochtermann aus, der ihm nicht den Meister zeigt. Sie blieb stets bei diesem Gedanken. Im Rautenkranz war schon heute ein buntes Gedränge von Menschen in Trachten aus allen Landesgegenden, und dazwischen sah man Soldaten von allen Waffengattungen, die sich hier bei Angehörigen und Bekannten gütlich thaten; aber mitten im Gewoge beharrte die stattliche Rautenwirthin an der Anrichte, wie ein Fels im Strome, und je lärmender und unruhiger es um sie her wurde, um so bedachtsamer und gemessener ertheilte sie ihre Befehle und zählte Alles genau nach, was aufgetragen wurde. Dazwischen fand sie immer noch Zeit, auf Nachfragen der Gäste bündigen Bescheid zu geben. Als sich Fränz mit Munde zu ihr hindurchgedrängt hatte, wurde erstere mit besonderer Freundlichkeit bewillkommt. Die Rautenwirthin sagte, daß der Schaffner, mit dem sie damals gefahren sei, Fränz nicht genug habe rühmen können, und wie man ihr überhaupt viel Gutes nachsage, daß sie Vater und Mutter so getreulich pflege. Fränz war stolz und hochfahrend, und doch war ihr das Lob der Frau Rautenwirthin, als setzte man ihr eine Krone auf. Diese Frau hatte es durch Schweigsamkeit und Zurückhaltung dahin gebracht, daß schon eine freie Anrede, um wie viel mehr ein Lob von ihr als Ehrenschmuck galt, und sammelte sich hier gute Nachrede, so war man deren im ganzen Lande gewiß. Mit seltsamer Befangenheit sagte nun Fränz, daß sie mit und Fränz war wenigstens einigermaßen zufriedengestellt, als Munde beim Absteigen sagte: So, jetzt beim Heimfahren könnet Ihr kutschiren, Schwäher, nicht um ein Königreich fahr' ich noch einmal so. Komm, Fränz, wir Zwei wollen zusammenhalten. Weißt noch, wie oft ich da bei dir gewesen bin? Ich freu' mich, grad hier zu zeigen, daß wir doch noch ein Paar geworden sind. Siehst jetzt, daß ich Recht hab'? entgegnete Fränz, als sie mit ihrem Bräutigam allein war. Mit meinem Vater kommt kein Tochtermann aus, der ihm nicht den Meister zeigt. Sie blieb stets bei diesem Gedanken. Im Rautenkranz war schon heute ein buntes Gedränge von Menschen in Trachten aus allen Landesgegenden, und dazwischen sah man Soldaten von allen Waffengattungen, die sich hier bei Angehörigen und Bekannten gütlich thaten; aber mitten im Gewoge beharrte die stattliche Rautenwirthin an der Anrichte, wie ein Fels im Strome, und je lärmender und unruhiger es um sie her wurde, um so bedachtsamer und gemessener ertheilte sie ihre Befehle und zählte Alles genau nach, was aufgetragen wurde. Dazwischen fand sie immer noch Zeit, auf Nachfragen der Gäste bündigen Bescheid zu geben. Als sich Fränz mit Munde zu ihr hindurchgedrängt hatte, wurde erstere mit besonderer Freundlichkeit bewillkommt. Die Rautenwirthin sagte, daß der Schaffner, mit dem sie damals gefahren sei, Fränz nicht genug habe rühmen können, und wie man ihr überhaupt viel Gutes nachsage, daß sie Vater und Mutter so getreulich pflege. Fränz war stolz und hochfahrend, und doch war ihr das Lob der Frau Rautenwirthin, als setzte man ihr eine Krone auf. Diese Frau hatte es durch Schweigsamkeit und Zurückhaltung dahin gebracht, daß schon eine freie Anrede, um wie viel mehr ein Lob von ihr als Ehrenschmuck galt, und sammelte sich hier gute Nachrede, so war man deren im ganzen Lande gewiß. Mit seltsamer Befangenheit sagte nun Fränz, daß sie mit <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="24"> <p><pb facs="#f0175"/> und Fränz war wenigstens einigermaßen zufriedengestellt, als Munde beim Absteigen sagte:</p><lb/> <p>So, jetzt beim Heimfahren könnet Ihr kutschiren, Schwäher, nicht um ein Königreich fahr' ich noch einmal so. Komm, Fränz, wir Zwei wollen zusammenhalten. Weißt noch, wie oft ich da bei dir gewesen bin? Ich freu' mich, grad hier zu zeigen, daß wir doch noch ein Paar geworden sind.</p><lb/> <p>Siehst jetzt, daß ich Recht hab'? entgegnete Fränz, als sie mit ihrem Bräutigam allein war. 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Die Rautenwirthin sagte, daß der Schaffner, mit dem sie damals gefahren sei, Fränz nicht genug habe rühmen können, und wie man ihr überhaupt viel Gutes nachsage, daß sie Vater und Mutter so getreulich pflege. Fränz war stolz und hochfahrend, und doch war ihr das Lob der Frau Rautenwirthin, als setzte man ihr eine Krone auf. Diese Frau hatte es durch Schweigsamkeit und Zurückhaltung dahin gebracht, daß schon eine freie Anrede, um wie viel mehr ein Lob von ihr als Ehrenschmuck galt, und sammelte sich hier gute Nachrede, so war man deren im ganzen Lande gewiß. Mit seltsamer Befangenheit sagte nun Fränz, daß sie mit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0175]
und Fränz war wenigstens einigermaßen zufriedengestellt, als Munde beim Absteigen sagte:
So, jetzt beim Heimfahren könnet Ihr kutschiren, Schwäher, nicht um ein Königreich fahr' ich noch einmal so. Komm, Fränz, wir Zwei wollen zusammenhalten. Weißt noch, wie oft ich da bei dir gewesen bin? Ich freu' mich, grad hier zu zeigen, daß wir doch noch ein Paar geworden sind.
Siehst jetzt, daß ich Recht hab'? entgegnete Fränz, als sie mit ihrem Bräutigam allein war. Mit meinem Vater kommt kein Tochtermann aus, der ihm nicht den Meister zeigt.
Sie blieb stets bei diesem Gedanken.
Im Rautenkranz war schon heute ein buntes Gedränge von Menschen in Trachten aus allen Landesgegenden, und dazwischen sah man Soldaten von allen Waffengattungen, die sich hier bei Angehörigen und Bekannten gütlich thaten; aber mitten im Gewoge beharrte die stattliche Rautenwirthin an der Anrichte, wie ein Fels im Strome, und je lärmender und unruhiger es um sie her wurde, um so bedachtsamer und gemessener ertheilte sie ihre Befehle und zählte Alles genau nach, was aufgetragen wurde. Dazwischen fand sie immer noch Zeit, auf Nachfragen der Gäste bündigen Bescheid zu geben. Als sich Fränz mit Munde zu ihr hindurchgedrängt hatte, wurde erstere mit besonderer Freundlichkeit bewillkommt. Die Rautenwirthin sagte, daß der Schaffner, mit dem sie damals gefahren sei, Fränz nicht genug habe rühmen können, und wie man ihr überhaupt viel Gutes nachsage, daß sie Vater und Mutter so getreulich pflege. Fränz war stolz und hochfahrend, und doch war ihr das Lob der Frau Rautenwirthin, als setzte man ihr eine Krone auf. Diese Frau hatte es durch Schweigsamkeit und Zurückhaltung dahin gebracht, daß schon eine freie Anrede, um wie viel mehr ein Lob von ihr als Ehrenschmuck galt, und sammelte sich hier gute Nachrede, so war man deren im ganzen Lande gewiß. Mit seltsamer Befangenheit sagte nun Fränz, daß sie mit
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/175>, abgerufen am 05.07.2024. |