Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.schien indeß nichts weniger als verlegen. Mit einer Sicherheit, als sei sie von Jugend auf an so prächtige Räume und an so geistlos vornehme, nichtssagende Physiognomien gewöhnt, schritt sie stolz durch das Vorzimmer in den Empfangssalon der Fürstinn Helene, sah die unglückliche Frau mit lieben, unschuldsvollen Augen so bittend, so verständnißinnig an, daß sie bei ihr augenblicklich das regste Mitgefühl erweckte. Die Fürstinn verließ ihren Platz, trat der Oburn einen Schritt entgegen, reichte ihr freundlich, wie zum Schutze die Hand, und zog sie neben sich auf ein leeres Tambourett nieder. Die Hofgesichter wußten nicht, wie sie bei diesem unerwarteten Anblick ihre Mienen zurecht legen sollten. Zum Glück für sie wurden jetzt die Thüren des Ballsaals geöffnet und ein rauschender Walzer des in jenem Sommer so beliebten Componisten Labitzki überhob sie aller Zweifel. Die beatlasten Füßchen der Damen trippelten vor Ungeduld, ob der Vornehmste der Gäste, Prinz C**, nicht das Signal zum Tanze geben werde! Alle hatten den großartigen Entschluß, mit einer ahnenlosen schien indeß nichts weniger als verlegen. Mit einer Sicherheit, als sei sie von Jugend auf an so prächtige Räume und an so geistlos vornehme, nichtssagende Physiognomien gewöhnt, schritt sie stolz durch das Vorzimmer in den Empfangssalon der Fürstinn Helene, sah die unglückliche Frau mit lieben, unschuldsvollen Augen so bittend, so verständnißinnig an, daß sie bei ihr augenblicklich das regste Mitgefühl erweckte. Die Fürstinn verließ ihren Platz, trat der Oburn einen Schritt entgegen, reichte ihr freundlich, wie zum Schutze die Hand, und zog sie neben sich auf ein leeres Tambourett nieder. Die Hofgesichter wußten nicht, wie sie bei diesem unerwarteten Anblick ihre Mienen zurecht legen sollten. Zum Glück für sie wurden jetzt die Thüren des Ballsaals geöffnet und ein rauschender Walzer des in jenem Sommer so beliebten Componisten Labitzki überhob sie aller Zweifel. Die beatlasten Füßchen der Damen trippelten vor Ungeduld, ob der Vornehmste der Gäste, Prinz C**, nicht das Signal zum Tanze geben werde! Alle hatten den großartigen Entschluß, mit einer ahnenlosen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="51"/> schien indeß nichts weniger als verlegen. Mit einer Sicherheit, als sei sie von Jugend auf an so prächtige Räume und an so geistlos vornehme, nichtssagende Physiognomien gewöhnt, schritt sie stolz durch das Vorzimmer in den Empfangssalon der Fürstinn Helene, sah die unglückliche Frau mit lieben, unschuldsvollen Augen so bittend, so verständnißinnig an, daß sie bei ihr augenblicklich das regste Mitgefühl erweckte. Die Fürstinn verließ ihren Platz, trat der Oburn einen Schritt entgegen, reichte ihr freundlich, wie zum Schutze die Hand, und zog sie neben sich auf ein leeres Tambourett nieder. Die Hofgesichter wußten nicht, wie sie bei diesem unerwarteten Anblick ihre Mienen zurecht legen sollten. Zum Glück für sie wurden jetzt die Thüren des Ballsaals geöffnet und ein rauschender Walzer des in jenem Sommer so beliebten Componisten Labitzki überhob sie aller Zweifel. Die beatlasten Füßchen der Damen trippelten vor Ungeduld, ob der Vornehmste der Gäste, Prinz C**, nicht das Signal zum Tanze geben werde! Alle hatten den großartigen Entschluß, mit einer ahnenlosen </p> </div> </body> </text> </TEI> [51/0063]
schien indeß nichts weniger als verlegen. Mit einer Sicherheit, als sei sie von Jugend auf an so prächtige Räume und an so geistlos vornehme, nichtssagende Physiognomien gewöhnt, schritt sie stolz durch das Vorzimmer in den Empfangssalon der Fürstinn Helene, sah die unglückliche Frau mit lieben, unschuldsvollen Augen so bittend, so verständnißinnig an, daß sie bei ihr augenblicklich das regste Mitgefühl erweckte. Die Fürstinn verließ ihren Platz, trat der Oburn einen Schritt entgegen, reichte ihr freundlich, wie zum Schutze die Hand, und zog sie neben sich auf ein leeres Tambourett nieder. Die Hofgesichter wußten nicht, wie sie bei diesem unerwarteten Anblick ihre Mienen zurecht legen sollten. Zum Glück für sie wurden jetzt die Thüren des Ballsaals geöffnet und ein rauschender Walzer des in jenem Sommer so beliebten Componisten Labitzki überhob sie aller Zweifel. Die beatlasten Füßchen der Damen trippelten vor Ungeduld, ob der Vornehmste der Gäste, Prinz C**, nicht das Signal zum Tanze geben werde! Alle hatten den großartigen Entschluß, mit einer ahnenlosen
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Zitationshilfe: | Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/63>, abgerufen am 23.07.2024. |