Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.schönklingenden Redensarten Ernst ist. Hier ist nichts mehr zu wählen und zu besinnen!" Herr Oburn hatte das Zimmer schon längst verlassen, als seine Gattinn noch immer starr dasaß, bewußtlos und gefühllos. Es giebt solche Augenblicke, in denen die Seele alle Farben und Formen des Lebens, alle festen Gedanken und festen Gefühle verliert, und sich ganz in die einförmig schwarze Nacht der Existenz versenkt. Nur das dumpfe Brüten bleibt, und der Alpdruck eines namenlosen Schmerzes! Madame Oburn rang sich plötzlich aus dieser Apathie los, sprang hastig auf, lief in das Comtoir, und ersuchte athemlos den Buchhalter um das Contobuch ihres Gatten: "Ich beschwöre Sie, Ehrig, sagen Sie mir aufrichtig, wie steht es mit meinem Mann?" Ehrig schaute sie mit kummervollen Blicken an, und erwiederte ganz leise: "Gnädige Frau! Werden Sie auch stark genug sein, die Wahrheit zu ertragen? Wohlan denn, ich schwöre es bei meiner Ehre! Wenn Ihr Gatte nicht bis Morgen die Wechselschuld von schönklingenden Redensarten Ernst ist. Hier ist nichts mehr zu wählen und zu besinnen!“ Herr Oburn hatte das Zimmer schon längst verlassen, als seine Gattinn noch immer starr dasaß, bewußtlos und gefühllos. Es giebt solche Augenblicke, in denen die Seele alle Farben und Formen des Lebens, alle festen Gedanken und festen Gefühle verliert, und sich ganz in die einförmig schwarze Nacht der Existenz versenkt. Nur das dumpfe Brüten bleibt, und der Alpdruck eines namenlosen Schmerzes! Madame Oburn rang sich plötzlich aus dieser Apathie los, sprang hastig auf, lief in das Comtoir, und ersuchte athemlos den Buchhalter um das Contobuch ihres Gatten: „Ich beschwöre Sie, Ehrig, sagen Sie mir aufrichtig, wie steht es mit meinem Mann?“ Ehrig schaute sie mit kummervollen Blicken an, und erwiederte ganz leise: „Gnädige Frau! Werden Sie auch stark genug sein, die Wahrheit zu ertragen? Wohlan denn, ich schwöre es bei meiner Ehre! Wenn Ihr Gatte nicht bis Morgen die Wechselschuld von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0160" n="148"/> schönklingenden Redensarten Ernst ist. Hier ist nichts mehr zu wählen und zu besinnen!“</p> <p> Herr Oburn hatte das Zimmer schon längst verlassen, als seine Gattinn noch immer starr dasaß, bewußtlos und gefühllos. Es giebt solche Augenblicke, in denen die Seele alle Farben und Formen des Lebens, alle festen Gedanken und festen Gefühle verliert, und sich ganz in die einförmig schwarze Nacht der Existenz versenkt. Nur das dumpfe Brüten bleibt, und der Alpdruck eines namenlosen Schmerzes!</p> <p> Madame Oburn rang sich plötzlich aus dieser Apathie los, sprang hastig auf, lief in das Comtoir, und ersuchte athemlos den Buchhalter um das Contobuch ihres Gatten: „Ich beschwöre Sie, Ehrig, sagen Sie mir aufrichtig, wie steht es mit meinem Mann?“</p> <p> Ehrig schaute sie mit kummervollen Blicken an, und erwiederte ganz leise: „Gnädige Frau! Werden Sie auch stark genug sein, die Wahrheit zu ertragen? Wohlan denn, ich schwöre es bei meiner Ehre! Wenn Ihr Gatte nicht bis Morgen die Wechselschuld von </p> </div> </body> </text> </TEI> [148/0160]
schönklingenden Redensarten Ernst ist. Hier ist nichts mehr zu wählen und zu besinnen!“
Herr Oburn hatte das Zimmer schon längst verlassen, als seine Gattinn noch immer starr dasaß, bewußtlos und gefühllos. Es giebt solche Augenblicke, in denen die Seele alle Farben und Formen des Lebens, alle festen Gedanken und festen Gefühle verliert, und sich ganz in die einförmig schwarze Nacht der Existenz versenkt. Nur das dumpfe Brüten bleibt, und der Alpdruck eines namenlosen Schmerzes!
Madame Oburn rang sich plötzlich aus dieser Apathie los, sprang hastig auf, lief in das Comtoir, und ersuchte athemlos den Buchhalter um das Contobuch ihres Gatten: „Ich beschwöre Sie, Ehrig, sagen Sie mir aufrichtig, wie steht es mit meinem Mann?“
Ehrig schaute sie mit kummervollen Blicken an, und erwiederte ganz leise: „Gnädige Frau! Werden Sie auch stark genug sein, die Wahrheit zu ertragen? Wohlan denn, ich schwöre es bei meiner Ehre! Wenn Ihr Gatte nicht bis Morgen die Wechselschuld von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/160 |
Zitationshilfe: | Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/160>, abgerufen am 23.07.2024. |