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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Von der Formula Concordiae.
[Spaltenumbruch] bleibt doch wahr/ daß der 25. vers von men-
schen-lehre/ der 11. 13. 21. aber von GOttes ei-
genem gesetz rede/ und einander opponirt seyen/
und also dieselbe Theologi entweder mit der
auslegung/ oder mit der allegation wahrhafftig
einen fehler begangen haben/ und folglich we-
der der Auctor noch ein anderer Theologus es
justificiren könne. Wie denn die Apologia loc.
cit.
noch weiter sich erkläret/ wie sie diesen spruch
nicht von menschen-lehre/ sondern vom Göttli-
chen eigenen gesetz verstehe/ und daraus die-
sen schluß machet: So wir dann auch nicht
durch wercke des Göttlichen gesetzes vergebung
der sünden/ oder das ewige leben verdienen/ son-
dern müssen die barmhertzigkeit suchen/ welche
in Christo verheissen ist/ so verdienen wir es viel-
weniger durch kloster-leben und möncherey/ das
eitel menschen-satzungen sind/ und solle die ehre
vielweniger den bettelischen satzungen gegeben
werden etc. Jst also nothwendig die Allegation
oder Interpretation des spruches einmal falsch.

III. Objicirt der Auctor aus part. 3. n. 8.
die ausdrückliche worte/ so die Theolo-
gi
daselbsten lehren; daß kein Prophet
weder Elias noch Elisaeus ausser oder ohne die
zehen gebot den geist gekriegt haben. Welches der
Evangelischen lehre schnur stracks zuwider/ ja
die Formula concordiae sich selbsten/ in deme
f. 289. a. vom dritten gebrauch des gesetzes Got-
tes klar stehet: Der H. Geist werde nicht durch
das gesetz/ sondern durch die predigt des Evan-
gelii
gegeben und empfangen/ Gal. 3. Welches
zwar der Auctor damit justificiren will/ daß es
wieder die Enthusiasten/ oder wider diejenige
geister geschrieben sey/ die sich rühmen/ ohne
und vor dem wort den geist zu haben/ und dar-
nach die schrifft oder mündliche wort richten/
deuten und dähnen ihres gefallens. So blei-
bet doch die redens-art impropria, uneigent-
lich/ da doch aber um der widersacher willen
man distincte hätte reden sollen/ daß man nun
sagen will/ sie verstehen dadurch gleichwol das
geschriebene wort GOTTes nach dem Evan-
gelio.
oder aber doch/ daß der H. Geist durch
das äusserliche wort/ nemlich durchs gesetz und
Evangelium/ dort zwar durch schrecken und bu-
se würcken/ hier aber durch glauben würcken
zu uns komme; dieses ist nicht gnug. Denn wo
sie das letztere/ nemlich das Evangelium/ hät-
ten wollen bedeuten/ so hätten sie nicht die 10.
gebot allein müssen setzen/ durch welche der geist
GOttes ängstiget und schrecket/ sondern es hät-
te das vornehmste theil/ nemlich das Evangeli-
um/ nothwendig mit benamset werden sollen;
denn durch die 10. gebot das Evangelium be-
greiffen wollen/ wäre so viel als GOttes drohen
und straffen für trösten und erquicken verstehen
wollen. So wir aber das gesetz durch die 10. gebot
selbsten wolten verstanden haben/ hätten sie der
Evangelischen lehre widersprochen/ oder wo sie das
Evangelium meinten/ so müste der satz mit einer
zum wenigsten locutione tropica entschuldiget
werden/ da die 10. gebot oder gesetz für das ver-
bum scriptum,
und zwar Evangelicum, (denn das
legale bringt doch den H. Geist nicht) müste
genommen werden. Aber wenn man perlo-
cutionem oppositam
der sache abhelffen kan/ so
könten wir ja alle ketzerey auch entschuldigen.
Zu dem will man die amtsbrüder angehalten
haben/ daß sie der Formulae Concordiae NB.
auch secundum verba & phrases, nach derre-
[Spaltenumbruch] dens-art/ subscribiren sollen/ als einer gewis-
sen richtschnur für die lehrende/ nach welcher sie
die Göttliche lehre erklären und nach solcher re-
dens-art sich richten müssen; und sey ja die
Formula concordiae gegeben/ damit männiglich
eine declaration hätte/ in quo sensu die verfasser
und bekenner der Evangelischen wahrheit die
Göttliche lehre angenommen. Jn welchem
stück fürwahr keine locutio tropica/ und dar-
zu in oppositione, im gegen-satz/ statt haben kan/
sondern propria, so man secundum verba &
phrases absolute
und illimitate subscribiren sol-
le; Und so wäret ihr dann gehalten proprie
und absolute zu sagen/ daß die Propheten
durch die 10. gebote proprie genommen (denn
ihr solt ja absolute und illimitate auch die re-
dens-art als eine gewisse richt-schnur und eigent-
liche erklärung des verstands am wort subscri-
bir
en) durch das verbum legale den H. Geist
empfangen haben; oder müsset ihr dieses ab-
surdum
begehen/ und sagen/ daß unsere väter
Altes Testaments durch die 10. gebote/ das ist/
durch aufflegen des gesetzlichen jochs auff ihre
hälse/ das ist/ peroppositionem, durch die gna-
de unsers HErrn JEsu CHristi wären selig
worden/ welches [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] sind/ Actor XV. Ob
wol ich im übrigen nicht zweiffele/ daß sie synec-
dochice
durch die 10. gebote hier das äusserli-
che wort contra Enthusiastas verstanden/ und
also tropice geredet haben; So kan ich aber
damit gleichwol nicht zeigen/ in quo sensu die
Herren Augustani Theologi die Göttliche lehr-
wahrheit verstanden haben/ und wäre nur die-
seredens-art ja keine declarirende richt-schnur/
nach welcher man sich zu richten hätte.

IV. Objicirt sich der Auctor aus der Formu-
la concordiae,
und zwar aus der Apologia von
der liebe und erfullung des gesetzes pag. 47. a.
den falsch allegirten spruch Job. IX. 28. Jch
entsetze mich für allen meinen wercken. Da
doch derselbige spruch so wol im grund text als
in der Teutschen Biebel und glossa interlineali
Lutheri,
nicht von den actionibus mentis,
von den wercken des gemüths/ sondern de passio-
nibus corporis
den leibes schmertzen redet; und
also contra justiciam operum unrecht allegirt
wird. Es will zwar der Auctor diesen spruch
mit der vulgata justificiren/ als ob ad hominem
geredet wäre. Allein es mag wol für eine aus
liebe herfliessende entschuldigung des fehlers
passiren/ aber für keine rechtfertigung desselben/
welche er sonsten seinem gegener/ der darzu
nichtsungeschicktes gehandelt/ auch wäre schul-
dig gewesen. Es darff keiner irrung darzu/
um die wahrheit zu defendiren. Jch sehe
auch nicht/ daß selbige Theologi den Papisten
eben so gut gewesen/ daß da sie den Hebräi-
schen und Teutschen text gehabt/ sie eben den
Papisten zu dienste ad hominem solten geredet
haben/ sonsten sie in der Formula concordiae
die Päbstische Theologos in der vorrede über
die articul Christlicher lehre/ so auffs concilium
zu Mantua haben sollen überantwortet werden/
keine licht-flüchtige und tag-scheuende schel-
men würden gescholten/ noch vielweniger in dem
streitigen articul von der erbsünde geschrieben
haben NB. daß man wort-gezäncke zuverhüten/
die aequivocationes vocabulorum fleißig mei-
den solle; geschweige selbsten die sprüche H.
Schrifft verkehrt allegiren/ oder sie hätten sich
deutlich und expreße erklärt/ daß sie nur ad homi-

nem
A. K. H. Vierter Theil. R 2

Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Von der Formula Concordiæ.
[Spaltenumbruch] bleibt doch wahr/ daß der 25. vers von men-
ſchen-lehre/ der 11. 13. 21. aber von GOttes ei-
genem geſetz rede/ und einander opponirt ſeyen/
und alſo dieſelbe Theologi entweder mit der
auslegung/ oder mit der allegation wahrhafftig
einen fehler begangen haben/ und folglich we-
der der Auctor noch ein anderer Theologus es
juſtificiren koͤnne. Wie denn die Apologia loc.
cit.
noch weiter ſich erklaͤret/ wie ſie dieſen ſpruch
nicht von menſchen-lehre/ ſondern vom Goͤttli-
chen eigenen geſetz verſtehe/ und daraus die-
ſen ſchluß machet: So wir dann auch nicht
durch wercke des Goͤttlichen geſetzes vergebung
der ſuͤnden/ oder das ewige leben verdienen/ ſon-
dern muͤſſen die barmhertzigkeit ſuchen/ welche
in Chriſto verheiſſen iſt/ ſo verdienen wir es viel-
weniger durch kloſter-leben und moͤncherey/ das
eitel menſchen-ſatzungen ſind/ und ſolle die ehre
vielweniger den betteliſchen ſatzungen gegeben
werden ꝛc. Jſt alſo nothwendig die Allegation
oder Interpretation des ſpruches einmal falſch.

III. Objicirt der Auctor aus part. 3. n. 8.
die ausdruͤckliche worte/ ſo die Theolo-
gi
daſelbſten lehren; daß kein Prophet
weder Elias noch Eliſæus auſſer oder ohne die
zehẽ gebot den geiſt gekriegt haben. Welches der
Evangeliſchen lehre ſchnur ſtracks zuwider/ ja
die Formula concordiæ ſich ſelbſten/ in deme
f. 289. a. vom dritten gebrauch des geſetzes Got-
tes klar ſtehet: Der H. Geiſt werde nicht durch
das geſetz/ ſondern durch die predigt des Evan-
gelii
gegeben und empfangen/ Gal. 3. Welches
zwar der Auctor damit juſtificiren will/ daß es
wieder die Enthuſiaſten/ oder wider diejenige
geiſter geſchrieben ſey/ die ſich ruͤhmen/ ohne
und vor dem wort den geiſt zu haben/ und dar-
nach die ſchrifft oder muͤndliche wort richten/
deuten und daͤhnen ihres gefallens. So blei-
bet doch die redens-art impropria, uneigent-
lich/ da doch aber um der widerſacher willen
man diſtinctè haͤtte reden ſollen/ daß man nun
ſagen will/ ſie verſtehen dadurch gleichwol das
geſchriebene wort GOTTes nach dem Evan-
gelio.
oder aber doch/ daß der H. Geiſt durch
das aͤuſſerliche wort/ nemlich durchs geſetz und
Evangelium/ dort zwar durch ſchrecken und bu-
ſe wuͤrcken/ hier aber durch glauben wuͤrcken
zu uns komme; dieſes iſt nicht gnug. Denn wo
ſie das letztere/ nemlich das Evangelium/ haͤt-
ten wollen bedeuten/ ſo haͤtten ſie nicht die 10.
gebot allein muͤſſen ſetzen/ durch welche der geiſt
GOttes aͤngſtiget und ſchrecket/ ſondern es haͤt-
te das vornehmſte theil/ nemlich das Evangeli-
um/ nothwendig mit benamſet werden ſollen;
denn durch die 10. gebot das Evangelium be-
greiffen wollen/ waͤre ſo viel als GOttes drohen
und ſtraffen fuͤr troͤſten und erquicken verſtehen
wollẽ. So wir abeꝛ das geſetz durch die 10. gebot
ſelbſten wolten verſtanden haben/ haͤtten ſie der
Evangeliſchẽ lehre wideꝛſprochẽ/ oder wo ſie das
Evangelium meinten/ ſo muͤſte der ſatz mit einer
zum wenigſten locutione tropica entſchuldiget
werden/ da die 10. gebot oder geſetz fuͤr das ver-
bum ſcriptum,
und zwar Evangelicum, (deñ das
legale bringt doch den H. Geiſt nicht) muͤſte
genommen werden. Aber wenn man perlo-
cutionem oppoſitam
der ſache abhelffen kan/ ſo
koͤnten wir ja alle ketzerey auch entſchuldigen.
Zu dem will man die amtsbruͤder angehalten
haben/ daß ſie der Formulæ Concordiæ NB.
auch ſecundùm verba & phraſes, nach derre-
[Spaltenumbruch] dens-art/ ſubſcribiren ſollen/ als einer gewiſ-
ſen richtſchnur fuͤr die lehrende/ nach welcher ſie
die Goͤttliche lehre erklaͤren und nach ſolcher re-
dens-art ſich richten muͤſſen; und ſey ja die
Formula concordiæ gegeben/ damit maͤnniglich
eine declaration haͤtte/ in quo ſenſu die verfaſſer
und bekenner der Evangeliſchen wahrheit die
Goͤttliche lehre angenommen. Jn welchem
ſtuͤck fuͤrwahr keine locutio tropica/ und dar-
zu in oppoſitione, im gegen-ſatz/ ſtatt haben kan/
ſondern propria, ſo man ſecundùm verba &
phraſes abſolutè
und illimitatè ſubſcribiren ſol-
le; Und ſo waͤret ihr dann gehalten propriè
und abſolutè zu ſagen/ daß die Propheten
durch die 10. gebote propriè genommen (denn
ihr ſolt ja abſolutè und illimitatè auch die re-
dens-aꝛt als eine gewiſſe ꝛicht-ſchnuꝛ und eigent-
liche erklaͤrung des verſtands am wort ſubſcri-
bir
en) durch das verbum legale den H. Geiſt
empfangen haben; oder muͤſſet ihr dieſes ab-
ſurdum
begehen/ und ſagen/ daß unſere vaͤter
Altes Teſtaments durch die 10. gebote/ das iſt/
durch aufflegen des geſetzlichen jochs auff ihre
haͤlſe/ das iſt/ peroppoſitionem, durch die gna-
de unſers HErꝛn JEſu CHriſti waͤren ſelig
worden/ welches [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] ſind/ Actor XV. Ob
wol ich im uͤbrigen nicht zweiffele/ daß ſie ſynec-
dochicè
durch die 10. gebote hier das aͤuſſerli-
che wort contra Enthuſiaſtas verſtanden/ und
alſo tropicè geredet haben; So kan ich aber
damit gleichwol nicht zeigen/ in quo ſenſu die
Herren Auguſtani Theologi die Goͤttliche lehr-
wahrheit verſtanden haben/ und waͤre nur die-
ſeredens-art ja keine declarirende richt-ſchnur/
nach welcher man ſich zu richten haͤtte.

IV. Objicirt ſich der Auctor aus der Formu-
la concordiæ,
und zwar aus der Apologia von
der liebe und erfullung des geſetzes pag. 47. a.
den falſch allegirten ſpruch Job. IX. 28. Jch
entſetze mich fuͤr allen meinen wercken. Da
doch derſelbige ſpruch ſo wol im grund text als
in der Teutſchen Biebel und gloſſa interlineali
Lutheri,
nicht von den actionibus mentis,
von den wercken des gemuͤths/ ſondern de paſſio-
nibus corporis
den leibes ſchmertzen redet; und
alſo contra juſticiam operum unrecht allegirt
wird. Es will zwar der Auctor dieſen ſpruch
mit der vulgata juſtificiren/ als ob ad hominem
geredet waͤre. Allein es mag wol fuͤr eine aus
liebe herflieſſende entſchuldigung des fehlers
paſſiren/ aber fuͤr keine rechtfertigung deſſelben/
welche er ſonſten ſeinem gegener/ der darzu
nichtsungeſchicktes gehandelt/ auch waͤre ſchul-
dig geweſen. Es darff keiner irrung darzu/
um die wahrheit zu defendiren. Jch ſehe
auch nicht/ daß ſelbige Theologi den Papiſten
eben ſo gut geweſen/ daß da ſie den Hebraͤi-
ſchen und Teutſchen text gehabt/ ſie eben den
Papiſten zu dienſte ad hominem ſolten geredet
haben/ ſonſten ſie in der Formula concordiæ
die Paͤbſtiſche Theologos in der vorrede uͤber
die articul Chriſtlicher lehre/ ſo auffs concilium
zu Mantua haben ſollen uͤberantwortet werden/
keine licht-fluͤchtige und tag-ſcheuende ſchel-
men wuͤꝛden geſcholten/ noch vielwenigeꝛ in dem
ſtreitigen articul von der erbſuͤnde geſchrieben
haben NB. daß man wort-gezaͤncke zuverhuͤten/
die æquivocationes vocabulorum fleißig mei-
den ſolle; geſchweige ſelbſten die ſpruͤche H.
Schrifft verkehrt allegiren/ oder ſie haͤtten ſich
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A. K. H. Vierter Theil. R 2
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[131/0427] Th. IV. Sect. III. Num. XVI. Von der Formula Concordiæ. bleibt doch wahr/ daß der 25. vers von men- ſchen-lehre/ der 11. 13. 21. aber von GOttes ei- genem geſetz rede/ und einander opponirt ſeyen/ und alſo dieſelbe Theologi entweder mit der auslegung/ oder mit der allegation wahrhafftig einen fehler begangen haben/ und folglich we- der der Auctor noch ein anderer Theologus es juſtificiren koͤnne. Wie denn die Apologia loc. cit. noch weiter ſich erklaͤret/ wie ſie dieſen ſpruch nicht von menſchen-lehre/ ſondern vom Goͤttli- chen eigenen geſetz verſtehe/ und daraus die- ſen ſchluß machet: So wir dann auch nicht durch wercke des Goͤttlichen geſetzes vergebung der ſuͤnden/ oder das ewige leben verdienen/ ſon- dern muͤſſen die barmhertzigkeit ſuchen/ welche in Chriſto verheiſſen iſt/ ſo verdienen wir es viel- weniger durch kloſter-leben und moͤncherey/ das eitel menſchen-ſatzungen ſind/ und ſolle die ehre vielweniger den betteliſchen ſatzungen gegeben werden ꝛc. Jſt alſo nothwendig die Allegation oder Interpretation des ſpruches einmal falſch. III. Objicirt der Auctor aus part. 3. n. 8. die ausdruͤckliche worte/ ſo die Theolo- gi daſelbſten lehren; daß kein Prophet weder Elias noch Eliſæus auſſer oder ohne die zehẽ gebot den geiſt gekriegt haben. Welches der Evangeliſchen lehre ſchnur ſtracks zuwider/ ja die Formula concordiæ ſich ſelbſten/ in deme f. 289. a. vom dritten gebrauch des geſetzes Got- tes klar ſtehet: Der H. Geiſt werde nicht durch das geſetz/ ſondern durch die predigt des Evan- gelii gegeben und empfangen/ Gal. 3. Welches zwar der Auctor damit juſtificiren will/ daß es wieder die Enthuſiaſten/ oder wider diejenige geiſter geſchrieben ſey/ die ſich ruͤhmen/ ohne und vor dem wort den geiſt zu haben/ und dar- nach die ſchrifft oder muͤndliche wort richten/ deuten und daͤhnen ihres gefallens. So blei- bet doch die redens-art impropria, uneigent- lich/ da doch aber um der widerſacher willen man diſtinctè haͤtte reden ſollen/ daß man nun ſagen will/ ſie verſtehen dadurch gleichwol das geſchriebene wort GOTTes nach dem Evan- gelio. oder aber doch/ daß der H. Geiſt durch das aͤuſſerliche wort/ nemlich durchs geſetz und Evangelium/ dort zwar durch ſchrecken und bu- ſe wuͤrcken/ hier aber durch glauben wuͤrcken zu uns komme; dieſes iſt nicht gnug. Denn wo ſie das letztere/ nemlich das Evangelium/ haͤt- ten wollen bedeuten/ ſo haͤtten ſie nicht die 10. gebot allein muͤſſen ſetzen/ durch welche der geiſt GOttes aͤngſtiget und ſchrecket/ ſondern es haͤt- te das vornehmſte theil/ nemlich das Evangeli- um/ nothwendig mit benamſet werden ſollen; denn durch die 10. gebot das Evangelium be- greiffen wollen/ waͤre ſo viel als GOttes drohen und ſtraffen fuͤr troͤſten und erquicken verſtehen wollẽ. So wir abeꝛ das geſetz durch die 10. gebot ſelbſten wolten verſtanden haben/ haͤtten ſie der Evangeliſchẽ lehre wideꝛſprochẽ/ oder wo ſie das Evangelium meinten/ ſo muͤſte der ſatz mit einer zum wenigſten locutione tropica entſchuldiget werden/ da die 10. gebot oder geſetz fuͤr das ver- bum ſcriptum, und zwar Evangelicum, (deñ das legale bringt doch den H. Geiſt nicht) muͤſte genommen werden. Aber wenn man perlo- cutionem oppoſitam der ſache abhelffen kan/ ſo koͤnten wir ja alle ketzerey auch entſchuldigen. Zu dem will man die amtsbruͤder angehalten haben/ daß ſie der Formulæ Concordiæ NB. auch ſecundùm verba & phraſes, nach derre- dens-art/ ſubſcribiren ſollen/ als einer gewiſ- ſen richtſchnur fuͤr die lehrende/ nach welcher ſie die Goͤttliche lehre erklaͤren und nach ſolcher re- dens-art ſich richten muͤſſen; und ſey ja die Formula concordiæ gegeben/ damit maͤnniglich eine declaration haͤtte/ in quo ſenſu die verfaſſer und bekenner der Evangeliſchen wahrheit die Goͤttliche lehre angenommen. Jn welchem ſtuͤck fuͤrwahr keine locutio tropica/ und dar- zu in oppoſitione, im gegen-ſatz/ ſtatt haben kan/ ſondern propria, ſo man ſecundùm verba & phraſes abſolutè und illimitatè ſubſcribiren ſol- le; Und ſo waͤret ihr dann gehalten propriè und abſolutè zu ſagen/ daß die Propheten durch die 10. gebote propriè genommen (denn ihr ſolt ja abſolutè und illimitatè auch die re- dens-aꝛt als eine gewiſſe ꝛicht-ſchnuꝛ und eigent- liche erklaͤrung des verſtands am wort ſubſcri- biren) durch das verbum legale den H. Geiſt empfangen haben; oder muͤſſet ihr dieſes ab- ſurdum begehen/ und ſagen/ daß unſere vaͤter Altes Teſtaments durch die 10. gebote/ das iſt/ durch aufflegen des geſetzlichen jochs auff ihre haͤlſe/ das iſt/ peroppoſitionem, durch die gna- de unſers HErꝛn JEſu CHriſti waͤren ſelig worden/ welches _ ſind/ Actor XV. Ob wol ich im uͤbrigen nicht zweiffele/ daß ſie ſynec- dochicè durch die 10. gebote hier das aͤuſſerli- che wort contra Enthuſiaſtas verſtanden/ und alſo tropicè geredet haben; So kan ich aber damit gleichwol nicht zeigen/ in quo ſenſu die Herren Auguſtani Theologi die Goͤttliche lehr- wahrheit verſtanden haben/ und waͤre nur die- ſeredens-art ja keine declarirende richt-ſchnur/ nach welcher man ſich zu richten haͤtte. IV. Objicirt ſich der Auctor aus der Formu- la concordiæ, und zwar aus der Apologia von der liebe und erfullung des geſetzes pag. 47. a. den falſch allegirten ſpruch Job. IX. 28. Jch entſetze mich fuͤr allen meinen wercken. Da doch derſelbige ſpruch ſo wol im grund text als in der Teutſchen Biebel und gloſſa interlineali Lutheri, nicht von den actionibus mentis, von den wercken des gemuͤths/ ſondern de paſſio- nibus corporis den leibes ſchmertzen redet; und alſo contra juſticiam operum unrecht allegirt wird. Es will zwar der Auctor dieſen ſpruch mit der vulgata juſtificiren/ als ob ad hominem geredet waͤre. Allein es mag wol fuͤr eine aus liebe herflieſſende entſchuldigung des fehlers paſſiren/ aber fuͤr keine rechtfertigung deſſelben/ welche er ſonſten ſeinem gegener/ der darzu nichtsungeſchicktes gehandelt/ auch waͤre ſchul- dig geweſen. Es darff keiner irrung darzu/ um die wahrheit zu defendiren. Jch ſehe auch nicht/ daß ſelbige Theologi den Papiſten eben ſo gut geweſen/ daß da ſie den Hebraͤi- ſchen und Teutſchen text gehabt/ ſie eben den Papiſten zu dienſte ad hominem ſolten geredet haben/ ſonſten ſie in der Formula concordiæ die Paͤbſtiſche Theologos in der vorrede uͤber die articul Chriſtlicher lehre/ ſo auffs concilium zu Mantua haben ſollen uͤberantwortet werden/ keine licht-fluͤchtige und tag-ſcheuende ſchel- men wuͤꝛden geſcholten/ noch vielwenigeꝛ in dem ſtreitigen articul von der erbſuͤnde geſchrieben haben NB. daß man wort-gezaͤncke zuverhuͤten/ die æquivocationes vocabulorum fleißig mei- den ſolle; geſchweige ſelbſten die ſpruͤche H. Schrifft verkehrt allegiren/ oder ſie haͤtten ſich deutlich uñ expreßè erklaͤrt/ daß ſie nur ad homi- nem A. K. H. Vierter Theil. R 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/427>, abgerufen am 14.05.2024.