Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. IV. Sect. I. Num. III. Eines Manichaeers
[Spaltenumbruch] unsers gemüths seinen geboten gehor-
sam seyn/ und einem glauben des oreyei-
nigen GOttes nachfolgen/ nemlich des
Vaters/ Sohnes und H. Geistes.

Wir glauben ferner/ was uns der seli-
ge Apostel Paulus lehret
Phil. II. 5. so
halten wir nun eben das von uns/ was
von CHristo/ welcher da er in Göttli-
cher gestalt war/ ward er doch unter-
than biß zum tod/ damit er die gleich-
heit unserer seelen anzeigete. Und gleich-
wie er an sich die gleichheit des todes ge-
wiesen/ und daß er vom Vater mitten
aus den todten auffer wecket sey/ eben al-
so glauben wir/ daß es mit unsern seelen
geschehen werde/ daß wir durch ihn von
diesem tod können befreyet werden.
Welcher tod entweder von GOtt ferne
ist/ oder wenn er GOttes eigen ist/ so
höret seine barmhertzigkeit auff/ und
der name des Erlösers/ ja die erlösung
selbst; denn also hat der Apostel gesagt/
wie wir von unsern seelen halten sollen/
was CHristus uns gezeuget hat. Wenn
CHristus im leiden und tod gewesen ist/
so sind wirs auch gewesen: Wenn er
nach dem willen des vaters dahinnein
gekommen/ so ist es auch von uns wahr.

Es wird aber von uns gefragt/ ob die
seele von GOtt sey oder nicht/ welches
wir bekennen/ und beweisens auch aus der
zukunft des Erlösers/ aus seiner heiligen
verkündigung/ aus seiner erwehlung/
indem er sich der seelen erbarmet/ und
von der seelen gesaget wird/ daß sie nach
seinem wolgefallen kommen sey/ damit
er sie vom tode erlösete/ zur ewigen herr-
ligkeit führte/ und dem vater wider
brächte. Was sagstu aber/
Augustine,
von der seelen/ ob sie von GOtt sey oder
nicht/ du leugnest/ daß die seele aus Got-
tes wesen sey/ und keinen leidenschaff-
ten unterworffen. Jch habe nicht ge-
saget/ daß die seele GOTT gleich sey/
sondern weil du gesaget hast/ die seele sey
ein gemächte und nichts ausser GOTT/
so frage ich/ woher denn Gott das wesen
der seelen empfunden habe.
Und da ihm
Augustinus geantwortet/ GOtt als allmäch-
tig habe sie aus nichts gemacht/ so spricht jener
weiter: wenn alles aus GOttes befehl
bestehet/ so kommen zwar die creaturen
über ein/ aber sie sind doch untereinander
ungleich/ und deßwegen ist gewiß/ daß
sie nicht ein wesen seyn/ ob sie wol auff
eines befehl zu einerley gestalt und zu-
sammensetzung dieser welt gelanget
seyn. Es ist aus den sachen selber offen-
bar/ weil finsterniß und licht/ lügen und
wahrheit/ tod und leben/ leib und seele
einander nichts gleiches haben/ und
dergleichen mehr/ was an arthen und
namen von einander unterschieden ist;
und billig hat unser Herr gesagt:
Der
baum/ den mein himmlischer vater nicht ge-
pflantzet hat/ wird ausgerottet werden/ und ins
feuer geworffen/ weil er nicht gute früchte brin-
get. Matth. XV. 13. Und daß es auch einge-
wurtzelte bäume gebe. Darum ist es aus
[Spaltenumbruch] der arth derer dinge gewiß/ daß in dieser
welt zwey selbständige wesen seyn/ die
aus ihren arthen und namen bestehen:
Deren eine ist zeitlich/ die andere ewig/
welche auch dem allmächtigen Vater
zugehöret.

GOtt leidet nichts böses/ sondern er
kommt ihm zuvor/ und zwar durch seine
krafft und vorwissenheit. Man kan
nicht leugnen/ daß das böse ausser GOtt
sey: Da man auch aus den geboten er-
weisen kan/ was ohne seinen willen ge-
schiehet. Wo keine widrigkeit ist/ da
braucht es keines gebots: Und die freye
macht zu leben wird nicht ertheilet/ wo
nicht ein fall ist nach des Apostels
grund/
Ephes. II. 1. u. f. 14. u. f.

Wennhier der Apostel nach der seelen
gesagt hätte/ daß wir kinder des zorns
wären/ so würde sie nach seinem
ausspruch von GOTT entfernet seyn.
Wenn aber nur von dem gesaget wird/
nach welchem der Apostel als Abrahams
sohn dem gesetz unter worffen war/ so ist
gewiß/ daß ers leiblich verstanden habe/
daß wir kinder des zorns gewesen/ gleich-
wie die andern. Von dem wesen der see-
len aber zeuget er/ daß sie aus GOtt sey/
und daß die seele mit GOtt nicht anders
könne versöhnt werden/ als durch ihren
meister/ welcher ist CHristus. Denn da
die feindschafft dazu kam/ so schiene die
seele GOttes unwürdig zu seyn. Al-
lein wir bekennen/ daß sie dennoch von
dem allmächtigen GOtt gesandt und
entsprungen sey/ und zwar seinen willen
zu bezeugen. Gleichwie wir auch von
dem Heiland Christo glaube/ daß er vom
himmel kommen/ und den willen des
Vaters erfüllet habe. Welcher wille des
Vaters dieser war/ daß er unsere seelen
von eben dieser feindschafft erlösete/
indem er die feindschafft umbrächte.
Wäre diese nicht GOtt zuwider gewe-
sen/ so hiesse es keine feindschafft/ weil
daselbst einigkeit wäre/ und auch keine
tödtung/ weil das leben da wäre.

So sage ich nun/ daß zwey selbständi-
ge wesen gewesen/ in dem wesen des
lichts war GOtt/ wie gesagt ist/ der un-
sterbliche/ es ist aber auch eine widrige
natur oder finsterniß gewesen/ nemlich
die/ welche auch durch die krafft GOt-
tes noch heutiges tages überwunden
wird/ und zu meiner her wiederbringung
ist CHristus der Heiland ausgesandt/
wie der Apostel sagt.

Jhr saget/ daß CHristus nach dem
fleisch aus dem samen Davids gebo-
ren sey/ weil von ihm gesagt wird/ er
sey aus der Jungfrau geboren/ und er als
der Sohn GOttes gepriesen wird. Denn
es kan nicht anders seyn/ als daß/ was
vom Geist geboren ist/ geist sey/ und was
vom fleisch geboren ist/ auch als fleisch
erkant werde. Darwider der ausspruch
des Evangelii selbst streitet/ wenn ge-
sagt wird: Fleisch und blut werden das
Reich GOttes nicht besitzen/ noch das
verweßliche das unverweßliche.

Hier-

Th. IV. Sect. I. Num. III. Eines Manichæers
[Spaltenumbruch] unſers gemuͤths ſeinen geboten gehor-
ſam ſeyn/ und einem glauben des oreyei-
nigen GOttes nachfolgen/ nemlich des
Vaters/ Sohnes und H. Geiſtes.

Wir glauben ferner/ was uns der ſeli-
ge Apoſtel Paulus lehret
Phil. II. 5. ſo
halten wir nun eben das von uns/ was
von CHriſto/ welcher da er in Goͤttli-
cher geſtalt war/ ward er doch unter-
than biß zum tod/ damit er die gleich-
heit unſerer ſeelen anzeigete. Und gleich-
wie er an ſich die gleichheit des todes ge-
wieſen/ und daß er vom Vater mitten
aus den todten auffer wecket ſey/ eben al-
ſo glauben wir/ daß es mit unſern ſeelen
geſchehen werde/ daß wir durch ihn von
dieſem tod koͤnnen befreyet werden.
Welcher tod entweder von GOtt ferne
iſt/ oder wenn er GOttes eigen iſt/ ſo
hoͤret ſeine barmhertzigkeit auff/ und
der name des Erloͤſers/ ja die erloͤſung
ſelbſt; denn alſo hat der Apoſtel geſagt/
wie wir von unſern ſeelen halten ſollen/
was CHriſtus uns gezeuget hat. Wenn
CHriſtus im leiden und tod geweſen iſt/
ſo ſind wirs auch geweſen: Wenn er
nach dem willen des vaters dahinnein
gekommen/ ſo iſt es auch von uns wahr.

Es wird aber von uns gefragt/ ob die
ſeele von GOtt ſey oder nicht/ welches
wir bekeñen/ und beweiſens auch aus der
zukunft des Erloͤſers/ aus ſeiner heiligen
verkuͤndigung/ aus ſeiner erwehlung/
indem er ſich der ſeelen erbarmet/ und
von der ſeelen geſaget wird/ daß ſie nach
ſeinem wolgefallen kommen ſey/ damit
er ſie vom tode erloͤſete/ zur ewigen herꝛ-
ligkeit fuͤhrte/ und dem vater wider
braͤchte. Was ſagſtu aber/
Auguſtine,
von der ſeelen/ ob ſie von GOtt ſey oder
nicht/ du leugneſt/ daß die ſeele aus Got-
tes weſen ſey/ und keinen leidenſchaff-
ten unterworffen. Jch habe nicht ge-
ſaget/ daß die ſeele GOTT gleich ſey/
ſondern weil du geſaget haſt/ die ſeele ſey
ein gemaͤchte und nichts auſſer GOTT/
ſo frage ich/ woher denn Gott das weſen
der ſeelen empfunden habe.
Und da ihm
Auguſtinus geantwortet/ GOtt als allmaͤch-
tig habe ſie aus nichts gemacht/ ſo ſpricht jener
weiter: wenn alles aus GOttes befehl
beſtehet/ ſo kommen zwar die creaturen
uͤbeꝛ ein/ abeꝛ ſie ſind doch unteꝛeinandeꝛ
ungleich/ und deßwegen iſt gewiß/ daß
ſie nicht ein weſen ſeyn/ ob ſie wol auff
eines befehl zu einerley geſtalt und zu-
ſammenſetzung dieſer welt gelanget
ſeyn. Es iſt aus den ſachen ſelber offen-
bar/ weil finſterniß und licht/ luͤgen und
wahrheit/ tod und leben/ leib und ſeele
einander nichts gleiches haben/ und
dergleichen mehr/ was an arthen und
namen von einander unterſchieden iſt;
und billig hat unſer Herr geſagt:
Der
baum/ den mein himmliſcher vater nicht ge-
pflantzet hat/ wird ausgerottet werden/ und ins
feuer geworffen/ weil er nicht gute fruͤchte brin-
get. Matth. XV. 13. Und daß es auch einge-
wurtzelte baͤume gebe. Darum iſt es aus
[Spaltenumbruch] der arth derer dinge gewiß/ daß in dieſer
welt zwey ſelbſtaͤndige weſen ſeyn/ die
aus ihren arthen und namen beſtehen:
Deren eine iſt zeitlich/ die andere ewig/
welche auch dem allmaͤchtigen Vater
zugehoͤret.

GOtt leidet nichts boͤſes/ ſondern er
kommt ihm zuvor/ und zwar durch ſeine
krafft und vorwiſſenheit. Man kan
nicht leugnen/ daß das boͤſe auſſer GOtt
ſey: Da man auch aus den geboten er-
weiſen kan/ was ohne ſeinen willen ge-
ſchiehet. Wo keine widrigkeit iſt/ da
braucht es keines gebots: Und die freye
macht zu leben wird nicht ertheilet/ wo
nicht ein fall iſt nach des Apoſtels
grund/
Epheſ. II. 1. u. f. 14. u. f.

Wennhier der Apoſtel nach der ſeelen
geſagt haͤtte/ daß wir kinder des zorns
waͤren/ ſo wuͤrde ſie nach ſeinem
ausſpruch von GOTT entfernet ſeyn.
Wenn aber nur von dem geſaget wird/
nach welchem der Apoſtel als Abꝛahams
ſohn dem geſetz unter worffen war/ ſo iſt
gewiß/ daß ers leiblich verſtanden habe/
daß wir kindeꝛ des zoꝛns geweſen/ gleich-
wie die andern. Von dem weſen der ſee-
len aber zeuget er/ daß ſie aus GOtt ſey/
und daß die ſeele mit GOtt nicht anders
koͤnne verſoͤhnt werden/ als durch ihren
meiſter/ welcher iſt CHriſtus. Denn da
die feindſchafft dazu kam/ ſo ſchiene die
ſeele GOttes unwuͤrdig zu ſeyn. Al-
lein wir bekennen/ daß ſie dennoch von
dem allmaͤchtigen GOtt geſandt und
entſprungen ſey/ und zwar ſeinen willen
zu bezeugen. Gleichwie wir auch von
dem Heiland Chriſto glaubē/ daß er vom
himmel kommen/ und den willen des
Vaters erfuͤllet habe. Welcher wille des
Vaters dieſer war/ daß er unſere ſeelen
von eben dieſer feindſchafft erloͤſete/
indem er die feindſchafft umbraͤchte.
Waͤre dieſe nicht GOtt zuwider gewe-
ſen/ ſo hieſſe es keine feindſchafft/ weil
daſelbſt einigkeit waͤre/ und auch keine
toͤdtung/ weil das leben da waͤre.

So ſage ich nun/ daß zwey ſelbſtaͤndi-
ge weſen geweſen/ in dem weſen des
lichts war GOtt/ wie geſagt iſt/ der un-
ſterbliche/ es iſt aber auch eine widrige
natur oder finſterniß geweſen/ nemlich
die/ welche auch durch die krafft GOt-
tes noch heutiges tages uͤberwunden
wird/ und zu meiner her wiederbringung
iſt CHriſtus der Heiland ausgeſandt/
wie der Apoſtel ſagt.

Jhr ſaget/ daß CHriſtus nach dem
fleiſch aus dem ſamen Davids gebo-
ren ſey/ weil von ihm geſagt wird/ er
ſey aus der Jungfrau geboren/ und er als
der Sohn GOttes geprieſen wird. Denn
es kan nicht anders ſeyn/ als daß/ was
vom Geiſt geboren iſt/ geiſt ſey/ und was
vom fleiſch geboren iſt/ auch als fleiſch
erkant werde. Darwider der ausſpruch
des Evangelii ſelbſt ſtreitet/ wenn ge-
ſagt wird: Fleiſch und blut werden das
Reich GOttes nicht beſitzen/ noch das
verweßliche das unverweßliche.

Hier-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0352" n="56"/>
              <fw place="top" type="header">Th. <hi rendition="#aq">IV. Sect. I. Num. III.</hi> Eines <hi rendition="#aq">Manichæer</hi>s</fw><lb/>
              <cb/> <hi rendition="#fr">un&#x017F;ers gemu&#x0364;ths &#x017F;einen geboten gehor-<lb/>
&#x017F;am &#x017F;eyn/ und einem glauben des oreyei-<lb/>
nigen GOttes nachfolgen/ nemlich des<lb/>
Vaters/ Sohnes und H. Gei&#x017F;tes.</hi> </p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Wir glauben ferner/ was uns der &#x017F;eli-<lb/>
ge Apo&#x017F;tel Paulus lehret</hi><hi rendition="#aq">Phil. II.</hi> 5. <hi rendition="#fr">&#x017F;o<lb/>
halten wir nun eben das von uns/ was<lb/>
von CHri&#x017F;to/ welcher da er in Go&#x0364;ttli-<lb/>
cher ge&#x017F;talt war/ ward er doch unter-<lb/>
than biß zum tod/ damit er die gleich-<lb/>
heit un&#x017F;erer &#x017F;eelen anzeigete. Und gleich-<lb/>
wie er an &#x017F;ich die gleichheit des todes ge-<lb/>
wie&#x017F;en/ und daß er vom Vater mitten<lb/>
aus den todten auffer wecket &#x017F;ey/ eben al-<lb/>
&#x017F;o glauben wir/ daß es mit un&#x017F;ern &#x017F;eelen<lb/>
ge&#x017F;chehen werde/ daß wir durch ihn von<lb/>
die&#x017F;em tod ko&#x0364;nnen befreyet werden.<lb/>
Welcher tod entweder von GOtt ferne<lb/>
i&#x017F;t/ oder wenn er GOttes eigen i&#x017F;t/ &#x017F;o<lb/>
ho&#x0364;ret &#x017F;eine barmhertzigkeit auff/ und<lb/>
der name des Erlo&#x0364;&#x017F;ers/ ja die erlo&#x0364;&#x017F;ung<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t; denn al&#x017F;o hat der Apo&#x017F;tel ge&#x017F;agt/<lb/>
wie wir von un&#x017F;ern &#x017F;eelen halten &#x017F;ollen/<lb/>
was CHri&#x017F;tus uns gezeuget hat. Wenn<lb/>
CHri&#x017F;tus im leiden und tod gewe&#x017F;en i&#x017F;t/<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ind wirs auch gewe&#x017F;en: Wenn er<lb/>
nach dem willen des vaters dahinnein<lb/>
gekommen/ &#x017F;o i&#x017F;t es auch von uns wahr.</hi></p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Es wird aber von uns gefragt/ ob die<lb/>
&#x017F;eele von GOtt &#x017F;ey oder nicht/ welches<lb/>
wir beken&#x0303;en/ und bewei&#x017F;ens auch aus der<lb/>
zukunft des Erlo&#x0364;&#x017F;ers/ aus &#x017F;einer heiligen<lb/>
verku&#x0364;ndigung/ aus &#x017F;einer erwehlung/<lb/>
indem er &#x017F;ich der &#x017F;eelen erbarmet/ und<lb/>
von der &#x017F;eelen ge&#x017F;aget wird/ daß &#x017F;ie nach<lb/>
&#x017F;einem wolgefallen kommen &#x017F;ey/ damit<lb/>
er &#x017F;ie vom tode erlo&#x0364;&#x017F;ete/ zur ewigen her&#xA75B;-<lb/>
ligkeit fu&#x0364;hrte/ und dem vater wider<lb/>
bra&#x0364;chte. Was &#x017F;ag&#x017F;tu aber/</hi><hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tine,</hi><lb/><hi rendition="#fr">von der &#x017F;eelen/ ob &#x017F;ie von GOtt &#x017F;ey oder<lb/>
nicht/ du leugne&#x017F;t/ daß die &#x017F;eele aus Got-<lb/>
tes we&#x017F;en &#x017F;ey/ und keinen leiden&#x017F;chaff-<lb/>
ten unterworffen. Jch habe nicht ge-<lb/>
&#x017F;aget/ daß die &#x017F;eele GOTT gleich &#x017F;ey/<lb/>
&#x017F;ondern weil du ge&#x017F;aget ha&#x017F;t/ die &#x017F;eele &#x017F;ey<lb/>
ein gema&#x0364;chte und nichts au&#x017F;&#x017F;er GOTT/<lb/>
&#x017F;o frage ich/ woher denn Gott das we&#x017F;en<lb/>
der &#x017F;eelen empfunden habe.</hi> Und da ihm<lb/><hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tinus</hi> geantwortet/ GOtt als allma&#x0364;ch-<lb/>
tig habe &#x017F;ie aus nichts gemacht/ &#x017F;o &#x017F;pricht jener<lb/>
weiter: <hi rendition="#fr">wenn alles aus GOttes befehl<lb/>
be&#x017F;tehet/ &#x017F;o kommen zwar die creaturen<lb/>
u&#x0364;be&#xA75B; ein/ abe&#xA75B; &#x017F;ie &#x017F;ind doch unte&#xA75B;einande&#xA75B;<lb/>
ungleich/ und deßwegen i&#x017F;t gewiß/ daß<lb/>
&#x017F;ie nicht ein we&#x017F;en &#x017F;eyn/ ob &#x017F;ie wol auff<lb/>
eines befehl zu einerley ge&#x017F;talt und zu-<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;etzung die&#x017F;er welt gelanget<lb/>
&#x017F;eyn. Es i&#x017F;t aus den &#x017F;achen &#x017F;elber offen-<lb/>
bar/ weil fin&#x017F;terniß und licht/ lu&#x0364;gen und<lb/>
wahrheit/ tod und leben/ leib und &#x017F;eele<lb/>
einander nichts gleiches haben/ und<lb/>
dergleichen mehr/ was an arthen und<lb/>
namen von einander unter&#x017F;chieden i&#x017F;t;<lb/>
und billig hat un&#x017F;er Herr ge&#x017F;agt:</hi> Der<lb/>
baum/ den mein himmli&#x017F;cher vater nicht ge-<lb/>
pflantzet hat/ wird ausgerottet werden/ und ins<lb/>
feuer geworffen/ weil er nicht gute fru&#x0364;chte brin-<lb/>
get. <hi rendition="#aq">Matth. XV.</hi> 13. <hi rendition="#fr">Und daß es auch</hi> einge-<lb/>
wurtzelte ba&#x0364;ume <hi rendition="#fr">gebe. Darum i&#x017F;t es aus<lb/><cb/>
der arth derer dinge gewiß/ daß in die&#x017F;er<lb/>
welt zwey &#x017F;elb&#x017F;ta&#x0364;ndige we&#x017F;en &#x017F;eyn/ die<lb/>
aus ihren arthen und namen be&#x017F;tehen:<lb/>
Deren eine i&#x017F;t zeitlich/ die andere ewig/<lb/>
welche auch dem allma&#x0364;chtigen Vater<lb/>
zugeho&#x0364;ret.</hi></p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">GOtt leidet nichts bo&#x0364;&#x017F;es/ &#x017F;ondern er<lb/>
kommt ihm zuvor/ und zwar durch &#x017F;eine<lb/>
krafft und vorwi&#x017F;&#x017F;enheit. Man kan<lb/>
nicht leugnen/ daß das bo&#x0364;&#x017F;e au&#x017F;&#x017F;er GOtt<lb/>
&#x017F;ey: Da man auch aus den geboten er-<lb/>
wei&#x017F;en kan/ was ohne &#x017F;einen willen ge-<lb/>
&#x017F;chiehet. Wo keine widrigkeit i&#x017F;t/ da<lb/>
braucht es keines gebots: Und die freye<lb/>
macht zu leben wird nicht ertheilet/ wo<lb/>
nicht ein fall i&#x017F;t nach des Apo&#x017F;tels<lb/>
grund/</hi><hi rendition="#aq">Ephe&#x017F;. II.</hi> 1. u. f. 14. u. f.</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Wennhier der Apo&#x017F;tel nach der &#x017F;eelen<lb/>
ge&#x017F;agt ha&#x0364;tte/ daß wir kinder des zorns<lb/>
wa&#x0364;ren/ &#x017F;o wu&#x0364;rde &#x017F;ie nach &#x017F;einem<lb/>
aus&#x017F;pruch von GOTT entfernet &#x017F;eyn.<lb/>
Wenn aber nur von dem ge&#x017F;aget wird/<lb/>
nach welchem der Apo&#x017F;tel als Ab&#xA75B;ahams<lb/>
&#x017F;ohn dem ge&#x017F;etz unter worffen war/ &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
gewiß/ daß ers leiblich ver&#x017F;tanden habe/<lb/>
daß wir kinde&#xA75B; des zo&#xA75B;ns gewe&#x017F;en/ gleich-<lb/>
wie die andern. Von dem we&#x017F;en der &#x017F;ee-<lb/>
len aber zeuget er/ daß &#x017F;ie aus GOtt &#x017F;ey/<lb/>
und daß die &#x017F;eele mit GOtt nicht anders<lb/>
ko&#x0364;nne ver&#x017F;o&#x0364;hnt werden/ als durch ihren<lb/>
mei&#x017F;ter/ welcher i&#x017F;t CHri&#x017F;tus. Denn da<lb/>
die feind&#x017F;chafft dazu kam/ &#x017F;o &#x017F;chiene die<lb/>
&#x017F;eele GOttes unwu&#x0364;rdig zu &#x017F;eyn. Al-<lb/>
lein wir bekennen/ daß &#x017F;ie dennoch von<lb/>
dem allma&#x0364;chtigen GOtt ge&#x017F;andt und<lb/>
ent&#x017F;prungen &#x017F;ey/ und zwar &#x017F;einen willen<lb/>
zu bezeugen. Gleichwie wir auch von<lb/>
dem Heiland Chri&#x017F;to glaub&#x0113;/ daß er vom<lb/>
himmel kommen/ und den willen des<lb/>
Vaters erfu&#x0364;llet habe. Welcher wille des<lb/>
Vaters die&#x017F;er war/ daß er un&#x017F;ere &#x017F;eelen<lb/>
von eben die&#x017F;er feind&#x017F;chafft erlo&#x0364;&#x017F;ete/<lb/>
indem er die feind&#x017F;chafft umbra&#x0364;chte.<lb/>
Wa&#x0364;re die&#x017F;e nicht GOtt zuwider gewe-<lb/>
&#x017F;en/ &#x017F;o hie&#x017F;&#x017F;e es keine feind&#x017F;chafft/ weil<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t einigkeit wa&#x0364;re/ und auch keine<lb/>
to&#x0364;dtung/ weil das leben da wa&#x0364;re.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">So &#x017F;age ich nun/ daß zwey &#x017F;elb&#x017F;ta&#x0364;ndi-<lb/>
ge we&#x017F;en gewe&#x017F;en/ in dem we&#x017F;en des<lb/>
lichts war GOtt/ wie ge&#x017F;agt i&#x017F;t/ der un-<lb/>
&#x017F;terbliche/ es i&#x017F;t aber auch eine widrige<lb/>
natur oder fin&#x017F;terniß gewe&#x017F;en/ nemlich<lb/>
die/ welche auch durch die krafft GOt-<lb/>
tes noch heutiges tages u&#x0364;berwunden<lb/>
wird/ und zu meiner her wiederbringung<lb/>
i&#x017F;t CHri&#x017F;tus der Heiland ausge&#x017F;andt/<lb/>
wie der Apo&#x017F;tel &#x017F;agt.</hi> </p><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Jhr &#x017F;aget/ daß CHri&#x017F;tus nach dem<lb/>
flei&#x017F;ch aus dem &#x017F;amen Davids gebo-<lb/>
ren &#x017F;ey/ weil von ihm ge&#x017F;agt wird/ er<lb/>
&#x017F;ey aus der Jungfrau geboren/ und er als<lb/>
der Sohn GOttes geprie&#x017F;en wird. Denn<lb/>
es kan nicht anders &#x017F;eyn/ als daß/ was<lb/>
vom Gei&#x017F;t geboren i&#x017F;t/ gei&#x017F;t &#x017F;ey/ und was<lb/>
vom flei&#x017F;ch geboren i&#x017F;t/ auch als flei&#x017F;ch<lb/>
erkant werde. Darwider der aus&#x017F;pruch<lb/>
des Evangelii &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;treitet/ wenn ge-<lb/>
&#x017F;agt wird: Flei&#x017F;ch und blut werden das<lb/>
Reich GOttes nicht be&#x017F;itzen/ noch das<lb/>
verweßliche das unverweßliche.</hi> </p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Hier-</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0352] Th. IV. Sect. I. Num. III. Eines Manichæers unſers gemuͤths ſeinen geboten gehor- ſam ſeyn/ und einem glauben des oreyei- nigen GOttes nachfolgen/ nemlich des Vaters/ Sohnes und H. Geiſtes. Wir glauben ferner/ was uns der ſeli- ge Apoſtel Paulus lehret Phil. II. 5. ſo halten wir nun eben das von uns/ was von CHriſto/ welcher da er in Goͤttli- cher geſtalt war/ ward er doch unter- than biß zum tod/ damit er die gleich- heit unſerer ſeelen anzeigete. Und gleich- wie er an ſich die gleichheit des todes ge- wieſen/ und daß er vom Vater mitten aus den todten auffer wecket ſey/ eben al- ſo glauben wir/ daß es mit unſern ſeelen geſchehen werde/ daß wir durch ihn von dieſem tod koͤnnen befreyet werden. Welcher tod entweder von GOtt ferne iſt/ oder wenn er GOttes eigen iſt/ ſo hoͤret ſeine barmhertzigkeit auff/ und der name des Erloͤſers/ ja die erloͤſung ſelbſt; denn alſo hat der Apoſtel geſagt/ wie wir von unſern ſeelen halten ſollen/ was CHriſtus uns gezeuget hat. Wenn CHriſtus im leiden und tod geweſen iſt/ ſo ſind wirs auch geweſen: Wenn er nach dem willen des vaters dahinnein gekommen/ ſo iſt es auch von uns wahr. Es wird aber von uns gefragt/ ob die ſeele von GOtt ſey oder nicht/ welches wir bekeñen/ und beweiſens auch aus der zukunft des Erloͤſers/ aus ſeiner heiligen verkuͤndigung/ aus ſeiner erwehlung/ indem er ſich der ſeelen erbarmet/ und von der ſeelen geſaget wird/ daß ſie nach ſeinem wolgefallen kommen ſey/ damit er ſie vom tode erloͤſete/ zur ewigen herꝛ- ligkeit fuͤhrte/ und dem vater wider braͤchte. Was ſagſtu aber/ Auguſtine, von der ſeelen/ ob ſie von GOtt ſey oder nicht/ du leugneſt/ daß die ſeele aus Got- tes weſen ſey/ und keinen leidenſchaff- ten unterworffen. Jch habe nicht ge- ſaget/ daß die ſeele GOTT gleich ſey/ ſondern weil du geſaget haſt/ die ſeele ſey ein gemaͤchte und nichts auſſer GOTT/ ſo frage ich/ woher denn Gott das weſen der ſeelen empfunden habe. Und da ihm Auguſtinus geantwortet/ GOtt als allmaͤch- tig habe ſie aus nichts gemacht/ ſo ſpricht jener weiter: wenn alles aus GOttes befehl beſtehet/ ſo kommen zwar die creaturen uͤbeꝛ ein/ abeꝛ ſie ſind doch unteꝛeinandeꝛ ungleich/ und deßwegen iſt gewiß/ daß ſie nicht ein weſen ſeyn/ ob ſie wol auff eines befehl zu einerley geſtalt und zu- ſammenſetzung dieſer welt gelanget ſeyn. Es iſt aus den ſachen ſelber offen- bar/ weil finſterniß und licht/ luͤgen und wahrheit/ tod und leben/ leib und ſeele einander nichts gleiches haben/ und dergleichen mehr/ was an arthen und namen von einander unterſchieden iſt; und billig hat unſer Herr geſagt: Der baum/ den mein himmliſcher vater nicht ge- pflantzet hat/ wird ausgerottet werden/ und ins feuer geworffen/ weil er nicht gute fruͤchte brin- get. Matth. XV. 13. Und daß es auch einge- wurtzelte baͤume gebe. Darum iſt es aus der arth derer dinge gewiß/ daß in dieſer welt zwey ſelbſtaͤndige weſen ſeyn/ die aus ihren arthen und namen beſtehen: Deren eine iſt zeitlich/ die andere ewig/ welche auch dem allmaͤchtigen Vater zugehoͤret. GOtt leidet nichts boͤſes/ ſondern er kommt ihm zuvor/ und zwar durch ſeine krafft und vorwiſſenheit. Man kan nicht leugnen/ daß das boͤſe auſſer GOtt ſey: Da man auch aus den geboten er- weiſen kan/ was ohne ſeinen willen ge- ſchiehet. Wo keine widrigkeit iſt/ da braucht es keines gebots: Und die freye macht zu leben wird nicht ertheilet/ wo nicht ein fall iſt nach des Apoſtels grund/ Epheſ. II. 1. u. f. 14. u. f. Wennhier der Apoſtel nach der ſeelen geſagt haͤtte/ daß wir kinder des zorns waͤren/ ſo wuͤrde ſie nach ſeinem ausſpruch von GOTT entfernet ſeyn. Wenn aber nur von dem geſaget wird/ nach welchem der Apoſtel als Abꝛahams ſohn dem geſetz unter worffen war/ ſo iſt gewiß/ daß ers leiblich verſtanden habe/ daß wir kindeꝛ des zoꝛns geweſen/ gleich- wie die andern. Von dem weſen der ſee- len aber zeuget er/ daß ſie aus GOtt ſey/ und daß die ſeele mit GOtt nicht anders koͤnne verſoͤhnt werden/ als durch ihren meiſter/ welcher iſt CHriſtus. Denn da die feindſchafft dazu kam/ ſo ſchiene die ſeele GOttes unwuͤrdig zu ſeyn. Al- lein wir bekennen/ daß ſie dennoch von dem allmaͤchtigen GOtt geſandt und entſprungen ſey/ und zwar ſeinen willen zu bezeugen. Gleichwie wir auch von dem Heiland Chriſto glaubē/ daß er vom himmel kommen/ und den willen des Vaters erfuͤllet habe. Welcher wille des Vaters dieſer war/ daß er unſere ſeelen von eben dieſer feindſchafft erloͤſete/ indem er die feindſchafft umbraͤchte. Waͤre dieſe nicht GOtt zuwider gewe- ſen/ ſo hieſſe es keine feindſchafft/ weil daſelbſt einigkeit waͤre/ und auch keine toͤdtung/ weil das leben da waͤre. So ſage ich nun/ daß zwey ſelbſtaͤndi- ge weſen geweſen/ in dem weſen des lichts war GOtt/ wie geſagt iſt/ der un- ſterbliche/ es iſt aber auch eine widrige natur oder finſterniß geweſen/ nemlich die/ welche auch durch die krafft GOt- tes noch heutiges tages uͤberwunden wird/ und zu meiner her wiederbringung iſt CHriſtus der Heiland ausgeſandt/ wie der Apoſtel ſagt. Jhr ſaget/ daß CHriſtus nach dem fleiſch aus dem ſamen Davids gebo- ren ſey/ weil von ihm geſagt wird/ er ſey aus der Jungfrau geboren/ und er als der Sohn GOttes geprieſen wird. Denn es kan nicht anders ſeyn/ als daß/ was vom Geiſt geboren iſt/ geiſt ſey/ und was vom fleiſch geboren iſt/ auch als fleiſch erkant werde. Darwider der ausſpruch des Evangelii ſelbſt ſtreitet/ wenn ge- ſagt wird: Fleiſch und blut werden das Reich GOttes nicht beſitzen/ noch das verweßliche das unverweßliche. Hier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/352
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/352>, abgerufen am 22.12.2024.