Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Th. III. C. XXVII. Von denen gesichten Annä Vetterin.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
schlugen und bunden ihn mit stricken/ und woll-
ten ihm geld abnöthigen; weil er aber nichts
hatte/ gab einer von den räubern selbst 2. Thl.
für meinen vater denen andern räubern/ die sei-
ne gesellen gewesen/ auff daß er ihn nur bey dem
leben behielte; diß geschah zu Bubenheim an
der Altmühl im Onoldsbacherland/ eine meile
ausserhalb Weissenburg; weil nun mein vater
so sehr gemartert und erschreckt war/ führte ihn
meine mutter nach Weissenburg und läst ihm
da zu ader; der bader aber ließ ihm so viel blut
heraus/ daß er schwach ward und am dritten
tag starb zu Weissenburg. Meine mutter hatte
nun 4. kleine kinder/ und war kein bissen brod
zu bekommen; da verkauffte sie von des va-
ters schmidezeug/ und machte ihr geld/ reisete
nach Eichstädt/ und kauffte brod/ und trugs
nach Weissenburg zu verkauffen/ und ge-
wann daran so viel/ daß sie 4. kinder erhalten
kunt. Da sie sich einsmahls wieder auf diese
reise schicken wolte/ und uns kindern zuvor ei-
nen brey zu essen geben wolte/ setzte sie mein
brüderlein auf den heerd neben das feuer/ weil
es das kleineste kind; und ich stunde vor dem
heerd/ die hitze aber mochte dem kind zu starck
werden; es stunde auf/ und hielt sich an den
pfannenstiel/ und die pfanne fiel mir mit der
siedenden milch auf meinen lincken arm/ und
verbrandte mich schrecklich; wie ich das zeichen
noch habe/ heut zu tage am hals und am
hertz trage/ und bekam mit verwunderung ei-
nen kurtzen arm davon; daher ich mich des
nähens beflissen von jugend auf/ weil ich kei-
ner schweren arbeit vorstehen kunte. Es wur-
de auch der mutter ihr geld im Eichstätter-
wald alles abgenommen/ da muste sie wegen
grosser armuth mit vier kleine kindern ins elend
hinaus/ und zog bey die dreyßig meilen weg
in das Länd l ob der Enß/ blieb auch drey jahr
mit uns in der fremde/ woselbst mir auch das
brüderlein starb/ welches der Pfaff nicht in
den kirchhoff wolte legen lassen; aber mein
hauswirth erbat es/ daß man es in den Got-
tesacker begrub zu Güntzkirchen an der Straß.
Nach dem nun die Catholischen sahen/ daß ihr
Land voller Schwaben anlieffe/ haben sie ih-
ren unterthanen verboten/ keinen Schwaben
mehr zu behalten/ er werde denn Catholisch/
bey fünff gülden straffe; da zog meine mutter
wieder heraus ins Land. Es war aber die
theurung noch immer da/ riß auch eine
pest an unterschiedlichen orten ein/ daher sich
meine mutter mit uns kümmerlich behalff; sie
fing endlich wieder etwas an/ daß sie geld ge-
winnen möchte uns zu erhalten; sie kauffte
den leuten die betten ab/ auf welchen jemand
gestorben war/ welche die leute um ein gerin-
ges weggaben/ ja gar über die stadtmauren
wurffen; diese betten trug sie viel meilen hin-
weg/ und verkauffte sie. Endlich verheyrathe-
te sich meine mutter wieder mit einem becken
zu Wedelsheim/ einem dorff bey Weissenburg;
diß dorff wurde hernach von den Schweden
geplündert/ und kamen meine eltern um alles;
ich war aus furcht neben vielen andern in den
kirchhof gesperret; als es aber schiene/ es wol-
ten die Soldaten da einbrechen/ und ein jeder
flohe/ kroch ich durch ein enges loch durch die
mauer hinaus/ und zwar gantz nackend/ wegen
enge des lochs/ und ließ mir meine kleider
nachwerffen; allein ich war kaum ein wenig
[Spaltenumbruch] weg/ so ersahe mich ein Reuter/ und jagte michJahr
MDC.
biß
MDCC.

lange herum/ und nahm mir mein kleid/ so ich ü-
ber dem arm trug. Die übrige zeit/ nach dem ich
zu Weissenburg vorher das nähen gelernet/
brachte ich zu Onoldsbach zu biß in das zwan-
tzigste jahr meines alters; ich war ein fröliches
und freyes mägdlein/ und den leuten lieb/ such-
te ruhm in der nähekunst bey den menschen/
war frisch wie ein junger hirsch/ gerne um spiel-
leute/ liebte ehrliche täntze/ und behielte darinnen
vor andern mägden den preiß; ein jeder wolte
mit der Weissenburgerin tantzen. Es ist mir
aus dem himmel kund worden/ daß es GOt-
tes wille gewest/ daß ich habe hieher kommen
müssen/ und habe mich mit einem mäurer ver-
heyrathet; und wie ich hernach gehöret/ haben
wohl zehen andere auf meinen mann gewar-
tet/ da er ist mein liebster worden; Er solte
mich wieder fahren lassen/ allein ich habe ihm
verbleiben müssen/ und habe eine ehrliche hoch-
zeit gehalten/ mit lustigkeit/ und habe mit dem
stürmischen und fluchenden mann zehen jahr
gehauset/ und immer mit ihm ums ewige ge-
stritten; habe keine furcht GOTTes bey ihm
spüren können/ daß er nach dem himmel ge-
trachtet hätte; war ein irrdischer weltmann/
und ich wolte immer nach dem himmel trach-
ten/ und dachte/ er solte seyn wie ich; aber er
wolte mir nicht folgen/ und wurde mir mein
leben recht sauer mit ihm. Je länger ich mit ihm
hauste/ je säurer er mirs machte/ biß die zehen
jahr herum kamen/ in welcher zeit ich mit ihm
erzeugt sieben kinder/ drey knaben und vier
töchter; und sind noch bey dem leben zwey
söhne und zwey töchter/ so lang Gott will. Jm
30sten jahr meines alters wurde ich kranck/
fünff wochen lang/ und muste gantz an meinem
fleisch absterben; wobey ich anfänglich ver-
dacht hatte auf eine nachbarm/ welche der zau-
berey verdächtig war/ und öffters sagte/ daß
sie die leute krumm und lahm machen könte/
mich auch offt wegen meines fleißigen kirchen-
gehens verspottet und gefragt/ ob denn noch et-
liche bilder in der kirchen wären/ denen ich die
köpffe noch nicht abgebissen; allein es äusserte
sich bald/ was die ursach meines abschwin-
dens am leibe war; ich solte nemlich ein gantz
anderer mensch werden/ leiblich und geistlich er-
neuert. Jn dieser meiner kranckheit kam mein
mann einsten sehr früh aus dem schloß/ und leg-
te sich zu mir/ und zwang mich seines willens
zu seyn/ und ich wurde zu einer tochter schwan-
ger wider meinen willen und begierde/ denn
ich war schwach und kranck. Diese tochter hat-
te keine seligkeit bey GOTT/ so gar war des
vaters saamen in den sünden verderbt/
daß daher offenbar ist der mensch der
sünden und das kind des verderbens. Sie
wurde zwar getaufft/ aber nicht geschrie-
ben in das buch des lebens. Da ich zehn tag mit
diesem kind schwanger gieng/ wurde ich in den
himmel verzuckt/ und sahe unbeschreibliche
freude. O freude! O herrligkeit! O ewigkeit!
O schönheit! Und der sohn GOttes war ein
feuriges und brennen des lamm/ und sassen um
das lamm herum viel Priester mit güldenen kro-
nen auff den häuptern/ und hatten weisse kleider
an; keine zunge kan es aussprechen/ kein sinn fas-
sen/ kein ohr hat es gehöret. O daß ich aller welt
zungen hätte/ GOtt damit zu loben und seine
ewigkeit zu preisen; und da ich solche herrligkeit

sahe/
A. K. H. Dritter Theil. M m

Th. III. C. XXVII. Von denen geſichten Annaͤ Vetterin.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
ſchlugen und bunden ihn mit ſtricken/ und woll-
ten ihm geld abnoͤthigen; weil er aber nichts
hatte/ gab einer von den raͤubern ſelbſt 2. Thl.
fuͤr meinen vater denen andern raͤubern/ die ſei-
ne geſellen geweſen/ auff daß er ihn nur bey dem
leben behielte; diß geſchah zu Bubenheim an
der Altmuͤhl im Onoldsbacherland/ eine meile
auſſerhalb Weiſſenburg; weil nun mein vater
ſo ſehr gemartert und erſchreckt war/ fuͤhrte ihn
meine mutter nach Weiſſenburg und laͤſt ihm
da zu ader; der bader aber ließ ihm ſo viel blut
heraus/ daß er ſchwach ward und am dritten
tag ſtarb zu Weiſſenburg. Meine mutter hatte
nun 4. kleine kinder/ und war kein biſſen brod
zu bekommen; da verkauffte ſie von des va-
ters ſchmidezeug/ und machte ihr geld/ reiſete
nach Eichſtaͤdt/ und kauffte brod/ und trugs
nach Weiſſenburg zu verkauffen/ und ge-
wann daran ſo viel/ daß ſie 4. kinder erhalten
kunt. Da ſie ſich einsmahls wieder auf dieſe
reiſe ſchicken wolte/ und uns kindern zuvor ei-
nen brey zu eſſen geben wolte/ ſetzte ſie mein
bruͤderlein auf den heerd neben das feuer/ weil
es das kleineſte kind; und ich ſtunde vor dem
heerd/ die hitze aber mochte dem kind zu ſtarck
werden; es ſtunde auf/ und hielt ſich an den
pfannenſtiel/ und die pfanne fiel mir mit der
ſiedenden milch auf meinen lincken arm/ und
verbrandte mich ſchrecklich; wie ich das zeichen
noch habe/ heut zu tage am hals und am
hertz trage/ und bekam mit verwunderung ei-
nen kurtzen arm davon; daher ich mich des
naͤhens befliſſen von jugend auf/ weil ich kei-
ner ſchweren arbeit vorſtehen kunte. Es wur-
de auch der mutter ihr geld im Eichſtaͤtter-
wald alles abgenommen/ da muſte ſie wegen
groſſer armuth mit vier kleinē kindern ins elend
hinaus/ und zog bey die dreyßig meilen weg
in das Laͤnd l ob der Enß/ blieb auch drey jahr
mit uns in der fremde/ woſelbſt mir auch das
bruͤderlein ſtarb/ welches der Pfaff nicht in
den kirchhoff wolte legen laſſen; aber mein
hauswirth erbat es/ daß man es in den Got-
tesacker begrub zu Guͤntzkirchen an der Straß.
Nach dem nun die Catholiſchen ſahen/ daß ihr
Land voller Schwaben anlieffe/ haben ſie ih-
ren unterthanen verboten/ keinen Schwaben
mehr zu behalten/ er werde denn Catholiſch/
bey fuͤnff guͤlden ſtraffe; da zog meine mutter
wieder heraus ins Land. Es war aber die
theurung noch immer da/ riß auch eine
peſt an unterſchiedlichen orten ein/ daher ſich
meine mutter mit uns kuͤmmerlich behalff; ſie
fing endlich wieder etwas an/ daß ſie geld ge-
winnen moͤchte uns zu erhalten; ſie kauffte
den leuten die betten ab/ auf welchen jemand
geſtoꝛben war/ welche die leute um ein gerin-
ges weggaben/ ja gar uͤber die ſtadtmauren
wurffen; dieſe betten trug ſie viel meilen hin-
weg/ und verkauffte ſie. Endlich verheyrathe-
te ſich meine mutter wieder mit einem becken
zu Wedelsheim/ einem dorff bey Weiſſenburg;
diß dorff wurde hernach von den Schweden
gepluͤndert/ und kamen meine eltern um alles;
ich war aus furcht neben vielen andern in den
kirchhof geſperret; als es aber ſchiene/ es wol-
ten die Soldaten da einbrechen/ und ein jeder
flohe/ kroch ich durch ein enges loch durch die
mauer hinaus/ und zwar gantz nackend/ wegen
enge des lochs/ und ließ mir meine kleider
nachwerffen; allein ich war kaum ein wenig
[Spaltenumbruch] weg/ ſo erſahe mich ein Reuter/ und jagte michJahr
MDC.
biß
MDCC.

lange herum/ und nahm mir mein kleid/ ſo ich uͤ-
ber dem arm trug. Die uͤbrige zeit/ nach dem ich
zu Weiſſenburg vorher das naͤhen gelernet/
brachte ich zu Onoldsbach zu biß in das zwan-
tzigſte jahr meines alters; ich war ein froͤliches
und freyes maͤgdlein/ und den leuten lieb/ ſuch-
te ruhm in der naͤhekunſt bey den menſchen/
war friſch wie ein junger hirſch/ gerne um ſpiel-
leute/ liebte ehrliche taͤntze/ und behielte dariñen
vor andern maͤgden den preiß; ein jeder wolte
mit der Weiſſenburgerin tantzen. Es iſt mir
aus dem himmel kund worden/ daß es GOt-
tes wille geweſt/ daß ich habe hieher kommen
muͤſſen/ und habe mich mit einem maͤurer ver-
heyrathet; und wie ich hernach gehoͤret/ haben
wohl zehen andere auf meinen mann gewar-
tet/ da er iſt mein liebſter worden; Er ſolte
mich wieder fahren laſſen/ allein ich habe ihm
verbleiben muͤſſen/ und habe eine ehrliche hoch-
zeit gehalten/ mit luſtigkeit/ und habe mit dem
ſtuͤrmiſchen und fluchenden mann zehen jahr
gehauſet/ und immer mit ihm ums ewige ge-
ſtritten; habe keine furcht GOTTes bey ihm
ſpuͤren koͤnnen/ daß er nach dem himmel ge-
trachtet haͤtte; war ein irrdiſcher weltmann/
und ich wolte immer nach dem himmel trach-
ten/ und dachte/ er ſolte ſeyn wie ich; aber er
wolte mir nicht folgen/ und wurde mir mein
leben recht ſauer mit ihm. Je laͤnger ich mit ihm
hauſte/ je ſaͤurer er mirs machte/ biß die zehen
jahr herum kamen/ in welcher zeit ich mit ihm
erzeugt ſieben kinder/ drey knaben und vier
toͤchter; und ſind noch bey dem leben zwey
ſoͤhne und zwey toͤchter/ ſo lang Gott will. Jm
30ſten jahr meines alters wurde ich kranck/
fuͤnff wochen lang/ und muſte gantz an meinem
fleiſch abſterben; wobey ich anfaͤnglich ver-
dacht hatte auf eine nachbarm/ welche der zau-
berey verdaͤchtig war/ und oͤffters ſagte/ daß
ſie die leute krumm und lahm machen koͤnte/
mich auch offt wegen meines fleißigen kirchen-
gehens verſpottet uñ gefragt/ ob denn noch et-
liche bilder in der kirchen waͤren/ denen ich die
koͤpffe noch nicht abgebiſſen; allein es aͤuſſerte
ſich bald/ was die urſach meines abſchwin-
dens am leibe war; ich ſolte nemlich ein gantz
anderer menſch werden/ leiblich und geiſtlich er-
neuert. Jn dieſer meiner kranckheit kam mein
mañ einſten ſehr fruͤh aus dem ſchloß/ und leg-
te ſich zu mir/ und zwang mich ſeines willens
zu ſeyn/ und ich wurde zu einer tochter ſchwan-
ger wider meinen willen und begierde/ denn
ich war ſchwach und kranck. Dieſe tochter hat-
te keine ſeligkeit bey GOTT/ ſo gar war des
vaters ſaamen in den ſuͤnden verderbt/
daß daher offenbar iſt der menſch der
ſuͤnden und das kind des verderbens. Sie
wurde zwar getaufft/ aber nicht geſchrie-
ben in das buch des lebens. Da ich zehn tag mit
dieſem kind ſchwanger gieng/ wurde ich in den
himmel verzuckt/ und ſahe unbeſchreibliche
freude. O freude! O herꝛligkeit! O ewigkeit!
O ſchoͤnheit! Und der ſohn GOttes war ein
feuriges und brennen des lam̃/ und ſaſſen um
das lam̃ herum viel Prieſter mit guͤldenen kro-
nen auff den haͤuptern/ und hatten weiſſe kleider
an; keine zunge kan es ausſprechen/ kein ſinn faſ-
ſen/ kein ohr hat es gehoͤret. O daß ich aller welt
zungen haͤtte/ GOtt damit zu loben und ſeine
ewigkeit zu preiſen; und da ich ſolche herꝛligkeit

ſahe/
A. K. H. Dritter Theil. M m
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0285" n="273"/><fw place="top" type="header">Th. <hi rendition="#aq">III.</hi> C. <hi rendition="#aq">XXVII.</hi> Von denen ge&#x017F;ichten Anna&#x0364; Vetterin.</fw><lb/><cb/><note place="left">Jahr<lb/><hi rendition="#aq">MDC.</hi><lb/>
biß<lb/><hi rendition="#aq">MDCC.</hi></note>&#x017F;chlugen und bunden ihn mit &#x017F;tricken/ und woll-<lb/>
ten ihm geld abno&#x0364;thigen; weil er aber nichts<lb/>
hatte/ gab einer von den ra&#x0364;ubern &#x017F;elb&#x017F;t 2. Thl.<lb/>
fu&#x0364;r meinen vater denen andern ra&#x0364;ubern/ die &#x017F;ei-<lb/>
ne ge&#x017F;ellen gewe&#x017F;en/ auff daß er ihn nur bey dem<lb/>
leben behielte; diß ge&#x017F;chah zu Bubenheim an<lb/>
der Altmu&#x0364;hl im Onoldsbacherland/ eine meile<lb/>
au&#x017F;&#x017F;erhalb Wei&#x017F;&#x017F;enburg; weil nun mein vater<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr gemartert und er&#x017F;chreckt war/ fu&#x0364;hrte ihn<lb/>
meine mutter nach Wei&#x017F;&#x017F;enburg und la&#x0364;&#x017F;t ihm<lb/>
da zu ader; der bader aber ließ ihm &#x017F;o viel blut<lb/>
heraus/ daß er &#x017F;chwach ward und am dritten<lb/>
tag &#x017F;tarb zu Wei&#x017F;&#x017F;enburg. Meine mutter hatte<lb/>
nun 4. kleine kinder/ und war kein bi&#x017F;&#x017F;en brod<lb/>
zu bekommen; da verkauffte &#x017F;ie von des va-<lb/>
ters &#x017F;chmidezeug/ und machte ihr geld/ rei&#x017F;ete<lb/>
nach Eich&#x017F;ta&#x0364;dt/ und kauffte brod/ und trugs<lb/>
nach Wei&#x017F;&#x017F;enburg zu verkauffen/ und ge-<lb/>
wann daran &#x017F;o viel/ daß &#x017F;ie 4. kinder erhalten<lb/>
kunt. Da &#x017F;ie &#x017F;ich einsmahls wieder auf die&#x017F;e<lb/>
rei&#x017F;e &#x017F;chicken wolte/ und uns kindern zuvor ei-<lb/>
nen brey zu e&#x017F;&#x017F;en geben wolte/ &#x017F;etzte &#x017F;ie mein<lb/>
bru&#x0364;derlein auf den heerd neben das feuer/ weil<lb/>
es das kleine&#x017F;te kind; und ich &#x017F;tunde vor dem<lb/>
heerd/ die hitze aber mochte dem kind zu &#x017F;tarck<lb/>
werden; es &#x017F;tunde auf/ und hielt &#x017F;ich an den<lb/>
pfannen&#x017F;tiel/ und die pfanne fiel mir mit der<lb/>
&#x017F;iedenden milch auf meinen lincken arm/ und<lb/>
verbrandte mich &#x017F;chrecklich; wie ich das zeichen<lb/>
noch habe/ heut zu tage am hals und am<lb/>
hertz trage/ und bekam mit verwunderung ei-<lb/>
nen kurtzen arm davon; daher ich mich des<lb/>
na&#x0364;hens befli&#x017F;&#x017F;en von jugend auf/ weil ich kei-<lb/>
ner &#x017F;chweren arbeit vor&#x017F;tehen kunte. Es wur-<lb/>
de auch der mutter ihr geld im Eich&#x017F;ta&#x0364;tter-<lb/>
wald alles abgenommen/ da mu&#x017F;te &#x017F;ie wegen<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;er armuth mit vier klein&#x0113; kindern ins elend<lb/>
hinaus/ und zog bey die dreyßig meilen weg<lb/>
in das La&#x0364;nd l ob der Enß/ blieb auch drey jahr<lb/>
mit uns in der fremde/ wo&#x017F;elb&#x017F;t mir auch das<lb/>
bru&#x0364;derlein &#x017F;tarb/ welches der Pfaff nicht in<lb/>
den kirchhoff wolte legen la&#x017F;&#x017F;en; aber mein<lb/>
hauswirth erbat es/ daß man es in den Got-<lb/>
tesacker begrub zu Gu&#x0364;ntzkirchen an der Straß.<lb/>
Nach dem nun die Catholi&#x017F;chen &#x017F;ahen/ daß ihr<lb/>
Land voller Schwaben anlieffe/ haben &#x017F;ie ih-<lb/>
ren unterthanen verboten/ keinen Schwaben<lb/>
mehr zu behalten/ er werde denn Catholi&#x017F;ch/<lb/>
bey fu&#x0364;nff gu&#x0364;lden &#x017F;traffe; da zog meine mutter<lb/>
wieder heraus ins Land. Es war aber die<lb/>
theurung noch immer da/ riß auch eine<lb/>
pe&#x017F;t an unter&#x017F;chiedlichen orten ein/ daher &#x017F;ich<lb/>
meine mutter mit uns ku&#x0364;mmerlich behalff; &#x017F;ie<lb/>
fing endlich wieder etwas an/ daß &#x017F;ie geld ge-<lb/>
winnen mo&#x0364;chte uns zu erhalten; &#x017F;ie kauffte<lb/>
den leuten die betten ab/ auf welchen jemand<lb/>
ge&#x017F;to&#xA75B;ben war/ welche die leute um ein gerin-<lb/>
ges weggaben/ ja gar u&#x0364;ber die &#x017F;tadtmauren<lb/>
wurffen; die&#x017F;e betten trug &#x017F;ie viel meilen hin-<lb/>
weg/ und verkauffte &#x017F;ie. Endlich verheyrathe-<lb/>
te &#x017F;ich meine mutter wieder mit einem becken<lb/>
zu Wedelsheim/ einem dorff bey Wei&#x017F;&#x017F;enburg;<lb/>
diß dorff wurde hernach von den Schweden<lb/>
geplu&#x0364;ndert/ und kamen meine eltern um alles;<lb/>
ich war aus furcht neben vielen andern in den<lb/>
kirchhof ge&#x017F;perret; als es aber &#x017F;chiene/ es wol-<lb/>
ten die Soldaten da einbrechen/ und ein jeder<lb/>
flohe/ kroch ich durch ein enges loch durch die<lb/>
mauer hinaus/ und zwar gantz nackend/ wegen<lb/>
enge des lochs/ und ließ mir meine kleider<lb/>
nachwerffen; allein ich war kaum ein wenig<lb/><cb/>
weg/ &#x017F;o er&#x017F;ahe mich ein Reuter/ und jagte mich<note place="right">Jahr<lb/><hi rendition="#aq">MDC.</hi><lb/>
biß<lb/><hi rendition="#aq">MDCC.</hi></note><lb/>
lange herum/ und nahm mir mein kleid/ &#x017F;o ich u&#x0364;-<lb/>
ber dem arm trug. Die u&#x0364;brige zeit/ nach dem ich<lb/>
zu Wei&#x017F;&#x017F;enburg vorher das na&#x0364;hen gelernet/<lb/>
brachte ich zu Onoldsbach zu biß in das zwan-<lb/>
tzig&#x017F;te jahr meines alters; ich war ein fro&#x0364;liches<lb/>
und freyes ma&#x0364;gdlein/ und den leuten lieb/ &#x017F;uch-<lb/>
te ruhm in der na&#x0364;hekun&#x017F;t bey den men&#x017F;chen/<lb/>
war fri&#x017F;ch wie ein junger hir&#x017F;ch/ gerne um &#x017F;piel-<lb/>
leute/ liebte ehrliche ta&#x0364;ntze/ und behielte darin&#x0303;en<lb/>
vor andern ma&#x0364;gden den preiß; ein jeder wolte<lb/>
mit der Wei&#x017F;&#x017F;enburgerin tantzen. Es i&#x017F;t mir<lb/>
aus dem himmel kund worden/ daß es GOt-<lb/>
tes wille gewe&#x017F;t/ daß ich habe hieher kommen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und habe mich mit einem ma&#x0364;urer ver-<lb/>
heyrathet; und wie ich hernach geho&#x0364;ret/ haben<lb/>
wohl zehen andere auf meinen mann gewar-<lb/>
tet/ da er i&#x017F;t mein lieb&#x017F;ter worden; Er &#x017F;olte<lb/>
mich wieder fahren la&#x017F;&#x017F;en/ allein ich habe ihm<lb/>
verbleiben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ und habe eine ehrliche hoch-<lb/>
zeit gehalten/ mit lu&#x017F;tigkeit/ und habe mit dem<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;chen und fluchenden mann zehen jahr<lb/>
gehau&#x017F;et/ und immer mit ihm ums ewige ge-<lb/>
&#x017F;tritten; habe keine furcht GOTTes bey ihm<lb/>
&#x017F;pu&#x0364;ren ko&#x0364;nnen/ daß er nach dem himmel ge-<lb/>
trachtet ha&#x0364;tte; war ein irrdi&#x017F;cher weltmann/<lb/>
und ich wolte immer nach dem himmel trach-<lb/>
ten/ und dachte/ er &#x017F;olte &#x017F;eyn wie ich; aber er<lb/>
wolte mir nicht folgen/ und wurde mir mein<lb/>
leben recht &#x017F;auer mit ihm. Je la&#x0364;nger ich mit ihm<lb/>
hau&#x017F;te/ je &#x017F;a&#x0364;urer er mirs machte/ biß die zehen<lb/>
jahr herum kamen/ in welcher zeit ich mit ihm<lb/>
erzeugt &#x017F;ieben kinder/ drey knaben und vier<lb/>
to&#x0364;chter; und &#x017F;ind noch bey dem leben zwey<lb/>
&#x017F;o&#x0364;hne und zwey to&#x0364;chter/ &#x017F;o lang Gott will. Jm<lb/>
30&#x017F;ten jahr meines alters wurde ich kranck/<lb/>
fu&#x0364;nff wochen lang/ und mu&#x017F;te gantz an meinem<lb/>
flei&#x017F;ch ab&#x017F;terben; wobey ich anfa&#x0364;nglich ver-<lb/>
dacht hatte auf eine nachbarm/ welche der zau-<lb/>
berey verda&#x0364;chtig war/ und o&#x0364;ffters &#x017F;agte/ daß<lb/>
&#x017F;ie die leute krumm und lahm machen ko&#x0364;nte/<lb/>
mich auch offt wegen meines fleißigen kirchen-<lb/>
gehens ver&#x017F;pottet un&#x0303; gefragt/ ob denn noch et-<lb/>
liche bilder in der kirchen wa&#x0364;ren/ denen ich die<lb/>
ko&#x0364;pffe noch nicht abgebi&#x017F;&#x017F;en; allein es a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erte<lb/>
&#x017F;ich bald/ was die ur&#x017F;ach meines ab&#x017F;chwin-<lb/>
dens am leibe war; ich &#x017F;olte nemlich ein gantz<lb/>
anderer men&#x017F;ch werden/ leiblich und gei&#x017F;tlich er-<lb/>
neuert. Jn die&#x017F;er meiner kranckheit kam mein<lb/>
man&#x0303; ein&#x017F;ten &#x017F;ehr fru&#x0364;h aus dem &#x017F;chloß/ und leg-<lb/>
te &#x017F;ich zu mir/ und zwang mich &#x017F;eines willens<lb/>
zu &#x017F;eyn/ und ich wurde zu einer tochter &#x017F;chwan-<lb/>
ger wider meinen willen und begierde/ denn<lb/>
ich war &#x017F;chwach und kranck. Die&#x017F;e tochter hat-<lb/>
te keine &#x017F;eligkeit bey GOTT/ &#x017F;o gar war des<lb/>
vaters &#x017F;aamen in den &#x017F;u&#x0364;nden verderbt/<lb/>
daß daher offenbar i&#x017F;t der men&#x017F;ch der<lb/>
&#x017F;u&#x0364;nden und das kind des verderbens. Sie<lb/>
wurde zwar getaufft/ aber nicht ge&#x017F;chrie-<lb/>
ben in das buch des lebens. Da ich zehn tag mit<lb/>
die&#x017F;em kind &#x017F;chwanger gieng/ wurde ich in den<lb/>
himmel verzuckt/ und &#x017F;ahe unbe&#x017F;chreibliche<lb/>
freude. O freude! O her&#xA75B;ligkeit! O ewigkeit!<lb/>
O &#x017F;cho&#x0364;nheit! Und der &#x017F;ohn GOttes war ein<lb/>
feuriges und brennen des lam&#x0303;/ und &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en um<lb/>
das lam&#x0303; herum viel Prie&#x017F;ter mit gu&#x0364;ldenen kro-<lb/>
nen auff den ha&#x0364;uptern/ und hatten wei&#x017F;&#x017F;e kleider<lb/>
an; keine zunge kan es aus&#x017F;prechen/ kein &#x017F;inn fa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ kein ohr hat es geho&#x0364;ret. O daß ich aller welt<lb/>
zungen ha&#x0364;tte/ GOtt damit zu loben und &#x017F;eine<lb/>
ewigkeit zu prei&#x017F;en; und da ich &#x017F;olche her&#xA75B;ligkeit<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">A. K. H. Dritter Theil.</hi> M m</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ahe/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[273/0285] Th. III. C. XXVII. Von denen geſichten Annaͤ Vetterin. ſchlugen und bunden ihn mit ſtricken/ und woll- ten ihm geld abnoͤthigen; weil er aber nichts hatte/ gab einer von den raͤubern ſelbſt 2. Thl. fuͤr meinen vater denen andern raͤubern/ die ſei- ne geſellen geweſen/ auff daß er ihn nur bey dem leben behielte; diß geſchah zu Bubenheim an der Altmuͤhl im Onoldsbacherland/ eine meile auſſerhalb Weiſſenburg; weil nun mein vater ſo ſehr gemartert und erſchreckt war/ fuͤhrte ihn meine mutter nach Weiſſenburg und laͤſt ihm da zu ader; der bader aber ließ ihm ſo viel blut heraus/ daß er ſchwach ward und am dritten tag ſtarb zu Weiſſenburg. Meine mutter hatte nun 4. kleine kinder/ und war kein biſſen brod zu bekommen; da verkauffte ſie von des va- ters ſchmidezeug/ und machte ihr geld/ reiſete nach Eichſtaͤdt/ und kauffte brod/ und trugs nach Weiſſenburg zu verkauffen/ und ge- wann daran ſo viel/ daß ſie 4. kinder erhalten kunt. Da ſie ſich einsmahls wieder auf dieſe reiſe ſchicken wolte/ und uns kindern zuvor ei- nen brey zu eſſen geben wolte/ ſetzte ſie mein bruͤderlein auf den heerd neben das feuer/ weil es das kleineſte kind; und ich ſtunde vor dem heerd/ die hitze aber mochte dem kind zu ſtarck werden; es ſtunde auf/ und hielt ſich an den pfannenſtiel/ und die pfanne fiel mir mit der ſiedenden milch auf meinen lincken arm/ und verbrandte mich ſchrecklich; wie ich das zeichen noch habe/ heut zu tage am hals und am hertz trage/ und bekam mit verwunderung ei- nen kurtzen arm davon; daher ich mich des naͤhens befliſſen von jugend auf/ weil ich kei- ner ſchweren arbeit vorſtehen kunte. Es wur- de auch der mutter ihr geld im Eichſtaͤtter- wald alles abgenommen/ da muſte ſie wegen groſſer armuth mit vier kleinē kindern ins elend hinaus/ und zog bey die dreyßig meilen weg in das Laͤnd l ob der Enß/ blieb auch drey jahr mit uns in der fremde/ woſelbſt mir auch das bruͤderlein ſtarb/ welches der Pfaff nicht in den kirchhoff wolte legen laſſen; aber mein hauswirth erbat es/ daß man es in den Got- tesacker begrub zu Guͤntzkirchen an der Straß. Nach dem nun die Catholiſchen ſahen/ daß ihr Land voller Schwaben anlieffe/ haben ſie ih- ren unterthanen verboten/ keinen Schwaben mehr zu behalten/ er werde denn Catholiſch/ bey fuͤnff guͤlden ſtraffe; da zog meine mutter wieder heraus ins Land. Es war aber die theurung noch immer da/ riß auch eine peſt an unterſchiedlichen orten ein/ daher ſich meine mutter mit uns kuͤmmerlich behalff; ſie fing endlich wieder etwas an/ daß ſie geld ge- winnen moͤchte uns zu erhalten; ſie kauffte den leuten die betten ab/ auf welchen jemand geſtoꝛben war/ welche die leute um ein gerin- ges weggaben/ ja gar uͤber die ſtadtmauren wurffen; dieſe betten trug ſie viel meilen hin- weg/ und verkauffte ſie. Endlich verheyrathe- te ſich meine mutter wieder mit einem becken zu Wedelsheim/ einem dorff bey Weiſſenburg; diß dorff wurde hernach von den Schweden gepluͤndert/ und kamen meine eltern um alles; ich war aus furcht neben vielen andern in den kirchhof geſperret; als es aber ſchiene/ es wol- ten die Soldaten da einbrechen/ und ein jeder flohe/ kroch ich durch ein enges loch durch die mauer hinaus/ und zwar gantz nackend/ wegen enge des lochs/ und ließ mir meine kleider nachwerffen; allein ich war kaum ein wenig weg/ ſo erſahe mich ein Reuter/ und jagte mich lange herum/ und nahm mir mein kleid/ ſo ich uͤ- ber dem arm trug. Die uͤbrige zeit/ nach dem ich zu Weiſſenburg vorher das naͤhen gelernet/ brachte ich zu Onoldsbach zu biß in das zwan- tzigſte jahr meines alters; ich war ein froͤliches und freyes maͤgdlein/ und den leuten lieb/ ſuch- te ruhm in der naͤhekunſt bey den menſchen/ war friſch wie ein junger hirſch/ gerne um ſpiel- leute/ liebte ehrliche taͤntze/ und behielte dariñen vor andern maͤgden den preiß; ein jeder wolte mit der Weiſſenburgerin tantzen. Es iſt mir aus dem himmel kund worden/ daß es GOt- tes wille geweſt/ daß ich habe hieher kommen muͤſſen/ und habe mich mit einem maͤurer ver- heyrathet; und wie ich hernach gehoͤret/ haben wohl zehen andere auf meinen mann gewar- tet/ da er iſt mein liebſter worden; Er ſolte mich wieder fahren laſſen/ allein ich habe ihm verbleiben muͤſſen/ und habe eine ehrliche hoch- zeit gehalten/ mit luſtigkeit/ und habe mit dem ſtuͤrmiſchen und fluchenden mann zehen jahr gehauſet/ und immer mit ihm ums ewige ge- ſtritten; habe keine furcht GOTTes bey ihm ſpuͤren koͤnnen/ daß er nach dem himmel ge- trachtet haͤtte; war ein irrdiſcher weltmann/ und ich wolte immer nach dem himmel trach- ten/ und dachte/ er ſolte ſeyn wie ich; aber er wolte mir nicht folgen/ und wurde mir mein leben recht ſauer mit ihm. Je laͤnger ich mit ihm hauſte/ je ſaͤurer er mirs machte/ biß die zehen jahr herum kamen/ in welcher zeit ich mit ihm erzeugt ſieben kinder/ drey knaben und vier toͤchter; und ſind noch bey dem leben zwey ſoͤhne und zwey toͤchter/ ſo lang Gott will. Jm 30ſten jahr meines alters wurde ich kranck/ fuͤnff wochen lang/ und muſte gantz an meinem fleiſch abſterben; wobey ich anfaͤnglich ver- dacht hatte auf eine nachbarm/ welche der zau- berey verdaͤchtig war/ und oͤffters ſagte/ daß ſie die leute krumm und lahm machen koͤnte/ mich auch offt wegen meines fleißigen kirchen- gehens verſpottet uñ gefragt/ ob denn noch et- liche bilder in der kirchen waͤren/ denen ich die koͤpffe noch nicht abgebiſſen; allein es aͤuſſerte ſich bald/ was die urſach meines abſchwin- dens am leibe war; ich ſolte nemlich ein gantz anderer menſch werden/ leiblich und geiſtlich er- neuert. Jn dieſer meiner kranckheit kam mein mañ einſten ſehr fruͤh aus dem ſchloß/ und leg- te ſich zu mir/ und zwang mich ſeines willens zu ſeyn/ und ich wurde zu einer tochter ſchwan- ger wider meinen willen und begierde/ denn ich war ſchwach und kranck. Dieſe tochter hat- te keine ſeligkeit bey GOTT/ ſo gar war des vaters ſaamen in den ſuͤnden verderbt/ daß daher offenbar iſt der menſch der ſuͤnden und das kind des verderbens. Sie wurde zwar getaufft/ aber nicht geſchrie- ben in das buch des lebens. Da ich zehn tag mit dieſem kind ſchwanger gieng/ wurde ich in den himmel verzuckt/ und ſahe unbeſchreibliche freude. O freude! O herꝛligkeit! O ewigkeit! O ſchoͤnheit! Und der ſohn GOttes war ein feuriges und brennen des lam̃/ und ſaſſen um das lam̃ herum viel Prieſter mit guͤldenen kro- nen auff den haͤuptern/ und hatten weiſſe kleider an; keine zunge kan es ausſprechen/ kein ſinn faſ- ſen/ kein ohr hat es gehoͤret. O daß ich aller welt zungen haͤtte/ GOtt damit zu loben und ſeine ewigkeit zu preiſen; und da ich ſolche herꝛligkeit ſahe/ Jahr MDC. biß MDCC. Jahr MDC. biß MDCC. A. K. H. Dritter Theil. M m

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/285
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/285>, abgerufen am 02.05.2024.