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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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ausserordentlichen dingen von anno 1630. biß 1640.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.

30. Jm folgenden 1648. jahr wird etwas
seltzames erzehlet/ so zu Güstrau im Mecklen-
burgischen geschehen seyn soll. Nemlich es soll
Eines
kindleins
zu Gü-
strau.
daselbst in einer kirchen ein nackendes kindlein
gefunden worden seyn/ welches der Pfarrer
tauffen wollen/ als er nun bey dem actu die ge-
vattern gefragt/ ob das kindlein solte getaufft
werden/ habe das kind selbst überlaut geantwor-
tet: Nein/ ich bin vom Heil. Geist ge-
sandt/ euch zu ermahnen/ daß ihr busse
thut.
Und darauff sey es ihm augenblicklich
Eines
schaff hir-
tens.
unter den händen verschwunden. Wie im an-
gezogenen VI. theils p. 632. zu lesen ist. Wo-
selbst denn auch von einem schäffer bey Ham-
burg zu Langenhorn/ namens Hermann Rich-
ter/ berichtet wird/ wie deinselben Anno 1648.
unversehens 3. weisse schöne personen er-
schienen/ die zu ihm gesagt: Gehe hinein
und lege dich/ denn du solt 3. tag und
nacht stumm seyn/ und weder hun-
gern noch dürsten.
Dieses sey auch wirck-
lich geschehen/ und nach den 3. tagen habe der
schäffer wieder geredet/ und geschrien: Wehe/
wehe/ wehe über die gantze Christenheit/
wo sie sich nicht bekehrt.
etc. Man habe auch
deswegen im Mecklenburgischen einen sonderli-
chen bet-tag angestellet.

Hans
Keils/

31. Noch in diesem jahr ist bey Tübingen
ein wintzer oder weingärtner/ namens Hans Keil
von Gerlingen/ bekant worden/ welcher gesaget/
es wäre ihm auff dem feld ein Engel erschienen/
der ihm befohlen/ die leute zur busse zu vermah-
nen/ auch zum zeichen alsbald einen wein-reben
blut schwitzen lassen: Nachdem nun ein grosser
zulauf zu diesem manne worden/ so gar/ daß offt
2. biß 3000. personen zu ihm gekommen/ wie
C. Tobias Wagner in seiner hievon gehalte-
nen Propheten-predigt (unter den Casual-
dessen
hartes
tracta-
ment.
predigten) p. 740. klaget/ haben die Prediger
es dahin gebracht/ daß der mann ins gefängnis
geworffen/ und die von dieser sache gedruckten
Relationes confisciret worden. Da er nun bey
der Inquisition scharff bedrohet worden/ und
nicht allezeit (vermuthlich aus furcht) mit ei-
nerley worten geantwortet: hat man ihn gar
auff dietortur gebracht/ wie D. Joh. Valent. An-
dreae
in seinen Epistolis Selenianis pag. 425.
D. Wag-
ners eiffer
dagegen/
hievon schreibet. D. Wagner hat darauff die
gedachte Predigt wider ihn öffentlich gehalten/
nachdem er von dem obengedachten streit wider
Joh. Warnern gegen solche leute am meisten
erbittert gewesen/ darinnen er diesen mann als
einen leut-land-und kirchen-betrüger
beschreibet/ und zwey argumenta wider ihn an-
führet: 1. Von nichtigkeit eines unmit-
telbaren beruffs seit der Apostel zeit biß
auff diese stunde. 2. Von eitelkeit und
falschheit des eigenen aussagens dieses
Propheten.
Bey diesen letzten führet er des-
sen folgende worte als falsch und erlogen an:
Der HErr habe die gantze Christenheit
mit krieg und blutvergiessen/ hunger/
theuerung und pestilentz heimgesucht/
aber kein mensch kehre sich dran. Sein
Herr JEsus klage über den schändlichen
ehebruch und hurerey/ welcheslaster bey
allen menschen so gemein sey/ daß es für
keine sünde mehr geachtet werde: ja
[Spaltenumbruch] die gantze Christenheit stecke aller| un-
Jahr
MDC.
biß
MDCC.

zucht voll/ sie werdenbald ärger als das
dumme vieh/
etc. Und dergleichen klagen über
hoffarth/ schinderey/ wucher/ fluchen/ spielen
und dergleichen mehr/ welche D. Wagner da-
selbst theils als unnütze und erlogen verwirfft/
theils mit allerhand ausflüchten und sophisti-
schen verdrehungen verspottet.

32. Allein dieser mann mag vermuthlich der-weil die
Clerisey
besch[ä]-
met wor-
den.

gleichen zorn damit hauptsächlich verdienet ha-
ben/ daß er/ wie Wagner p. 556. schreibet/ |unter
andern gesagt: Es klage der HErr JEsus
über das Priester amt und den grossen
geitz der Geistlichen; wenn sie sollen der
gemeine das H. Evangelium auslegen
und predigen/ so seyen sie zwar mit dem
leibe auff der cantzel aber mit dem sinn
im weinkeller oder auff dem kornboden
und auf dem acker/ oder bey dem beutel/
das sey ein greuel für dem Herrn.
Hier ver-
räth D. Wagner seinen verdruß mit deutlichen
worten/ und nennet diese klage eine real und ver-
bal
schändung wider das predig amt von
diesem schand-propheten:
muß aber dennoch
dabey gestehen/ daß unter den Ministeriis
solche geitzhälse seyen/ welche vor geitz
ihrer Bibel vergessen/ etc.
Und um dieser
und dergleichen zeugnisse willen haben ihn nun
die Prediger bey der Obrigkeit angegeben/ daß er
endlich als ein betrüger zur staupen geschlagen/
und des landes verwiesen worden/ wie Melchi-
or Sylvester Eckartus in Christ. Mor. p.
77 er-
zehlet/ der ihn einen einfältigen menschen nen-
net/ qui nec arare nec natare doctus. NichtsZeugnisse
vom blut-
zeichen.

desto weniger hat der Pfarrer zu Heilbronn M.
Conrad Hiemer hievon eine warnungs-pre-
digt drucken lassen/ und das oben gedachte blut-
zeichen selbst bekant/ da er p. 23. geschrieben: Es
bleibet einen weg als denandern dieses
gewiß/ und wehe/ daß in dem weinberg
daselbst das blutschweissen und trieffen
der reben sich zugetragen hat/ der augen-
schein ist leiter vorhanden. -- Gebüh-
ret sich demnach in alle wege/ und ist ei-
ne hohe nothdurfft/ daß wir das blut-
schweissen und blut-regnen als ein son-
derbares von GOtt geschicktes zeichen
erkennen und zu hertzen nehmen.
Es ge-
stehet auch D. Wagner selbst p. 760. daß der
Pfarrer des orts nebenst denen Fürstli-
chen
Commissariis wahrhafftig im au-
genschein befunden habe/ wie 6. abge-
schnittene reben blutig gewesen/ und
280. reben mit blut getropffet haben;

gleichwol setzet er dagegen/ GOtt bestätige
die lügen-predigt falscher Propheten mit
keinem wunder werck.
Und ferner ziehet er
p. 763. diese usus heraus: Man solte sol-
chen Propheten nicht so auffsitzen/ und
sie
respectiren/ sondern dem Pfarrer gehor-
chen/ der krafft seines beruffs auff öf-
fentlicher cantzel da stehe.
p. 765. Item:
Die Obrigkeit solte sich vor solchen Pro-
pheten als auffrührern hüten/ und die
Prediger desto lieber haben/ denn die
Wort-prediger wären eben die rechten
Prediger/
p. 771. und 772. und was derglei-
chen mehr ist.

Das.
A. K. H. Dritter Theil. G g 2
auſſerordentlichen dingen von anno 1630. biß 1640.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.

30. Jm folgenden 1648. jahr wird etwas
ſeltzames erzehlet/ ſo zu Guͤſtrau im Mecklen-
burgiſchen geſchehen ſeyn ſoll. Nemlich es ſoll
Eines
kindleins
zu Guͤ-
ſtrau.
daſelbſt in einer kirchen ein nackendes kindlein
gefunden worden ſeyn/ welches der Pfarrer
tauffen wollen/ als er nun bey dem actu die ge-
vattern gefragt/ ob das kindlein ſolte getaufft
werden/ habe das kind ſelbſt uͤberlaut geantwor-
tet: Nein/ ich bin vom Heil. Geiſt ge-
ſandt/ euch zu ermahnen/ daß ihr buſſe
thut.
Und darauff ſey es ihm augenblicklich
Eines
ſchaff hir-
tens.
unter den haͤnden verſchwunden. Wie im an-
gezogenen VI. theils p. 632. zu leſen iſt. Wo-
ſelbſt denn auch von einem ſchaͤffer bey Ham-
burg zu Langenhorn/ namens Hermann Rich-
ter/ berichtet wird/ wie deinſelben Anno 1648.
unverſehens 3. weiſſe ſchoͤne perſonen er-
ſchienen/ die zu ihm geſagt: Gehe hinein
und lege dich/ denn du ſolt 3. tag und
nacht ſtumm ſeyn/ und weder hun-
gern noch duͤrſten.
Dieſes ſey auch wirck-
lich geſchehen/ und nach den 3. tagen habe der
ſchaͤffer wieder geredet/ und geſchrien: Wehe/
wehe/ wehe uͤber die gantze Chriſtenheit/
wo ſie ſich nicht bekehrt.
ꝛc. Man habe auch
deswegen im Mecklenburgiſchen einen ſonderli-
chen bet-tag angeſtellet.

Hans
Keils/

31. Noch in dieſem jahr iſt bey Tuͤbingen
ein wintzer oder weingaͤrtner/ namens Hans Keil
von Gerlingen/ bekant worden/ welcher geſaget/
es waͤre ihm auff dem feld ein Engel erſchienen/
der ihm befohlen/ die leute zur buſſe zu vermah-
nen/ auch zum zeichen alsbald einen wein-reben
blut ſchwitzen laſſen: Nachdem nun ein groſſer
zulauf zu dieſem manne worden/ ſo gar/ daß offt
2. biß 3000. perſonen zu ihm gekommen/ wie
C. Tobias Wagner in ſeiner hievon gehalte-
nen Propheten-predigt (unter den Caſual-
deſſen
hartes
tracta-
ment.
predigten) p. 740. klaget/ haben die Prediger
es dahin gebracht/ daß der mann ins gefaͤngnis
geworffen/ und die von dieſer ſache gedruckten
Relationes confiſciret worden. Da er nun bey
der Inquiſition ſcharff bedrohet worden/ und
nicht allezeit (vermuthlich aus furcht) mit ei-
nerley worten geantwortet: hat man ihn gar
auff dietortur gebracht/ wie D. Joh. Valent. An-
dreæ
in ſeinen Epiſtolis Selenianis pag. 425.
D. Wag-
ners eiffer
dagegen/
hievon ſchreibet. D. Wagner hat darauff die
gedachte Predigt wider ihn oͤffentlich gehalten/
nachdem er von dem obengedachten ſtreit wider
Joh. Warnern gegen ſolche leute am meiſten
erbittert geweſen/ darinnen er dieſen mann als
einen leut-land-und kirchen-betruͤger
beſchreibet/ und zwey argumenta wider ihn an-
fuͤhret: 1. Von nichtigkeit eines unmit-
telbaren beruffs ſeit der Apoſtel zeit biß
auff dieſe ſtunde. 2. Von eitelkeit und
falſchheit des eigenen auſſagens dieſes
Propheten.
Bey dieſen letzten fuͤhret er deſ-
ſen folgende worte als falſch und erlogen an:
Der HErꝛ habe die gantze Chriſtenheit
mit krieg und blutvergieſſen/ hunger/
theuerung und peſtilentz heimgeſucht/
aber kein menſch kehre ſich dran. Sein
Herꝛ JEſus klage uͤber den ſchaͤndlichen
ehebruch und hurerey/ welcheslaſter bey
allen menſchen ſo gemein ſey/ daß es fuͤr
keine ſuͤnde mehr geachtet werde: ja
[Spaltenumbruch] die gantze Chriſtenheit ſtecke aller| un-
Jahr
MDC.
biß
MDCC.

zucht voll/ ſie werdenbald aͤrger als das
dumme vieh/
ꝛc. Und dergleichen klagen uͤber
hoffarth/ ſchinderey/ wucher/ fluchen/ ſpielen
und dergleichen mehr/ welche D. Wagner da-
ſelbſt theils als unnuͤtze und erlogen verwirfft/
theils mit allerhand ausfluͤchten und ſophiſti-
ſchen verdrehungen verſpottet.

32. Allein dieſer mann mag vermuthlich der-weil die
Cleriſey
beſch[aͤ]-
met wor-
den.

gleichen zorn damit hauptſaͤchlich verdienet ha-
ben/ daß er/ wie Wagner p. 556. ſchreibet/ |unter
andern geſagt: Es klage der HErꝛ JEſus
uͤber das Prieſter amt und den groſſen
geitz der Geiſtlichen; wenn ſie ſollen der
gemeine das H. Evangelium auslegen
und predigen/ ſo ſeyen ſie zwar mit dem
leibe auff der cantzel aber mit dem ſinn
im weinkeller oder auff dem kornboden
und auf dem acker/ oder bey dem beutel/
das ſey ein greuel fuͤr dem Herꝛn.
Hier ver-
raͤth D. Wagner ſeinen verdruß mit deutlichen
worten/ und neñet dieſe klage eine real und ver-
bal
ſchaͤndung wider das predig amt von
dieſem ſchand-propheten:
muß aber deñoch
dabey geſtehen/ daß unter den Miniſteriis
ſolche geitzhaͤlſe ſeyen/ welche vor geitz
ihrer Bibel vergeſſen/ ꝛc.
Und um dieſer
und dergleichen zeugniſſe willen haben ihn nun
die Prediger bey der Obrigkeit angegeben/ daß er
endlich als ein betruͤger zur ſtaupen geſchlagen/
und des landes verwieſen worden/ wie Melchi-
or Sylveſter Eckartus in Chriſt. Mor. p.
77 er-
zehlet/ der ihn einen einfaͤltigen menſchen nen-
net/ qui nec arare nec natare doctus. NichtsZeugniſſe
vom blut-
zeichen.

deſto weniger hat der Pfaꝛrer zu Heilbronn M.
Conrad Hiemer hievon eine warnungs-pre-
digt drucken laſſen/ und das oben gedachte blut-
zeichen ſelbſt bekant/ da er p. 23. geſchrieben: Es
bleibet einen weg als denandern dieſes
gewiß/ und wehe/ daß in dem weinberg
daſelbſt das blutſchweiſſen und trieffen
der reben ſich zugetꝛagen hat/ der augen-
ſchein iſt leiter vorhanden. — Gebuͤh-
ret ſich demnach in alle wege/ und iſt ei-
ne hohe nothdurfft/ daß wir das blut-
ſchweiſſen und blut-regnen als ein ſon-
derbares von GOtt geſchicktes zeichen
erkennen und zu hertzen nehmen.
Es ge-
ſtehet auch D. Wagner ſelbſt p. 760. daß der
Pfarrer des orts nebenſt denen Fuͤrſtli-
chen
Commiſſariis wahrhafftig im au-
genſchein befunden habe/ wie 6. abge-
ſchnittene reben blutig geweſen/ und
280. reben mit blut getropffet haben;

gleichwol ſetzet er dagegen/ GOtt beſtaͤtige
die luͤgen-predigt falſcheꝛ Pꝛopheten mit
keinem wunder werck.
Und ferner ziehet er
p. 763. dieſe uſus heraus: Man ſolte ſol-
chen Propheten nicht ſo auffſitzen/ und
ſie
reſpectiren/ ſondeꝛn dem Pfarrer gehoꝛ-
chen/ der krafft ſeines beruffs auff oͤf-
fentlicher cantzel da ſtehe.
p. 765. Item:
Die Obrigkeit ſolte ſich vor ſolchen Pro-
pheten als auffruͤhrern huͤten/ und die
Prediger deſto lieber haben/ denn die
Wort-prediger waͤren eben die rechten
Prediger/
p. 771. und 772. und was derglei-
chen mehr iſt.

Das.
A. K. H. Dritter Theil. G g 2
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[235/0247] auſſerordentlichen dingen von anno 1630. biß 1640. 30. Jm folgenden 1648. jahr wird etwas ſeltzames erzehlet/ ſo zu Guͤſtrau im Mecklen- burgiſchen geſchehen ſeyn ſoll. Nemlich es ſoll daſelbſt in einer kirchen ein nackendes kindlein gefunden worden ſeyn/ welches der Pfarrer tauffen wollen/ als er nun bey dem actu die ge- vattern gefragt/ ob das kindlein ſolte getaufft werden/ habe das kind ſelbſt uͤberlaut geantwor- tet: Nein/ ich bin vom Heil. Geiſt ge- ſandt/ euch zu ermahnen/ daß ihr buſſe thut. Und darauff ſey es ihm augenblicklich unter den haͤnden verſchwunden. Wie im an- gezogenen VI. theils p. 632. zu leſen iſt. Wo- ſelbſt denn auch von einem ſchaͤffer bey Ham- burg zu Langenhorn/ namens Hermann Rich- ter/ berichtet wird/ wie deinſelben Anno 1648. unverſehens 3. weiſſe ſchoͤne perſonen er- ſchienen/ die zu ihm geſagt: Gehe hinein und lege dich/ denn du ſolt 3. tag und nacht ſtumm ſeyn/ und weder hun- gern noch duͤrſten. Dieſes ſey auch wirck- lich geſchehen/ und nach den 3. tagen habe der ſchaͤffer wieder geredet/ und geſchrien: Wehe/ wehe/ wehe uͤber die gantze Chriſtenheit/ wo ſie ſich nicht bekehrt. ꝛc. Man habe auch deswegen im Mecklenburgiſchen einen ſonderli- chen bet-tag angeſtellet. Eines kindleins zu Guͤ- ſtrau. Eines ſchaff hir- tens. 31. Noch in dieſem jahr iſt bey Tuͤbingen ein wintzer oder weingaͤrtner/ namens Hans Keil von Gerlingen/ bekant worden/ welcher geſaget/ es waͤre ihm auff dem feld ein Engel erſchienen/ der ihm befohlen/ die leute zur buſſe zu vermah- nen/ auch zum zeichen alsbald einen wein-reben blut ſchwitzen laſſen: Nachdem nun ein groſſer zulauf zu dieſem manne worden/ ſo gar/ daß offt 2. biß 3000. perſonen zu ihm gekommen/ wie C. Tobias Wagner in ſeiner hievon gehalte- nen Propheten-predigt (unter den Caſual- predigten) p. 740. klaget/ haben die Prediger es dahin gebracht/ daß der mann ins gefaͤngnis geworffen/ und die von dieſer ſache gedruckten Relationes confiſciret worden. Da er nun bey der Inquiſition ſcharff bedrohet worden/ und nicht allezeit (vermuthlich aus furcht) mit ei- nerley worten geantwortet: hat man ihn gar auff dietortur gebracht/ wie D. Joh. Valent. An- dreæ in ſeinen Epiſtolis Selenianis pag. 425. hievon ſchreibet. D. Wagner hat darauff die gedachte Predigt wider ihn oͤffentlich gehalten/ nachdem er von dem obengedachten ſtreit wider Joh. Warnern gegen ſolche leute am meiſten erbittert geweſen/ darinnen er dieſen mann als einen leut-land-und kirchen-betruͤger beſchreibet/ und zwey argumenta wider ihn an- fuͤhret: 1. Von nichtigkeit eines unmit- telbaren beruffs ſeit der Apoſtel zeit biß auff dieſe ſtunde. 2. Von eitelkeit und falſchheit des eigenen auſſagens dieſes Propheten. Bey dieſen letzten fuͤhret er deſ- ſen folgende worte als falſch und erlogen an: Der HErꝛ habe die gantze Chriſtenheit mit krieg und blutvergieſſen/ hunger/ theuerung und peſtilentz heimgeſucht/ aber kein menſch kehre ſich dran. Sein Herꝛ JEſus klage uͤber den ſchaͤndlichen ehebruch und hurerey/ welcheslaſter bey allen menſchen ſo gemein ſey/ daß es fuͤr keine ſuͤnde mehr geachtet werde: ja die gantze Chriſtenheit ſtecke aller| un- zucht voll/ ſie werdenbald aͤrger als das dumme vieh/ ꝛc. Und dergleichen klagen uͤber hoffarth/ ſchinderey/ wucher/ fluchen/ ſpielen und dergleichen mehr/ welche D. Wagner da- ſelbſt theils als unnuͤtze und erlogen verwirfft/ theils mit allerhand ausfluͤchten und ſophiſti- ſchen verdrehungen verſpottet. deſſen hartes tracta- ment. D. Wag- ners eiffer dagegen/ Jahr MDC. biß MDCC. 32. Allein dieſer mann mag vermuthlich der- gleichen zorn damit hauptſaͤchlich verdienet ha- ben/ daß er/ wie Wagner p. 556. ſchreibet/ |unter andern geſagt: Es klage der HErꝛ JEſus uͤber das Prieſter amt und den groſſen geitz der Geiſtlichen; wenn ſie ſollen der gemeine das H. Evangelium auslegen und predigen/ ſo ſeyen ſie zwar mit dem leibe auff der cantzel aber mit dem ſinn im weinkeller oder auff dem kornboden und auf dem acker/ oder bey dem beutel/ das ſey ein greuel fuͤr dem Herꝛn. Hier ver- raͤth D. Wagner ſeinen verdruß mit deutlichen worten/ und neñet dieſe klage eine real und ver- bal ſchaͤndung wider das predig amt von dieſem ſchand-propheten: muß aber deñoch dabey geſtehen/ daß unter den Miniſteriis ſolche geitzhaͤlſe ſeyen/ welche vor geitz ihrer Bibel vergeſſen/ ꝛc. Und um dieſer und dergleichen zeugniſſe willen haben ihn nun die Prediger bey der Obrigkeit angegeben/ daß er endlich als ein betruͤger zur ſtaupen geſchlagen/ und des landes verwieſen worden/ wie Melchi- or Sylveſter Eckartus in Chriſt. Mor. p. 77 er- zehlet/ der ihn einen einfaͤltigen menſchen nen- net/ qui nec arare nec natare doctus. Nichts deſto weniger hat der Pfaꝛrer zu Heilbronn M. Conrad Hiemer hievon eine warnungs-pre- digt drucken laſſen/ und das oben gedachte blut- zeichen ſelbſt bekant/ da er p. 23. geſchrieben: Es bleibet einen weg als denandern dieſes gewiß/ und wehe/ daß in dem weinberg daſelbſt das blutſchweiſſen und trieffen der reben ſich zugetꝛagen hat/ der augen- ſchein iſt leiter vorhanden. — Gebuͤh- ret ſich demnach in alle wege/ und iſt ei- ne hohe nothdurfft/ daß wir das blut- ſchweiſſen und blut-regnen als ein ſon- derbares von GOtt geſchicktes zeichen erkennen und zu hertzen nehmen. Es ge- ſtehet auch D. Wagner ſelbſt p. 760. daß der Pfarrer des orts nebenſt denen Fuͤrſtli- chen Commiſſariis wahrhafftig im au- genſchein befunden habe/ wie 6. abge- ſchnittene reben blutig geweſen/ und 280. reben mit blut getropffet haben; gleichwol ſetzet er dagegen/ GOtt beſtaͤtige die luͤgen-predigt falſcheꝛ Pꝛopheten mit keinem wunder werck. Und ferner ziehet er p. 763. dieſe uſus heraus: Man ſolte ſol- chen Propheten nicht ſo auffſitzen/ und ſie reſpectiren/ ſondeꝛn dem Pfarrer gehoꝛ- chen/ der krafft ſeines beruffs auff oͤf- fentlicher cantzel da ſtehe. p. 765. Item: Die Obrigkeit ſolte ſich vor ſolchen Pro- pheten als auffruͤhrern huͤten/ und die Prediger deſto lieber haben/ denn die Wort-prediger waͤren eben die rechten Prediger/ p. 771. und 772. und was derglei- chen mehr iſt. weil die Cleriſey beſchaͤ- met wor- den. Zeugniſſe vom blut- zeichen. Das. A. K. H. Dritter Theil. G g 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/247>, abgerufen am 22.12.2024.