Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

ADDITAMENTA
[Spaltenumbruch] ben grossen Danck vor die Erinnerung/ die
neulich mir durch einen Studenten (Schü-
ler
) zugeschicket worden/ vor deren Edition ich
nach dessen Wunsch will besorget seyn. Er
lebe wohl!

Eigene Auslegung des Autoris.
Mercke wohl!

Bald nach diesem Gesichte trug sichs zu/
daß König Ferdinandus, da er beschlossen hat-
te zu Dreßden/ nach Jüterbock zu reisen/ und
das Interim ins gantze Teutsche Land einzu-
dringen/ und hörete/ daß daselbst zu Jüterbock
die grausame Pestilentz regierete/ brach er auff
unter der Mahlzeit/ und flohe davon/ als hätte
ihn sammt den andern Fürsten/ so allda bey
einander waren/ höllisches Feuer und alle Teuf-
fel gejaget. Dencke und überdencke dieses
wohl!

[Spaltenumbruch]
Erinnerung
zum Beschluß.

Aus dieser Auslegung siehet man wohl/ wie
der Verfasser gegenwärtiger Vision dieselbe
auff die damahligen Zeiten gedeutet; und mag
wohl seyn/ daß selbige nach ihrer Masse solcher
gestalt erfüllet worden. Allein es ist vielmehr
zu glauben/ daß deren völligere Erfüllung sich
noch weiter erstrecke: und wo solches Gesicht
bißher noch nie öffentlich durch den Druck ans
Licht kommen; so ists gewiß eine verborgene
Hand GOttes darunter zu erkennen/ daß es
nach anderthalbhundert-jähriger Verbergung
eben biß auff diese unsere Zeit hat müssen ge-
spaaret seyn/ da sich nun eine weit-ähnlichere
Erfüllung zeiget; und ist vielleicht dem Auto-
ri
ebendeßwegen das Gesicht zu schreiben befoh-
len worden/ damit es der posterität vorbehal-
ten/ und zu rechter Zeit ans Tages-Licht ge-
bracht würde.

Dritte Zusatz.
Sonderbare Judicia von David Joris,

(dessen letzte Reden mit ein gerücket sind)
Hiels Schrifften und Jacob Böhmen.
[Spaltenumbruch]

ES ist mir gleich ietzo/ da diese Additamen-
ta
zum Druck gelieffert werden sollen/ ein
Manuscriptum zu Handen kommen/ worinne ei-
nige sonderbare Judicia von Mystischen Scri-
benten an iemanden auffgezeichnet stehen. Und
weiln dieselbe allerdings so beschaffen sind/ daß
sie in einer unpartheyischen Ketzer-Historie gar
füglich stehen können: so habe ich nur diese 3
Haupt-Loca daraus excerpiren wollen/ die
übrigen aber auff eine andere Gelegenheit ver-
sparen. Von dem Autore aber kan man nur
so viel zur Nachricht mit Grund versichern/
daß es ein sehr berühmter und in Schrifften
bey der gantzen gelehrten Welt wohl renom-
mir
ter Theologus und Philosophus sey: dessen
Nahmen aber man billich verschweiget/ damit
man die ungütigen Ketzermacher demselben/
weil er noch am Leben ist/ nicht etwa auff den
Hals/ und also eine so üble Belohnung vor ge-
habte Mühe zu wege bringe.

Jch will aber in meliorem fidem von der er-
sten Person des Autoris eigene und zwar Fran-
zösische Worte/ die übrigen wegen der Kürtze
nur verteutscht beyfügen. Doch ehe ich solches
thue/ muß ich noch zuvor eine andere kurtze
Schrifft mit einrücken/ welche die letzten Wor-
te dieses Mannes D. Joris vor Augen leget/ wie
ich solche in einem MSto in Holländischer Spra-
che gefunden/ woraus ich sie Hochteutsch über-
setzen will.

Die Relation lautet also:
Ausgesprochene gottselige Reden/ welche
D. Joris auf seinem Tod-Bette mit grossem
Rummer vorgebracht/ und die Seinen
dadurch gewarnet hat/ von einigen
schrifftlich auffgezeichnet zum
Trost der Gläubigen.

MEine liebe Kinder/ ich muß euch nun den
inwendigen Grund meines Hertzens frey
[Spaltenumbruch] heraus sagen. Sehet/ ich befinde mich so nich-
tig klein und niedrig/ als das allerkleinste
Würmgen auff Erden/ ja ich halte mich noch
viel kleiner/ und habe auch die Tage meines Le-
bens/ seit dem ich die Erkäntniß gehabt/ mich
also klein unter der unvermögenden Hand
GOttes also befunden.

Es ist wahr/ ich habe wohl grosse und hohe
Dinge geredet und geschrieben/ aber mit was
vor Hertze und in welcher Art/ ist dem HErren
bekandt. Und wenn mich iemand in der War-
heit wolte unter drucken/ mich um der empfan-
genen Erkäntniß willen darinne zu verachten
oder zu verkleinern; so empfunde ich auch sol-
che Nothwendigkeit zum Rhum meines Got-
tes/ daß ichs nicht groß genug machen konte/
denn ich konte es nicht leiden daß meines Got-
tes Ehre verringert werden solte. Aber wenn
es meine Menschheit angienge/ da gab ich mich
gantz darunter/ als ich nun auch ferner thun
will.

Gedencket an die Lehre/ so werdet ihr finden/
daß es der Geist des HErren ist/ der da geredet
hat. Und wenn ihr auch alle Schrifften von
Adams Fall her auswendig wüstet/ und was
geschehen wäre/ so halte ich nicht davor/ daß es
euch helffen/ oder Gottseligkeit geben werde/
wo ihr keinen Gehorsam und Niedrigkeit in
euren Hertzen liebet/ oder Gottesfurcht erlan-
get habt. Mein Hertze ist mit dem Werck des
Glaubens eingenommen.

Ach lieben Kinder/ das Gesichte des Auges
wird mit einem so kleinem Pünctlein ausge-
strecket/ daß mans nicht glauben kan. Eben
also wird auch der innere Mensch GOttes von
Satans geschwinder List gesucht/ daß er ihn
unterdrücke und tödte.

O ihr Freunde und Verwandten/ haltet ihr
nicht hertzlich zusammen/ nemlich daß ihr der

Auff-

ADDITAMENTA
[Spaltenumbruch] ben groſſen Danck vor die Erinnerung/ die
neulich mir durch einen Studenten (Schuͤ-
ler
) zugeſchicket worden/ vor deren Edition ich
nach deſſen Wunſch will beſorget ſeyn. Er
lebe wohl!

Eigene Auslegung des Autoris.
Mercke wohl!

Bald nach dieſem Geſichte trug ſichs zu/
daß Koͤnig Ferdinandus, da er beſchloſſen hat-
te zu Dreßden/ nach Juͤterbock zu reiſen/ und
das Interim ins gantze Teutſche Land einzu-
dringen/ und hoͤrete/ daß daſelbſt zu Juͤterbock
die grauſame Peſtilentz regierete/ brach er auff
unter der Mahlzeit/ und flohe davon/ als haͤtte
ihn ſammt den andern Fuͤrſten/ ſo allda bey
einander waren/ hoͤlliſches Feuer und alle Teuf-
fel gejaget. Dencke und uͤberdencke dieſes
wohl!

[Spaltenumbruch]
Erinnerung
zum Beſchluß.

Aus dieſer Auslegung ſiehet man wohl/ wie
der Verfaſſer gegenwaͤrtiger Viſion dieſelbe
auff die damahligen Zeiten gedeutet; und mag
wohl ſeyn/ daß ſelbige nach ihrer Maſſe ſolcher
geſtalt erfuͤllet worden. Allein es iſt vielmehr
zu glauben/ daß deren voͤlligere Erfuͤllung ſich
noch weiter erſtrecke: und wo ſolches Geſicht
bißher noch nie oͤffentlich durch den Druck ans
Licht kommen; ſo iſts gewiß eine verborgene
Hand GOttes darunter zu erkennen/ daß es
nach anderthalbhundert-jaͤhriger Verbergung
eben biß auff dieſe unſere Zeit hat muͤſſen ge-
ſpaaret ſeyn/ da ſich nun eine weit-aͤhnlichere
Erfuͤllung zeiget; und iſt vielleicht dem Auto-
ri
ebendeßwegen das Geſicht zu ſchreiben befoh-
len worden/ damit es der poſteritaͤt vorbehal-
ten/ und zu rechter Zeit ans Tages-Licht ge-
bracht wuͤrde.

Dritte Zuſatz.
Sonderbare Judicia von David Joris,

(deſſen letzte Reden mit ein geruͤcket ſind)
Hiels Schrifften und Jacob Boͤhmen.
[Spaltenumbruch]

ES iſt mir gleich ietzo/ da dieſe Additamen-
ta
zum Druck gelieffert werden ſollen/ ein
Manuſcriptum zu Handen kommen/ worinne ei-
nige ſonderbare Judicia von Myſtiſchen Scri-
benten an iemanden auffgezeichnet ſtehen. Und
weiln dieſelbe allerdings ſo beſchaffen ſind/ daß
ſie in einer unpartheyiſchen Ketzer-Hiſtorie gar
fuͤglich ſtehen koͤnnen: ſo habe ich nur dieſe 3
Haupt-Loca daraus excerpiren wollen/ die
uͤbrigen aber auff eine andere Gelegenheit ver-
ſparen. Von dem Autore aber kan man nur
ſo viel zur Nachricht mit Grund verſichern/
daß es ein ſehr beruͤhmter und in Schrifften
bey der gantzen gelehrten Welt wohl renom-
mir
ter Theologus und Philoſophus ſey: deſſen
Nahmen aber man billich verſchweiget/ damit
man die unguͤtigen Ketzermacher demſelben/
weil er noch am Leben iſt/ nicht etwa auff den
Hals/ und alſo eine ſo uͤble Belohnung vor ge-
habte Muͤhe zu wege bringe.

Jch will aber in meliorem fidem von der er-
ſten Perſon des Autoris eigene und zwar Fran-
zoͤſiſche Worte/ die uͤbrigen wegen der Kuͤrtze
nur verteutſcht beyfuͤgen. Doch ehe ich ſolches
thue/ muß ich noch zuvor eine andere kurtze
Schrifft mit einruͤcken/ welche die letzten Wor-
te dieſes Mannes D. Joris vor Augen leget/ wie
ich ſolche in einem MSto in Hollaͤndiſcher Spꝛa-
che gefunden/ woraus ich ſie Hochteutſch uͤber-
ſetzen will.

Die Relation lautet alſo:
Ausgeſprochene gottſelige Reden/ welche
D. Joris auf ſeinem Tod-Bette mit gꝛoſſem
Rummer vorgebracht/ und die Seinen
dadurch gewarnet hat/ von einigen
ſchrifftlich auffgezeichnet zum
Troſt der Glaͤubigen.

MEine liebe Kinder/ ich muß euch nun den
inwendigen Grund meines Hertzens frey
[Spaltenumbruch] heraus ſagen. Sehet/ ich befinde mich ſo nich-
tig klein und niedrig/ als das allerkleinſte
Wuͤrmgen auff Erden/ ja ich halte mich noch
viel kleiner/ und habe auch die Tage meines Le-
bens/ ſeit dem ich die Erkaͤntniß gehabt/ mich
alſo klein unter der unvermoͤgenden Hand
GOttes alſo befunden.

Es iſt wahr/ ich habe wohl groſſe und hohe
Dinge geredet und geſchrieben/ aber mit was
vor Hertze und in welcher Art/ iſt dem HErren
bekandt. Und wenn mich iemand in der War-
heit wolte unter drucken/ mich um der empfan-
genen Erkaͤntniß willen darinne zu verachten
oder zu verkleinern; ſo empfunde ich auch ſol-
che Nothwendigkeit zum Rhum meines Got-
tes/ daß ichs nicht groß genug machen konte/
denn ich konte es nicht leiden daß meines Got-
tes Ehre verringert werden ſolte. Aber wenn
es meine Menſchheit angienge/ da gab ich mich
gantz darunter/ als ich nun auch ferner thun
will.

Gedencket an die Lehre/ ſo werdet ihr finden/
daß es der Geiſt des HErren iſt/ der da geredet
hat. Und wenn ihr auch alle Schrifften von
Adams Fall her auswendig wuͤſtet/ und was
geſchehen waͤre/ ſo halte ich nicht davor/ daß es
euch helffen/ oder Gottſeligkeit geben werde/
wo ihr keinen Gehorſam und Niedrigkeit in
euren Hertzen liebet/ oder Gottesfurcht erlan-
get habt. Mein Hertze iſt mit dem Werck des
Glaubens eingenommen.

Ach lieben Kinder/ das Geſichte des Auges
wird mit einem ſo kleinem Puͤnctlein ausge-
ſtrecket/ daß mans nicht glauben kan. Eben
alſo wird auch der innere Menſch GOttes von
Satans geſchwinder Liſt geſucht/ daß er ihn
unterdruͤcke und toͤdte.

O ihr Freunde und Verwandten/ haltet ihr
nicht hertzlich zuſammen/ nemlich daß ihr der

Auff-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f1162" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ADDITAMENTA</hi></hi></fw><lb/><cb/>
ben gro&#x017F;&#x017F;en Danck vor die Erinnerung/ die<lb/>
neulich mir durch einen Studenten (<hi rendition="#fr">Schu&#x0364;-<lb/>
ler</hi>) zuge&#x017F;chicket worden/ vor deren <hi rendition="#aq">Edition</hi> ich<lb/>
nach de&#x017F;&#x017F;en Wun&#x017F;ch will be&#x017F;orget &#x017F;eyn. Er<lb/>
lebe wohl!</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#b">Eigene Auslegung des</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Autoris</hi></hi>.</hi><lb/>
Mercke wohl!</head><lb/>
              <p>Bald nach die&#x017F;em Ge&#x017F;ichte trug &#x017F;ichs zu/<lb/>
daß Ko&#x0364;nig <hi rendition="#aq">Ferdinandus,</hi> da er be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hat-<lb/>
te zu Dreßden/ nach Ju&#x0364;terbock zu rei&#x017F;en/ und<lb/>
das <hi rendition="#aq">Interim</hi> ins gantze Teut&#x017F;che Land einzu-<lb/>
dringen/ und ho&#x0364;rete/ daß da&#x017F;elb&#x017F;t zu Ju&#x0364;terbock<lb/>
die grau&#x017F;ame Pe&#x017F;tilentz regierete/ brach er auff<lb/>
unter der Mahlzeit/ und flohe davon/ als ha&#x0364;tte<lb/>
ihn &#x017F;ammt den andern Fu&#x0364;r&#x017F;ten/ &#x017F;o allda bey<lb/>
einander waren/ ho&#x0364;lli&#x017F;ches Feuer und alle Teuf-<lb/>
fel gejaget. Dencke und u&#x0364;berdencke die&#x017F;es<lb/>
wohl!</p><lb/>
              <cb/>
            </div>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Erinnerung<lb/>
zum Be&#x017F;chluß.</hi> </head><lb/>
              <p>Aus die&#x017F;er Auslegung &#x017F;iehet man wohl/ wie<lb/>
der Verfa&#x017F;&#x017F;er gegenwa&#x0364;rtiger <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;ion</hi> die&#x017F;elbe<lb/>
auff die damahligen Zeiten gedeutet; und mag<lb/>
wohl &#x017F;eyn/ daß &#x017F;elbige nach ihrer Ma&#x017F;&#x017F;e &#x017F;olcher<lb/>
ge&#x017F;talt erfu&#x0364;llet worden. Allein es i&#x017F;t vielmehr<lb/>
zu glauben/ daß deren vo&#x0364;lligere Erfu&#x0364;llung &#x017F;ich<lb/>
noch weiter er&#x017F;trecke: und wo &#x017F;olches Ge&#x017F;icht<lb/>
bißher noch nie o&#x0364;ffentlich durch den Druck ans<lb/>
Licht kommen; &#x017F;o i&#x017F;ts gewiß eine verborgene<lb/>
Hand GOttes darunter zu erkennen/ daß es<lb/>
nach anderthalbhundert-ja&#x0364;hriger Verbergung<lb/>
eben biß auff die&#x017F;e un&#x017F;ere Zeit hat mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ge-<lb/>
&#x017F;paaret &#x017F;eyn/ da &#x017F;ich nun eine weit-a&#x0364;hnlichere<lb/>
Erfu&#x0364;llung zeiget; und i&#x017F;t vielleicht dem <hi rendition="#aq">Auto-<lb/>
ri</hi> ebendeßwegen das Ge&#x017F;icht zu &#x017F;chreiben befoh-<lb/>
len worden/ damit es der <hi rendition="#aq">po&#x017F;teri</hi>ta&#x0364;t vorbehal-<lb/>
ten/ und zu rechter Zeit ans Tages-Licht ge-<lb/>
bracht wu&#x0364;rde.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#b">Dritte Zu&#x017F;atz.<lb/>
Sonderbare <hi rendition="#aq">Judicia</hi> von <hi rendition="#aq">David Joris,</hi></hi><lb/>
(de&#x017F;&#x017F;en letzte Reden mit ein geru&#x0364;cket &#x017F;ind)<lb/><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Hiels</hi> Schrifften und <hi rendition="#aq">Jacob</hi> Bo&#x0364;hmen.</hi></head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t mir gleich ietzo/ da die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Additamen-<lb/>
ta</hi> zum Druck gelieffert werden &#x017F;ollen/ ein<lb/><hi rendition="#aq">Manu&#x017F;criptum</hi> zu Handen kommen/ worinne ei-<lb/>
nige &#x017F;onderbare <hi rendition="#aq">Judicia</hi> von <hi rendition="#aq">My&#x017F;ti</hi>&#x017F;chen Scri-<lb/>
benten an iemanden auffgezeichnet &#x017F;tehen. Und<lb/>
weiln die&#x017F;elbe allerdings &#x017F;o be&#x017F;chaffen &#x017F;ind/ daß<lb/>
&#x017F;ie in einer unpartheyi&#x017F;chen Ketzer-Hi&#x017F;torie gar<lb/>
fu&#x0364;glich &#x017F;tehen ko&#x0364;nnen: &#x017F;o habe ich nur die&#x017F;e 3<lb/>
Haupt-<hi rendition="#aq">Loca</hi> daraus <hi rendition="#aq">excerpi</hi>ren wollen/ die<lb/>
u&#x0364;brigen aber auff eine andere Gelegenheit ver-<lb/>
&#x017F;paren. Von dem <hi rendition="#aq">Autore</hi> aber kan man nur<lb/>
&#x017F;o viel zur Nachricht mit Grund ver&#x017F;ichern/<lb/>
daß es ein &#x017F;ehr beru&#x0364;hmter und in Schrifften<lb/>
bey der gantzen gelehrten Welt wohl <hi rendition="#aq">renom-<lb/>
mir</hi>ter <hi rendition="#aq">Theologus</hi> und <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophus</hi> &#x017F;ey: de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Nahmen aber man billich ver&#x017F;chweiget/ damit<lb/>
man die ungu&#x0364;tigen Ketzermacher dem&#x017F;elben/<lb/>
weil er noch am Leben i&#x017F;t/ nicht etwa auff den<lb/>
Hals/ und al&#x017F;o eine &#x017F;o u&#x0364;ble Belohnung vor ge-<lb/>
habte Mu&#x0364;he zu wege bringe.</p><lb/>
            <p>Jch will aber <hi rendition="#aq">in meliorem fidem</hi> von der er-<lb/>
&#x017F;ten Per&#x017F;on des <hi rendition="#aq">Autoris</hi> eigene und zwar Fran-<lb/>
zo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che Worte/ die u&#x0364;brigen wegen der Ku&#x0364;rtze<lb/>
nur verteut&#x017F;cht beyfu&#x0364;gen. Doch ehe ich &#x017F;olches<lb/>
thue/ muß ich noch zuvor eine andere kurtze<lb/>
Schrifft mit einru&#x0364;cken/ welche die letzten Wor-<lb/>
te die&#x017F;es Mannes <hi rendition="#aq">D. Joris</hi> vor Augen leget/ wie<lb/>
ich &#x017F;olche in einem <hi rendition="#aq">MSto</hi> in Holla&#x0364;ndi&#x017F;cher Sp&#xA75B;a-<lb/>
che gefunden/ woraus ich &#x017F;ie Hochteut&#x017F;ch u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;etzen will.</p><lb/>
            <p> <hi rendition="#c">Die <hi rendition="#aq">Relation</hi> lautet al&#x017F;o:<lb/><hi rendition="#fr">Ausge&#x017F;prochene gott&#x017F;elige Reden/ welche</hi><lb/><hi rendition="#aq">D. Joris</hi> <hi rendition="#fr">auf &#x017F;einem Tod-Bette mit g&#xA75B;o&#x017F;&#x017F;em<lb/>
Rummer vorgebracht/ und die Seinen<lb/>
dadurch gewarnet hat/ von einigen<lb/>
&#x017F;chrifftlich auffgezeichnet zum<lb/>
Tro&#x017F;t der Gla&#x0364;ubigen.</hi></hi> </p><lb/>
            <p><hi rendition="#in">M</hi>Eine liebe Kinder/ ich muß euch nun den<lb/>
inwendigen Grund meines Hertzens frey<lb/><cb/>
heraus &#x017F;agen. Sehet/ ich befinde mich &#x017F;o nich-<lb/>
tig klein und niedrig/ als das allerklein&#x017F;te<lb/>
Wu&#x0364;rmgen auff Erden/ ja ich halte mich noch<lb/>
viel kleiner/ und habe auch die Tage meines Le-<lb/>
bens/ &#x017F;eit dem ich die Erka&#x0364;ntniß gehabt/ mich<lb/>
al&#x017F;o klein unter der unvermo&#x0364;genden Hand<lb/>
GOttes al&#x017F;o befunden.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t wahr/ ich habe wohl gro&#x017F;&#x017F;e und hohe<lb/>
Dinge geredet und ge&#x017F;chrieben/ aber mit was<lb/>
vor Hertze und in welcher Art/ i&#x017F;t dem HErren<lb/>
bekandt. Und wenn mich iemand in der War-<lb/>
heit wolte unter drucken/ mich um der empfan-<lb/>
genen Erka&#x0364;ntniß willen darinne zu verachten<lb/>
oder zu verkleinern; &#x017F;o empfunde ich auch &#x017F;ol-<lb/>
che Nothwendigkeit zum Rhum meines Got-<lb/>
tes/ daß ichs nicht groß genug machen konte/<lb/>
denn ich konte es nicht leiden daß meines Got-<lb/>
tes Ehre verringert werden &#x017F;olte. Aber wenn<lb/>
es meine Men&#x017F;chheit angienge/ da gab ich mich<lb/>
gantz darunter/ als ich nun auch ferner thun<lb/>
will.</p><lb/>
            <p>Gedencket an die Lehre/ &#x017F;o werdet ihr finden/<lb/>
daß es der Gei&#x017F;t des HErren i&#x017F;t/ der da geredet<lb/>
hat. Und wenn ihr auch alle Schrifften von<lb/>
Adams Fall her auswendig wu&#x0364;&#x017F;tet/ und was<lb/>
ge&#x017F;chehen wa&#x0364;re/ &#x017F;o halte ich nicht davor/ daß es<lb/>
euch helffen/ oder Gott&#x017F;eligkeit geben werde/<lb/>
wo ihr keinen Gehor&#x017F;am und Niedrigkeit in<lb/>
euren Hertzen liebet/ oder Gottesfurcht erlan-<lb/>
get habt. Mein Hertze i&#x017F;t mit dem Werck des<lb/>
Glaubens eingenommen.</p><lb/>
            <p>Ach lieben Kinder/ das Ge&#x017F;ichte des Auges<lb/>
wird mit einem &#x017F;o kleinem Pu&#x0364;nctlein ausge-<lb/>
&#x017F;trecket/ daß mans nicht glauben kan. Eben<lb/>
al&#x017F;o wird auch der innere Men&#x017F;ch GOttes von<lb/>
Satans ge&#x017F;chwinder Li&#x017F;t ge&#x017F;ucht/ daß er ihn<lb/>
unterdru&#x0364;cke und to&#x0364;dte.</p><lb/>
            <p>O ihr Freunde und Verwandten/ haltet ihr<lb/>
nicht hertzlich zu&#x017F;ammen/ nemlich daß ihr der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Auff-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/1162] ADDITAMENTA ben groſſen Danck vor die Erinnerung/ die neulich mir durch einen Studenten (Schuͤ- ler) zugeſchicket worden/ vor deren Edition ich nach deſſen Wunſch will beſorget ſeyn. Er lebe wohl! Eigene Auslegung des Autoris. Mercke wohl! Bald nach dieſem Geſichte trug ſichs zu/ daß Koͤnig Ferdinandus, da er beſchloſſen hat- te zu Dreßden/ nach Juͤterbock zu reiſen/ und das Interim ins gantze Teutſche Land einzu- dringen/ und hoͤrete/ daß daſelbſt zu Juͤterbock die grauſame Peſtilentz regierete/ brach er auff unter der Mahlzeit/ und flohe davon/ als haͤtte ihn ſammt den andern Fuͤrſten/ ſo allda bey einander waren/ hoͤlliſches Feuer und alle Teuf- fel gejaget. Dencke und uͤberdencke dieſes wohl! Erinnerung zum Beſchluß. Aus dieſer Auslegung ſiehet man wohl/ wie der Verfaſſer gegenwaͤrtiger Viſion dieſelbe auff die damahligen Zeiten gedeutet; und mag wohl ſeyn/ daß ſelbige nach ihrer Maſſe ſolcher geſtalt erfuͤllet worden. Allein es iſt vielmehr zu glauben/ daß deren voͤlligere Erfuͤllung ſich noch weiter erſtrecke: und wo ſolches Geſicht bißher noch nie oͤffentlich durch den Druck ans Licht kommen; ſo iſts gewiß eine verborgene Hand GOttes darunter zu erkennen/ daß es nach anderthalbhundert-jaͤhriger Verbergung eben biß auff dieſe unſere Zeit hat muͤſſen ge- ſpaaret ſeyn/ da ſich nun eine weit-aͤhnlichere Erfuͤllung zeiget; und iſt vielleicht dem Auto- ri ebendeßwegen das Geſicht zu ſchreiben befoh- len worden/ damit es der poſteritaͤt vorbehal- ten/ und zu rechter Zeit ans Tages-Licht ge- bracht wuͤrde. Dritte Zuſatz. Sonderbare Judicia von David Joris, (deſſen letzte Reden mit ein geruͤcket ſind) Hiels Schrifften und Jacob Boͤhmen. ES iſt mir gleich ietzo/ da dieſe Additamen- ta zum Druck gelieffert werden ſollen/ ein Manuſcriptum zu Handen kommen/ worinne ei- nige ſonderbare Judicia von Myſtiſchen Scri- benten an iemanden auffgezeichnet ſtehen. Und weiln dieſelbe allerdings ſo beſchaffen ſind/ daß ſie in einer unpartheyiſchen Ketzer-Hiſtorie gar fuͤglich ſtehen koͤnnen: ſo habe ich nur dieſe 3 Haupt-Loca daraus excerpiren wollen/ die uͤbrigen aber auff eine andere Gelegenheit ver- ſparen. Von dem Autore aber kan man nur ſo viel zur Nachricht mit Grund verſichern/ daß es ein ſehr beruͤhmter und in Schrifften bey der gantzen gelehrten Welt wohl renom- mirter Theologus und Philoſophus ſey: deſſen Nahmen aber man billich verſchweiget/ damit man die unguͤtigen Ketzermacher demſelben/ weil er noch am Leben iſt/ nicht etwa auff den Hals/ und alſo eine ſo uͤble Belohnung vor ge- habte Muͤhe zu wege bringe. Jch will aber in meliorem fidem von der er- ſten Perſon des Autoris eigene und zwar Fran- zoͤſiſche Worte/ die uͤbrigen wegen der Kuͤrtze nur verteutſcht beyfuͤgen. Doch ehe ich ſolches thue/ muß ich noch zuvor eine andere kurtze Schrifft mit einruͤcken/ welche die letzten Wor- te dieſes Mannes D. Joris vor Augen leget/ wie ich ſolche in einem MSto in Hollaͤndiſcher Spꝛa- che gefunden/ woraus ich ſie Hochteutſch uͤber- ſetzen will. Die Relation lautet alſo: Ausgeſprochene gottſelige Reden/ welche D. Joris auf ſeinem Tod-Bette mit gꝛoſſem Rummer vorgebracht/ und die Seinen dadurch gewarnet hat/ von einigen ſchrifftlich auffgezeichnet zum Troſt der Glaͤubigen. MEine liebe Kinder/ ich muß euch nun den inwendigen Grund meines Hertzens frey heraus ſagen. Sehet/ ich befinde mich ſo nich- tig klein und niedrig/ als das allerkleinſte Wuͤrmgen auff Erden/ ja ich halte mich noch viel kleiner/ und habe auch die Tage meines Le- bens/ ſeit dem ich die Erkaͤntniß gehabt/ mich alſo klein unter der unvermoͤgenden Hand GOttes alſo befunden. Es iſt wahr/ ich habe wohl groſſe und hohe Dinge geredet und geſchrieben/ aber mit was vor Hertze und in welcher Art/ iſt dem HErren bekandt. Und wenn mich iemand in der War- heit wolte unter drucken/ mich um der empfan- genen Erkaͤntniß willen darinne zu verachten oder zu verkleinern; ſo empfunde ich auch ſol- che Nothwendigkeit zum Rhum meines Got- tes/ daß ichs nicht groß genug machen konte/ denn ich konte es nicht leiden daß meines Got- tes Ehre verringert werden ſolte. Aber wenn es meine Menſchheit angienge/ da gab ich mich gantz darunter/ als ich nun auch ferner thun will. Gedencket an die Lehre/ ſo werdet ihr finden/ daß es der Geiſt des HErren iſt/ der da geredet hat. Und wenn ihr auch alle Schrifften von Adams Fall her auswendig wuͤſtet/ und was geſchehen waͤre/ ſo halte ich nicht davor/ daß es euch helffen/ oder Gottſeligkeit geben werde/ wo ihr keinen Gehorſam und Niedrigkeit in euren Hertzen liebet/ oder Gottesfurcht erlan- get habt. Mein Hertze iſt mit dem Werck des Glaubens eingenommen. Ach lieben Kinder/ das Geſichte des Auges wird mit einem ſo kleinem Puͤnctlein ausge- ſtrecket/ daß mans nicht glauben kan. Eben alſo wird auch der innere Menſch GOttes von Satans geſchwinder Liſt geſucht/ daß er ihn unterdruͤcke und toͤdte. O ihr Freunde und Verwandten/ haltet ihr nicht hertzlich zuſammen/ nemlich daß ihr der Auff-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1162
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/1162>, abgerufen am 22.12.2024.