Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

scheinbahrere sache wieder die andern finden können und
mögen/ als von ihrem Gottesdienst.

9. Es ist aber offenbahr und klugen leuten aus den histori-
en längst bekant/ daß bald nach dem anfang der spaltung und
trennung von der Römischen kirche viel Lehrer sich eben wie zu
Constantini zeiten die verfallende Christen in denen Heidni-
schen/ also jene in denen Päbstischen kirchen/ in possession und
und also fest gesetzet/ dabey aber die wenigsten mißbräuche ab-
geschafft/ und noch dazu neue unzulängliche formen/ kirchen-
gebräuche und Ceremonien gemacht/ und daran jederman
verbinden und zwingen wollen. Und weil alsbald ihrer viele
der Römschen Clerisey ihre staats-streiche/ sonderlich die/ ob
wol zuweilen verdeckte/ doch meist ziemlich offenbahre herr-
schafft über die Obrigkeit abgelernet: ist es ihnen durch die prae-
scription
und lange gewohnheit dermassen gelungen/ daß der ge-
meine kirchen-dienst vor unumgänglich nöthig/ und selig ma-
chend geachtet worden/ und folglich von keinem menschen ohne
verfolgung verlassen werden dörffen.

10. Daraus ist erfolget/ daß nicht nur das unwissende ro-
he volck seinen gantzen himmel auff die kirchen und die darin-
nen von D. Heinrich Müllern benennte 4. hauptgötzen/
beichtstuhl/ altar/ tauffstein und kantzel
gebauet/ auch die/ so
nur im geringsten anders geredet oder gethan/ als Atheisten/ Ke-
tzer und Heiden angesehen und tractiret hat. Sondern es haben
sich auch Fürsten und Herren offt zu verfolgung und verjagung
solcher leute durch die Clerisey bereden lassen/ und zwar unter
der beysorge/ das kirchen-regiment sey mit dem staat so genau
verbunden/ daß dieser ohne jenes nicht bestehen/ und folglich
durch die genommene gewissens-freyheit im kirchen-wesenal-
le/ auch weltliche ordnung untergehen dürffte.

11. Hiezu ist noch dieses kommen/ daß wenn bey man-

chem
B

ſcheinbahrere ſache wieder die andern finden koͤnnen und
moͤgen/ als von ihrem Gottesdienſt.

9. Es iſt aber offenbahr und klugen leuten aus den hiſtori-
en laͤngſt bekant/ daß bald nach dem anfang der ſpaltung und
trennung von der Roͤmiſchen kirche viel Lehrer ſich eben wie zu
Conſtantini zeiten die verfallende Chriſten in denen Heidni-
ſchen/ alſo jene in denen Paͤbſtiſchen kirchen/ in poſſeſſion und
und alſo feſt geſetzet/ dabey aber die wenigſten mißbraͤuche ab-
geſchafft/ und noch dazu neue unzulaͤngliche formen/ kirchen-
gebraͤuche und Ceremonien gemacht/ und daran jederman
verbinden und zwingen wollen. Und weil alsbald ihrer viele
der Roͤmſchen Cleriſey ihre ſtaats-ſtreiche/ ſonderlich die/ ob
wol zuweilen verdeckte/ doch meiſt ziemlich offenbahre herꝛ-
ſchafft uͤber die Obrigkeit abgelernet: iſt es ihnen durch die præ-
ſcription
und lange gewohnheit dermaſſen gelungen/ daß der ge-
meine kirchen-dienſt vor unumgaͤnglich noͤthig/ und ſelig ma-
chend geachtet worden/ und folglich von keinem menſchen ohne
verfolgung verlaſſen werden doͤrffen.

10. Daraus iſt erfolget/ daß nicht nur das unwiſſende ro-
he volck ſeinen gantzen himmel auff die kirchen und die darin-
nen von D. Heinrich Muͤllern benennte 4. hauptgoͤtzen/
beichtſtuhl/ altar/ tauffſtein und kantzel
gebauet/ auch die/ ſo
nur im geringſten anders geredet oder gethan/ als Atheiſten/ Ke-
tzer und Heiden angeſehen und tractiret hat. Sondern es haben
ſich auch Fuͤrſten und Herren offt zu verfolgung und verjagung
ſolcher leute durch die Cleriſey bereden laſſen/ und zwar unter
der beyſorge/ das kirchen-regiment ſey mit dem ſtaat ſo genau
verbunden/ daß dieſer ohne jenes nicht beſtehen/ und folglich
durch die genommene gewiſſens-freyheit im kirchen-weſenal-
le/ auch weltliche ordnung untergehen duͤrffte.

11. Hiezu iſt noch dieſes kommen/ daß wenn bey man-

chem
B
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0010" n="9"/><hi rendition="#fr">&#x017F;cheinbahrere &#x017F;ache wieder die andern finden ko&#x0364;nnen und</hi><lb/>
mo&#x0364;gen/ als von ihrem Gottesdien&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>9. Es i&#x017F;t aber offenbahr und klugen leuten aus den hi&#x017F;tori-<lb/>
en la&#x0364;ng&#x017F;t bekant/ daß bald nach dem anfang der &#x017F;paltung und<lb/>
trennung von der Ro&#x0364;mi&#x017F;chen kirche viel Lehrer &#x017F;ich eben wie zu<lb/><hi rendition="#aq">Con&#x017F;tantini</hi> zeiten die verfallende Chri&#x017F;ten in denen Heidni-<lb/>
&#x017F;chen/ al&#x017F;o jene in denen Pa&#x0364;b&#x017F;ti&#x017F;chen kirchen/ in <hi rendition="#aq">po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ion</hi> und<lb/>
und al&#x017F;o fe&#x017F;t ge&#x017F;etzet/ dabey aber die wenig&#x017F;ten mißbra&#x0364;uche ab-<lb/>
ge&#x017F;chafft/ und noch dazu neue unzula&#x0364;ngliche formen/ kirchen-<lb/>
gebra&#x0364;uche und <hi rendition="#aq">Ceremoni</hi>en gemacht/ und daran jederman<lb/>
verbinden und zwingen wollen. Und weil alsbald ihrer viele<lb/>
der Ro&#x0364;m&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Cleri&#x017F;</hi>ey ihre &#x017F;taats-&#x017F;treiche/ &#x017F;onderlich die/ ob<lb/>
wol zuweilen verdeckte/ doch mei&#x017F;t ziemlich offenbahre her&#xA75B;-<lb/>
&#x017F;chafft u&#x0364;ber die Obrigkeit abgelernet: i&#x017F;t es ihnen durch die <hi rendition="#aq">præ-<lb/>
&#x017F;cription</hi> und lange gewohnheit derma&#x017F;&#x017F;en gelungen/ daß der ge-<lb/>
meine kirchen-dien&#x017F;t vor unumga&#x0364;nglich no&#x0364;thig/ und &#x017F;elig ma-<lb/>
chend geachtet worden/ und folglich von keinem men&#x017F;chen ohne<lb/>
verfolgung verla&#x017F;&#x017F;en werden do&#x0364;rffen.</p><lb/>
        <p>10. Daraus i&#x017F;t erfolget/ daß nicht nur das unwi&#x017F;&#x017F;ende ro-<lb/>
he volck &#x017F;einen gantzen himmel auff die <hi rendition="#fr">kirchen</hi> und die darin-<lb/>
nen von <hi rendition="#aq">D.</hi> Heinrich Mu&#x0364;llern benennte 4. <hi rendition="#fr">hauptgo&#x0364;tzen/<lb/>
beicht&#x017F;tuhl/ altar/ tauff&#x017F;tein und kantzel</hi> gebauet/ auch die/ &#x017F;o<lb/>
nur im gering&#x017F;ten anders geredet oder gethan/ als Athei&#x017F;ten/ Ke-<lb/>
tzer und Heiden ange&#x017F;ehen und <hi rendition="#aq">tractir</hi>et hat. Sondern es haben<lb/>
&#x017F;ich auch Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Herren offt zu verfolgung und verjagung<lb/>
&#x017F;olcher leute durch die <hi rendition="#aq">Cleri&#x017F;</hi>ey bereden la&#x017F;&#x017F;en/ und zwar unter<lb/>
der bey&#x017F;orge/ das kirchen-regiment &#x017F;ey mit dem &#x017F;taat &#x017F;o genau<lb/>
verbunden/ daß die&#x017F;er ohne jenes nicht be&#x017F;tehen/ und folglich<lb/>
durch die genommene gewi&#x017F;&#x017F;ens-freyheit im kirchen-we&#x017F;enal-<lb/>
le/ auch weltliche ordnung untergehen du&#x0364;rffte.</p><lb/>
        <p>11. Hiezu i&#x017F;t noch die&#x017F;es kommen/ daß wenn bey man-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B</fw><fw place="bottom" type="catch">chem</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[9/0010] ſcheinbahrere ſache wieder die andern finden koͤnnen und moͤgen/ als von ihrem Gottesdienſt. 9. Es iſt aber offenbahr und klugen leuten aus den hiſtori- en laͤngſt bekant/ daß bald nach dem anfang der ſpaltung und trennung von der Roͤmiſchen kirche viel Lehrer ſich eben wie zu Conſtantini zeiten die verfallende Chriſten in denen Heidni- ſchen/ alſo jene in denen Paͤbſtiſchen kirchen/ in poſſeſſion und und alſo feſt geſetzet/ dabey aber die wenigſten mißbraͤuche ab- geſchafft/ und noch dazu neue unzulaͤngliche formen/ kirchen- gebraͤuche und Ceremonien gemacht/ und daran jederman verbinden und zwingen wollen. Und weil alsbald ihrer viele der Roͤmſchen Cleriſey ihre ſtaats-ſtreiche/ ſonderlich die/ ob wol zuweilen verdeckte/ doch meiſt ziemlich offenbahre herꝛ- ſchafft uͤber die Obrigkeit abgelernet: iſt es ihnen durch die præ- ſcription und lange gewohnheit dermaſſen gelungen/ daß der ge- meine kirchen-dienſt vor unumgaͤnglich noͤthig/ und ſelig ma- chend geachtet worden/ und folglich von keinem menſchen ohne verfolgung verlaſſen werden doͤrffen. 10. Daraus iſt erfolget/ daß nicht nur das unwiſſende ro- he volck ſeinen gantzen himmel auff die kirchen und die darin- nen von D. Heinrich Muͤllern benennte 4. hauptgoͤtzen/ beichtſtuhl/ altar/ tauffſtein und kantzel gebauet/ auch die/ ſo nur im geringſten anders geredet oder gethan/ als Atheiſten/ Ke- tzer und Heiden angeſehen und tractiret hat. Sondern es haben ſich auch Fuͤrſten und Herren offt zu verfolgung und verjagung ſolcher leute durch die Cleriſey bereden laſſen/ und zwar unter der beyſorge/ das kirchen-regiment ſey mit dem ſtaat ſo genau verbunden/ daß dieſer ohne jenes nicht beſtehen/ und folglich durch die genommene gewiſſens-freyheit im kirchen-weſenal- le/ auch weltliche ordnung untergehen duͤrffte. 11. Hiezu iſt noch dieſes kommen/ daß wenn bey man- chem B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/10
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/10>, abgerufen am 28.03.2024.