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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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aufopferte. -- Er hatte in hohem Ansehen und Würden
gestanden, hatte fünf Kinder die noch so jung waren,
und er vertauschte alles mit einer kleinen Hütte in
Speier wo er am Wasser ein kleines Gärtchen pflegte,
und in der Beschäftigung mit diesem sich gar glücklich
fühlte, der Großvater war auch ein besonderer Liebha¬
ber von dunkelrothen Nelken, ich habe mich sehr ge¬
freut, weil ich eine Ähnlichkeit mit ihm hab. Ich war
zwei Jahr, als er starb. Er hatte einen Stock mit gold¬
nem Knopf und ließ mich mit dem Stockband spielen,
ich erinnere mich noch deutlich wie er mich anlä¬
chelte, und seine großen schwarzen Augen mich verwun¬
derten daß ich darüber den Stock fallen ließ und ihn
anstarrte, das war das erste und letztemal wo ich ihn
sah, -- denn noch an demselben Abend ward er vom
Schlag gerührt. Von diesen Erzählungen der Gro߬
mama ward mein Gedächtniß so lebhaft geweckt daß
ich glaubte mich aller seiner Gesichtszüge deutlich zu
erinnern, er trug einen zimmetfarbigen Sammtrock und
sogar auf einen kleinen dreieckigen Hut mit goldnen
Borden besinn ich mich den er vom Kopf nahm und mir
aufsetzte und mich damit vor den Spiegel trug, daran
hatte ich niemals gedacht und jetzt weiß ich diesen Um¬
stand ganz genau. -- Ist das nicht wie eine Geisterer¬

aufopferte. — Er hatte in hohem Anſehen und Würden
geſtanden, hatte fünf Kinder die noch ſo jung waren,
und er vertauſchte alles mit einer kleinen Hütte in
Speier wo er am Waſſer ein kleines Gärtchen pflegte,
und in der Beſchäftigung mit dieſem ſich gar glücklich
fühlte, der Großvater war auch ein beſonderer Liebha¬
ber von dunkelrothen Nelken, ich habe mich ſehr ge¬
freut, weil ich eine Ähnlichkeit mit ihm hab. Ich war
zwei Jahr, als er ſtarb. Er hatte einen Stock mit gold¬
nem Knopf und ließ mich mit dem Stockband ſpielen,
ich erinnere mich noch deutlich wie er mich anlä¬
chelte, und ſeine großen ſchwarzen Augen mich verwun¬
derten daß ich darüber den Stock fallen ließ und ihn
anſtarrte, das war das erſte und letztemal wo ich ihn
ſah, — denn noch an demſelben Abend ward er vom
Schlag gerührt. Von dieſen Erzählungen der Gro߬
mama ward mein Gedächtniß ſo lebhaft geweckt daß
ich glaubte mich aller ſeiner Geſichtszüge deutlich zu
erinnern, er trug einen zimmetfarbigen Sammtrock und
ſogar auf einen kleinen dreieckigen Hut mit goldnen
Borden beſinn ich mich den er vom Kopf nahm und mir
aufſetzte und mich damit vor den Spiegel trug, daran
hatte ich niemals gedacht und jetzt weiß ich dieſen Um¬
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[50/0064] aufopferte. — Er hatte in hohem Anſehen und Würden geſtanden, hatte fünf Kinder die noch ſo jung waren, und er vertauſchte alles mit einer kleinen Hütte in Speier wo er am Waſſer ein kleines Gärtchen pflegte, und in der Beſchäftigung mit dieſem ſich gar glücklich fühlte, der Großvater war auch ein beſonderer Liebha¬ ber von dunkelrothen Nelken, ich habe mich ſehr ge¬ freut, weil ich eine Ähnlichkeit mit ihm hab. Ich war zwei Jahr, als er ſtarb. Er hatte einen Stock mit gold¬ nem Knopf und ließ mich mit dem Stockband ſpielen, ich erinnere mich noch deutlich wie er mich anlä¬ chelte, und ſeine großen ſchwarzen Augen mich verwun¬ derten daß ich darüber den Stock fallen ließ und ihn anſtarrte, das war das erſte und letztemal wo ich ihn ſah, — denn noch an demſelben Abend ward er vom Schlag gerührt. Von dieſen Erzählungen der Gro߬ mama ward mein Gedächtniß ſo lebhaft geweckt daß ich glaubte mich aller ſeiner Geſichtszüge deutlich zu erinnern, er trug einen zimmetfarbigen Sammtrock und ſogar auf einen kleinen dreieckigen Hut mit goldnen Borden beſinn ich mich den er vom Kopf nahm und mir aufſetzte und mich damit vor den Spiegel trug, daran hatte ich niemals gedacht und jetzt weiß ich dieſen Um¬ ſtand ganz genau. — Iſt das nicht wie eine Geiſterer¬

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/64>, abgerufen am 27.11.2024.