Kindertage wo ich dort mit dem reinlichen Kies spielte, und mit rosenfarbnen Steinchen und schwarzen und gel¬ ben, bunte Reihen um ihre Stämme legte. -- Und konnte so versteckt hinüberklettern ins Bosket, wie kann einem doch das Paradies wo die Seele all ihren Zauber einpflanzt so jämmerlich zerstört werden? -- aber be¬ daure Du mich nur nicht, denn hör nur; -- als ich zurückkam zur Großmutter -- sah ich blaß und zerstört aus und sie sah wohl die Spuren von meinen Thränen. -- Sie sah mich an ein Weilchen -- und sagte: "Du warst im Garten?"-- da reichte sie mir die Hand. -- Was sollt ich sagen? -- ich schwieg, und sie auch. -- Sie sagte: "Ich werd wohl nicht mehr lang leben!" -- ich wagte nichts zu sagen -- aber bald darauf machte sie das Nebenzimmer auf, von wo man nach dem Garten sieht, und sagte: "das Rauschen im Abendwind war meine Freude, ich werds nicht mehr wieder hören, ich hätt mirs lassen gefallen wenn ich unter ihrem Rauschen am letz¬ ten Abend wär eingeschlafen! sie hätten mir diesen feierli¬ chen Dienst geleistet die lieben Freunde die ich jeden Tag besuchte, die ich mit großer Freude hoch über mir sah; -- Du hast sie auch geliebt, es war Dein liebster Aufenthalt -- ich hab Dich oft vom Fenster
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Kindertage wo ich dort mit dem reinlichen Kies ſpielte, und mit roſenfarbnen Steinchen und ſchwarzen und gel¬ ben, bunte Reihen um ihre Stämme legte. — Und konnte ſo verſteckt hinüberklettern ins Bosket, wie kann einem doch das Paradies wo die Seele all ihren Zauber einpflanzt ſo jämmerlich zerſtört werden? — aber be¬ daure Du mich nur nicht, denn hör nur; — als ich zurückkam zur Großmutter — ſah ich blaß und zerſtört aus und ſie ſah wohl die Spuren von meinen Thränen. — Sie ſah mich an ein Weilchen — und ſagte: „Du warſt im Garten?“— da reichte ſie mir die Hand. — Was ſollt ich ſagen? — ich ſchwieg, und ſie auch. — Sie ſagte: „Ich werd wohl nicht mehr lang leben!“ — ich wagte nichts zu ſagen — aber bald darauf machte ſie das Nebenzimmer auf, von wo man nach dem Garten ſieht, und ſagte: „das Rauſchen im Abendwind war meine Freude, ich werds nicht mehr wieder hören, ich hätt mirs laſſen gefallen wenn ich unter ihrem Rauſchen am letz¬ ten Abend wär eingeſchlafen! ſie hätten mir dieſen feierli¬ chen Dienſt geleiſtet die lieben Freunde die ich jeden Tag beſuchte, die ich mit großer Freude hoch über mir ſah; — Du haſt ſie auch geliebt, es war Dein liebſter Aufenthalt — ich hab Dich oft vom Fenſter
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Kindertage wo ich dort mit dem reinlichen Kies ſpielte,
und mit roſenfarbnen Steinchen und ſchwarzen und gel¬
ben, bunte Reihen um ihre Stämme legte. — Und
konnte ſo verſteckt hinüberklettern ins Bosket, wie kann
einem doch das Paradies wo die Seele all ihren Zauber
einpflanzt ſo jämmerlich zerſtört werden? — aber be¬
daure Du mich nur nicht, denn hör nur; — als ich
zurückkam zur Großmutter — ſah ich blaß und zerſtört
aus und ſie ſah wohl die Spuren von meinen Thränen.
— Sie ſah mich an ein Weilchen — und ſagte: „Du
warſt im Garten?“— da reichte ſie mir die Hand. — Was
ſollt ich ſagen? — ich ſchwieg, und ſie auch. — Sie ſagte:
„Ich werd wohl nicht mehr lang leben!“ — ich wagte
nichts zu ſagen — aber bald darauf machte ſie das
Nebenzimmer auf, von wo man nach dem Garten ſieht,
und ſagte: „das Rauſchen im Abendwind war meine
Freude, ich werds nicht mehr wieder hören, ich hätt mirs
laſſen gefallen wenn ich unter ihrem Rauſchen am letz¬
ten Abend wär eingeſchlafen! ſie hätten mir dieſen feierli¬
chen Dienſt geleiſtet die lieben Freunde die ich jeden
Tag beſuchte, die ich mit großer Freude hoch über
mir ſah; — Du haſt ſie auch geliebt, es war Dein
liebſter Aufenthalt — ich hab Dich oft vom Fenſter
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/38>, abgerufen am 27.11.2024.
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