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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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von drei Jahren mit ihren Blüthen beregneten, in die
ich hinaufstaunte als ob ihre Höhe in den Himmel
reiche. Ach was soll ich da dazu sagen daß die als
Stumpfe mit wenig Ästen noch versehen neben einander
stehen gemeinsamen Schimpf und Leid tragend. -- Ach
Ihr Baumseelen wer konnte Euch das thun? -- nun
ziehen alle frühen Kindheitsmorgen an mir vorüber wo
ich ihre Wipfel von weitem im Gold glänzen sah, und
daß sie mir winkten ich soll mich eilen und kommen
und wie hab ich oft ihre jungen Blättchen betrachtet
und keins abgebrochen je! -- ach es schneidet mir ins
Herz -- es war als könnten sie nicht mehr sprechen
als sei ihnen die Zunge genommen denn sie können ja
nicht mehr rauschen. So war ihr Stummsein eine bit¬
tere bittere Klage zu mir die ich ewig mit mir herum¬
tragen werde, und keinem sagen als nur Dir. Du weißt
wie Du oft sagtest wenn wir da gingen daß ihr Rau¬
schen mitspreche und wie sie uns absonderten von der
ganzen Welt, und wie sie einen Dom über uns bauten,
und gegenüber die hohe Rosenhecke die über die Wand
vom Bosket hereinschwankte die steht jetzt auch ohne
Schutz, und die Nachtigallen die das heilige Dunkel ge¬
wohnt waren, wie wirds da sein wenn die im Frühjahr
wiederkommen. -- Ach ich bin betrübt darüber. -- Die

von drei Jahren mit ihren Blüthen beregneten, in die
ich hinaufſtaunte als ob ihre Höhe in den Himmel
reiche. Ach was ſoll ich da dazu ſagen daß die als
Stumpfe mit wenig Äſten noch verſehen neben einander
ſtehen gemeinſamen Schimpf und Leid tragend. — Ach
Ihr Baumſeelen wer konnte Euch das thun? — nun
ziehen alle frühen Kindheitsmorgen an mir vorüber wo
ich ihre Wipfel von weitem im Gold glänzen ſah, und
daß ſie mir winkten ich ſoll mich eilen und kommen
und wie hab ich oft ihre jungen Blättchen betrachtet
und keins abgebrochen je! — ach es ſchneidet mir ins
Herz — es war als könnten ſie nicht mehr ſprechen
als ſei ihnen die Zunge genommen denn ſie können ja
nicht mehr rauſchen. So war ihr Stummſein eine bit¬
tere bittere Klage zu mir die ich ewig mit mir herum¬
tragen werde, und keinem ſagen als nur Dir. Du weißt
wie Du oft ſagteſt wenn wir da gingen daß ihr Rau¬
ſchen mitſpreche und wie ſie uns abſonderten von der
ganzen Welt, und wie ſie einen Dom über uns bauten,
und gegenüber die hohe Roſenhecke die über die Wand
vom Bosket hereinſchwankte die ſteht jetzt auch ohne
Schutz, und die Nachtigallen die das heilige Dunkel ge¬
wohnt waren, wie wirds da ſein wenn die im Frühjahr
wiederkommen. — Ach ich bin betrübt darüber. — Die

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[23/0037] von drei Jahren mit ihren Blüthen beregneten, in die ich hinaufſtaunte als ob ihre Höhe in den Himmel reiche. Ach was ſoll ich da dazu ſagen daß die als Stumpfe mit wenig Äſten noch verſehen neben einander ſtehen gemeinſamen Schimpf und Leid tragend. — Ach Ihr Baumſeelen wer konnte Euch das thun? — nun ziehen alle frühen Kindheitsmorgen an mir vorüber wo ich ihre Wipfel von weitem im Gold glänzen ſah, und daß ſie mir winkten ich ſoll mich eilen und kommen und wie hab ich oft ihre jungen Blättchen betrachtet und keins abgebrochen je! — ach es ſchneidet mir ins Herz — es war als könnten ſie nicht mehr ſprechen als ſei ihnen die Zunge genommen denn ſie können ja nicht mehr rauſchen. So war ihr Stummſein eine bit¬ tere bittere Klage zu mir die ich ewig mit mir herum¬ tragen werde, und keinem ſagen als nur Dir. Du weißt wie Du oft ſagteſt wenn wir da gingen daß ihr Rau¬ ſchen mitſpreche und wie ſie uns abſonderten von der ganzen Welt, und wie ſie einen Dom über uns bauten, und gegenüber die hohe Roſenhecke die über die Wand vom Bosket hereinſchwankte die ſteht jetzt auch ohne Schutz, und die Nachtigallen die das heilige Dunkel ge¬ wohnt waren, wie wirds da ſein wenn die im Frühjahr wiederkommen. — Ach ich bin betrübt darüber. — Die

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/37>, abgerufen am 27.11.2024.