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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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nachher reden). Was andern Menschen die Erfahrung
lehrte, wozu sie sich bequemen, das ist Dir der Unsinn
der Lüge. Die Wirklichkeit hat als verzerrtes Un¬
geheuer sich Dir gezeigt, aber sie hat Dich nicht ge¬
scheucht. Du hast gleich den Fuß drauf gesetzt, -- und ob¬
schon sie unter Dir wühlt und ewig sich bewegt, Du
läßt Dich von ihr tragen, ohne nur der Möglichkeit in
Gedanken nachzugehen daß Du einen Augenblick mit
ihr eins sein könnest. Ich spreche von heute und mehr
noch von der Zukunft; ich wollte Dir wünschen es kä¬
men Augenblicke in Deinem Leben wo Dir dieses Zu¬
sammenströmen mit andern Kräften gewährt wär. Erin¬
nerst Du Dich Deines Traums auf der grünen Burg,
den Du mir in der Nacht erzähltest wo ich Dich
weckte, weil Du sehr im Schlaf geweint hattest. Ein
Mann der zum Wohl, der Menschheit -- ich weiß
nicht mehr welche Heldenthat -- gethan hatte, sei zum
Richtplatz um dieser großen That willen geführt worden.
Das Volk habe in seiner Unwissenheit darüber gejubelt,
und in Dir sei große Begierde gewesen zu ihm aufs
Schaffot zu gelangen, aber der Streich sei gefallen noch
kurz vorher, wie Du eben glaubtest oben zu sein. Du
kannst den Traum nicht vergessen haben. Dein schmerz¬
lich Weinen bewegte mich mit, so daß ich kaum wagte

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nachher reden). Was andern Menſchen die Erfahrung
lehrte, wozu ſie ſich bequemen, das iſt Dir der Unſinn
der Lüge. Die Wirklichkeit hat als verzerrtes Un¬
geheuer ſich Dir gezeigt, aber ſie hat Dich nicht ge¬
ſcheucht. Du haſt gleich den Fuß drauf geſetzt, — und ob¬
ſchon ſie unter Dir wühlt und ewig ſich bewegt, Du
läßt Dich von ihr tragen, ohne nur der Möglichkeit in
Gedanken nachzugehen daß Du einen Augenblick mit
ihr eins ſein könneſt. Ich ſpreche von heute und mehr
noch von der Zukunft; ich wollte Dir wünſchen es kä¬
men Augenblicke in Deinem Leben wo Dir dieſes Zu¬
ſammenſtrömen mit andern Kräften gewährt wär. Erin¬
nerſt Du Dich Deines Traums auf der grünen Burg,
den Du mir in der Nacht erzählteſt wo ich Dich
weckte, weil Du ſehr im Schlaf geweint hatteſt. Ein
Mann der zum Wohl, der Menſchheit — ich weiß
nicht mehr welche Heldenthat — gethan hatte, ſei zum
Richtplatz um dieſer großen That willen geführt worden.
Das Volk habe in ſeiner Unwiſſenheit darüber gejubelt,
und in Dir ſei große Begierde geweſen zu ihm aufs
Schaffot zu gelangen, aber der Streich ſei gefallen noch
kurz vorher, wie Du eben glaubteſt oben zu ſein. Du
kannſt den Traum nicht vergeſſen haben. Dein ſchmerz¬
lich Weinen bewegte mich mit, ſo daß ich kaum wagte

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[273/0287] nachher reden). Was andern Menſchen die Erfahrung lehrte, wozu ſie ſich bequemen, das iſt Dir der Unſinn der Lüge. Die Wirklichkeit hat als verzerrtes Un¬ geheuer ſich Dir gezeigt, aber ſie hat Dich nicht ge¬ ſcheucht. Du haſt gleich den Fuß drauf geſetzt, — und ob¬ ſchon ſie unter Dir wühlt und ewig ſich bewegt, Du läßt Dich von ihr tragen, ohne nur der Möglichkeit in Gedanken nachzugehen daß Du einen Augenblick mit ihr eins ſein könneſt. Ich ſpreche von heute und mehr noch von der Zukunft; ich wollte Dir wünſchen es kä¬ men Augenblicke in Deinem Leben wo Dir dieſes Zu¬ ſammenſtrömen mit andern Kräften gewährt wär. Erin¬ nerſt Du Dich Deines Traums auf der grünen Burg, den Du mir in der Nacht erzählteſt wo ich Dich weckte, weil Du ſehr im Schlaf geweint hatteſt. Ein Mann der zum Wohl, der Menſchheit — ich weiß nicht mehr welche Heldenthat — gethan hatte, ſei zum Richtplatz um dieſer großen That willen geführt worden. Das Volk habe in ſeiner Unwiſſenheit darüber gejubelt, und in Dir ſei große Begierde geweſen zu ihm aufs Schaffot zu gelangen, aber der Streich ſei gefallen noch kurz vorher, wie Du eben glaubteſt oben zu ſein. Du kannſt den Traum nicht vergeſſen haben. Dein ſchmerz¬ lich Weinen bewegte mich mit, ſo daß ich kaum wagte 12**

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/287>, abgerufen am 24.11.2024.