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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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möcht Deine Augen angreifen ihn zu lesen. Er hat
noch viel Hübsches und Freundliches geschrieben über
Deinen, Franken in Egypten *). -- "Er sey der
Franke, aber das Mädchen werde er nimmer finden das
ihn in des Vaters Hütte führt, denn was ihm in der
Seele woge das sei nicht mit Schönheitslettern ihm
ins Antlitz geprägt, seine fränkische Nase umschreibe
kein schönes Profil. Den Brief kann ich Dir ein¬
mal vorlesen wenn das Füllhorn eigner Mitthei¬
lungen ausgeleert ist, -- aber wann wird das je
sein? -- Ach ich hab das Herz so voll zu Dir, nur
heut hab ich von fremden Menschen geredet statt von
meiner Seele weil ich Dich nicht betrüben will mit mei¬
nen Klagen. Aber gewiß ist es wahr, auf dem Thurm
kann ich nur Seufzer ausstoßen und meine Gedanken
sind wie abgerißne Zweige und zerstreute Blätter -- Laub
das im Winterwind herumwirbelt! -- ich kann keins ha¬
schen, und was mir zufliegt das zerfällt und hat keine sy¬
billinische Zeichen; aber ich will nicht klagen, denn es ist
ja doch nur Einbildung von mir, Du bist nur so schweig¬
sam weil Du so in Gedanken versunken bist, wie Du
schon als diesen Herbst warst. Wolltest Du nicht

manch¬
*) Siehe Anhang.

möcht Deine Augen angreifen ihn zu leſen. Er hat
noch viel Hübſches und Freundliches geſchrieben über
Deinen, Franken in Egypten *). — „Er ſey der
Franke, aber das Mädchen werde er nimmer finden das
ihn in des Vaters Hütte führt, denn was ihm in der
Seele woge das ſei nicht mit Schönheitslettern ihm
ins Antlitz geprägt, ſeine fränkiſche Naſe umſchreibe
kein ſchönes Profil. Den Brief kann ich Dir ein¬
mal vorleſen wenn das Füllhorn eigner Mitthei¬
lungen ausgeleert iſt, — aber wann wird das je
ſein? — Ach ich hab das Herz ſo voll zu Dir, nur
heut hab ich von fremden Menſchen geredet ſtatt von
meiner Seele weil ich Dich nicht betrüben will mit mei¬
nen Klagen. Aber gewiß iſt es wahr, auf dem Thurm
kann ich nur Seufzer ausſtoßen und meine Gedanken
ſind wie abgerißne Zweige und zerſtreute Blätter — Laub
das im Winterwind herumwirbelt! — ich kann keins ha¬
ſchen, und was mir zufliegt das zerfällt und hat keine ſy¬
billiniſche Zeichen; aber ich will nicht klagen, denn es iſt
ja doch nur Einbildung von mir, Du biſt nur ſo ſchweig¬
ſam weil Du ſo in Gedanken verſunken biſt, wie Du
ſchon als dieſen Herbſt warſt. Wollteſt Du nicht

manch¬
*) Siehe Anhang.
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[240/0254] möcht Deine Augen angreifen ihn zu leſen. Er hat noch viel Hübſches und Freundliches geſchrieben über Deinen, Franken in Egypten *). — „Er ſey der Franke, aber das Mädchen werde er nimmer finden das ihn in des Vaters Hütte führt, denn was ihm in der Seele woge das ſei nicht mit Schönheitslettern ihm ins Antlitz geprägt, ſeine fränkiſche Naſe umſchreibe kein ſchönes Profil. Den Brief kann ich Dir ein¬ mal vorleſen wenn das Füllhorn eigner Mitthei¬ lungen ausgeleert iſt, — aber wann wird das je ſein? — Ach ich hab das Herz ſo voll zu Dir, nur heut hab ich von fremden Menſchen geredet ſtatt von meiner Seele weil ich Dich nicht betrüben will mit mei¬ nen Klagen. Aber gewiß iſt es wahr, auf dem Thurm kann ich nur Seufzer ausſtoßen und meine Gedanken ſind wie abgerißne Zweige und zerſtreute Blätter — Laub das im Winterwind herumwirbelt! — ich kann keins ha¬ ſchen, und was mir zufliegt das zerfällt und hat keine ſy¬ billiniſche Zeichen; aber ich will nicht klagen, denn es iſt ja doch nur Einbildung von mir, Du biſt nur ſo ſchweig¬ ſam weil Du ſo in Gedanken verſunken biſt, wie Du ſchon als dieſen Herbſt warſt. Wollteſt Du nicht manch¬ *) Siehe Anhang.

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/254>, abgerufen am 16.06.2024.