Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

aber regnet über alle Lande, und Euch brüderlich in
den irdischen zu theilen, achtet Ihr das nicht als göttli¬
ches Wunder in Euren Herzen? --

Mögen doch Eure Herzen geschickt sein, Bruderliebe
zu üben, so ist Euch gewiß daß das Wunder göttlicher
Weisheit in Euch erblühen werde, was von Innen als Fülle
des Segens über Alle gleich sich ergießt, und nicht über die¬
sen allein, weil er Christ ist, und über jenen nicht, weil er
Jude ist. -- Denn so oft wir den Segen, sei er irdisch
oder himmlisch, abtheilen wollen, so erstirbt er in uns,
denn sein Leben ist: Gemeinschaft des Heiligen.
Mit dem inneren Sinn sollen wir die Welt regieren, das
äußere Regiment greift in ihre Gestaltung nur vorüber¬
gehend oder gar nicht ein, und kann nur das Geistige,
die wirkliche Entwicklung hindern, aber der innere Sinn,
durchdrungen von dem höheren Regiment der Welt, brei¬
tet sich aus und greift um sich, ihm ist nicht Einhalt
zu thun, erzeugt sich in allen Herzen, jeder pflanze
den Kern dieser süßen Frucht ins eigne Herz, er ist der
Frühling des Lebens, ohne den werden wir nicht ern¬
ten und keine Gewalt haben." --

Bang sagte mir nach der Kirche, er habe wohl ge¬
merkt daß ihm niemand zugehört habe als nur ich al¬
lein, die ganze Kirch hab geschlafen. --

aber regnet über alle Lande, und Euch brüderlich in
den irdiſchen zu theilen, achtet Ihr das nicht als göttli¬
ches Wunder in Euren Herzen? —

Mögen doch Eure Herzen geſchickt ſein, Bruderliebe
zu üben, ſo iſt Euch gewiß daß das Wunder göttlicher
Weisheit in Euch erblühen werde, was von Innen als Fülle
des Segens über Alle gleich ſich ergießt, und nicht über die¬
ſen allein, weil er Chriſt iſt, und über jenen nicht, weil er
Jude iſt. — Denn ſo oft wir den Segen, ſei er irdiſch
oder himmliſch, abtheilen wollen, ſo erſtirbt er in uns,
denn ſein Leben iſt: Gemeinſchaft des Heiligen.
Mit dem inneren Sinn ſollen wir die Welt regieren, das
äußere Regiment greift in ihre Geſtaltung nur vorüber¬
gehend oder gar nicht ein, und kann nur das Geiſtige,
die wirkliche Entwicklung hindern, aber der innere Sinn,
durchdrungen von dem höheren Regiment der Welt, brei¬
tet ſich aus und greift um ſich, ihm iſt nicht Einhalt
zu thun, erzeugt ſich in allen Herzen, jeder pflanze
den Kern dieſer ſüßen Frucht ins eigne Herz, er iſt der
Frühling des Lebens, ohne den werden wir nicht ern¬
ten und keine Gewalt haben.“ —

Bang ſagte mir nach der Kirche, er habe wohl ge¬
merkt daß ihm niemand zugehört habe als nur ich al¬
lein, die ganze Kirch hab geſchlafen. —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0252" n="238"/>
aber regnet über alle Lande, und Euch brüderlich in<lb/>
den irdi&#x017F;chen zu theilen, achtet Ihr das nicht als göttli¬<lb/>
ches Wunder in Euren Herzen? &#x2014;</p><lb/>
          <p>Mögen doch Eure Herzen ge&#x017F;chickt &#x017F;ein, Bruderliebe<lb/>
zu üben, &#x017F;o i&#x017F;t Euch gewiß daß das Wunder göttlicher<lb/>
Weisheit in Euch erblühen werde, was von Innen als Fülle<lb/>
des Segens über Alle gleich &#x017F;ich ergießt, und nicht über die¬<lb/>
&#x017F;en allein, weil er Chri&#x017F;t i&#x017F;t, und über jenen nicht, weil er<lb/>
Jude i&#x017F;t. &#x2014; Denn &#x017F;o oft wir den Segen, &#x017F;ei er irdi&#x017F;ch<lb/>
oder himmli&#x017F;ch, abtheilen wollen, &#x017F;o er&#x017F;tirbt er in uns,<lb/>
denn &#x017F;ein Leben i&#x017F;t: <hi rendition="#g">Gemein&#x017F;chaft des Heiligen</hi>.<lb/>
Mit dem <hi rendition="#g">inneren</hi> Sinn &#x017F;ollen wir die Welt regieren, das<lb/>
äußere Regiment greift in ihre Ge&#x017F;taltung nur vorüber¬<lb/>
gehend oder gar nicht ein, und kann nur das Gei&#x017F;tige,<lb/>
die wirkliche Entwicklung hindern, aber der innere Sinn,<lb/>
durchdrungen von dem höheren Regiment der Welt, brei¬<lb/>
tet &#x017F;ich aus und greift um &#x017F;ich, ihm i&#x017F;t nicht Einhalt<lb/>
zu thun, erzeugt &#x017F;ich in allen Herzen, jeder pflanze<lb/>
den Kern die&#x017F;er &#x017F;üßen Frucht ins eigne Herz, er i&#x017F;t der<lb/>
Frühling des Lebens, ohne den werden wir nicht ern¬<lb/>
ten und keine Gewalt haben.&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Bang &#x017F;agte mir nach der Kirche, er habe wohl ge¬<lb/>
merkt daß ihm niemand zugehört habe als nur ich al¬<lb/>
lein, die ganze Kirch hab ge&#x017F;chlafen. &#x2014;</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0252] aber regnet über alle Lande, und Euch brüderlich in den irdiſchen zu theilen, achtet Ihr das nicht als göttli¬ ches Wunder in Euren Herzen? — Mögen doch Eure Herzen geſchickt ſein, Bruderliebe zu üben, ſo iſt Euch gewiß daß das Wunder göttlicher Weisheit in Euch erblühen werde, was von Innen als Fülle des Segens über Alle gleich ſich ergießt, und nicht über die¬ ſen allein, weil er Chriſt iſt, und über jenen nicht, weil er Jude iſt. — Denn ſo oft wir den Segen, ſei er irdiſch oder himmliſch, abtheilen wollen, ſo erſtirbt er in uns, denn ſein Leben iſt: Gemeinſchaft des Heiligen. Mit dem inneren Sinn ſollen wir die Welt regieren, das äußere Regiment greift in ihre Geſtaltung nur vorüber¬ gehend oder gar nicht ein, und kann nur das Geiſtige, die wirkliche Entwicklung hindern, aber der innere Sinn, durchdrungen von dem höheren Regiment der Welt, brei¬ tet ſich aus und greift um ſich, ihm iſt nicht Einhalt zu thun, erzeugt ſich in allen Herzen, jeder pflanze den Kern dieſer ſüßen Frucht ins eigne Herz, er iſt der Frühling des Lebens, ohne den werden wir nicht ern¬ ten und keine Gewalt haben.“ — Bang ſagte mir nach der Kirche, er habe wohl ge¬ merkt daß ihm niemand zugehört habe als nur ich al¬ lein, die ganze Kirch hab geſchlafen. —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/252
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/252>, abgerufen am 16.06.2024.