zu sein, denn ich glaub Gegenwart des Geistes hat man nur der Abwesenheit der Leidenschaften zu danken die einem ins Handwerk pfuschen. Aber Ihr seid vollkommen ruhig und habt doch Euren Zweck im Auge, und steht über den Vortheilen des Lebens, und habt Jahre und seid so fest so ernst so gar nicht ermüdet von den strengen Prüfungen, Ihr klagt nicht, Euch ist das Leben gerecht wie es Gott Euch gab; das ist Weisheit, mein ich. -- Und doch ist der Ephraim nur ein Han¬ delsjude, sagte er, -- ja, aber ihr habt euer Leben zum Tempel gemacht und seid hoher Priester darin. -- Das Gespräch führte noch weiter, und endlich dahin -- was ich mir für Dich aufschrieb: --
"Daß der Leib in sich begeistigt ist -- einen Geist in sich habe, erkennen wir darin, daß er sich geheiligt em¬ pfindet im Denken. -- Ein Denkender, ein geistig Er¬ regter hat einen geheiligten Leib."
Dies war das letzte von unserem Gespräch, was dazwischen lag, weiß ich nicht mehr; -- aber auf dem Thurm, in der kalten Winternacht plauderten die Sterne weiter mit mir:
"In der Liebe ist das erste was wir weihen der Leib, -- und dies ist die Wurzel und der Keim der Liebe -- und ohne diese Weihe wird keine Liebe bestehen, sie
II. 10
zu ſein, denn ich glaub Gegenwart des Geiſtes hat man nur der Abweſenheit der Leidenſchaften zu danken die einem ins Handwerk pfuſchen. Aber Ihr ſeid vollkommen ruhig und habt doch Euren Zweck im Auge, und ſteht über den Vortheilen des Lebens, und habt Jahre und ſeid ſo feſt ſo ernſt ſo gar nicht ermüdet von den ſtrengen Prüfungen, Ihr klagt nicht, Euch iſt das Leben gerecht wie es Gott Euch gab; das iſt Weisheit, mein ich. — Und doch iſt der Ephraim nur ein Han¬ delsjude, ſagte er, — ja, aber ihr habt euer Leben zum Tempel gemacht und ſeid hoher Prieſter darin. — Das Geſpräch führte noch weiter, und endlich dahin — was ich mir für Dich aufſchrieb: —
„Daß der Leib in ſich begeiſtigt iſt — einen Geiſt in ſich habe, erkennen wir darin, daß er ſich geheiligt em¬ pfindet im Denken. — Ein Denkender, ein geiſtig Er¬ regter hat einen geheiligten Leib.“
Dies war das letzte von unſerem Geſpräch, was dazwiſchen lag, weiß ich nicht mehr; — aber auf dem Thurm, in der kalten Winternacht plauderten die Sterne weiter mit mir:
„In der Liebe iſt das erſte was wir weihen der Leib, — und dies iſt die Wurzel und der Keim der Liebe — und ohne dieſe Weihe wird keine Liebe beſtehen, ſie
II. 10
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zu ſein, denn ich glaub Gegenwart des Geiſtes hat man
nur der Abweſenheit der Leidenſchaften zu danken die
einem ins Handwerk pfuſchen. Aber Ihr ſeid vollkommen
ruhig und habt doch Euren Zweck im Auge, und ſteht
über den Vortheilen des Lebens, und habt Jahre und
ſeid ſo feſt ſo ernſt ſo gar nicht ermüdet von den
ſtrengen Prüfungen, Ihr klagt nicht, Euch iſt das
Leben gerecht wie es Gott Euch gab; das iſt Weisheit,
mein ich. — Und doch iſt der Ephraim nur ein Han¬
delsjude, ſagte er, — ja, aber ihr habt euer Leben zum
Tempel gemacht und ſeid hoher Prieſter darin. — Das
Geſpräch führte noch weiter, und endlich dahin — was
ich mir für Dich aufſchrieb: —
„Daß der Leib in ſich begeiſtigt iſt — einen Geiſt in
ſich habe, erkennen wir darin, daß er ſich geheiligt em¬
pfindet im Denken. — Ein Denkender, ein geiſtig Er¬
regter hat einen geheiligten Leib.“
Dies war das letzte von unſerem Geſpräch, was
dazwiſchen lag, weiß ich nicht mehr; — aber auf dem
Thurm, in der kalten Winternacht plauderten die Sterne
weiter mit mir:
„In der Liebe iſt das erſte was wir weihen der Leib,
— und dies iſt die Wurzel und der Keim der Liebe —
und ohne dieſe Weihe wird keine Liebe beſtehen, ſie
II. 10
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/231>, abgerufen am 23.07.2024.
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