Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

viele Seelen, wenn ich nun anfange einer dieser See¬
len gut zu sein, so geht sie fort, und eine andre tritt
an ihre Stelle, die ich nicht kenne und die ich über¬
rascht anstarre, und die statt jener befreundeten, mich
nicht zum besten behandelt, ich möchte wohl diese See¬
len zu zergliedern und zu ordnen suchen. Aber ich mag
nicht einmal an alle seine Seelen denken, denn eine da¬
von hat mein Zutrauen das nur ein furchtsames Kind
ist auf die Straße gestoßen; das Kind ist nun noch viel
blöder geworden und wird nicht wieder umkehren, darum
kann ich ihm auch nicht eigentlich von mir schreiben;
sein Brief an Dich, über Wahrheit, hat mir viel Freude
gemacht, und zugleich seh ich hell was mir vorher
nur dunkel und schwankend war, ich kann ihn viel
besser durch Dich verstehen und ihm gerecht sein, und
auch liebend, wie er es zu bedürfen scheint. Das alles
macht mich wünschen daß was ich ihm liebend an¬
thun kann, durch Dich befördert werde, sprich ihm von
mir wie ich ihm recht natürlich vorkommen muß, daß
es sich gut zwischen uns gestalte denn durch unmittel¬
bare Berührung kann nichts werden.

Savigny hat mir selbst geschrieben, thue mir doch
den Gefallen und schicke mir gelegentlich die Übersetzun¬

8*

viele Seelen, wenn ich nun anfange einer dieſer See¬
len gut zu ſein, ſo geht ſie fort, und eine andre tritt
an ihre Stelle, die ich nicht kenne und die ich über¬
raſcht anſtarre, und die ſtatt jener befreundeten, mich
nicht zum beſten behandelt, ich möchte wohl dieſe See¬
len zu zergliedern und zu ordnen ſuchen. Aber ich mag
nicht einmal an alle ſeine Seelen denken, denn eine da¬
von hat mein Zutrauen das nur ein furchtſames Kind
iſt auf die Straße geſtoßen; das Kind iſt nun noch viel
blöder geworden und wird nicht wieder umkehren, darum
kann ich ihm auch nicht eigentlich von mir ſchreiben;
ſein Brief an Dich, über Wahrheit, hat mir viel Freude
gemacht, und zugleich ſeh ich hell was mir vorher
nur dunkel und ſchwankend war, ich kann ihn viel
beſſer durch Dich verſtehen und ihm gerecht ſein, und
auch liebend, wie er es zu bedürfen ſcheint. Das alles
macht mich wünſchen daß was ich ihm liebend an¬
thun kann, durch Dich befördert werde, ſprich ihm von
mir wie ich ihm recht natürlich vorkommen muß, daß
es ſich gut zwiſchen uns geſtalte denn durch unmittel¬
bare Berührung kann nichts werden.

Savigny hat mir ſelbſt geſchrieben, thue mir doch
den Gefallen und ſchicke mir gelegentlich die Überſetzun¬

8*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0185" n="171"/>
viele Seelen, wenn ich nun anfange einer die&#x017F;er See¬<lb/>
len gut zu &#x017F;ein, &#x017F;o geht &#x017F;ie fort, und eine andre tritt<lb/>
an ihre Stelle, die ich nicht kenne und die ich über¬<lb/>
ra&#x017F;cht an&#x017F;tarre, und die &#x017F;tatt jener befreundeten, mich<lb/>
nicht zum be&#x017F;ten behandelt, ich möchte wohl die&#x017F;e See¬<lb/>
len zu zergliedern und zu ordnen &#x017F;uchen. Aber ich mag<lb/>
nicht einmal an alle &#x017F;eine Seelen denken, denn eine da¬<lb/>
von hat mein Zutrauen das nur ein furcht&#x017F;ames Kind<lb/>
i&#x017F;t auf die Straße ge&#x017F;toßen; das Kind i&#x017F;t nun noch viel<lb/>
blöder geworden und wird nicht wieder umkehren, darum<lb/>
kann ich ihm auch nicht eigentlich von mir &#x017F;chreiben;<lb/>
&#x017F;ein Brief an Dich, über Wahrheit, hat mir viel Freude<lb/>
gemacht, und zugleich &#x017F;eh ich hell was mir vorher<lb/>
nur dunkel und &#x017F;chwankend war, ich kann ihn viel<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er durch Dich ver&#x017F;tehen und ihm gerecht &#x017F;ein, und<lb/>
auch liebend, wie er es zu bedürfen &#x017F;cheint. Das alles<lb/>
macht mich wün&#x017F;chen daß was ich ihm liebend an¬<lb/>
thun kann, durch Dich befördert werde, &#x017F;prich ihm von<lb/>
mir wie ich ihm recht natürlich vorkommen muß, daß<lb/>
es &#x017F;ich gut zwi&#x017F;chen uns ge&#x017F;talte denn durch unmittel¬<lb/>
bare Berührung kann nichts werden.</p><lb/>
          <p>Savigny hat mir &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chrieben, thue mir doch<lb/>
den Gefallen und &#x017F;chicke mir gelegentlich die Über&#x017F;etzun¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">8*<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0185] viele Seelen, wenn ich nun anfange einer dieſer See¬ len gut zu ſein, ſo geht ſie fort, und eine andre tritt an ihre Stelle, die ich nicht kenne und die ich über¬ raſcht anſtarre, und die ſtatt jener befreundeten, mich nicht zum beſten behandelt, ich möchte wohl dieſe See¬ len zu zergliedern und zu ordnen ſuchen. Aber ich mag nicht einmal an alle ſeine Seelen denken, denn eine da¬ von hat mein Zutrauen das nur ein furchtſames Kind iſt auf die Straße geſtoßen; das Kind iſt nun noch viel blöder geworden und wird nicht wieder umkehren, darum kann ich ihm auch nicht eigentlich von mir ſchreiben; ſein Brief an Dich, über Wahrheit, hat mir viel Freude gemacht, und zugleich ſeh ich hell was mir vorher nur dunkel und ſchwankend war, ich kann ihn viel beſſer durch Dich verſtehen und ihm gerecht ſein, und auch liebend, wie er es zu bedürfen ſcheint. Das alles macht mich wünſchen daß was ich ihm liebend an¬ thun kann, durch Dich befördert werde, ſprich ihm von mir wie ich ihm recht natürlich vorkommen muß, daß es ſich gut zwiſchen uns geſtalte denn durch unmittel¬ bare Berührung kann nichts werden. Savigny hat mir ſelbſt geſchrieben, thue mir doch den Gefallen und ſchicke mir gelegentlich die Überſetzun¬ 8*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/185
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/185>, abgerufen am 22.11.2024.