endlichen Modulationen mir im Geist wiederholt, ich hab Visionen wenn ich die Augen zumache, ich seh nicht allein, ich hör auch entzückende Töne, wie wenn himmlische Empfindung zu Ton könnt werden; nun fehlt ja nur die eine Stufe, daß der Ton sich in Geist der Sprache übersetzte; aber in dies Inselland wills keine Brücke schlagen, im Gegentheil alle Erscheinung zer¬ fließt vor der Sprache. -- Ich hab wohl einen dunklen Begriff warum ich nicht dichte, weil eben das Tiefe was mich gewaltig ergreift, so daß es elektrische Kraft auf die Sprache hätte, etwas ist was sich in der Empfin¬ dungswelt nicht legitimirt, oder um schneller und ohne Umweg mich auszudrücken, weils Unsinn ist was mir in der Seele wogt, weils Unsinn ist was meine Gedan¬ ken mir vorbeten, weils Unsinn ist der mich ahnend als höchstes Gesetz der Weisheit ergreift. -- Wo ich hinsehe, wo ich hinspühre darf ich nicht ankommen mit meinen Wahrnehmungen, ich weiß daß wenn der Dichterschwung mich ergriff, sich das Unendliche, das Ungeborne vor mir aufthun würde mich durchzulassen. -- Ich seh! -- und wenn ich was Wahres schaue sei der Keim so klein noch, so in sich gedrängt, mich begeistert der ihm selbst bewußtlose Lichtweg den er wandelt. -- Du begeisterst mich, weil Dein einfaches Streben mir so deutliche Lehre
endlichen Modulationen mir im Geiſt wiederholt, ich hab Viſionen wenn ich die Augen zumache, ich ſeh nicht allein, ich hör auch entzückende Töne, wie wenn himmliſche Empfindung zu Ton könnt werden; nun fehlt ja nur die eine Stufe, daß der Ton ſich in Geiſt der Sprache überſetzte; aber in dies Inſelland wills keine Brücke ſchlagen, im Gegentheil alle Erſcheinung zer¬ fließt vor der Sprache. — Ich hab wohl einen dunklen Begriff warum ich nicht dichte, weil eben das Tiefe was mich gewaltig ergreift, ſo daß es elektriſche Kraft auf die Sprache hätte, etwas iſt was ſich in der Empfin¬ dungswelt nicht legitimirt, oder um ſchneller und ohne Umweg mich auszudrücken, weils Unſinn iſt was mir in der Seele wogt, weils Unſinn iſt was meine Gedan¬ ken mir vorbeten, weils Unſinn iſt der mich ahnend als höchſtes Geſetz der Weisheit ergreift. — Wo ich hinſehe, wo ich hinſpühre darf ich nicht ankommen mit meinen Wahrnehmungen, ich weiß daß wenn der Dichterſchwung mich ergriff, ſich das Unendliche, das Ungeborne vor mir aufthun würde mich durchzulaſſen. — Ich ſeh! — und wenn ich was Wahres ſchaue ſei der Keim ſo klein noch, ſo in ſich gedrängt, mich begeiſtert der ihm ſelbſt bewußtloſe Lichtweg den er wandelt. — Du begeiſterſt mich, weil Dein einfaches Streben mir ſo deutliche Lehre
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endlichen Modulationen mir im Geiſt wiederholt, ich
hab Viſionen wenn ich die Augen zumache, ich ſeh
nicht allein, ich hör auch entzückende Töne, wie wenn
himmliſche Empfindung zu Ton könnt werden; nun fehlt
ja nur die eine Stufe, daß der Ton ſich in Geiſt der
Sprache überſetzte; aber in dies Inſelland wills keine
Brücke ſchlagen, im Gegentheil alle Erſcheinung zer¬
fließt vor der Sprache. — Ich hab wohl einen dunklen
Begriff warum ich nicht dichte, weil eben das Tiefe was
mich gewaltig ergreift, ſo daß es elektriſche Kraft auf
die Sprache hätte, etwas iſt was ſich in der Empfin¬
dungswelt nicht legitimirt, oder um ſchneller und ohne
Umweg mich auszudrücken, weils Unſinn iſt was mir
in der Seele wogt, weils Unſinn iſt was meine Gedan¬
ken mir vorbeten, weils Unſinn iſt der mich ahnend als
höchſtes Geſetz der Weisheit ergreift. — Wo ich hinſehe,
wo ich hinſpühre darf ich nicht ankommen mit meinen
Wahrnehmungen, ich weiß daß wenn der Dichterſchwung
mich ergriff, ſich das Unendliche, das Ungeborne vor
mir aufthun würde mich durchzulaſſen. — Ich ſeh! —
und wenn ich was Wahres ſchaue ſei der Keim ſo klein
noch, ſo in ſich gedrängt, mich begeiſtert der ihm ſelbſt
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/126>, abgerufen am 24.11.2024.
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