wissen? wenn rings die Schönheit der Erde aufwallt, da wär ich wohl der närrische Pedant dazu? -- Mit Dir Günderode möcht ich Arm in Arm dahin schlendern, kommst Du heut nicht so kommst Du morgen, alle Zeit füllt sich ja so himmlisch, was sollen wir sorgen wo wir hinkommen? -- Sturm und Gewitter schreibt in die Brust Unvergängliches wie der heitre Tag; jeder Weg führt zu geheimen Reizen der Natur, warum sollen wir nicht, wenns uns lockt, folgen dem strebenden Herzen, den Gestalten, dem Glanz der Fluren -- irren hier und dort herum, wie die Lämmer weiden. -- Warum nach einem Plan das Schöne aufsuchen? -- am End ist doch der Zufall, der Reichen großmüthigster; warum nicht ihm anhängen? -- läßt sich Gott nicht in ihm am innigsten mit der Seele ein? befriedigt am liebendsten ihre geheimen Wünsche?
Ich denk mich so oft mit Dir wandlend, zum nächsten Thor hinaus dem reizendsten Pfad entlang, der Clemens aber drängt mich an des Parnassus Stufen und will ich soll hinauf, und so hab ich ihm geschrieben: "Am Dichten hindert mich mein Gewissen, wenn ich denk wie viel reiner tiefer Sinn dazu gehört, um so weniger kann ich mirs zutrauen; manchmal wandelt es mich freilich an, ich sehne mich
wiſſen? wenn rings die Schönheit der Erde aufwallt, da wär ich wohl der närriſche Pedant dazu? — Mit Dir Günderode möcht ich Arm in Arm dahin ſchlendern, kommſt Du heut nicht ſo kommſt Du morgen, alle Zeit füllt ſich ja ſo himmliſch, was ſollen wir ſorgen wo wir hinkommen? — Sturm und Gewitter ſchreibt in die Bruſt Unvergängliches wie der heitre Tag; jeder Weg führt zu geheimen Reizen der Natur, warum ſollen wir nicht, wenns uns lockt, folgen dem ſtrebenden Herzen, den Geſtalten, dem Glanz der Fluren — irren hier und dort herum, wie die Lämmer weiden. — Warum nach einem Plan das Schöne aufſuchen? — am End iſt doch der Zufall, der Reichen großmüthigſter; warum nicht ihm anhängen? — läßt ſich Gott nicht in ihm am innigſten mit der Seele ein? befriedigt am liebendſten ihre geheimen Wünſche?
Ich denk mich ſo oft mit Dir wandlend, zum nächſten Thor hinaus dem reizendſten Pfad entlang, der Clemens aber drängt mich an des Parnaſſus Stufen und will ich ſoll hinauf, und ſo hab ich ihm geſchrieben: „Am Dichten hindert mich mein Gewiſſen, wenn ich denk wie viel reiner tiefer Sinn dazu gehört, um ſo weniger kann ich mirs zutrauen; manchmal wandelt es mich freilich an, ich ſehne mich
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wiſſen? wenn rings die Schönheit der Erde aufwallt, da
wär ich wohl der närriſche Pedant dazu? — Mit Dir
Günderode möcht ich Arm in Arm dahin ſchlendern,
kommſt Du heut nicht ſo kommſt Du morgen, alle Zeit
füllt ſich ja ſo himmliſch, was ſollen wir ſorgen wo wir
hinkommen? — Sturm und Gewitter ſchreibt in die Bruſt
Unvergängliches wie der heitre Tag; jeder Weg führt
zu geheimen Reizen der Natur, warum ſollen wir nicht,
wenns uns lockt, folgen dem ſtrebenden Herzen, den
Geſtalten, dem Glanz der Fluren — irren hier und
dort herum, wie die Lämmer weiden. — Warum nach
einem Plan das Schöne aufſuchen? — am End iſt doch
der Zufall, der Reichen großmüthigſter; warum nicht
ihm anhängen? — läßt ſich Gott nicht in ihm am
innigſten mit der Seele ein? befriedigt am liebendſten
ihre geheimen Wünſche?
Ich denk mich ſo oft mit Dir wandlend, zum
nächſten Thor hinaus dem reizendſten Pfad entlang,
der Clemens aber drängt mich an des Parnaſſus
Stufen und will ich ſoll hinauf, und ſo hab ich
ihm geſchrieben: „Am Dichten hindert mich mein
Gewiſſen, wenn ich denk wie viel reiner tiefer Sinn
dazu gehört, um ſo weniger kann ich mirs zutrauen;
manchmal wandelt es mich freilich an, ich ſehne mich
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/124>, abgerufen am 28.11.2024.
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