der Wiege, die Du auf dem großen Ocean schwimmend vor Dir hergetrieben hast, hinaus in die Wellen, weil Du in die Sonne fahren willst, unter die Sterne und im Meer zerrinnen. -- Mir ist schwindelig, taumelig. -- So ist einem der vom Feuer verzehrt wird, und kann doch kein Wasser dulden das es lösche. Du verstehst mich nicht, und wenn Du noch so klug bist und alles verstehst, das Kind in Deine Brust geboren, das ver¬ stehst Du nicht. -- Ich weiß wohl wie mirs gehen wird mein ganzes Leben, ich weiß es wohl. Leb wohl.
Bettine.
Heut haben wir den 19. Mai, am 7. Mai hats zum erstenmal gedonnert in diesem Jahr, das wird grad gewesen sein wo Du das verdammte apokaliptische Fie¬ ber hattest.
Noch vierzehn Tag bleiben wir, alles blüht, ein Ab¬ hang voll Kirschbäume, so dunkelrothe Stämmchen so jung wie unser eins, ich geh alle Morgen früh hinaus, und such die Raupennester dort ab, so viel ich hinan reichen kann bieg ich die Zweige herab und brech die boshaften Raupennester heraus, sie sollen sich freuen dies Jahr, die Bäume, und nicht mit kahlen Häuptern da stehen vor dem Herbst. -- Ich thus auch, weil ich mich gegen Dich zu¬
2**
der Wiege, die Du auf dem großen Ocean ſchwimmend vor Dir hergetrieben haſt, hinaus in die Wellen, weil Du in die Sonne fahren willſt, unter die Sterne und im Meer zerrinnen. — Mir iſt ſchwindelig, taumelig. — So iſt einem der vom Feuer verzehrt wird, und kann doch kein Waſſer dulden das es löſche. Du verſtehſt mich nicht, und wenn Du noch ſo klug biſt und alles verſtehſt, das Kind in Deine Bruſt geboren, das ver¬ ſtehſt Du nicht. — Ich weiß wohl wie mirs gehen wird mein ganzes Leben, ich weiß es wohl. Leb wohl.
Bettine.
Heut haben wir den 19. Mai, am 7. Mai hats zum erſtenmal gedonnert in dieſem Jahr, das wird grad geweſen ſein wo Du das verdammte apokaliptiſche Fie¬ ber hatteſt.
Noch vierzehn Tag bleiben wir, alles blüht, ein Ab¬ hang voll Kirſchbäume, ſo dunkelrothe Stämmchen ſo jung wie unſer eins, ich geh alle Morgen früh hinaus, und ſuch die Raupenneſter dort ab, ſo viel ich hinan reichen kann bieg ich die Zweige herab und brech die boshaften Raupenneſter heraus, ſie ſollen ſich freuen dies Jahr, die Bäume, und nicht mit kahlen Häuptern da ſtehen vor dem Herbſt. — Ich thus auch, weil ich mich gegen Dich zu¬
2**
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0049"n="33"/>
der Wiege, die Du auf dem großen Ocean ſchwimmend<lb/>
vor Dir hergetrieben haſt, hinaus in die Wellen, weil<lb/>
Du in die Sonne fahren willſt, unter die Sterne und<lb/>
im Meer zerrinnen. — Mir iſt ſchwindelig, taumelig. —<lb/>
So iſt einem der vom Feuer verzehrt wird, und kann<lb/>
doch kein Waſſer dulden das es löſche. Du verſtehſt<lb/>
mich nicht, und wenn Du noch ſo klug biſt und alles<lb/>
verſtehſt, das Kind in Deine Bruſt geboren, das ver¬<lb/>ſtehſt Du nicht. — Ich weiß wohl wie mirs gehen<lb/>
wird mein ganzes Leben, ich weiß es wohl. Leb wohl.</p><lb/><prendition="#right">Bettine.</p><lb/><p>Heut haben wir den 19. Mai, am 7. Mai hats<lb/>
zum erſtenmal gedonnert in dieſem Jahr, das wird grad<lb/>
geweſen ſein wo Du das verdammte apokaliptiſche Fie¬<lb/>
ber hatteſt.</p><lb/><p>Noch vierzehn Tag bleiben wir, alles blüht, ein Ab¬<lb/>
hang voll Kirſchbäume, ſo dunkelrothe Stämmchen ſo jung<lb/>
wie unſer eins, ich geh alle Morgen früh hinaus, und<lb/>ſuch die Raupenneſter dort ab, ſo viel ich hinan reichen<lb/>
kann bieg ich die Zweige herab und brech die boshaften<lb/>
Raupenneſter heraus, ſie ſollen ſich freuen dies Jahr, die<lb/>
Bäume, und nicht mit kahlen Häuptern da ſtehen vor dem<lb/>
Herbſt. — Ich thus auch, weil ich mich gegen Dich zu¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">2**<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[33/0049]
der Wiege, die Du auf dem großen Ocean ſchwimmend
vor Dir hergetrieben haſt, hinaus in die Wellen, weil
Du in die Sonne fahren willſt, unter die Sterne und
im Meer zerrinnen. — Mir iſt ſchwindelig, taumelig. —
So iſt einem der vom Feuer verzehrt wird, und kann
doch kein Waſſer dulden das es löſche. Du verſtehſt
mich nicht, und wenn Du noch ſo klug biſt und alles
verſtehſt, das Kind in Deine Bruſt geboren, das ver¬
ſtehſt Du nicht. — Ich weiß wohl wie mirs gehen
wird mein ganzes Leben, ich weiß es wohl. Leb wohl.
Bettine.
Heut haben wir den 19. Mai, am 7. Mai hats
zum erſtenmal gedonnert in dieſem Jahr, das wird grad
geweſen ſein wo Du das verdammte apokaliptiſche Fie¬
ber hatteſt.
Noch vierzehn Tag bleiben wir, alles blüht, ein Ab¬
hang voll Kirſchbäume, ſo dunkelrothe Stämmchen ſo jung
wie unſer eins, ich geh alle Morgen früh hinaus, und
ſuch die Raupenneſter dort ab, ſo viel ich hinan reichen
kann bieg ich die Zweige herab und brech die boshaften
Raupenneſter heraus, ſie ſollen ſich freuen dies Jahr, die
Bäume, und nicht mit kahlen Häuptern da ſtehen vor dem
Herbſt. — Ich thus auch, weil ich mich gegen Dich zu¬
2**
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/49>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.