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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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Mensch kanns brauchen, selbst der Clemens würde fürch¬
ten daß ich übergeschnappt sei, von Dir erwart ich daß
Du mich ungestört anhörst, es ist doch einmal nicht zu
ändern, Ihr gebt Euch Mühe meine Gedanken zu con¬
zentriren
(auf etwas fest richten soll das glaub ich
heißen) das ist aber grad was nie geschehen wird, denn
ich selbst kanns nicht erzwingen von mir, ich sag mir
oft, nur jeden Tag eine halbe Stunde Geduld, so wirst
du gewiß Herr über Alles was du lernen magst. --
Aber wenn ich das denk so schauderts mich, als ob ich
gesündigt hätt mit dem Gedanken. Gestern nahm mich
die Großmama ins Gebet über meine vermöglichen Fä¬
higkeiten, sie sagt wer den Most nicht fassen kann in
Gefäße der kann ihn nicht bewahren, da hielt sie mich
mit beiden Händen und sah mich so groß an, da ver¬
sprach ich ihr alles, da sagte sie: lern doch Latein, und
ich versprachs ihr aber gleich befiel mich eine freveliche
Angst, und mir klopfte das Herz vor Ungeduld daß sie
mich loslassen solle, aber aus Ehrfurcht bleib ich vor
ihr stehen, und wie sie sah daß meine Wangen so brenn¬
ten, da sagt sie geh hinaus liebs Mädele in die Luft
und morgen wollen wir weiter sprechen. -- Gleich klet¬
tert ich aufs Dach von der Waschküch und erwischte
so einen Acacienzweig und kletterte hinüber auf den

Menſch kanns brauchen, ſelbſt der Clemens würde fürch¬
ten daß ich übergeſchnappt ſei, von Dir erwart ich daß
Du mich ungeſtört anhörſt, es iſt doch einmal nicht zu
ändern, Ihr gebt Euch Mühe meine Gedanken zu con¬
zentriren
(auf etwas feſt richten ſoll das glaub ich
heißen) das iſt aber grad was nie geſchehen wird, denn
ich ſelbſt kanns nicht erzwingen von mir, ich ſag mir
oft, nur jeden Tag eine halbe Stunde Geduld, ſo wirſt
du gewiß Herr über Alles was du lernen magſt. —
Aber wenn ich das denk ſo ſchauderts mich, als ob ich
geſündigt hätt mit dem Gedanken. Geſtern nahm mich
die Großmama ins Gebet über meine vermöglichen Fä¬
higkeiten, ſie ſagt wer den Moſt nicht faſſen kann in
Gefäße der kann ihn nicht bewahren, da hielt ſie mich
mit beiden Händen und ſah mich ſo groß an, da ver¬
ſprach ich ihr alles, da ſagte ſie: lern doch Latein, und
ich verſprachs ihr aber gleich befiel mich eine freveliche
Angſt, und mir klopfte das Herz vor Ungeduld daß ſie
mich loslaſſen ſolle, aber aus Ehrfurcht bleib ich vor
ihr ſtehen, und wie ſie ſah daß meine Wangen ſo brenn¬
ten, da ſagt ſie geh hinaus liebs Mädele in die Luft
und morgen wollen wir weiter ſprechen. — Gleich klet¬
tert ich aufs Dach von der Waſchküch und erwiſchte
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[402/0418] Menſch kanns brauchen, ſelbſt der Clemens würde fürch¬ ten daß ich übergeſchnappt ſei, von Dir erwart ich daß Du mich ungeſtört anhörſt, es iſt doch einmal nicht zu ändern, Ihr gebt Euch Mühe meine Gedanken zu con¬ zentriren (auf etwas feſt richten ſoll das glaub ich heißen) das iſt aber grad was nie geſchehen wird, denn ich ſelbſt kanns nicht erzwingen von mir, ich ſag mir oft, nur jeden Tag eine halbe Stunde Geduld, ſo wirſt du gewiß Herr über Alles was du lernen magſt. — Aber wenn ich das denk ſo ſchauderts mich, als ob ich geſündigt hätt mit dem Gedanken. Geſtern nahm mich die Großmama ins Gebet über meine vermöglichen Fä¬ higkeiten, ſie ſagt wer den Moſt nicht faſſen kann in Gefäße der kann ihn nicht bewahren, da hielt ſie mich mit beiden Händen und ſah mich ſo groß an, da ver¬ ſprach ich ihr alles, da ſagte ſie: lern doch Latein, und ich verſprachs ihr aber gleich befiel mich eine freveliche Angſt, und mir klopfte das Herz vor Ungeduld daß ſie mich loslaſſen ſolle, aber aus Ehrfurcht bleib ich vor ihr ſtehen, und wie ſie ſah daß meine Wangen ſo brenn¬ ten, da ſagt ſie geh hinaus liebs Mädele in die Luft und morgen wollen wir weiter ſprechen. — Gleich klet¬ tert ich aufs Dach von der Waſchküch und erwiſchte ſo einen Acacienzweig und kletterte hinüber auf den

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/418>, abgerufen am 29.11.2024.