Es ward windig da saßen wir beide in seinen Mantel ge¬ wickelt, und sahen den Wolken zu wie sie sich eilten, da sagte der Clemens so viel von Dir was Dich gewiß freut, Du seist so hell wie der Mond. -- Das flüchtige un¬ stete Wesen was Dich oft befalle sei nur wie Wolken die über den Mond hinziehen und verdunklen -- aber Du selber seist reines poetisches Licht und Du drängest tief ins Gehör, der Klang Deiner Gedichte sei Geistes¬ musik, -- und dies sei jetzt nur der Eingang zum Gei¬ stesconzert indem sich immer und nach allen Seiten Me¬ lodieen entfalten; und es sei so edel sich innerlich einem solchen Leben hingeben, und so könnte und sollte ich auch mich sammeln, daß ich meinen Geist nicht weg¬ werfe und ein Leben führe das würdig sei. -- Was meinst Du daß ich zu all diesem gesagt hab? -- Nichts! -- mir wird bang einen Augenblick, daß ich so selbst¬ verlassen bin, und daß sich mein Geist nichts um mich bekümmern will, in die Weite hinausschweift, wo eine Biene sich unscheinbare Blüthen sucht, von denen nippt -- aber Honig will er nicht machen, er verzehrt alles selber. -- Da nun die Biene aus Instinkt Honig macht, mein Geist aber nicht, so wird der wohl nicht überwin¬ tern wo er dann keinen Vorrath braucht, -- er gehört, wohl ins Land wo ewiger Frühling ist. Der Cle¬
Es ward windig da ſaßen wir beide in ſeinen Mantel ge¬ wickelt, und ſahen den Wolken zu wie ſie ſich eilten, da ſagte der Clemens ſo viel von Dir was Dich gewiß freut, Du ſeiſt ſo hell wie der Mond. — Das flüchtige un¬ ſtete Weſen was Dich oft befalle ſei nur wie Wolken die über den Mond hinziehen und verdunklen — aber Du ſelber ſeiſt reines poetiſches Licht und Du drängeſt tief ins Gehör, der Klang Deiner Gedichte ſei Geiſtes¬ muſik, — und dies ſei jetzt nur der Eingang zum Gei¬ ſtesconzert indem ſich immer und nach allen Seiten Me¬ lodieen entfalten; und es ſei ſo edel ſich innerlich einem ſolchen Leben hingeben, und ſo könnte und ſollte ich auch mich ſammeln, daß ich meinen Geiſt nicht weg¬ werfe und ein Leben führe das würdig ſei. — Was meinſt Du daß ich zu all dieſem geſagt hab? — Nichts! — mir wird bang einen Augenblick, daß ich ſo ſelbſt¬ verlaſſen bin, und daß ſich mein Geiſt nichts um mich bekümmern will, in die Weite hinausſchweift, wo eine Biene ſich unſcheinbare Blüthen ſucht, von denen nippt — aber Honig will er nicht machen, er verzehrt alles ſelber. — Da nun die Biene aus Inſtinkt Honig macht, mein Geiſt aber nicht, ſo wird der wohl nicht überwin¬ tern wo er dann keinen Vorrath braucht, — er gehört, wohl ins Land wo ewiger Frühling iſt. Der Cle¬
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Es ward windig da ſaßen wir beide in ſeinen Mantel ge¬
wickelt, und ſahen den Wolken zu wie ſie ſich eilten, da
ſagte der Clemens ſo viel von Dir was Dich gewiß freut,
Du ſeiſt ſo hell wie der Mond. — Das flüchtige un¬
ſtete Weſen was Dich oft befalle ſei nur wie Wolken
die über den Mond hinziehen und verdunklen — aber
Du ſelber ſeiſt reines poetiſches Licht und Du drängeſt
tief ins Gehör, der Klang Deiner Gedichte ſei Geiſtes¬
muſik, — und dies ſei jetzt nur der Eingang zum Gei¬
ſtesconzert indem ſich immer und nach allen Seiten Me¬
lodieen entfalten; und es ſei ſo edel ſich innerlich einem
ſolchen Leben hingeben, und ſo könnte und ſollte ich
auch mich ſammeln, daß ich meinen Geiſt nicht weg¬
werfe und ein Leben führe das würdig ſei. — Was
meinſt Du daß ich zu all dieſem geſagt hab? — Nichts!
— mir wird bang einen Augenblick, daß ich ſo ſelbſt¬
verlaſſen bin, und daß ſich mein Geiſt nichts um mich
bekümmern will, in die Weite hinausſchweift, wo eine
Biene ſich unſcheinbare Blüthen ſucht, von denen nippt
— aber Honig will er nicht machen, er verzehrt alles
ſelber. — Da nun die Biene aus Inſtinkt Honig macht,
mein Geiſt aber nicht, ſo wird der wohl nicht überwin¬
tern wo er dann keinen Vorrath braucht, — er gehört,
wohl ins Land wo ewiger Frühling iſt. Der Cle¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/395>, abgerufen am 27.11.2024.
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