werbe-- ai-je raison? seine Reden machten mir Eindruck, er war in Begleitung einer Herzogin von Bouillon (Hes¬ sen-Rothenburg) und einer Prinzeß Biron die Mittags auch die Großmama besucht hatten, durch Frankfurt ge¬ kommen, ein Graf Catälan hat ihn zur Großmama ge¬ führt, die litt nicht, daß die Emigranten wie gewöhn¬ lich Politik sprachen weil sie meistens getheilter Gesin¬ nung sind, später erzählte sie daß sein Bruder jener Va¬ ricourt sei der als garde du roi am 6. October 1790 in Versailles an der Thür der Königin ermordet wurde als er ihr zurief: Königinn! retten Sie sich, es ist der letzte Dienst den ich Ihnen leiste, die Großmama erzählte mir von seiner Mutter die sie kurz nachher in der Schweiz auf einem verfallenen Landsitz bei Nyon getroffen hatte in einer düstern großen Vorhalle die zugleich Küche war mit alten wollnen Tapeten so faltig be¬ hangen, ein altes Ruhebett auf dem der Hut ihres Sohns mit weißer Cocarde lag, ein paar Strohstühl¬ chen ein ungeheuer großer Camin mit einem kleinen Feuer von einigen Rebenreiser wo ein Kesselchen mit Theewasser für die kranke alte Frau kochte, eine schla¬ fende Katze zu ihren Füßen, ein einziges schmales hohes Fenster in diesem zerfallenen Wohnsitz einer ausgestor¬
werbe— ai-je raison? ſeine Reden machten mir Eindruck, er war in Begleitung einer Herzogin von Bouillon (Heſ¬ ſen-Rothenburg) und einer Prinzeß Biron die Mittags auch die Großmama beſucht hatten, durch Frankfurt ge¬ kommen, ein Graf Catälan hat ihn zur Großmama ge¬ führt, die litt nicht, daß die Emigranten wie gewöhn¬ lich Politik ſprachen weil ſie meiſtens getheilter Geſin¬ nung ſind, ſpäter erzählte ſie daß ſein Bruder jener Va¬ ricourt ſei der als garde du roi am 6. October 1790 in Verſailles an der Thür der Königin ermordet wurde als er ihr zurief: Königinn! retten Sie ſich, es iſt der letzte Dienſt den ich Ihnen leiſte, die Großmama erzählte mir von ſeiner Mutter die ſie kurz nachher in der Schweiz auf einem verfallenen Landſitz bei Nyon getroffen hatte in einer düſtern großen Vorhalle die zugleich Küche war mit alten wollnen Tapeten ſo faltig be¬ hangen, ein altes Ruhebett auf dem der Hut ihres Sohns mit weißer Cocarde lag, ein paar Strohſtühl¬ chen ein ungeheuer großer Camin mit einem kleinen Feuer von einigen Rebenreiſer wo ein Keſſelchen mit Theewaſſer für die kranke alte Frau kochte, eine ſchla¬ fende Katze zu ihren Füßen, ein einziges ſchmales hohes Fenſter in dieſem zerfallenen Wohnſitz einer ausgeſtor¬
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er war in Begleitung einer Herzogin von Bouillon (Heſ¬
ſen-Rothenburg) und einer Prinzeß Biron die Mittags
auch die Großmama beſucht hatten, durch Frankfurt ge¬
kommen, ein Graf Catälan hat ihn zur Großmama ge¬
führt, die litt nicht, daß die Emigranten wie gewöhn¬
lich Politik ſprachen weil ſie meiſtens getheilter Geſin¬
nung ſind, ſpäter erzählte ſie daß ſein Bruder jener Va¬
ricourt ſei der als garde du roi am 6. October 1790 in
Verſailles an der Thür der Königin ermordet wurde als
er ihr zurief: Königinn! retten Sie ſich, es iſt der letzte
Dienſt den ich Ihnen leiſte, die Großmama erzählte mir
von ſeiner Mutter die ſie kurz nachher in der Schweiz
auf einem verfallenen Landſitz bei Nyon getroffen
hatte in einer düſtern großen Vorhalle die zugleich
Küche war mit alten wollnen Tapeten ſo faltig be¬
hangen, ein altes Ruhebett auf dem der Hut ihres
Sohns mit weißer Cocarde lag, ein paar Strohſtühl¬
chen ein ungeheuer großer Camin mit einem kleinen
Feuer von einigen Rebenreiſer wo ein Keſſelchen mit
Theewaſſer für die kranke alte Frau kochte, eine ſchla¬
fende Katze zu ihren Füßen, ein einziges ſchmales hohes
Fenſter in dieſem zerfallenen Wohnſitz einer ausgeſtor¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/384>, abgerufen am 26.11.2024.
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