ihr die Hand drauf geben wollen, aber ich wußte nicht was katholisch sei -- ich half mir; alles was nicht lu¬ therisch ist, das sei katholisch. Alles was man lernen muß hüllt den Verstand in eine Nebelkappe daß die Wahrheit uns nicht einleuchte. Alles was wir zu thun bewogen sind ist Eselei. -- Meinungen von geistreichen Männern zu hören was der Großmama ihre Passion ist, das scheint mir leeres Stroh, liebe Großmama -- Du kannst doch nicht läugnen liebes Kind daß sie die Welt verstehen und dazu berufen sind sie zu leiten? sagte sie gestern. -- Nein liebe Großmama mir scheint vielmehr daß ich dazu berufen bin. "Geh schlaf aus Du bist e närrisch's Dingle."
Bei der Großmama wird jetzt Abends allerlei Politisches unter den Emigranten verhandelt da wird die Umwälzung des großen Weltkürbiß von allen Seiten versucht, er deucht ihnen angefault. Außer Choiseil, Ducailas, D'Allaris die immer das Wort führen, kamen gestern noch ein Herr von Marcelange und Varicourt, dieser letztere besonders schön von edler Haltung, ritterlich, ich könnt keinen Augenblick glauben daß ihm je etwas Unebenes in den Sinn komme; er wendete sich immer zu mir als ob er um meinen Beifall
ihr die Hand drauf geben wollen, aber ich wußte nicht was katholiſch ſei — ich half mir; alles was nicht lu¬ theriſch iſt, das ſei katholiſch. Alles was man lernen muß hüllt den Verſtand in eine Nebelkappe daß die Wahrheit uns nicht einleuchte. Alles was wir zu thun bewogen ſind iſt Eſelei. — Meinungen von geiſtreichen Männern zu hören was der Großmama ihre Paſſion iſt, das ſcheint mir leeres Stroh, liebe Großmama — Du kannſt doch nicht läugnen liebes Kind daß ſie die Welt verſtehen und dazu berufen ſind ſie zu leiten? ſagte ſie geſtern. — Nein liebe Großmama mir ſcheint vielmehr daß ich dazu berufen bin. „Geh ſchlaf aus Du biſt e närriſch's Dingle.“
Bei der Großmama wird jetzt Abends allerlei Politiſches unter den Emigranten verhandelt da wird die Umwälzung des großen Weltkürbiß von allen Seiten verſucht, er deucht ihnen angefault. Außer Choiſeil, Ducailas, D'Allaris die immer das Wort führen, kamen geſtern noch ein Herr von Marcelange und Varicourt, dieſer letztere beſonders ſchön von edler Haltung, ritterlich, ich könnt keinen Augenblick glauben daß ihm je etwas Unebenes in den Sinn komme; er wendete ſich immer zu mir als ob er um meinen Beifall
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0383"n="367"/>
ihr die Hand drauf geben wollen, aber ich wußte nicht<lb/>
was katholiſch ſei — ich half mir; alles was nicht lu¬<lb/>
theriſch iſt, das ſei katholiſch. Alles was man lernen<lb/>
muß hüllt den Verſtand in eine Nebelkappe daß die<lb/>
Wahrheit uns nicht einleuchte. Alles was wir zu thun<lb/>
bewogen ſind iſt Eſelei. — Meinungen von geiſtreichen<lb/>
Männern zu hören was der Großmama ihre Paſſion<lb/>
iſt, das ſcheint mir leeres Stroh, liebe Großmama —<lb/>
Du kannſt doch nicht läugnen liebes Kind daß ſie die<lb/>
Welt verſtehen und dazu berufen ſind ſie zu leiten?<lb/>ſagte ſie geſtern. — Nein liebe Großmama mir ſcheint<lb/>
vielmehr daß ich dazu berufen bin. „Geh ſchlaf aus<lb/>
Du biſt e närriſch's Dingle.“</p><lb/><p>Bei der Großmama wird jetzt Abends allerlei<lb/>
Politiſches unter den Emigranten verhandelt da wird<lb/>
die Umwälzung des großen Weltkürbiß von allen<lb/>
Seiten verſucht, er deucht ihnen angefault. Außer<lb/>
Choiſeil, Ducailas, D'Allaris die immer das Wort<lb/>
führen, kamen geſtern noch ein Herr von Marcelange<lb/>
und Varicourt, dieſer letztere beſonders ſchön von edler<lb/>
Haltung, ritterlich, ich könnt keinen Augenblick glauben<lb/>
daß ihm je etwas Unebenes in den Sinn komme; er<lb/>
wendete ſich immer zu mir als ob er um meinen Beifall<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[367/0383]
ihr die Hand drauf geben wollen, aber ich wußte nicht
was katholiſch ſei — ich half mir; alles was nicht lu¬
theriſch iſt, das ſei katholiſch. Alles was man lernen
muß hüllt den Verſtand in eine Nebelkappe daß die
Wahrheit uns nicht einleuchte. Alles was wir zu thun
bewogen ſind iſt Eſelei. — Meinungen von geiſtreichen
Männern zu hören was der Großmama ihre Paſſion
iſt, das ſcheint mir leeres Stroh, liebe Großmama —
Du kannſt doch nicht läugnen liebes Kind daß ſie die
Welt verſtehen und dazu berufen ſind ſie zu leiten?
ſagte ſie geſtern. — Nein liebe Großmama mir ſcheint
vielmehr daß ich dazu berufen bin. „Geh ſchlaf aus
Du biſt e närriſch's Dingle.“
Bei der Großmama wird jetzt Abends allerlei
Politiſches unter den Emigranten verhandelt da wird
die Umwälzung des großen Weltkürbiß von allen
Seiten verſucht, er deucht ihnen angefault. Außer
Choiſeil, Ducailas, D'Allaris die immer das Wort
führen, kamen geſtern noch ein Herr von Marcelange
und Varicourt, dieſer letztere beſonders ſchön von edler
Haltung, ritterlich, ich könnt keinen Augenblick glauben
daß ihm je etwas Unebenes in den Sinn komme; er
wendete ſich immer zu mir als ob er um meinen Beifall
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/383>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.