Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

menschlichen Augen darfst Du sie nicht mehr sehen las¬
sen, ein sauberes Ansehen erhalten sie nicht wieder. --
Dann flattert das blaue Band an Deiner Guitarre,
nun schon seitdem Du weg bist, zum großen Gau¬
dium der Schulkinder gegenüber, so lang es ist zum
Fenster hinaus, hat Regen und Sonnenschein ausge¬
halten und ist sehr abgeblaßt, dabei ist die Guitarre
auch nicht geschont worden, ich hab die Liesbet ein we¬
nig vorgenommen, daß sie nicht so gescheut war das
Fenster zuzumachen hinter den dunklen Plänen, sie
entschuldigte sich weils hinter den grünseidnen Vorhän¬
gen versteckt war, da doch so oft die Thüre aufgeht,
die Fenster vom Zugwind sich bewegen. Dein Riesen¬
schilf am Spiegel ist noch grün, ich hab ihm frisch
Wasser geben lassen. Dein Kasten mit Hafer und was
sonst noch drein gesäet ist, ist alles durch einander em¬
porgewachsen, es deucht mir viel Unkraut drunter zu
sein, da ich es aber nicht genau unterscheiden kann, so
hab ich nicht gewagt etwas auszureißen, von Büchern
hab ich gefunden auf der Erde, den Ossian, die Sa¬
contala, die Frankfurter Kronik, den zweiten Band
Hemsterhuis, den ich zu mir genommen habe, weil ich
den ersten Band von Dir habe, im Hemsterhuis lag bei¬
folgender philosophischer Aufsatz, den ich mir zu schenken

menſchlichen Augen darfſt Du ſie nicht mehr ſehen laſ¬
ſen, ein ſauberes Anſehen erhalten ſie nicht wieder. —
Dann flattert das blaue Band an Deiner Guitarre,
nun ſchon ſeitdem Du weg biſt, zum großen Gau¬
dium der Schulkinder gegenüber, ſo lang es iſt zum
Fenſter hinaus, hat Regen und Sonnenſchein ausge¬
halten und iſt ſehr abgeblaßt, dabei iſt die Guitarre
auch nicht geſchont worden, ich hab die Liesbet ein we¬
nig vorgenommen, daß ſie nicht ſo geſcheut war das
Fenſter zuzumachen hinter den dunklen Plänen, ſie
entſchuldigte ſich weils hinter den grünſeidnen Vorhän¬
gen verſteckt war, da doch ſo oft die Thüre aufgeht,
die Fenſter vom Zugwind ſich bewegen. Dein Rieſen¬
ſchilf am Spiegel iſt noch grün, ich hab ihm friſch
Waſſer geben laſſen. Dein Kaſten mit Hafer und was
ſonſt noch drein geſäet iſt, iſt alles durch einander em¬
porgewachſen, es deucht mir viel Unkraut drunter zu
ſein, da ich es aber nicht genau unterſcheiden kann, ſo
hab ich nicht gewagt etwas auszureißen, von Büchern
hab ich gefunden auf der Erde, den Oſſian, die Sa¬
contala, die Frankfurter Kronik, den zweiten Band
Hemſterhuis, den ich zu mir genommen habe, weil ich
den erſten Band von Dir habe, im Hemſterhuis lag bei¬
folgender philoſophiſcher Aufſatz, den ich mir zu ſchenken

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0038" n="22"/>
men&#x017F;chlichen Augen darf&#x017F;t Du &#x017F;ie nicht mehr &#x017F;ehen la&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en, ein &#x017F;auberes An&#x017F;ehen erhalten &#x017F;ie nicht wieder. &#x2014;<lb/>
Dann flattert das blaue Band an Deiner Guitarre,<lb/>
nun &#x017F;chon &#x017F;eitdem Du weg bi&#x017F;t, zum großen Gau¬<lb/>
dium der Schulkinder gegenüber, &#x017F;o lang es i&#x017F;t zum<lb/>
Fen&#x017F;ter hinaus, hat Regen und Sonnen&#x017F;chein ausge¬<lb/>
halten und i&#x017F;t &#x017F;ehr abgeblaßt, dabei i&#x017F;t die Guitarre<lb/>
auch nicht ge&#x017F;chont worden, ich hab die Liesbet ein we¬<lb/>
nig vorgenommen, daß &#x017F;ie nicht &#x017F;o ge&#x017F;cheut war das<lb/>
Fen&#x017F;ter zuzumachen hinter den dunklen Plänen, &#x017F;ie<lb/>
ent&#x017F;chuldigte &#x017F;ich weils hinter den grün&#x017F;eidnen Vorhän¬<lb/>
gen ver&#x017F;teckt war, da doch &#x017F;o oft die Thüre aufgeht,<lb/>
die Fen&#x017F;ter vom Zugwind &#x017F;ich bewegen. Dein Rie&#x017F;en¬<lb/>
&#x017F;chilf am Spiegel i&#x017F;t noch grün, ich hab ihm fri&#x017F;ch<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er geben la&#x017F;&#x017F;en. Dein Ka&#x017F;ten mit Hafer und was<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t noch drein ge&#x017F;äet i&#x017F;t, i&#x017F;t alles durch einander em¬<lb/>
porgewach&#x017F;en, es deucht mir viel Unkraut drunter zu<lb/>
&#x017F;ein, da ich es aber nicht genau unter&#x017F;cheiden kann, &#x017F;o<lb/>
hab ich nicht gewagt etwas auszureißen, von Büchern<lb/>
hab ich gefunden auf der Erde, den O&#x017F;&#x017F;ian, die Sa¬<lb/>
contala, die Frankfurter Kronik, den zweiten Band<lb/>
Hem&#x017F;terhuis, den ich zu mir genommen habe, weil ich<lb/>
den er&#x017F;ten Band von Dir habe, im Hem&#x017F;terhuis lag bei¬<lb/>
folgender philo&#x017F;ophi&#x017F;cher Auf&#x017F;atz, den ich mir zu &#x017F;chenken<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0038] menſchlichen Augen darfſt Du ſie nicht mehr ſehen laſ¬ ſen, ein ſauberes Anſehen erhalten ſie nicht wieder. — Dann flattert das blaue Band an Deiner Guitarre, nun ſchon ſeitdem Du weg biſt, zum großen Gau¬ dium der Schulkinder gegenüber, ſo lang es iſt zum Fenſter hinaus, hat Regen und Sonnenſchein ausge¬ halten und iſt ſehr abgeblaßt, dabei iſt die Guitarre auch nicht geſchont worden, ich hab die Liesbet ein we¬ nig vorgenommen, daß ſie nicht ſo geſcheut war das Fenſter zuzumachen hinter den dunklen Plänen, ſie entſchuldigte ſich weils hinter den grünſeidnen Vorhän¬ gen verſteckt war, da doch ſo oft die Thüre aufgeht, die Fenſter vom Zugwind ſich bewegen. Dein Rieſen¬ ſchilf am Spiegel iſt noch grün, ich hab ihm friſch Waſſer geben laſſen. Dein Kaſten mit Hafer und was ſonſt noch drein geſäet iſt, iſt alles durch einander em¬ porgewachſen, es deucht mir viel Unkraut drunter zu ſein, da ich es aber nicht genau unterſcheiden kann, ſo hab ich nicht gewagt etwas auszureißen, von Büchern hab ich gefunden auf der Erde, den Oſſian, die Sa¬ contala, die Frankfurter Kronik, den zweiten Band Hemſterhuis, den ich zu mir genommen habe, weil ich den erſten Band von Dir habe, im Hemſterhuis lag bei¬ folgender philoſophiſcher Aufſatz, den ich mir zu ſchenken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/38
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/38>, abgerufen am 28.11.2024.