gefügt, noch unreif, blendend weiß, da mein ich immer, ich müßt mit Gewalt wissen lernen was alle diese Formen sprechen, denn gewiß ists, alles geschaffene ist durch den heiligen Geist erzeugt. Es ist unmöglich daß eine Form sei, sie ist denn durch Gottes Wort, Es Werde, hervorgegangen. Nun, was durch den ewi¬ gen Erzeugungswillen hervorgeht das muß doch eine Selbstsprache haben, das muß sich nemlich aussprechen und sich auch beantworten. Dein Leben muß doch eine Sprache führen, denn sonst ist es ja nichts. Also wen Gott liebt mit dem führt er Gespräche, also blos Liebes¬ gespräche, -- ja was ist auch Gespräch als blos die Liebe, -- so ist denn alle Form in der Natur ein Aus¬ druck der Liebe. Die Sprach der Lieb ist also Sprach Gottes. Gott ist der Liebende -- ist denn Gott persön¬ lich? -- hat er ein Antlitz? -- kann ich ihm die Hand reichen? -- wo find ich ihn, daß ich Liebesgespräch mit ihm führ. -- Meine Lieb zu Menschen ist Mitleid, ich muß um sie trauren daß es so und nicht anders ist. -- Liebe ist glaub ich nur Göttergespräch. -- Weil ich weiß daß ich alles weiß, nur kann ichs nicht finden, so such ich alles in mir, das ist ein Gespräch mit Gott. Das ist also Liebesgespräch, wenn ich mich aufs Gesicht
gefügt, noch unreif, blendend weiß, da mein ich immer, ich müßt mit Gewalt wiſſen lernen was alle dieſe Formen ſprechen, denn gewiß iſts, alles geſchaffene iſt durch den heiligen Geiſt erzeugt. Es iſt unmöglich daß eine Form ſei, ſie iſt denn durch Gottes Wort, Es Werde, hervorgegangen. Nun, was durch den ewi¬ gen Erzeugungswillen hervorgeht das muß doch eine Selbſtſprache haben, das muß ſich nemlich ausſprechen und ſich auch beantworten. Dein Leben muß doch eine Sprache führen, denn ſonſt iſt es ja nichts. Alſo wen Gott liebt mit dem führt er Geſpräche, alſo blos Liebes¬ geſpräche, — ja was iſt auch Geſpräch als blos die Liebe, — ſo iſt denn alle Form in der Natur ein Aus¬ druck der Liebe. Die Sprach der Lieb iſt alſo Sprach Gottes. Gott iſt der Liebende — iſt denn Gott perſön¬ lich? — hat er ein Antlitz? — kann ich ihm die Hand reichen? — wo find ich ihn, daß ich Liebesgeſpräch mit ihm führ. — Meine Lieb zu Menſchen iſt Mitleid, ich muß um ſie trauren daß es ſo und nicht anders iſt. — Liebe iſt glaub ich nur Göttergeſpräch. — Weil ich weiß daß ich alles weiß, nur kann ichs nicht finden, ſo ſuch ich alles in mir, das iſt ein Geſpräch mit Gott. Das iſt alſo Liebesgeſpräch, wenn ich mich aufs Geſicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0378"n="362"/>
gefügt, noch unreif, blendend weiß, da mein ich immer,<lb/>
ich müßt mit Gewalt wiſſen lernen was alle dieſe<lb/>
Formen ſprechen, denn gewiß iſts, alles geſchaffene<lb/>
iſt durch den heiligen Geiſt erzeugt. Es iſt unmöglich<lb/>
daß eine Form ſei, ſie iſt denn durch Gottes Wort,<lb/>
Es Werde, hervorgegangen. Nun, was durch den ewi¬<lb/>
gen Erzeugungswillen hervorgeht das muß doch eine<lb/>
Selbſtſprache haben, das muß ſich nemlich ausſprechen<lb/>
und ſich auch beantworten. Dein Leben muß doch eine<lb/>
Sprache führen, denn ſonſt iſt es ja nichts. Alſo wen<lb/>
Gott liebt mit dem führt er Geſpräche, alſo blos Liebes¬<lb/>
geſpräche, — ja was iſt auch Geſpräch als blos die<lb/>
Liebe, —ſo iſt denn alle Form in der Natur ein Aus¬<lb/>
druck der Liebe. Die Sprach der Lieb iſt alſo Sprach<lb/>
Gottes. Gott iſt der Liebende — iſt denn Gott perſön¬<lb/>
lich? — hat er ein Antlitz? — kann ich ihm die Hand<lb/>
reichen? — wo find ich ihn, daß ich Liebesgeſpräch mit<lb/>
ihm führ. — Meine Lieb zu Menſchen iſt Mitleid, ich<lb/>
muß um ſie trauren daß es ſo und nicht anders iſt. —<lb/>
Liebe iſt glaub ich nur Göttergeſpräch. — Weil ich<lb/>
weiß daß ich alles weiß, nur kann ichs nicht finden, ſo<lb/>ſuch ich alles in mir, das iſt ein Geſpräch mit Gott.<lb/>
Das iſt alſo Liebesgeſpräch, wenn ich mich aufs Geſicht<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[362/0378]
gefügt, noch unreif, blendend weiß, da mein ich immer,
ich müßt mit Gewalt wiſſen lernen was alle dieſe
Formen ſprechen, denn gewiß iſts, alles geſchaffene
iſt durch den heiligen Geiſt erzeugt. Es iſt unmöglich
daß eine Form ſei, ſie iſt denn durch Gottes Wort,
Es Werde, hervorgegangen. Nun, was durch den ewi¬
gen Erzeugungswillen hervorgeht das muß doch eine
Selbſtſprache haben, das muß ſich nemlich ausſprechen
und ſich auch beantworten. Dein Leben muß doch eine
Sprache führen, denn ſonſt iſt es ja nichts. Alſo wen
Gott liebt mit dem führt er Geſpräche, alſo blos Liebes¬
geſpräche, — ja was iſt auch Geſpräch als blos die
Liebe, — ſo iſt denn alle Form in der Natur ein Aus¬
druck der Liebe. Die Sprach der Lieb iſt alſo Sprach
Gottes. Gott iſt der Liebende — iſt denn Gott perſön¬
lich? — hat er ein Antlitz? — kann ich ihm die Hand
reichen? — wo find ich ihn, daß ich Liebesgeſpräch mit
ihm führ. — Meine Lieb zu Menſchen iſt Mitleid, ich
muß um ſie trauren daß es ſo und nicht anders iſt. —
Liebe iſt glaub ich nur Göttergeſpräch. — Weil ich
weiß daß ich alles weiß, nur kann ichs nicht finden, ſo
ſuch ich alles in mir, das iſt ein Geſpräch mit Gott.
Das iſt alſo Liebesgeſpräch, wenn ich mich aufs Geſicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/378>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.