hab nichts anders in der Seel als diese Sprache; denn meine Hände können nicht hinlangen. Wollt ich in die Luft reichen? -- nein ich darf nicht er verschwindet, und mein Blick, der sieht nur auf wenns Nacht ist, nicht bei hellem Tag. -- Aber in der Nacht im Finstern, da geh ich ihm entgegen da treibt michs oft eilig in die dunklen Laubgänge, und ganz am End da seh ich wie wenn ich überzeugt sein dürfte Er sei es. -- Nicht freu¬ dig, nicht traurig -- tiefe Stille in mir, manchmal schlägts Herz bang, dann seh ich den Schatten vor ihm herstreifen über den Rasen. Dann ruf ich mich auf: laß mich doch denken können! -- und sammle meine Sinne, und immer so vorwärts schreit ich, eilig, und im¬ mer näher, dann am Baum leg ich mich nieder auf die Wurzeln, die küß ich diese Wurzeln -- es sind die Füße des Dichtergeistes über mir. -- Aber ich muß schlafen gehen, zu müde bin ich, -- schon zweimal eingeschlafen während dem Schreiben.
Heut seh ich daß ich Dir von nichts geschrieben hab was Du mich frägst und bin aus Mangel an Logik ins Geschwärm gerathen. Und doch wollt ich Dir nur sagen, ich studier noch Geschichte fort, nur wollt ich Dir keine trocknen Auszüge mehr davon in meinen Briefen machen, dafür zeichne ich Landkarten und hab andre
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hab nichts anders in der Seel als dieſe Sprache; denn meine Hände können nicht hinlangen. Wollt ich in die Luft reichen? — nein ich darf nicht er verſchwindet, und mein Blick, der ſieht nur auf wenns Nacht iſt, nicht bei hellem Tag. — Aber in der Nacht im Finſtern, da geh ich ihm entgegen da treibt michs oft eilig in die dunklen Laubgänge, und ganz am End da ſeh ich wie wenn ich überzeugt ſein dürfte Er ſei es. — Nicht freu¬ dig, nicht traurig — tiefe Stille in mir, manchmal ſchlägts Herz bang, dann ſeh ich den Schatten vor ihm herſtreifen über den Raſen. Dann ruf ich mich auf: laß mich doch denken können! — und ſammle meine Sinne, und immer ſo vorwärts ſchreit ich, eilig, und im¬ mer näher, dann am Baum leg ich mich nieder auf die Wurzeln, die küß ich dieſe Wurzeln — es ſind die Füße des Dichtergeiſtes über mir. — Aber ich muß ſchlafen gehen, zu müde bin ich, — ſchon zweimal eingeſchlafen während dem Schreiben.
Heut ſeh ich daß ich Dir von nichts geſchrieben hab was Du mich frägſt und bin aus Mangel an Logik ins Geſchwärm gerathen. Und doch wollt ich Dir nur ſagen, ich ſtudier noch Geſchichte fort, nur wollt ich Dir keine trocknen Auszüge mehr davon in meinen Briefen machen, dafür zeichne ich Landkarten und hab andre
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hab nichts anders in der Seel als dieſe Sprache; denn
meine Hände können nicht hinlangen. Wollt ich in die
Luft reichen? — nein ich darf nicht er verſchwindet,
und mein Blick, der ſieht nur auf wenns Nacht iſt,
nicht bei hellem Tag. — Aber in der Nacht im Finſtern,
da geh ich ihm entgegen da treibt michs oft eilig in die
dunklen Laubgänge, und ganz am End da ſeh ich wie
wenn ich überzeugt ſein dürfte Er ſei es. — Nicht freu¬
dig, nicht traurig — tiefe Stille in mir, manchmal
ſchlägts Herz bang, dann ſeh ich den Schatten vor ihm
herſtreifen über den Raſen. Dann ruf ich mich auf:
laß mich doch denken können! — und ſammle meine
Sinne, und immer ſo vorwärts ſchreit ich, eilig, und im¬
mer näher, dann am Baum leg ich mich nieder auf die
Wurzeln, die küß ich dieſe Wurzeln — es ſind die Füße
des Dichtergeiſtes über mir. — Aber ich muß ſchlafen
gehen, zu müde bin ich, — ſchon zweimal eingeſchlafen
während dem Schreiben.
Heut ſeh ich daß ich Dir von nichts geſchrieben hab
was Du mich frägſt und bin aus Mangel an Logik
ins Geſchwärm gerathen. Und doch wollt ich Dir nur
ſagen, ich ſtudier noch Geſchichte fort, nur wollt ich Dir
keine trocknen Auszüge mehr davon in meinen Briefen
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/329>, abgerufen am 25.11.2024.
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