sehr kräftige Stimme. -- Dem Moritz wird das wun¬ derlich vorkommen, aber mir ist es keine Scheidewand, weil er von der gebildeten Klasse übersehen wird. Ein Mensch von Race müßte seine Race auch unter der Sclaventracht wittern, aber das ist die Unechtheit des Adels, denn gewiß ist daß das echte Blut zerstreut ist in der Welt und viel ungestempelt herumläuft, und doch will man nur das gelten lassen was gestempelt ist, aber das sag ich Dir, ich halte alle Menschen für unadelich die ihre Race nicht erkennen auch im Kittel. -- Der Gärtner also, der mir immer Arbeit giebt Morgens früh, Du weißt, -- ich hab ihm die abgeblühten Federnelken von den Rabatten geschnitten, ich hab die Erdbeeren umge¬ setzt, ich hab die Reben ausgelaubt, ich hab das Geis¬ blatt binden helfen, ich hab die Pfirsich spaliert, ich hab die Nelken gestengelt, ich hab die Melonenräuber aus¬ gebrochen, und noch mancherlei anders hab ich immer Morgens früh thun helfen wenn ich in der Früh zum Mainufer lief, weil ich schreiben wollt oder dichten für den Clemens, und es wollt nicht gehn, weil mir nichts einfiel, weil die Natur zu groß ist, als daß man in ih¬ rer Gegenwart sich erlaubte zu denken, da hab ich denn mit dem Gärtner lieber Erbsen gepflückt, als auf der Lauer nach großen Gedanken -- da hat mir der Gärt¬
ſehr kräftige Stimme. — Dem Moritz wird das wun¬ derlich vorkommen, aber mir iſt es keine Scheidewand, weil er von der gebildeten Klaſſe überſehen wird. Ein Menſch von Race müßte ſeine Race auch unter der Sclaventracht wittern, aber das iſt die Unechtheit des Adels, denn gewiß iſt daß das echte Blut zerſtreut iſt in der Welt und viel ungeſtempelt herumläuft, und doch will man nur das gelten laſſen was geſtempelt iſt, aber das ſag ich Dir, ich halte alle Menſchen für unadelich die ihre Race nicht erkennen auch im Kittel. — Der Gärtner alſo, der mir immer Arbeit giebt Morgens früh, Du weißt, — ich hab ihm die abgeblühten Federnelken von den Rabatten geſchnitten, ich hab die Erdbeeren umge¬ ſetzt, ich hab die Reben ausgelaubt, ich hab das Geis¬ blatt binden helfen, ich hab die Pfirſich ſpaliert, ich hab die Nelken geſtengelt, ich hab die Melonenräuber aus¬ gebrochen, und noch mancherlei anders hab ich immer Morgens früh thun helfen wenn ich in der Früh zum Mainufer lief, weil ich ſchreiben wollt oder dichten für den Clemens, und es wollt nicht gehn, weil mir nichts einfiel, weil die Natur zu groß iſt, als daß man in ih¬ rer Gegenwart ſich erlaubte zu denken, da hab ich denn mit dem Gärtner lieber Erbſen gepflückt, als auf der Lauer nach großen Gedanken — da hat mir der Gärt¬
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ſehr kräftige Stimme. — Dem Moritz wird das wun¬
derlich vorkommen, aber mir iſt es keine Scheidewand,
weil er von der gebildeten Klaſſe überſehen wird. Ein
Menſch von Race müßte ſeine Race auch unter der
Sclaventracht wittern, aber das iſt die Unechtheit des
Adels, denn gewiß iſt daß das echte Blut zerſtreut iſt
in der Welt und viel ungeſtempelt herumläuft, und doch
will man nur das gelten laſſen was geſtempelt iſt, aber
das ſag ich Dir, ich halte alle Menſchen für unadelich
die ihre Race nicht erkennen auch im Kittel. — Der
Gärtner alſo, der mir immer Arbeit giebt Morgens früh,
Du weißt, — ich hab ihm die abgeblühten Federnelken von
den Rabatten geſchnitten, ich hab die Erdbeeren umge¬
ſetzt, ich hab die Reben ausgelaubt, ich hab das Geis¬
blatt binden helfen, ich hab die Pfirſich ſpaliert, ich hab
die Nelken geſtengelt, ich hab die Melonenräuber aus¬
gebrochen, und noch mancherlei anders hab ich immer
Morgens früh thun helfen wenn ich in der Früh zum
Mainufer lief, weil ich ſchreiben wollt oder dichten für
den Clemens, und es wollt nicht gehn, weil mir nichts
einfiel, weil die Natur zu groß iſt, als daß man in ih¬
rer Gegenwart ſich erlaubte zu denken, da hab ich denn
mit dem Gärtner lieber Erbſen gepflückt, als auf der
Lauer nach großen Gedanken — da hat mir der Gärt¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/287>, abgerufen am 27.11.2024.
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