tung, die der Teufel gemacht hat um den Menschen an die Sclavenkette zu legen des Erwerbs, daß man nicht von der Luft leben könne, daß er nur recht viel habe. Wer viel hat der kann vor lauter Arbeit nicht zur Hoch¬ zeit kommen; und von der Luft lebt man doch allein, denn alles was uns nährt ist durch die Luft genährt und auch unsere erste Bedingung zum Leben ist das Athemholen. Und Gott sagt damit: du theilst die Luft mit allen so theile auch das Leben mit allen, und wer weiß denn wie sehr die Natur sich noch ändern kann, und kann sich dem Geist anschmiegen, wenn der einmal die Seele mehr regiert, ob dann der Leib nicht auch mehr Luft bedarf und weniger andere Nahrung. Alle al¬ berne Gedanken, Begierden und verkehrte Einbildungen die machen so hungrig nach thierischer Nahrung, ich weiß an mir daß wenn mir etwas durch den Geist fährt dem ich nachgehen muß, aus Ahnung daß es Lebensluft enthalte, so hab ich gar keinen Hunger, und die Fran¬ zosen, wenn sie witzig sind, so haben sie immer auf was petillantes oder gewürztes Appetit, es käme also sehr auf den Geist an, daß wir am End gern von der Luft leben. -- Und unser Tischgebet soll heißen: Herr ich esse im Vertrauen, daß es mich nähre, und die alten Küchenzettel und Bratspieß und Backgeschichten all dem
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tung, die der Teufel gemacht hat um den Menſchen an die Sclavenkette zu legen des Erwerbs, daß man nicht von der Luft leben könne, daß er nur recht viel habe. Wer viel hat der kann vor lauter Arbeit nicht zur Hoch¬ zeit kommen; und von der Luft lebt man doch allein, denn alles was uns nährt iſt durch die Luft genährt und auch unſere erſte Bedingung zum Leben iſt das Athemholen. Und Gott ſagt damit: du theilſt die Luft mit allen ſo theile auch das Leben mit allen, und wer weiß denn wie ſehr die Natur ſich noch ändern kann, und kann ſich dem Geiſt anſchmiegen, wenn der einmal die Seele mehr regiert, ob dann der Leib nicht auch mehr Luft bedarf und weniger andere Nahrung. Alle al¬ berne Gedanken, Begierden und verkehrte Einbildungen die machen ſo hungrig nach thieriſcher Nahrung, ich weiß an mir daß wenn mir etwas durch den Geiſt fährt dem ich nachgehen muß, aus Ahnung daß es Lebensluft enthalte, ſo hab ich gar keinen Hunger, und die Fran¬ zoſen, wenn ſie witzig ſind, ſo haben ſie immer auf was petillantes oder gewürztes Appetit, es käme alſo ſehr auf den Geiſt an, daß wir am End gern von der Luft leben. — Und unſer Tiſchgebet ſoll heißen: Herr ich eſſe im Vertrauen, daß es mich nähre, und die alten Küchenzettel und Bratſpieß und Backgeſchichten all dem
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tung, die der Teufel gemacht hat um den Menſchen an
die Sclavenkette zu legen des Erwerbs, daß man nicht
von der Luft leben könne, daß er nur recht viel habe.
Wer viel hat der kann vor lauter Arbeit nicht zur Hoch¬
zeit kommen; und von der Luft lebt man doch allein,
denn alles was uns nährt iſt durch die Luft genährt
und auch unſere erſte Bedingung zum Leben iſt das
Athemholen. Und Gott ſagt damit: du theilſt die Luft
mit allen ſo theile auch das Leben mit allen, und wer
weiß denn wie ſehr die Natur ſich noch ändern kann,
und kann ſich dem Geiſt anſchmiegen, wenn der einmal
die Seele mehr regiert, ob dann der Leib nicht auch
mehr Luft bedarf und weniger andere Nahrung. Alle al¬
berne Gedanken, Begierden und verkehrte Einbildungen
die machen ſo hungrig nach thieriſcher Nahrung, ich
weiß an mir daß wenn mir etwas durch den Geiſt fährt
dem ich nachgehen muß, aus Ahnung daß es Lebensluft
enthalte, ſo hab ich gar keinen Hunger, und die Fran¬
zoſen, wenn ſie witzig ſind, ſo haben ſie immer auf
was petillantes oder gewürztes Appetit, es käme alſo ſehr
auf den Geiſt an, daß wir am End gern von der Luft
leben. — Und unſer Tiſchgebet ſoll heißen: Herr ich
eſſe im Vertrauen, daß es mich nähre, und die alten
Küchenzettel und Bratſpieß und Backgeſchichten all dem
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/283>, abgerufen am 27.11.2024.
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