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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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ihrem Takt oder Metrum, was ganz auf den gemeinen
Gassenhauer geht, mit fortreißen, da fühl ich mich er¬
bärmlich und weiß nichts mehr als lauter dumm Zeug,
fühlst Du das auch, daß dumme Menschen einem noch
viel dummer machen als sie selber sind, -- die haben
nicht so unrecht, wenn sie sagen ich sei dumm. Aber
Herz was mich versteht komme nur und ich will Dir
ein Gastmahl geben was Dich ehrt. -- Aber hör doch
nur weiter: -- Alle große Handlung ist Dichtung, ist
Verwandlung der Persönlichkeit in Gottheit, und welche
Handlung nicht Dichtung ist, die ist nicht groß, aber
groß ist alles was mit dem Licht der Vernunft gefaßt
wird -- das heißt: alles was Du in seinem wahren
Sinn fassest das muß groß sein, und gewiß ist es, daß
jeder solcher Gedanke eine Wurzel muß haben die in den
Boden der Weisheit gepflanzt ist, und eine Blume die
blüht im göttlichen Licht. Hervorgehen aus dem See¬
lengrund, nach Gottes Ebenbild, hinüber, hinauf in un¬
sern Ursprung. Gelt, ich hab recht? -- Und wenn es
wahr ist, daß der Mensch so sein kann, warum soll er
anders sein? -- ich begreifs nicht, alle Menschen sind
anders als wie es so leicht wär zu sein; -- sie hän¬
gen an dem was sie nicht achten sollten, und verachten
das an dem sie hängen sollten.

ihrem Takt oder Metrum, was ganz auf den gemeinen
Gaſſenhauer geht, mit fortreißen, da fühl ich mich er¬
bärmlich und weiß nichts mehr als lauter dumm Zeug,
fühlſt Du das auch, daß dumme Menſchen einem noch
viel dummer machen als ſie ſelber ſind, — die haben
nicht ſo unrecht, wenn ſie ſagen ich ſei dumm. Aber
Herz was mich verſteht komme nur und ich will Dir
ein Gaſtmahl geben was Dich ehrt. — Aber hör doch
nur weiter: — Alle große Handlung iſt Dichtung, iſt
Verwandlung der Perſönlichkeit in Gottheit, und welche
Handlung nicht Dichtung iſt, die iſt nicht groß, aber
groß iſt alles was mit dem Licht der Vernunft gefaßt
wird — das heißt: alles was Du in ſeinem wahren
Sinn faſſeſt das muß groß ſein, und gewiß iſt es, daß
jeder ſolcher Gedanke eine Wurzel muß haben die in den
Boden der Weisheit gepflanzt iſt, und eine Blume die
blüht im göttlichen Licht. Hervorgehen aus dem See¬
lengrund, nach Gottes Ebenbild, hinüber, hinauf in un¬
ſern Urſprung. Gelt, ich hab recht? — Und wenn es
wahr iſt, daß der Menſch ſo ſein kann, warum ſoll er
anders ſein? — ich begreifs nicht, alle Menſchen ſind
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gen an dem was ſie nicht achten ſollten, und verachten
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[253/0269] ihrem Takt oder Metrum, was ganz auf den gemeinen Gaſſenhauer geht, mit fortreißen, da fühl ich mich er¬ bärmlich und weiß nichts mehr als lauter dumm Zeug, fühlſt Du das auch, daß dumme Menſchen einem noch viel dummer machen als ſie ſelber ſind, — die haben nicht ſo unrecht, wenn ſie ſagen ich ſei dumm. Aber Herz was mich verſteht komme nur und ich will Dir ein Gaſtmahl geben was Dich ehrt. — Aber hör doch nur weiter: — Alle große Handlung iſt Dichtung, iſt Verwandlung der Perſönlichkeit in Gottheit, und welche Handlung nicht Dichtung iſt, die iſt nicht groß, aber groß iſt alles was mit dem Licht der Vernunft gefaßt wird — das heißt: alles was Du in ſeinem wahren Sinn faſſeſt das muß groß ſein, und gewiß iſt es, daß jeder ſolcher Gedanke eine Wurzel muß haben die in den Boden der Weisheit gepflanzt iſt, und eine Blume die blüht im göttlichen Licht. Hervorgehen aus dem See¬ lengrund, nach Gottes Ebenbild, hinüber, hinauf in un¬ ſern Urſprung. Gelt, ich hab recht? — Und wenn es wahr iſt, daß der Menſch ſo ſein kann, warum ſoll er anders ſein? — ich begreifs nicht, alle Menſchen ſind anders als wie es ſo leicht wär zu ſein; — ſie hän¬ gen an dem was ſie nicht achten ſollten, und verachten das an dem ſie hängen ſollten.

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/269>, abgerufen am 25.11.2024.