halter aber mordet den letzten Königssprößling Darius Codomanus. Zweihundert fünf und zwanzig Jahr be¬ stand die Fürstenschlachtbank von Persien. Alexander kommt und beherrscht's 3654. -- Der Lehrer sieht mir den Ärger über seine lederne Geschichte an, reißt aus, Gott weiß wies zuging, daß die Thür seine Hosen faßte, es blieb ein Fetzen dran hängen, jetzt muß ich ihm für seine Mordlitaney noch eine Gratification ge¬ ben, damit er sich ein paar neue kaufen kann. -- Cle¬ mens verfolgt mich mit Bitten, daß ich Bücher oder Verse, oder Erlebnisse und Erinnerungen aus dem Klo¬ ster aufschreiben soll. -- Da hast Du seinen Brief. -- Der Abgrund der vermoderten Geschichte unter mir, der unerreichbare Sternenhimmel über mir -- und Nachts Gedanken die mir den Kopf zerbrechen.
(Am 10.)
Heut morgen hab ich Deinen Brief beim Früh¬ stück der Großmama vorgelesen, sie ist schon so alt, sie nimmts all mit ins Grab, sie hat Dich so lieb, sie sagt Du wärst die edelste Kreatur die sie je gesehen, und dann sprach sie von Deiner Anmuth; sie spricht im¬ mer schwäbisch wenn sie recht heiter ist. "Siehst Mädele wie anmuthig und doch gar bequem deine Freundin ist." --
halter aber mordet den letzten Königsſprößling Darius Codomanus. Zweihundert fünf und zwanzig Jahr be¬ ſtand die Fürſtenſchlachtbank von Perſien. Alexander kommt und beherrſcht's 3654. — Der Lehrer ſieht mir den Ärger über ſeine lederne Geſchichte an, reißt aus, Gott weiß wies zuging, daß die Thür ſeine Hoſen faßte, es blieb ein Fetzen dran hängen, jetzt muß ich ihm für ſeine Mordlitaney noch eine Gratification ge¬ ben, damit er ſich ein paar neue kaufen kann. — Cle¬ mens verfolgt mich mit Bitten, daß ich Bücher oder Verſe, oder Erlebniſſe und Erinnerungen aus dem Klo¬ ſter aufſchreiben ſoll. — Da haſt Du ſeinen Brief. — Der Abgrund der vermoderten Geſchichte unter mir, der unerreichbare Sternenhimmel über mir — und Nachts Gedanken die mir den Kopf zerbrechen.
(Am 10.)
Heut morgen hab ich Deinen Brief beim Früh¬ ſtück der Großmama vorgeleſen, ſie iſt ſchon ſo alt, ſie nimmts all mit ins Grab, ſie hat Dich ſo lieb, ſie ſagt Du wärſt die edelſte Kreatur die ſie je geſehen, und dann ſprach ſie von Deiner Anmuth; ſie ſpricht im¬ mer ſchwäbiſch wenn ſie recht heiter iſt. „Siehſt Mädele wie anmuthig und doch gar bequem deine Freundin iſt.“ —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0236"n="220"/>
halter aber mordet den letzten Königsſprößling Darius<lb/>
Codomanus. Zweihundert fünf und zwanzig Jahr be¬<lb/>ſtand die Fürſtenſchlachtbank von Perſien. Alexander<lb/>
kommt und beherrſcht's 3654. — Der Lehrer ſieht mir<lb/>
den Ärger über ſeine lederne Geſchichte an, reißt aus,<lb/>
Gott weiß wies zuging, daß die Thür ſeine Hoſen<lb/>
faßte, es blieb ein Fetzen dran hängen, jetzt muß ich<lb/>
ihm für ſeine Mordlitaney noch eine Gratification ge¬<lb/>
ben, damit er ſich ein paar neue kaufen kann. — Cle¬<lb/>
mens verfolgt mich mit Bitten, daß ich Bücher oder<lb/>
Verſe, oder Erlebniſſe und Erinnerungen aus dem Klo¬<lb/>ſter aufſchreiben ſoll. — Da haſt Du ſeinen Brief. —<lb/>
Der Abgrund der vermoderten Geſchichte unter mir, der<lb/>
unerreichbare Sternenhimmel über mir — und Nachts<lb/>
Gedanken die mir den Kopf zerbrechen.</p><lb/><prendition="#right">(Am 10.)</p><lb/><p>Heut morgen hab ich Deinen Brief beim Früh¬<lb/>ſtück der Großmama vorgeleſen, ſie iſt ſchon ſo alt,<lb/>ſie nimmts all mit ins Grab, ſie hat Dich ſo lieb, ſie<lb/>ſagt Du wärſt die edelſte Kreatur die ſie je geſehen,<lb/>
und dann ſprach ſie von Deiner Anmuth; ſie ſpricht im¬<lb/>
mer ſchwäbiſch wenn ſie recht heiter iſt. „Siehſt Mädele<lb/>
wie anmuthig und doch gar bequem deine Freundin iſt.“—<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[220/0236]
halter aber mordet den letzten Königsſprößling Darius
Codomanus. Zweihundert fünf und zwanzig Jahr be¬
ſtand die Fürſtenſchlachtbank von Perſien. Alexander
kommt und beherrſcht's 3654. — Der Lehrer ſieht mir
den Ärger über ſeine lederne Geſchichte an, reißt aus,
Gott weiß wies zuging, daß die Thür ſeine Hoſen
faßte, es blieb ein Fetzen dran hängen, jetzt muß ich
ihm für ſeine Mordlitaney noch eine Gratification ge¬
ben, damit er ſich ein paar neue kaufen kann. — Cle¬
mens verfolgt mich mit Bitten, daß ich Bücher oder
Verſe, oder Erlebniſſe und Erinnerungen aus dem Klo¬
ſter aufſchreiben ſoll. — Da haſt Du ſeinen Brief. —
Der Abgrund der vermoderten Geſchichte unter mir, der
unerreichbare Sternenhimmel über mir — und Nachts
Gedanken die mir den Kopf zerbrechen.
(Am 10.)
Heut morgen hab ich Deinen Brief beim Früh¬
ſtück der Großmama vorgeleſen, ſie iſt ſchon ſo alt,
ſie nimmts all mit ins Grab, ſie hat Dich ſo lieb, ſie
ſagt Du wärſt die edelſte Kreatur die ſie je geſehen,
und dann ſprach ſie von Deiner Anmuth; ſie ſpricht im¬
mer ſchwäbiſch wenn ſie recht heiter iſt. „Siehſt Mädele
wie anmuthig und doch gar bequem deine Freundin iſt.“ —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/236>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.