gnügen, der meinige ist ganz berauscht davon, ich lasse mich taumelnd dahin tragen. Der Rausch giebt Dop¬ pelkraft, er schwingt mich auf, und wenn er mich auch aus Übermuth den vier Winden preis giebt, es macht mir nicht Furcht, es macht mich selig wie sie Ball mit mir spielen, die Geister der Luft! -- und dann komm ich doch wieder auf gleiche Füße zu stehen, mein Ge¬ nius setzt mich sanft nieder -- das nennst Du schlafen in träger Luft, das nennst Du feige? -- ich bin nicht feige; seine Eingebungen fordern mich auf zum Denken, meinst Du, -- und daß ich dann lieber schlafe meinst Du, -- Ach Gott! -- Denken, das hab ich verschwo¬ ren, aber wach und feurig im Geist, das bin ich. -- Was soll ich denken, wenn meine Augen schauen jene Vergangenheit hinter mir im Dunklen, wie kann ich sie an den Morgen knüpfen, der mit mir vorwärts eilt. -- Das ist die Gegenwart, die mich mit sich fortreißt ins ungewisse Blaue, ja ins Ungewisse; aber ins himmli¬ sche, blonde, goldstrahlende Antlitz des Sonnengotts schauen, der die Rosse gewaltig antreibt, und weiter nichts. Der Abend fängt mich auf in seinem Schooß, sinnend lieg ich ein Weilchen, lausch in die Ferne! grö¬ ßere Helden deucht mir da auf der vollen Heerstraße der Geschichte, am heutigen Tage ihre muthigen Rosse tummeln
gnügen, der meinige iſt ganz berauſcht davon, ich laſſe mich taumelnd dahin tragen. Der Rauſch giebt Dop¬ pelkraft, er ſchwingt mich auf, und wenn er mich auch aus Übermuth den vier Winden preis giebt, es macht mir nicht Furcht, es macht mich ſelig wie ſie Ball mit mir ſpielen, die Geiſter der Luft! — und dann komm ich doch wieder auf gleiche Füße zu ſtehen, mein Ge¬ nius ſetzt mich ſanft nieder — das nennſt Du ſchlafen in träger Luft, das nennſt Du feige? — ich bin nicht feige; ſeine Eingebungen fordern mich auf zum Denken, meinſt Du, — und daß ich dann lieber ſchlafe meinſt Du, — Ach Gott! — Denken, das hab ich verſchwo¬ ren, aber wach und feurig im Geiſt, das bin ich. — Was ſoll ich denken, wenn meine Augen ſchauen jene Vergangenheit hinter mir im Dunklen, wie kann ich ſie an den Morgen knüpfen, der mit mir vorwärts eilt. — Das iſt die Gegenwart, die mich mit ſich fortreißt ins ungewiſſe Blaue, ja ins Ungewiſſe; aber ins himmli¬ ſche, blonde, goldſtrahlende Antlitz des Sonnengotts ſchauen, der die Roſſe gewaltig antreibt, und weiter nichts. Der Abend fängt mich auf in ſeinem Schooß, ſinnend lieg ich ein Weilchen, lauſch in die Ferne! grö¬ ßere Helden deucht mir da auf der vollen Heerſtraße der Geſchichte, am heutigen Tage ihre muthigen Roſſe tummeln
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gnügen, der meinige iſt ganz berauſcht davon, ich laſſe
mich taumelnd dahin tragen. Der Rauſch giebt Dop¬
pelkraft, er ſchwingt mich auf, und wenn er mich auch
aus Übermuth den vier Winden preis giebt, es macht
mir nicht Furcht, es macht mich ſelig wie ſie Ball mit
mir ſpielen, die Geiſter der Luft! — und dann komm
ich doch wieder auf gleiche Füße zu ſtehen, mein Ge¬
nius ſetzt mich ſanft nieder — das nennſt Du ſchlafen
in träger Luft, das nennſt Du feige? — ich bin nicht
feige; ſeine Eingebungen fordern mich auf zum Denken,
meinſt Du, — und daß ich dann lieber ſchlafe meinſt
Du, — Ach Gott! — Denken, das hab ich verſchwo¬
ren, aber wach und feurig im Geiſt, das bin ich. —
Was ſoll ich denken, wenn meine Augen ſchauen jene
Vergangenheit hinter mir im Dunklen, wie kann ich ſie
an den Morgen knüpfen, der mit mir vorwärts eilt. —
Das iſt die Gegenwart, die mich mit ſich fortreißt ins
ungewiſſe Blaue, ja ins Ungewiſſe; aber ins himmli¬
ſche, blonde, goldſtrahlende Antlitz des Sonnengotts
ſchauen, der die Roſſe gewaltig antreibt, und weiter
nichts. Der Abend fängt mich auf in ſeinem Schooß,
ſinnend lieg ich ein Weilchen, lauſch in die Ferne! grö¬
ßere Helden deucht mir da auf der vollen Heerſtraße der
Geſchichte, am heutigen Tage ihre muthigen Roſſe tummeln
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/200>, abgerufen am 24.11.2024.
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