kommt man an einen Fels, glatte glänzende Basalt¬ fläche, die die Sonnenstrahlen wie ein dunkler Zauber¬ spiegel auffängt, dazwischen grüne Moossitze, heute Morgen war ich hierher gegangen, es ist mein gewöhn¬ licher Spaziergang wenn ich allein bin, nicht zu weit und doch versteckt, -- da sah ich noch den Nebel wie jungen Flaum zwischen den Felsspalten hin und her schwimmen, und über mir wards immer goldner, die Morgenschatten zogen ab, die Sonne krönte mich, sie prallte scharf vom schwarzen Stein zurück, sie brennte sehr stark, sie drückte doch nicht meine Stirn, ich wollte eine Krone schon tragen, wenn sie nicht schärfer drückt als die heiße Augustsonne, so saß ich und sang gegen die Felsen hin und hörte aufs Echo, und die Regie¬ rungsgedanken stiegen mir in den Kopf. So nach Grundsätzen die Welt regieren, die in innerster Werk¬ stätte meiner Empfindung erzeugt wären, und alles Philisterthum um und um stoßen, das sind solche Wünsche die an einem so heißen Sonnenmorgen mir in den Kopf steigen und wozu Voigts Sternengespräche einen star¬ ken Reiz geben; er sagte, alles Gefühl, aller Begriff werde zu einem Vermögen, es ziehe sich wohl zurück, aber zur unerwarteten Stunde trete es wieder hervor, -- und da setze ich mich an einsame Orte und simulire
kommt man an einen Fels, glatte glänzende Baſalt¬ fläche, die die Sonnenſtrahlen wie ein dunkler Zauber¬ ſpiegel auffängt, dazwiſchen grüne Moosſitze, heute Morgen war ich hierher gegangen, es iſt mein gewöhn¬ licher Spaziergang wenn ich allein bin, nicht zu weit und doch verſteckt, — da ſah ich noch den Nebel wie jungen Flaum zwiſchen den Felsſpalten hin und her ſchwimmen, und über mir wards immer goldner, die Morgenſchatten zogen ab, die Sonne krönte mich, ſie prallte ſcharf vom ſchwarzen Stein zurück, ſie brennte ſehr ſtark, ſie drückte doch nicht meine Stirn, ich wollte eine Krone ſchon tragen, wenn ſie nicht ſchärfer drückt als die heiße Auguſtſonne, ſo ſaß ich und ſang gegen die Felſen hin und hörte aufs Echo, und die Regie¬ rungsgedanken ſtiegen mir in den Kopf. So nach Grundſätzen die Welt regieren, die in innerſter Werk¬ ſtätte meiner Empfindung erzeugt wären, und alles Philiſterthum um und um ſtoßen, das ſind ſolche Wünſche die an einem ſo heißen Sonnenmorgen mir in den Kopf ſteigen und wozu Voigts Sternengeſpräche einen ſtar¬ ken Reiz geben; er ſagte, alles Gefühl, aller Begriff werde zu einem Vermögen, es ziehe ſich wohl zurück, aber zur unerwarteten Stunde trete es wieder hervor, — und da ſetze ich mich an einſame Orte und ſimulire
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kommt man an einen Fels, glatte glänzende Baſalt¬
fläche, die die Sonnenſtrahlen wie ein dunkler Zauber¬
ſpiegel auffängt, dazwiſchen grüne Moosſitze, heute
Morgen war ich hierher gegangen, es iſt mein gewöhn¬
licher Spaziergang wenn ich allein bin, nicht zu weit
und doch verſteckt, — da ſah ich noch den Nebel wie
jungen Flaum zwiſchen den Felsſpalten hin und her
ſchwimmen, und über mir wards immer goldner, die
Morgenſchatten zogen ab, die Sonne krönte mich, ſie
prallte ſcharf vom ſchwarzen Stein zurück, ſie brennte
ſehr ſtark, ſie drückte doch nicht meine Stirn, ich wollte
eine Krone ſchon tragen, wenn ſie nicht ſchärfer drückt
als die heiße Auguſtſonne, ſo ſaß ich und ſang gegen
die Felſen hin und hörte aufs Echo, und die Regie¬
rungsgedanken ſtiegen mir in den Kopf. So nach
Grundſätzen die Welt regieren, die in innerſter Werk¬
ſtätte meiner Empfindung erzeugt wären, und alles
Philiſterthum um und um ſtoßen, das ſind ſolche Wünſche
die an einem ſo heißen Sonnenmorgen mir in den Kopf
ſteigen und wozu Voigts Sternengeſpräche einen ſtar¬
ken Reiz geben; er ſagte, alles Gefühl, aller Begriff
werde zu einem Vermögen, es ziehe ſich wohl zurück,
aber zur unerwarteten Stunde trete es wieder hervor,
— und da ſetze ich mich an einſame Orte und ſimulire
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/103>, abgerufen am 27.11.2024.
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