[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.blickten uns an und hielten's aus. Dazu trugen die blickten uns an und hielten's aus. Dazu trugen die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0092" n="82"/> blickten uns an und hielten's aus. Dazu trugen die<lb/> Winde die Töne einer fernen Muſik herüber, deren all-<lb/> umfaſſende Harmonie wie ein in ſich abgeſchloſſnes Gei-<lb/> ſteruniverſum erklang, wo jeder Geiſt alle Geiſter durch-<lb/> dringt, und alle jedem ſich fügen; vollkommen ſchön<lb/> war dies Ereigniß, dies erſte Annähern zweier gleich<lb/> unbewußten, unſchuldigen Naturen, die noch nicht er-<lb/> fahren hatten, daß aus Liebesdurſt, aus Liebesluſt das<lb/> Herz im Buſen ſtärker und ſtärker klopft. Gewiß, ich<lb/> war freundlich und gerührt durch dies Annähern der<lb/> Nachtigall, wie ich mir denke, daß Du allenfalls freund-<lb/> lich bewegt werden könnteſt durch meine Liebe, aber<lb/> was hat die Nachtigall bewogen, mir nachzugehen,<lb/> warum kam ſie herab vom hohen Baum und ſetzte ſich<lb/> mir ſo nah', daß ich ſie mit der Hand hätte haſchen<lb/> können, warum ſah ſie mich an und zwar mir in's<lb/> Auge? — das Aug' ſpricht mit uns, es antwortet auf<lb/> den Blick, die Nachtigall wollte mit mir ſprechen, ſie<lb/> hatte ein Gefühl, einen Gedanken mit mir auszutau-<lb/> ſchen. (Gefühl, iſt der Keim des Gedankens,) und wenn<lb/> es ſo iſt, welchen tiefen, gewaltigen Blick läßt uns hier<lb/> die Natur in ihre Werkſtatt thun: wie bereitet ſie ihre<lb/> Steigerungen vor, wie tief legt ſie ihre Keime, wie weit<lb/> iſt es noch von der Nachtigall bis zu dem Bewußtſein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0092]
blickten uns an und hielten's aus. Dazu trugen die
Winde die Töne einer fernen Muſik herüber, deren all-
umfaſſende Harmonie wie ein in ſich abgeſchloſſnes Gei-
ſteruniverſum erklang, wo jeder Geiſt alle Geiſter durch-
dringt, und alle jedem ſich fügen; vollkommen ſchön
war dies Ereigniß, dies erſte Annähern zweier gleich
unbewußten, unſchuldigen Naturen, die noch nicht er-
fahren hatten, daß aus Liebesdurſt, aus Liebesluſt das
Herz im Buſen ſtärker und ſtärker klopft. Gewiß, ich
war freundlich und gerührt durch dies Annähern der
Nachtigall, wie ich mir denke, daß Du allenfalls freund-
lich bewegt werden könnteſt durch meine Liebe, aber
was hat die Nachtigall bewogen, mir nachzugehen,
warum kam ſie herab vom hohen Baum und ſetzte ſich
mir ſo nah', daß ich ſie mit der Hand hätte haſchen
können, warum ſah ſie mich an und zwar mir in's
Auge? — das Aug' ſpricht mit uns, es antwortet auf
den Blick, die Nachtigall wollte mit mir ſprechen, ſie
hatte ein Gefühl, einen Gedanken mit mir auszutau-
ſchen. (Gefühl, iſt der Keim des Gedankens,) und wenn
es ſo iſt, welchen tiefen, gewaltigen Blick läßt uns hier
die Natur in ihre Werkſtatt thun: wie bereitet ſie ihre
Steigerungen vor, wie tief legt ſie ihre Keime, wie weit
iſt es noch von der Nachtigall bis zu dem Bewußtſein
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