[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Du Dich so traulich an mich geschmiegt wie die Abend- Darum nimm sie auf, diese Hieroglyphen höherer Du Dich ſo traulich an mich geſchmiegt wie die Abend- Darum nimm ſie auf, dieſe Hieroglyphen höherer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0063" n="53"/> Du Dich ſo traulich an mich geſchmiegt wie die Abend-<lb/> ſchatten? hat Deine Stimme wehmüthig freundlich in<lb/> mich eingedrungen wie jene ferne Rohrpfeife? hat der<lb/> Hund mir angeſchlagen, es nahe ſich einer auf heimli-<lb/> cher Fährte dem mein Herz entgegenſchlägt? und habe<lb/> ich nach glücklichen Stunden, wie jene ſchlaftrunkne<lb/> Natur mit dem Bewußtſein befriedigter Sehnſucht,<lb/> mich der Ruhe hingegeben? Nein! nur in dem Spie-<lb/> gel der Natur hab' ich's erfahren, und die Bilder einer<lb/> höheren Welterſcheinung geſehen. So nimm denn jene<lb/> Mittheilungen als Ereigniſſe hohen Genuſſes und rei-<lb/> zender Liebesbegebenheiten auf, was hab' ich alles durch<lb/> ſie ahnden und begreifen gelernt! und was können wir<lb/> mehr vom Leben fordern, was kann es Beſſeres in uns<lb/> vorbereiten, als die Befähigung zur Seeligkeit! Wenn<lb/> alſo Sinne und Geiſt ſo bewegt war durch das Regen<lb/> in der Natur, wenn die Begierde geſpannt war durch<lb/> ihr Schmachten, wenn ihr Durſten, ihr Trinken, ihr<lb/> Brennen und Verzehren, ihr Erzeugen und Ausbrüten<lb/> das Herz durchſtrömte; ſag', was hätte ich da <hi rendition="#g">nicht</hi><lb/> erfahren im Liebesglück; und welche Blume würde mir<lb/> im Paradies nicht duften? und welche Frucht mir nicht<lb/> reifen?</p><lb/> <p>Darum nimm ſie auf, dieſe Hieroglyphen höherer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0063]
Du Dich ſo traulich an mich geſchmiegt wie die Abend-
ſchatten? hat Deine Stimme wehmüthig freundlich in
mich eingedrungen wie jene ferne Rohrpfeife? hat der
Hund mir angeſchlagen, es nahe ſich einer auf heimli-
cher Fährte dem mein Herz entgegenſchlägt? und habe
ich nach glücklichen Stunden, wie jene ſchlaftrunkne
Natur mit dem Bewußtſein befriedigter Sehnſucht,
mich der Ruhe hingegeben? Nein! nur in dem Spie-
gel der Natur hab' ich's erfahren, und die Bilder einer
höheren Welterſcheinung geſehen. So nimm denn jene
Mittheilungen als Ereigniſſe hohen Genuſſes und rei-
zender Liebesbegebenheiten auf, was hab' ich alles durch
ſie ahnden und begreifen gelernt! und was können wir
mehr vom Leben fordern, was kann es Beſſeres in uns
vorbereiten, als die Befähigung zur Seeligkeit! Wenn
alſo Sinne und Geiſt ſo bewegt war durch das Regen
in der Natur, wenn die Begierde geſpannt war durch
ihr Schmachten, wenn ihr Durſten, ihr Trinken, ihr
Brennen und Verzehren, ihr Erzeugen und Ausbrüten
das Herz durchſtrömte; ſag', was hätte ich da nicht
erfahren im Liebesglück; und welche Blume würde mir
im Paradies nicht duften? und welche Frucht mir nicht
reifen?
Darum nimm ſie auf, dieſe Hieroglyphen höherer
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