in's Leben übergeht. -- Wenn der Mensch nicht schon Seeligkeit in sich hätte, könnte er nicht selig werden. Der Keim zum Himmel liegt in der Brust wie der Keim zur Blüthe im verschlossnen Saamen liegt. -- Die Seelig- keit ist so gut ein Erblühen in einem höheren Element, wie jener Pflanze, die aus dem Saamen durch die Erde in ein höheres Element in die Luft geboren wird. Al- les Leben wird durch ein höheres Element genährt, und wo es ihm entzogen ist, da stirbt es ab.
Erkenntniß, Offenbarung ist Saamen eines höheren Lebens, das irdische Leben ist der Boden in dem er ein- gestreut ist, im Sterben bricht die ganze Saat an's Licht. Wachsen, blühen, Früchte tragen von dem Saa- men, den der Geist hier in uns gelegt hat, das ist das Leben nach dem Tod.
Du bist der Äther meiner Gedanken, sie schweben durch Dich hin und werden von Dir im Flug getragen wie die Vögel in der Luft.
An Dich denken, im Bewußtsein von Dir verwei- len, das ist ein Ausruhen vom Flug, wie der Vogel ausruht im Nest.
Geist im Geist ist unendlich, aber Geist in den Sin- nen im Gefühl ist Unendliches im Endlichen erfaßt.
Meine Gedanken umschwärmen Dich wie die Bie-
in's Leben übergeht. — Wenn der Menſch nicht ſchon Seeligkeit in ſich hätte, könnte er nicht ſelig werden. Der Keim zum Himmel liegt in der Bruſt wie der Keim zur Blüthe im verſchloſſnen Saamen liegt. — Die Seelig- keit iſt ſo gut ein Erblühen in einem höheren Element, wie jener Pflanze, die aus dem Saamen durch die Erde in ein höheres Element in die Luft geboren wird. Al- les Leben wird durch ein höheres Element genährt, und wo es ihm entzogen iſt, da ſtirbt es ab.
Erkenntniß, Offenbarung iſt Saamen eines höheren Lebens, das irdiſche Leben iſt der Boden in dem er ein- geſtreut iſt, im Sterben bricht die ganze Saat an's Licht. Wachſen, blühen, Früchte tragen von dem Saa- men, den der Geiſt hier in uns gelegt hat, das iſt das Leben nach dem Tod.
Du biſt der Äther meiner Gedanken, ſie ſchweben durch Dich hin und werden von Dir im Flug getragen wie die Vögel in der Luft.
An Dich denken, im Bewußtſein von Dir verwei- len, das iſt ein Ausruhen vom Flug, wie der Vogel ausruht im Neſt.
Geiſt im Geiſt iſt unendlich, aber Geiſt in den Sin- nen im Gefühl iſt Unendliches im Endlichen erfaßt.
Meine Gedanken umſchwärmen Dich wie die Bie-
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in's Leben übergeht. — Wenn der Menſch nicht ſchon
Seeligkeit in ſich hätte, könnte er nicht ſelig werden.
Der Keim zum Himmel liegt in der Bruſt wie der Keim
zur Blüthe im verſchloſſnen Saamen liegt. — Die Seelig-
keit iſt ſo gut ein Erblühen in einem höheren Element,
wie jener Pflanze, die aus dem Saamen durch die Erde
in ein höheres Element in die Luft geboren wird. Al-
les Leben wird durch ein höheres Element genährt, und
wo es ihm entzogen iſt, da ſtirbt es ab.
Erkenntniß, Offenbarung iſt Saamen eines höheren
Lebens, das irdiſche Leben iſt der Boden in dem er ein-
geſtreut iſt, im Sterben bricht die ganze Saat an's
Licht. Wachſen, blühen, Früchte tragen von dem Saa-
men, den der Geiſt hier in uns gelegt hat, das iſt das
Leben nach dem Tod.
Du biſt der Äther meiner Gedanken, ſie ſchweben
durch Dich hin und werden von Dir im Flug getragen
wie die Vögel in der Luft.
An Dich denken, im Bewußtſein von Dir verwei-
len, das iſt ein Ausruhen vom Flug, wie der Vogel
ausruht im Neſt.
Geiſt im Geiſt iſt unendlich, aber Geiſt in den Sin-
nen im Gefühl iſt Unendliches im Endlichen erfaßt.
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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/44>, abgerufen am 27.07.2024.
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