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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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dung, und die allseitig erzeugende lebennährende Natur,
kann und soll von der ewigen göttlichen Kraft der Liebe
noch übertroffen werden." -- Dieser Worte gedenkend,
die er damals auf unsre Liebe bezog und, ihnen ver-
trauend, daß sie noch heute meine schwache Natur zum
Ziel leiten, werde ich verharren in diesem Beschluß, denn
solche Früchte erzeugt die Liebe, wenn es auch die nicht
sind, die ich damals erwartete, so traue ich doch seiner
Verheißung, es werde mir gelingen.

Zur Geschichte des Monuments gehört noch, daß
ich es selbst zu Goethe brachte. Nachdem er es lange
angesehen hatte, brach er in lautes Lachen aus; ich
fragte: "Nun! mehr kannst Du nicht als lachen?" --
und Thränen erstickten meine Stimme. -- "Kind! mein
liebstes Kind!" rief er mit Wehmuth, "es ist die Freude,
die laut aus mir aufjauchzt, daß du liebst, mich liebst,
denn so was konnte nur die Liebe thun." -- Und feier-
lich die Hände mir auf den Kopf legend: "Wenn die
Kraft meines Segens etwas vermag, so sei sie dieser
Liebe zum Dank auf dich übertragen." -- Es war das ein-
zigemal, wo er mich segnete, anno 24 am 5. September.

dung, und die allſeitig erzeugende lebennährende Natur,
kann und ſoll von der ewigen göttlichen Kraft der Liebe
noch übertroffen werden.“ — Dieſer Worte gedenkend,
die er damals auf unſre Liebe bezog und, ihnen ver-
trauend, daß ſie noch heute meine ſchwache Natur zum
Ziel leiten, werde ich verharren in dieſem Beſchluß, denn
ſolche Früchte erzeugt die Liebe, wenn es auch die nicht
ſind, die ich damals erwartete, ſo traue ich doch ſeiner
Verheißung, es werde mir gelingen.

Zur Geſchichte des Monuments gehört noch, daß
ich es ſelbſt zu Goethe brachte. Nachdem er es lange
angeſehen hatte, brach er in lautes Lachen aus; ich
fragte: „Nun! mehr kannſt Du nicht als lachen?“ —
und Thränen erſtickten meine Stimme. — „Kind! mein
liebſtes Kind!“ rief er mit Wehmuth, „es iſt die Freude,
die laut aus mir aufjauchzt, daß du liebſt, mich liebſt,
denn ſo was konnte nur die Liebe thun.“ — Und feier-
lich die Hände mir auf den Kopf legend: „Wenn die
Kraft meines Segens etwas vermag, ſo ſei ſie dieſer
Liebe zum Dank auf dich übertragen.“ — Es war das ein-
zigemal, wo er mich ſegnete, anno 24 am 5. September.

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[240/0250] dung, und die allſeitig erzeugende lebennährende Natur, kann und ſoll von der ewigen göttlichen Kraft der Liebe noch übertroffen werden.“ — Dieſer Worte gedenkend, die er damals auf unſre Liebe bezog und, ihnen ver- trauend, daß ſie noch heute meine ſchwache Natur zum Ziel leiten, werde ich verharren in dieſem Beſchluß, denn ſolche Früchte erzeugt die Liebe, wenn es auch die nicht ſind, die ich damals erwartete, ſo traue ich doch ſeiner Verheißung, es werde mir gelingen. Zur Geſchichte des Monuments gehört noch, daß ich es ſelbſt zu Goethe brachte. Nachdem er es lange angeſehen hatte, brach er in lautes Lachen aus; ich fragte: „Nun! mehr kannſt Du nicht als lachen?“ — und Thränen erſtickten meine Stimme. — „Kind! mein liebſtes Kind!“ rief er mit Wehmuth, „es iſt die Freude, die laut aus mir aufjauchzt, daß du liebſt, mich liebſt, denn ſo was konnte nur die Liebe thun.“ — Und feier- lich die Hände mir auf den Kopf legend: „Wenn die Kraft meines Segens etwas vermag, ſo ſei ſie dieſer Liebe zum Dank auf dich übertragen.“ — Es war das ein- zigemal, wo er mich ſegnete, anno 24 am 5. September.

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/250>, abgerufen am 09.11.2024.