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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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mit ihr, ein vom himmlischen Geistesäther umschwebtes
Eiland; es wird aufgelockert und urbar gemacht und
göttlicher Saame wird seinen sinnlichen Kräften ver-
traut und diese Kräfte regen sich und sprießen in ein
höheres Leben, das dem Licht angehört, welches Geist
ist, und die Frucht, die dieser göttlicher Saame trägt,
ist die Erkenntniß, die wir genießen, damit unsere der
Seeligkeit zuwachsenden Kräfte gedeihen.

Wie soll ich's noch darlegen, daß dieses leise Schau-
ern und Spielen der Lüfte, des Wassers, des Mondlichts
mir wirklich Berührung mit der Geisterwelt war? --
Wie Gott die Schöpfung dachte, da ward der einzige
Gedanke: "Es werde" ein Baum, der alle Welten trägt
und sie reift. So ist auch dieser Hauch, dies Gelispel
der Natur in nächtlicher Stille, ein leiser Geisterhauch,
der den Geist weckt und ihn besäet mit allen Gedanken,
die ewig währen.

Ich sah ein Inneres in mir, ein Höheres, dem ich
mich unterworfen fühlte, dem ich alles opfern sollte,
und wo ich's nicht that, da fühlte ich mich aus der
Bahn der Erkenntniß herausgeworfen, und noch heute
muß ich diese Macht anerkennen, sie spricht allen selbsti-
schen Genuß ab, sie trennt von den Ansprüchen an das
allgemeine Leben, und hebt über diese hinweg. Es ist

mit ihr, ein vom himmliſchen Geiſtesäther umſchwebtes
Eiland; es wird aufgelockert und urbar gemacht und
göttlicher Saame wird ſeinen ſinnlichen Kräften ver-
traut und dieſe Kräfte regen ſich und ſprießen in ein
höheres Leben, das dem Licht angehört, welches Geiſt
iſt, und die Frucht, die dieſer göttlicher Saame trägt,
iſt die Erkenntniß, die wir genießen, damit unſere der
Seeligkeit zuwachſenden Kräfte gedeihen.

Wie ſoll ich's noch darlegen, daß dieſes leiſe Schau-
ern und Spielen der Lüfte, des Waſſers, des Mondlichts
mir wirklich Berührung mit der Geiſterwelt war? —
Wie Gott die Schöpfung dachte, da ward der einzige
Gedanke: „Es werde“ ein Baum, der alle Welten trägt
und ſie reift. So iſt auch dieſer Hauch, dies Geliſpel
der Natur in nächtlicher Stille, ein leiſer Geiſterhauch,
der den Geiſt weckt und ihn beſäet mit allen Gedanken,
die ewig währen.

Ich ſah ein Inneres in mir, ein Höheres, dem ich
mich unterworfen fühlte, dem ich alles opfern ſollte,
und wo ich's nicht that, da fühlte ich mich aus der
Bahn der Erkenntniß herausgeworfen, und noch heute
muß ich dieſe Macht anerkennen, ſie ſpricht allen ſelbſti-
ſchen Genuß ab, ſie trennt von den Anſprüchen an das
allgemeine Leben, und hebt über dieſe hinweg. Es iſt

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[102/0112] mit ihr, ein vom himmliſchen Geiſtesäther umſchwebtes Eiland; es wird aufgelockert und urbar gemacht und göttlicher Saame wird ſeinen ſinnlichen Kräften ver- traut und dieſe Kräfte regen ſich und ſprießen in ein höheres Leben, das dem Licht angehört, welches Geiſt iſt, und die Frucht, die dieſer göttlicher Saame trägt, iſt die Erkenntniß, die wir genießen, damit unſere der Seeligkeit zuwachſenden Kräfte gedeihen. Wie ſoll ich's noch darlegen, daß dieſes leiſe Schau- ern und Spielen der Lüfte, des Waſſers, des Mondlichts mir wirklich Berührung mit der Geiſterwelt war? — Wie Gott die Schöpfung dachte, da ward der einzige Gedanke: „Es werde“ ein Baum, der alle Welten trägt und ſie reift. So iſt auch dieſer Hauch, dies Geliſpel der Natur in nächtlicher Stille, ein leiſer Geiſterhauch, der den Geiſt weckt und ihn beſäet mit allen Gedanken, die ewig währen. Ich ſah ein Inneres in mir, ein Höheres, dem ich mich unterworfen fühlte, dem ich alles opfern ſollte, und wo ich's nicht that, da fühlte ich mich aus der Bahn der Erkenntniß herausgeworfen, und noch heute muß ich dieſe Macht anerkennen, ſie ſpricht allen ſelbſti- ſchen Genuß ab, ſie trennt von den Anſprüchen an das allgemeine Leben, und hebt über dieſe hinweg. Es iſt

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/112>, abgerufen am 23.11.2024.