Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.merte leise o Schwatz! O liebes Vaterland! -- Gestern Vom Kronprinz hab ich kein Gedicht, ein einziges an
merte leiſe o Schwatz! O liebes Vaterland! — Geſtern Vom Kronprinz hab ich kein Gedicht, ein einziges an
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0082" n="72"/> merte leiſe o Schwatz! O liebes Vaterland! — Geſtern<lb/> war er wieder da und ergoß mit Freudebrauſen den<lb/> ganzen Schatz ſeiner Neuigkeiten vor mir. Wenn's dem-<lb/> nach wahr iſt, ſo haben die Tyroler am Herz-Jeſu-Feſt,<lb/> (den Datum wußte er nicht) den Feind überwältigt und<lb/> ganz Tyrol zum zweitenmal befreit. Ich kann nicht er-<lb/> zählen was er alles vorbrachte, Du würdeſt es ſo we-<lb/> nig verſtehen wie ich; Speckbachers Witz hat durch eine<lb/> Batterie von Baumſtämmen als ob es Kanonen wären<lb/> und durch zuſammen gebundne Flintenläufe den Knall<lb/> nachahmend, den Feind betrogen, gleich drauf die Brücke<lb/> bei Hall dreimal geſtürmt und den Feind mit ſammt<lb/> den Kanonen zurückgetrieben, die Kinder dicht hinter<lb/> drein; wo der Staub aufwirbelte, ſchnitten ſie mit ihren<lb/> Meſſern die Kugeln aus und brachten ſie den Schützen.<lb/> Der Hauptſieg war am Berg Iſel, dem Kapuziner iſt<lb/> der Bart weggebrennt. Die namhaften Helden ſind alle<lb/> noch vollzählig. Handbillet haben ſie vom Kaiſer mit gro-<lb/> ßen Verheißungen aus der Fülle ſeines Herzens. Wenn's<lb/> auch nicht alles wahr wird meinte mein Tyroler ſo war's<lb/> doch wieder ein Freudentag für's Vaterland der aller<lb/> Aufopferung werth iſt.</p><lb/> <p>Vom Kronprinz hab ich kein Gedicht, ein einziges<lb/> was er am Tag vor ſeinem Auszug in den Krieg machte<lb/> <fw place="bottom" type="catch">an</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0082]
merte leiſe o Schwatz! O liebes Vaterland! — Geſtern
war er wieder da und ergoß mit Freudebrauſen den
ganzen Schatz ſeiner Neuigkeiten vor mir. Wenn's dem-
nach wahr iſt, ſo haben die Tyroler am Herz-Jeſu-Feſt,
(den Datum wußte er nicht) den Feind überwältigt und
ganz Tyrol zum zweitenmal befreit. Ich kann nicht er-
zählen was er alles vorbrachte, Du würdeſt es ſo we-
nig verſtehen wie ich; Speckbachers Witz hat durch eine
Batterie von Baumſtämmen als ob es Kanonen wären
und durch zuſammen gebundne Flintenläufe den Knall
nachahmend, den Feind betrogen, gleich drauf die Brücke
bei Hall dreimal geſtürmt und den Feind mit ſammt
den Kanonen zurückgetrieben, die Kinder dicht hinter
drein; wo der Staub aufwirbelte, ſchnitten ſie mit ihren
Meſſern die Kugeln aus und brachten ſie den Schützen.
Der Hauptſieg war am Berg Iſel, dem Kapuziner iſt
der Bart weggebrennt. Die namhaften Helden ſind alle
noch vollzählig. Handbillet haben ſie vom Kaiſer mit gro-
ßen Verheißungen aus der Fülle ſeines Herzens. Wenn's
auch nicht alles wahr wird meinte mein Tyroler ſo war's
doch wieder ein Freudentag für's Vaterland der aller
Aufopferung werth iſt.
Vom Kronprinz hab ich kein Gedicht, ein einziges
was er am Tag vor ſeinem Auszug in den Krieg machte
an
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/82 |
Zitationshilfe: | Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/82>, abgerufen am 04.07.2024. |