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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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in denen Du mich mit Schmeichelworten an's Herz
drückst, nun fällt mir's erst ein was ich alles nachzu-
holen habe, denn jeder Weg, jeder Blick in die Natur
hängt am Ende mit Dir zusammen. Landshut war mir
ein gedeihlicher Aufenthalt, in jeder Hinsicht muß ich's
preisen. Heimathlich die Stadt, freundlich die Natur,
zuthunlich die Menschen, und die Sitten harmlos und
biegsam; -- kurz nach Ostern reisten wir ab, die ganze
Universität war in und vor dem Hause versammelt,
viele hatten sich zu Wagen und zu Pferde eingefunden,
man wollte nicht so von dem herrlichen Freund und
Lehrer scheiden, es ward Wein ausgetheilt, unter wäh-
rendem Vivatrufen zog man zum Thor hinaus, die Rei-
ter begleiteten das Fuhrwerk, auf einem Berg, wo der
Frühling eben die Augen aufthat, nahmen die Professo-
ren und ernsten Personen einen feierlichen Abschied, die
andern fuhren noch eine Station weiter, unterwegs tra-
fen wir alle Viertel Stunde noch auf Parthieen, die
dahin vorausgegangen waren, um Savigny zum letzten-
mal zu sehen; ich sah schon eine Weile vorher die Ge-
witterwolken sich zusammenziehen, im Posthause drehte
sich einer um den andern nach dem Fenster, um die Thrä-
nen zu verbergen. Ein junger Schwabe, Nußbaumer, die
personificirte Volksromanze, war weit vorausgelaufen, um

in denen Du mich mit Schmeichelworten an's Herz
drückſt, nun fällt mir's erſt ein was ich alles nachzu-
holen habe, denn jeder Weg, jeder Blick in die Natur
hängt am Ende mit Dir zuſammen. Landshut war mir
ein gedeihlicher Aufenthalt, in jeder Hinſicht muß ich's
preiſen. Heimathlich die Stadt, freundlich die Natur,
zuthunlich die Menſchen, und die Sitten harmlos und
biegſam; — kurz nach Oſtern reiſten wir ab, die ganze
Univerſität war in und vor dem Hauſe verſammelt,
viele hatten ſich zu Wagen und zu Pferde eingefunden,
man wollte nicht ſo von dem herrlichen Freund und
Lehrer ſcheiden, es ward Wein ausgetheilt, unter wäh-
rendem Vivatrufen zog man zum Thor hinaus, die Rei-
ter begleiteten das Fuhrwerk, auf einem Berg, wo der
Frühling eben die Augen aufthat, nahmen die Profeſſo-
ren und ernſten Perſonen einen feierlichen Abſchied, die
andern fuhren noch eine Station weiter, unterwegs tra-
fen wir alle Viertel Stunde noch auf Parthieen, die
dahin vorausgegangen waren, um Savigny zum letzten-
mal zu ſehen; ich ſah ſchon eine Weile vorher die Ge-
witterwolken ſich zuſammenziehen, im Poſthauſe drehte
ſich einer um den andern nach dem Fenſter, um die Thrä-
nen zu verbergen. Ein junger Schwabe, Nußbaumer, die
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[180/0190] in denen Du mich mit Schmeichelworten an's Herz drückſt, nun fällt mir's erſt ein was ich alles nachzu- holen habe, denn jeder Weg, jeder Blick in die Natur hängt am Ende mit Dir zuſammen. Landshut war mir ein gedeihlicher Aufenthalt, in jeder Hinſicht muß ich's preiſen. Heimathlich die Stadt, freundlich die Natur, zuthunlich die Menſchen, und die Sitten harmlos und biegſam; — kurz nach Oſtern reiſten wir ab, die ganze Univerſität war in und vor dem Hauſe verſammelt, viele hatten ſich zu Wagen und zu Pferde eingefunden, man wollte nicht ſo von dem herrlichen Freund und Lehrer ſcheiden, es ward Wein ausgetheilt, unter wäh- rendem Vivatrufen zog man zum Thor hinaus, die Rei- ter begleiteten das Fuhrwerk, auf einem Berg, wo der Frühling eben die Augen aufthat, nahmen die Profeſſo- ren und ernſten Perſonen einen feierlichen Abſchied, die andern fuhren noch eine Station weiter, unterwegs tra- fen wir alle Viertel Stunde noch auf Parthieen, die dahin vorausgegangen waren, um Savigny zum letzten- mal zu ſehen; ich ſah ſchon eine Weile vorher die Ge- witterwolken ſich zuſammenziehen, im Poſthauſe drehte ſich einer um den andern nach dem Fenſter, um die Thrä- nen zu verbergen. Ein junger Schwabe, Nußbaumer, die perſonificirte Volksromanze, war weit vorausgelaufen, um

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/190>, abgerufen am 25.11.2024.