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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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ich mir Mühe gebe der Ahndung nachzugehen, da wird
mir angst, ja ich möchte die Hände ringen vor Angst
um einen Gedanken, den ich nicht fassen kann. Da
möcht ich mit einem Ausdruck Dir hingeben Dinge,
denen ich nicht gewachsen bin, und da schwindet mir
alle Erkenntniß, langsam wie die untergehende Sonne,
ich weiß daß sie ihr Licht ausströmt, aber sie leuchtet
mir nicht mehr.

Denken ist Religion, für's erste Feuer-anbeten, wir
werden einst noch weiter schreiten, wo wir mit dem ur-
sprünglich göttlichen Geist uns vereinen, der Mensch ge-
worden und gelitten hat, blos um in unser Denken ein-
zudringen; so erkläre ich mir das Christenthum als
Symbol einer höheren Denkkraft, wie mir denn über-
haupt alles Sinnliche Symbol des Geistigen ist.

Nun, wenn auch die Geister sich mit mir necken,
und nicht fangen lassen, so erhält es mich doch frisch
und thätig, und sie haben mir auf den Weg gestreut
gleich einem auserwählten Ritter der Tafelrunde gar
mannigfach Ebentheuer auf holperigem Pfad, bekannt
bin ich worden mit den dürren Geistern der Zeit, mit
Ungeheuern verschiedener Art, und wunderbar haben mich
diese Besessenen in ihr träumerisch Schicksal gezogen.
Aber nicht hab ich erblickt wie bei Dir, da von heiliger

ich mir Mühe gebe der Ahndung nachzugehen, da wird
mir angſt, ja ich möchte die Hände ringen vor Angſt
um einen Gedanken, den ich nicht faſſen kann. Da
möcht ich mit einem Ausdruck Dir hingeben Dinge,
denen ich nicht gewachſen bin, und da ſchwindet mir
alle Erkenntniß, langſam wie die untergehende Sonne,
ich weiß daß ſie ihr Licht ausſtrömt, aber ſie leuchtet
mir nicht mehr.

Denken iſt Religion, für's erſte Feuer-anbeten, wir
werden einſt noch weiter ſchreiten, wo wir mit dem ur-
ſprünglich göttlichen Geiſt uns vereinen, der Menſch ge-
worden und gelitten hat, blos um in unſer Denken ein-
zudringen; ſo erkläre ich mir das Chriſtenthum als
Symbol einer höheren Denkkraft, wie mir denn über-
haupt alles Sinnliche Symbol des Geiſtigen iſt.

Nun, wenn auch die Geiſter ſich mit mir necken,
und nicht fangen laſſen, ſo erhält es mich doch friſch
und thätig, und ſie haben mir auf den Weg geſtreut
gleich einem auserwählten Ritter der Tafelrunde gar
mannigfach Ebentheuer auf holperigem Pfad, bekannt
bin ich worden mit den dürren Geiſtern der Zeit, mit
Ungeheuern verſchiedener Art, und wunderbar haben mich
dieſe Beſeſſenen in ihr träumeriſch Schickſal gezogen.
Aber nicht hab ich erblickt wie bei Dir, da von heiliger

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[103/0113] ich mir Mühe gebe der Ahndung nachzugehen, da wird mir angſt, ja ich möchte die Hände ringen vor Angſt um einen Gedanken, den ich nicht faſſen kann. Da möcht ich mit einem Ausdruck Dir hingeben Dinge, denen ich nicht gewachſen bin, und da ſchwindet mir alle Erkenntniß, langſam wie die untergehende Sonne, ich weiß daß ſie ihr Licht ausſtrömt, aber ſie leuchtet mir nicht mehr. Denken iſt Religion, für's erſte Feuer-anbeten, wir werden einſt noch weiter ſchreiten, wo wir mit dem ur- ſprünglich göttlichen Geiſt uns vereinen, der Menſch ge- worden und gelitten hat, blos um in unſer Denken ein- zudringen; ſo erkläre ich mir das Chriſtenthum als Symbol einer höheren Denkkraft, wie mir denn über- haupt alles Sinnliche Symbol des Geiſtigen iſt. Nun, wenn auch die Geiſter ſich mit mir necken, und nicht fangen laſſen, ſo erhält es mich doch friſch und thätig, und ſie haben mir auf den Weg geſtreut gleich einem auserwählten Ritter der Tafelrunde gar mannigfach Ebentheuer auf holperigem Pfad, bekannt bin ich worden mit den dürren Geiſtern der Zeit, mit Ungeheuern verſchiedener Art, und wunderbar haben mich dieſe Beſeſſenen in ihr träumeriſch Schickſal gezogen. Aber nicht hab ich erblickt wie bei Dir, da von heiliger

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/113>, abgerufen am 22.11.2024.