Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.hersetzen die mich über alles erheben, und mir einen Ge- Luna bricht durch Busch und Eichen Zephyr meldet ihren Lauf, Und die Birken streun mit Neigen Ihr den schönsten Weihrauch auf. Wie war ich da glücklich und heiter in diesem Früh- Das zweite Kunstwerk welches ich Ihr beschreibe, herſetzen die mich über alles erheben, und mir einen Ge- Luna bricht durch Buſch und Eichen Zephyr meldet ihren Lauf, Und die Birken ſtreun mit Neigen Ihr den ſchönſten Weihrauch auf. Wie war ich da glücklich und heiter in dieſem Früh- Das zweite Kunſtwerk welches ich Ihr beſchreibe, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0096" n="64"/> herſetzen die mich über alles erheben, und mir einen Ge-<lb/> nuß ſchenken der mich in mir ſelber reich macht. Das<lb/> Lied: <hi rendition="#g">Die ſchöne Nacht</hi> hab' ich wohl hundertmal<lb/> dies Jahr auf ſpätem Heimweg geſungen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Luna bricht durch Buſch und Eichen</l><lb/> <l>Zephyr meldet ihren Lauf,</l><lb/> <l>Und die Birken ſtreun mit Neigen</l><lb/> <l>Ihr den ſchönſten Weihrauch auf.</l> </lg><lb/> <p>Wie war ich da glücklich und heiter in dieſem Früh-<lb/> jahr wie die Birken, während meinem Geſang rund um<lb/> mich her der eilenden Luna wirklich ihren duftenden<lb/> Weihrauch ſtreuten. Es ſoll mir keiner ſagen, daß rei-<lb/> ner Genuß nicht Gebet iſt. Aber in der Kirche iſt's mir<lb/> noch nimmer gelungen, da hab' ich geſeufzt vor ſchwe-<lb/> rer Langenweile, die Predigt war wie Blei auf meinen<lb/> Augenliedern. O je, wie war mir leicht wenn ich aus<lb/> der Kloſterkirche in den ſchönen Garten konnte ſpringen,<lb/> da war mir der geringſte Sonnenſtrahl eine beſſre Er-<lb/> leuchtung als die ganze Kirchengeſchichte.</p><lb/> <p>Das zweite Kunſtwerk welches ich Ihr beſchreibe,<lb/> iſt ein Delphin aus einem großen Elephantenzahn ge-<lb/> macht; er ſperrt ſeinen Rachen auf in den ihm zwei<lb/> Amoretten das Gebiß einlegen; ein andrer der auf dem<lb/> Nacken des Delphins ſitzt, nimmt von beiden Seiten<lb/> den Zaum; auf der Mitte des Rückens liegt ein gold-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0096]
herſetzen die mich über alles erheben, und mir einen Ge-
nuß ſchenken der mich in mir ſelber reich macht. Das
Lied: Die ſchöne Nacht hab' ich wohl hundertmal
dies Jahr auf ſpätem Heimweg geſungen:
Luna bricht durch Buſch und Eichen
Zephyr meldet ihren Lauf,
Und die Birken ſtreun mit Neigen
Ihr den ſchönſten Weihrauch auf.
Wie war ich da glücklich und heiter in dieſem Früh-
jahr wie die Birken, während meinem Geſang rund um
mich her der eilenden Luna wirklich ihren duftenden
Weihrauch ſtreuten. Es ſoll mir keiner ſagen, daß rei-
ner Genuß nicht Gebet iſt. Aber in der Kirche iſt's mir
noch nimmer gelungen, da hab' ich geſeufzt vor ſchwe-
rer Langenweile, die Predigt war wie Blei auf meinen
Augenliedern. O je, wie war mir leicht wenn ich aus
der Kloſterkirche in den ſchönen Garten konnte ſpringen,
da war mir der geringſte Sonnenſtrahl eine beſſre Er-
leuchtung als die ganze Kirchengeſchichte.
Das zweite Kunſtwerk welches ich Ihr beſchreibe,
iſt ein Delphin aus einem großen Elephantenzahn ge-
macht; er ſperrt ſeinen Rachen auf in den ihm zwei
Amoretten das Gebiß einlegen; ein andrer der auf dem
Nacken des Delphins ſitzt, nimmt von beiden Seiten
den Zaum; auf der Mitte des Rückens liegt ein gold-
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Zitationshilfe: | Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/96>, abgerufen am 25.07.2024. |