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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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ich Macht, vollkommnen Ablaß zu ertheilen, und nun
werden Sie doch mit mir zufrieden sein? -- Ich hatte
große Lust ihm zu sagen, daß ich nicht mehr zwölf Jahr
sondern schon eine Weile in's Blüthenalter der
Empfindung
eingerückt sei; aber da hielt mich etwas
ab: bei seinen lustigen Sprüngen fiel ihm seine kleine
geistliche violetsammtne Mütze vom Kopf; ich nahm sie
auf, und weil mir ahndete, sie würde mir gut stehen,
so setzte ich sie auf. Er betrachtete mich eine Weile,
und sagte: ein allerliebster kleiner Bischof! die ganze
Klerisey würde hinter ihm drein laufen, -- und nun
mochte ich ihm den Wahn nicht mehr benehmen, daß
ich noch so jung sei, denn es kam mir vor, was ihn an
einem Kind erfreuen dürfe, das könne ihm bei einer ver-
ständigen Dame, wie ich doch eine sein müßte, als höchst
inconvenable erscheinen. Ich ließ es also dabei, und
nahm die Sünde auf mich, ihm was weiß gemacht zu
haben, in dem ich mich dabei auf die Kraft des Ablas-
ses verlasse, den er Dir übermacht.

Ach, ich möchte Dir lieber andere Dinge schreiben,
aber die Mutter, der ich alles erzählen mußte, quälte
mich drum, sie meint, so was mache Dir Freude und
Du hieltest etwas drauf, dergleichen genau zu wissen;
ich holte mir auch einen lieben Brief von Dir bei ihr

ab,

ich Macht, vollkommnen Ablaß zu ertheilen, und nun
werden Sie doch mit mir zufrieden ſein? — Ich hatte
große Luſt ihm zu ſagen, daß ich nicht mehr zwölf Jahr
ſondern ſchon eine Weile in's Blüthenalter der
Empfindung
eingerückt ſei; aber da hielt mich etwas
ab: bei ſeinen luſtigen Sprüngen fiel ihm ſeine kleine
geiſtliche violetſammtne Mütze vom Kopf; ich nahm ſie
auf, und weil mir ahndete, ſie würde mir gut ſtehen,
ſo ſetzte ich ſie auf. Er betrachtete mich eine Weile,
und ſagte: ein allerliebſter kleiner Biſchof! die ganze
Kleriſey würde hinter ihm drein laufen, — und nun
mochte ich ihm den Wahn nicht mehr benehmen, daß
ich noch ſo jung ſei, denn es kam mir vor, was ihn an
einem Kind erfreuen dürfe, das könne ihm bei einer ver-
ſtändigen Dame, wie ich doch eine ſein müßte, als höchſt
inconvenable erſcheinen. Ich ließ es alſo dabei, und
nahm die Sünde auf mich, ihm was weiß gemacht zu
haben, in dem ich mich dabei auf die Kraft des Ablaſ-
ſes verlaſſe, den er Dir übermacht.

Ach, ich möchte Dir lieber andere Dinge ſchreiben,
aber die Mutter, der ich alles erzählen mußte, quälte
mich drum, ſie meint, ſo was mache Dir Freude und
Du hielteſt etwas drauf, dergleichen genau zu wiſſen;
ich holte mir auch einen lieben Brief von Dir bei ihr

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[312/0344] ich Macht, vollkommnen Ablaß zu ertheilen, und nun werden Sie doch mit mir zufrieden ſein? — Ich hatte große Luſt ihm zu ſagen, daß ich nicht mehr zwölf Jahr ſondern ſchon eine Weile in's Blüthenalter der Empfindung eingerückt ſei; aber da hielt mich etwas ab: bei ſeinen luſtigen Sprüngen fiel ihm ſeine kleine geiſtliche violetſammtne Mütze vom Kopf; ich nahm ſie auf, und weil mir ahndete, ſie würde mir gut ſtehen, ſo ſetzte ich ſie auf. Er betrachtete mich eine Weile, und ſagte: ein allerliebſter kleiner Biſchof! die ganze Kleriſey würde hinter ihm drein laufen, — und nun mochte ich ihm den Wahn nicht mehr benehmen, daß ich noch ſo jung ſei, denn es kam mir vor, was ihn an einem Kind erfreuen dürfe, das könne ihm bei einer ver- ſtändigen Dame, wie ich doch eine ſein müßte, als höchſt inconvenable erſcheinen. Ich ließ es alſo dabei, und nahm die Sünde auf mich, ihm was weiß gemacht zu haben, in dem ich mich dabei auf die Kraft des Ablaſ- ſes verlaſſe, den er Dir übermacht. Ach, ich möchte Dir lieber andere Dinge ſchreiben, aber die Mutter, der ich alles erzählen mußte, quälte mich drum, ſie meint, ſo was mache Dir Freude und Du hielteſt etwas drauf, dergleichen genau zu wiſſen; ich holte mir auch einen lieben Brief von Dir bei ihr ab,

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/344>, abgerufen am 23.11.2024.