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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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selbst auszusprechen; ich hab' mich vor dem Sonnenlicht
versteckt und in dunkler Nacht, wo kein Stern leuchtet
und die Winde brausen, da bin ich in die Finsterniß
hinaus, und hab' mich fortgeschlichen bis zum Ufer; --
da war es immer noch nicht einsam genug, -- da stör-
ten mich die Wellen, das Rauschen im Gras, und wenn
ich in die dichte Finsterniß hineinstarrte und die Wol-
ken sich theilten, daß sich die Sterne zeigten, -- da
hüllte ich mich in den Mantel und legte das Gesicht
an die Erde, um ganz, ganz allein zu sein; das stärkte
mich, daß ich freier war, da regte es mich an, das, was
vielleicht keiner beachtet, zu beachten; da besann ich mich,
ob ich denn wirklich mit Dir spreche, oder ob ich nur
mich vor Dir hören lasse? -- Ach Goethe! -- Musik, ja
Musik! hier kommen wir wieder auf das heilige Kapi-
tel, -- da hören wir auch zu, aber wir sprechen nicht
mit, -- aber wir hören, wie sie unter einander sprechen,
und das erschüttert uns, das ergreift uns; -- ja, sie
sprechen unter einander, und wir hören und empfinden,
daß sie eins werden im Gespräch. -- Drum, das wahre
Sprechen ist eine Harmonie, ohne Scheidung alles in
sich vereint; -- wenn ich Dir die Wahrheit sage, so
muß deine Seele in meine überfließen, -- das glaub' ich.

Wo kommen sie her, diese Geister der Musik? --

ſelbſt auszuſprechen; ich hab' mich vor dem Sonnenlicht
verſteckt und in dunkler Nacht, wo kein Stern leuchtet
und die Winde brauſen, da bin ich in die Finſterniß
hinaus, und hab' mich fortgeſchlichen bis zum Ufer; —
da war es immer noch nicht einſam genug, — da ſtör-
ten mich die Wellen, das Rauſchen im Gras, und wenn
ich in die dichte Finſterniß hineinſtarrte und die Wol-
ken ſich theilten, daß ſich die Sterne zeigten, — da
hüllte ich mich in den Mantel und legte das Geſicht
an die Erde, um ganz, ganz allein zu ſein; das ſtärkte
mich, daß ich freier war, da regte es mich an, das, was
vielleicht keiner beachtet, zu beachten; da beſann ich mich,
ob ich denn wirklich mit Dir ſpreche, oder ob ich nur
mich vor Dir hören laſſe? — Ach Goethe! — Muſik, ja
Muſik! hier kommen wir wieder auf das heilige Kapi-
tel, — da hören wir auch zu, aber wir ſprechen nicht
mit, — aber wir hören, wie ſie unter einander ſprechen,
und das erſchüttert uns, das ergreift uns; — ja, ſie
ſprechen unter einander, und wir hören und empfinden,
daß ſie eins werden im Geſpräch. — Drum, das wahre
Sprechen iſt eine Harmonie, ohne Scheidung alles in
ſich vereint; — wenn ich Dir die Wahrheit ſage, ſo
muß deine Seele in meine überfließen, — das glaub' ich.

Wo kommen ſie her, dieſe Geiſter der Muſik? —

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[282/0314] ſelbſt auszuſprechen; ich hab' mich vor dem Sonnenlicht verſteckt und in dunkler Nacht, wo kein Stern leuchtet und die Winde brauſen, da bin ich in die Finſterniß hinaus, und hab' mich fortgeſchlichen bis zum Ufer; — da war es immer noch nicht einſam genug, — da ſtör- ten mich die Wellen, das Rauſchen im Gras, und wenn ich in die dichte Finſterniß hineinſtarrte und die Wol- ken ſich theilten, daß ſich die Sterne zeigten, — da hüllte ich mich in den Mantel und legte das Geſicht an die Erde, um ganz, ganz allein zu ſein; das ſtärkte mich, daß ich freier war, da regte es mich an, das, was vielleicht keiner beachtet, zu beachten; da beſann ich mich, ob ich denn wirklich mit Dir ſpreche, oder ob ich nur mich vor Dir hören laſſe? — Ach Goethe! — Muſik, ja Muſik! hier kommen wir wieder auf das heilige Kapi- tel, — da hören wir auch zu, aber wir ſprechen nicht mit, — aber wir hören, wie ſie unter einander ſprechen, und das erſchüttert uns, das ergreift uns; — ja, ſie ſprechen unter einander, und wir hören und empfinden, daß ſie eins werden im Geſpräch. — Drum, das wahre Sprechen iſt eine Harmonie, ohne Scheidung alles in ſich vereint; — wenn ich Dir die Wahrheit ſage, ſo muß deine Seele in meine überfließen, — das glaub' ich. Wo kommen ſie her, dieſe Geiſter der Muſik? —

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/314>, abgerufen am 24.11.2024.